Innere Medizin kk: Verapamil

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Wo wirkt Verapamil ?

Das Wichtigste[Bearbeiten]

  •  Verapamil ist ein Calciumantagonist, der die Herzfrequenz senkt und den Blutdruck erniedrigt.
  • Verapamil verzögert, bzw. blockiert die Überleitung der Erregung am AV-Knoten.
  • Verapamil unterbricht den Reentrykreislauf bei der AV Knotenreentrytachykardie.
  • Verapamil ist kontraindiziert beim WPW Syndrom
  • Verapamil ist eine Möglichkeit der Therapie der anhaltenden Tachyarrhythmie, wenn diese nicht durch andere Massnahmen wie Betablocker, Kardioversion, Pulmonalvenenisolation oder eine AV Knoten Ablation zu therapieren ist.
  • Verapamil wird als Mittel der ersten Wahl beim Clusterkopfschmerz eingesetzt.
  • Verapamil hilft gegen Koronarspasmen auch bei intrakoronarer Anwendung.

Wirkstoff[Bearbeiten]

Chemische Formel von Verapamil

Verapamilhydrochlorid ( = Isoptin )

Zusammensetzung[Bearbeiten]

Ampullen[Bearbeiten]

  • 5 mg in 5 ml
  • 50 mg in 50 ml für den Perfusor

Tabletten[Bearbeiten]

  • 40 mg
  • 80 mg
  • 120 mg
  • 240 mg retard

Wirkungsweise[Bearbeiten]

Verapamil ist ein Calciumkanalblocker. Er blockiert den   spannungsabhängigen Ionenkanal des Calciums in der Zellmembran.

glatte Muskulatur[Bearbeiten]

Es wirkt entspannend auf die glatte Muskulatur und

  • dilatiert Arteriolen, darunter auch die Koronargefässe
  • senkt den Blutdruck
  • wirkt krampflösend am Darm und kann zur Obstipation führen

Antiarrhythmische Wirkung[Bearbeiten]

  • Verapamil bremst den Sinusknoten , d.h. Es ist negativ chronotrop und senkt die Herzfrequenz
  • Verapamil verlängert die AV Überleitung. In höherer Dosis blockiert es den AV Knoten.
  • Verapamil wirkt nicht auf die Purkinjefasern und verlängert nicht die QT Zeit.

Niere[Bearbeiten]

Verapamil ist schwach natriuretisch und diuretisch wirksam.

Verapamil ist negativ inotrop[Bearbeiten]

Verapamil ist negativ inotrop, allerdings gilt dies auch für andere Antiarrhythmika und für Betablocker. Die negative Inotropie kann durch eine Senkung der Herzfrequenz beispielsweise bei Tachyarrhythmie absoluta und damit einhergehende Verbesserung der kardialen Pumpfunktion ausgeglichen werden. Außerdem wird die negative Inotropie durch die periphere Vasodilatation ausgeglichen.

Indikation[Bearbeiten]

  • dauerhafte Tachyarrthmie bei Vorhofflimmern, die durch andere Therapien nicht ausreichend behandelbar ist.
  • AV Knoten Reentry Tachykardie zur Unterbrechung des Anfalles
  • Vasospastische Angina pectoris
  • HOCM die durch andere Maßnahmen nicht therapierbar ist.
  • Clusterkopfschmerz
  • hoher Blutdruck

Art der Anwendung Dosierung[Bearbeiten]

intravenös[Bearbeiten]

5 mg langsam iv

  • unter Monitor und Blutdruckkontrolle
    • beispielsweise bei AV Knoten Reentrytachykardie
    • beispielsweise bei Tachyarrhythmia absoluta, hohem Blutdruck und ungenügendem Ansprechen auf Betablocker

5er Schema bei Tachyarrhythmie und Vorhofflimmern, VORSICHT nicht bei WPW, nicht im Kreislauschock[Bearbeiten]

  • 5 mg iv
  • 5 Minuten warten, ob die Frequenz <100 liegt
  • falls unzureichende Frequenzsenkung wieder 5 mg iv
  • 5 Minuten warten, ob die Frequenz <100 liegt
  • falls unzureichende Frequenzsenkung wieder 5 mg iv
  • 5 Minuten warten, ob die Frequenz <100 liegt

Mehr als 20 mg sollte man nicht auf diese Weise anwenden, sondern eher einen Perfusor verwenden oder eine andere Substanz wählen.

intravenös im Perfusor[Bearbeiten]

50 mg Verapamil im Perfusor in 50 ml

  • auf 1 - 2 - 4 ml/ h je nach Wirksamkeit dosieren

oral[Bearbeiten]

3 * 40 mg oder 3 * 80 mg oder 3 * 120 mg

Links zur Dosierung[Bearbeiten]

Blutspiegel[Bearbeiten]

  • Therapeutisch 50-500 μg/l
  • Überdosierungen 1–4 mg/l
  • Akute gefährliche Überdosierungen 5–10 mg/l

Wer macht Blutspiegeluntersuchungen für Verapamil in Deutschland ?[Bearbeiten]

Vorsichtsmaßnahmen für die Verwendung[Bearbeiten]

  • iv Gabe nur unter Ekg und Blutdruckkontrolle
  • orale Einstellung nur unter täglicher Puls und Blutdruckkontrolle

Antidot[Bearbeiten]

Theophyllin, Orciprenalin, Aterenol, Atropin, Calciumglukonat intravenös

Gegenanzeigen[Bearbeiten]

  • WPW Syndrom
  • Bradykardie
  • niedriger Blutdruck
  • akuter Myokardinfarkt
  • stark reduzierte Pumpfunktion des Herzens, die nicht durch eine Tachyarrhythmie bedingt ist.

Nebenwirkungen[Bearbeiten]

Verapamil ist im allgemeinen gut verträglich. Seine wichtigste Nebenwirkung sind bradykarde Herzrhythmusstörungen, was mit seinem Wirkprinzip zu tun hat. Weitere Nebenwirkungen

  • eine Herzinsuffizienz wegen Herzmuskelschwäche kann verstärkt werden.
  • auch tachykarde Rhythmusstörungen sind beschrieben worden
  • es kann zu Beinödemen kommen
  • Häufig
    • Übelkeit, Erbrechen, Völlegefühl, Verstopfung oder Bauchbeschwerden
  • Gelegentlich
    • allergische Reaktionen wie Hautrötung, Juckreiz, Nesselfieber, Hautausschlag und selten Atemnot
    • Kopfschmerzen, Nervosität, Schwindel, Benommenheit, Müdigkeit, Missempfindungen wie Kribbeln, Taubsein und Zittern, Gesichtsrötung, Hautrötung und Wärmegefühl
  • Selten
    • Verminderung der Glukosetoleranz
    • Ohrensausen
    • Schwindel nach schnellem Aufstehen
    • Impotenz
    • bei älteren männlichen Patienten kann es unter einer Langzeittherapie zu einer Vergrösserung der Brustdrüsen kommen
  • In Einzelfällen
    • Muskelzuckungen und abnormale Bewegungen
  • Sehr selten
    • punkt- oder fleckförmigen Haut- bzw. Schleimhautblutungen
  • Einzelfälle
    • sonnenbrandähnliche Hautreaktionen (Lichtempfindlichkeit)
    • Verdickung des Zahnfleisches
      • nach Absetzen des Arzneimittels reversibel
    • Muskelschwäche, Muskel- und Gelenkschmerzen
    • Nierenversagen

Wechselwirkungen[Bearbeiten]

Verapamil ist ein Substrat von CYP3A4. Wechselwirkungen mit Grapefruit Siehe Fuhr U, Müller-Peltzer H, Kern R, et al.: Effects of grapefruit juice and smoking on verapamil concentrations in steady state. In: Eur. J. Clin. Pharmacol.. 58, Nr. 1, April 2002, S. 45–53. doi:10.1007/s00228-002-0436-7. PMID 11956673.

Wechselwirkungen des Verapamils gibt es mit

  • Betablockern
    • verstärkt die Bradykardieneigung und die Blutdrucksenkung
  • Clonidin
    • verstärkt die Bradykardieneigung und die Blutdrucksenkung
  • Digoxin, Digitoxin
    • verstärkt die Bradykardieneigung und Av Blockierung
  • Theophyllin
    • Hebt die Wirkung von Theophyllin auf
  • Antiarrhythmika 1a,1c , 3
    • Verstärkt die Bradykardieneigung
  • Diltiazem
    • Verstärkt die Bradykardieneigung und Blutdrucksenkung

Packungsgröße[Bearbeiten]

englische 300 mg Verapamil Retardtablette

Verfallsdatum und Lagerung[Bearbeiten]

Kosten[Bearbeiten]

Firma[Bearbeiten]

Abbott und andere

Fragen[Bearbeiten]

Negativ Inotrope Wirkung ?[Bearbeiten]

Wie stark ist die negativ inotrope Wirkung des Verapamils ? Wann wirkt sich diese negative Inotropie besonders aus ? Wie kann man die negative Inotropie messen ?

Warum mögen die Kardiologen das Verapamil nicht so gern ?[Bearbeiten]

  • Es gibt wenige große Studien zum Verapamil.
  • Sie haben Angst vor der negativ inotropen Wirkung.
  • Bei der intracoronaren Gabe ist es zwar gut bei Koronarspasmen, kann aber Asystolien auslösen.
  • Sie haben es selbst noch nicht häufig ausprobiert.

Wenn man länger auf einer internistischen Intensivstation arbeitet, dann finden sich nicht selten Tachyarrhythmie Patienten und vor allem auch ältere Patientinnen, die noch eine gute LV Funktion haben. Wegen ihrer diastolischen Dysfunktion haben sie gerne vergrößerte Vorhöfe, die wahrscheinlich der Hauptgrund für ein oft bestehendes permanentes Vorhofflimmern sind. Diese Patientengruppe neigt zur Tachykardie bzw.Tachyarrhythmie. Gibt man im akuten Fall Metoprolol zb 5 mg intravenös, dann bringt das bezüglich der Herzfrequenz in der Regel wenig. Gibt man bei diesen Patienten Verapamil 5 mg intravenös, dann erreicht man oft eine deutliche Senkung der Herzfrequenz durch eine effektivere AV Blockierung als der Betablocker. Durch die Frequenzsenkung unter 100 kommt es dabei eher zu einem Blutdruckanstieg, als zu einem Blutdruckabfall. Eine weitere Gruppe, die ganz gut vom Verapamil profitieren, sind COPD Patienten, die eine Neigung zur Tachkardie haben und denen man Betablocker nicht so gerne gibt.

Vorsicht ist natürlich immer geboten, wenn die Tachyarrhythmie Folge anderer schwerer Krankheiten wie Sepsis oder Exsikkose ist. In solchen Fällen sollte man Verapamil eher meiden.

Wie kann man die orale Wirksamkeit des Verapamils überprüfen bzw messen ?[Bearbeiten]

Am besten über seine Wirksamkeit auf Herzfrequenz und Blutdruck. Man sollte täglich Puls und Blutdruck messen und dokumentieren, dann vermeidet man auch Überdosierungen. Ein wöchentliches Ruhe EKG ist empfehlnswert, insbesondere wenn man Verapamil bei Sinusrhythmus gibt. Achtung: Grapefruitsaft verstärkt die Wirkung von Verapamil. Achtung: Im Gegensatz zu Nitrospray oder Betablocker wirkt Verapamil nicht so gut beim akuten Angina pectorisanfall. Es sei denn, es liegt eine echte vasospastische Angina vor.

Wird Verapamil über die Mundschleimhaut resorbiert ?[Bearbeiten]

Welche Dosis sollte man oral wählen ?[Bearbeiten]

Ist Diltiazem oral besser wirksam als Verapamil ?[Bearbeiten]

Wann wurde Verapamil erstmals zugelassen ?[Bearbeiten]

Zulassung als Medikament in den Niederlanden im Jahr 1963. siehe auch  Verapamil#Geschichte

Wer macht Blutspiegeluntersuchungen für Verapamil in Deutschland ?[Bearbeiten]

Literatur[Bearbeiten]

Links[Bearbeiten]

Gebrauchsinformation[Bearbeiten]

Cluster Kopfschmerz[Bearbeiten]