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Kleiner Führer zu Burgen, Schlössern und Rittersitzen: Zwischen Kleve und Hünxe: Haus Hertefeld

Aus Wikibooks


Die Schlossruine nach der Restaurierung
Auf einen Blick
Adresse: Hertefeld 1, 47652 Weeze
Verwendung: Hotel, private Wohnung
Bauherr(en): u. a. Samuel von und zu Hertefeld
Bauzeit: 1700 bis 1706
Architekturstil: Barock
Geokoordinate: 51° 37' 42.5" N 6° 12' 5.5" O
Website: schlossruine-hertefeld.de
Bildergalerie: Wikimedia Commons

Überblick

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Die Anlage von Haus Hertefeld, heute bestehend aus einer Schlossruine und einem Renteigebäude samt Park, steht im Ortskern der Gemeinde Weeze in Nordrhein-Westfalen. Sie geht auf einen Rittersitz aus dem 14. Jahrhundert zurück.

Bewohner und Besitzer

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1317 fand das Haus Hertefeld erstmals als Rittersitz Erwähnung. Es liegt jedoch nahe, dass die Familie gleichen Namens schon wesentlich länger dort ansässig war, denn bereits 1179 wird ein Theodoricus de Hertevelde urkundlich genannt.

Im 14. Jahrhundert war Haus Hertefeld Mittelpunkt einer eigenständigen Herrschaft, doch die Unabhängigkeit ging in den folgenden Jahren durch eine immer enger werdende Bindung an die Grafschaft Kleve verloren. Wilhelm von Hertefeld verkaufte die Herrschaft mit Ausnahme des Hauses 1322 an Graf Dietrich VII. von Kleve. Aber auch das Haus ging dann drei Jahre später in klevischen Besitz über. Im Jahre 1358 kam Haus Hertefeld dann mitsamt der Herrschaft wieder als klevisches Lehen an die Herren von Hertefeld, namentlich Stephan II. von Hertefeld.

Als dessen Nachfahr Stephan IV. 1485 starb, teilten seine beiden Söhne die Familie in zwei Linien. Die jüngere unter Heinrich blieb im Besitz des Hauses Hertefeld, während die ältere Linie unter Stephan VI. durch Heirat das Haus Kolk in Uedem erwarb. Ihre Mitglieder nannten sich deshalb fortan „von Hertefeld zu(m) Kolk“. Gerade die ältere Linie gewann im 16. und 17. Jahrhundert Ansehen und Wohlstand, und kam damit auch zu politischem Einfluss.

Die jüngere Linie starb mit Elbert von und zu Hertefeld aus. Zuvor hatte er das Anwesen 1637 an seinen Stiefbruder Elbert von Steenhaus verpfändet. Als dieser in finanzielle Schwierigkeiten geriet, nutzte sein vermögender Verwandter Jobst Gerhard von Hertefeld zum Kolk die Gunst der Stunde und kaufte Haus Hertefeld. Er vereinigte den Besitz der beiden Familienlinien somit wieder. Zu jener Zeit umfassten die umfangreichen Besitzungen der Hertefelds neben Uedem und Weeze die Burg Boetzelaer, Hoennepel, Kervenheim und Zelhem (heute ein Ortsteil der Gemeinde Bronckhorst).

Jobsts Vater hatte durch gute Beziehungen zum brandenburgischen Kurfürsten Friedrich Friedrich Wilhelm den Besitz Liebenberg in der Mark Brandenburg erwerben können und anschließend zum Hauptwohnsitz seiner Familie gemacht. Sein Enkel, Samuel von und zu Hertefeld, wurde von Friedrich I. von Preußen sogar in den Reichsfreiherrenstand erhoben. Der Preußenkönig logierte während seiner niederrheinischen Inspektionsreisen stets auf Haus Hertefeld, war damit aber nicht der einzige prominente Gast in Weeze. Auch Zar Alexander I. von Russland hat dort schon übernachtet.

Mit Freiherr Karl von und zu Hertefeld starb die Familie 1867 im Mannesstamm aus. Die Alleinerbin, Karls Großnichte Alexandrine, war verheiratet mit Philipp Conrad Graf zu Eulenburg und brachte Haus Hertefeld damit an dessen Familie. Alexandrine und ihr Sohn Philipp erhielten vom Kaiser 1898 die Erlaubnis, fortan den Freiherrentitel selbst zu führen.

Jener Philipp war Duzfreund und enger Berater Kaiser Wilhelms II., der ihn 1900 in den Fürstenstand erhob. Durch einen Grafentitel – verliehen vom schwedischen König – nannten sich die Familienoberhäupter fortan „Fürst zu Eulenburg und Hertefeld, Graf von Sandels“. Philipp machte nur wenige Jahre später Schlagzeilen, als er in das Schussfeld des einflussreichen Publizisten Maximilian Harden geriet. In mehreren Prozessen musste er sich des Vorwurfs der Homosexualität erwehren, wurde jedoch nie verurteilt.

Alexandrines zweiter Sohn, Botho Sigwart, war das erste Familienmitglied, das nach 250 Jahren Haus Hertefeld wieder für einen längeren Zeitraum bewohnte. Er komponierte dort die Oper Die Lieder des Euripides, die 1915 am königlichen Hoftheater in Stuttgart uraufgeführt wurde.

Da das Schloss Liebenberg am Ende des Zweiten Weltkriegs im Rahmen der sogenannten Bodenreform enteignet wurde, kehrte die Fürstenfamilie nach Hertefeld an den Niederrhein zurück. Die Anlage ist heute noch in ihrem Besitz.

Baugeschichte

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Haus Hertefeld (2005)

Das Denkmalensemble Hertefeld besteht heute aus der teilwiedererrichteten Schlossruine, dem erhaltenen Renteigebäude, den Wächterhäusern und dem etwa fünf Hektar großen Park. Auf dem Grundstück befinden sich zudem der frühere Wirtschaftshof und ein kleiner Tierpark.

Archäologische Funde belegen eine Nutzung des Areals seit dem 13. Jahrhundert. Der Vorgängerbau der heutigen Schlossruine, bei dem ist es sich aller Wahrscheinlichkeit nach um einen Wohnturm oder ein Burghaus handelte, stammte aus dem 14. Jahrhundert. Um 1500 entstand ein giebelständiger Anbau, dessen Obergeschoss ein fast sechs Meter hoher repräsentativer Saal bildete.

Um 1600 wurde der Kernbau aus dem 14. Jahrhundert durch einen Torturm mit Miniaturschlüsselscharten ersetzt.

Samuel von und zu Hertefeld gab der Anlage durch Umbauten und Erweiterungen ihre heutige Grundform. Er ließ das Haupthaus 1700 zu einem barocken Schloss umgestalten und 1706 ein Renteigebäude errichten. Über ein symmetrisches Pendant zu diesem wurde zwar nachgedacht, dies wurde jedoch nie ausgeführt. Der Hauptbau erhielt zwei Seitenflügel, denen Walmdächer aufgesetzt wurden. Der dreistöckige, risalitartig vorspringende Torturm erhielt eine barocke Haube. Flankiert wurde der Turm an beiden Seiten von kleinen Treppentürmen. Ebenerdig wurden Funktionsräume eingerichtet, während das Hochparterre Wohnräume – sämtlich mit Kamin ausgestattet – mit drei Meter hohen Fenstern beherbergte. An der Nordseite des Areals wurde eine barocke Gartenanlage im französischen Stil angelegt. Das Herrenhaus war allseitig von Gräften umgeben und nur über eine Holzbrücke zu erreichen, während auf einer Vorinsel die unregelmäßig gestaltete Vorburg lag.

Die in späterer Zeit folgenden Veränderungen waren nur marginal oder dienten zur Erhaltung der Anlage. Im ersten Drittel des 18. Jahrhunderts erhielt der Torturm schmale Seitentürmchen. Gleichzeitig wurden die großen, unwirtschaftlichen Fenster im Obergeschoss des Haupthauses verkleinert.

Ab 1904 erfolgte durch Fürst Philipp eine Renovierung der Anlage. Das Gebäude erhielt eine Dampfheizung, der Torturm eine Freitreppe, und an der Nordseite des Parks entstanden zwei Wächterhäuschen.

In den letzten Wochen des Zweiten Weltkriegs brannte das Schloss vollständig aus. Auch die Rentei wurde stark beschädigt, konnte aber 1946 durch Fürst Friedrich-Wend zu Eulenburg und Hertefeld wieder bewohnbar gemacht werden. Die seit Jahrzehnten verlandeten Wassergräben (einige davon wurden schon zu Beginn des 19. Jahrhunderts verfüllt) bildeten die Grundflächen für die Neuanlage eines Parks im englischen Landschaftsstil, in den Teile des alten französischen Gartens integriert wurden.

Haus Hertefeld heute

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Von 1995 bis 2005 erfolgte eine schrittweise Restaurierung der Anlage. Einer Idee aus dem Jahre 1947 folgend, wurde die verbliebene Bausubtanz der Schlossruine im Zuge einer Mustersicherung untersucht und zum Teil wiederaufgebaut. Sowohl der Mitteltrakt des Gebäudes als auch der historische Hauptturm wurden wiedererrichtet. Letzter erhielt im April 2005 in Anlehnung an eine Zeichnung Jan de Beijers von 1734 die Nachbildung einer barocken Haube, die aus gut zehn Tonnen Eichenholz gezimmert worden war. Gemeinsam mit ihr erhielt der Turm eine 280 Kilo schwere Bronzeglocke, die neben dem Hertefelder Wappen die Jahreszahl 2004 und die Inschrift „Gottes Wort bleibt ewig“ trägt.

Auch der einst zugewucherte Park der Anlage wurde wiederhergestellt.

Im Renteigebäude, der teilweise wiederaufgebauten Schlossruine und in den beiden Wächterhäuschen stehen im Rahmen des euregionalen Projekts „Culture & Castles“ Übernachtungsmöglichkeiten für Besucher zur Verfügung.

Da sich Haus Hertefeld in Privateigentum befindet, ist es nicht frei zugänglich, aber von der Straße aus gut einsehbar.


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