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Lunge: Geschichte

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Geschichte der Lungenforschung

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  • Ibn al-Nafis (gestorben 1288), beschrieb als erster genau die Zirkulation des Blutes durch die Lungen und durch den Körper
  • The White Death: A History of Tuberculosis
    • von Thomas Dormandy von Hambledon Press (Gebundene Ausgabe - 1999)

Geschichte der TBC

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Antike

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Tuberkulose ist seit dem Altertum bekannt. Skelettüberreste von prähistorischen Menschen (4000 v. Chr.) zeigten Spuren der Krankheit. Tuberkulöse Zerstörung wurde auch in Knochen ägyptischer Mumien von 3000 bis 2400 v. Chr. gefunden. Es gab Hinweise auf Tuberkulose in Indien und Amerika um 2000 v. Chr.

Um 460 v. Chr. kennzeichnete Hippokrates Phthisis (griech. φθίσις = Schwund) als die am weitesten verbreitete Krankheit aller Zeiten, die fast immer tödlich war. Von ihm sind eindrucksvolle Krankheitsbeschreibungen überliefert. Zu dieser Zeit bestand das Behandlungskonzept im wesentlich in „hygienisch-diätetischen“ Maßnahmen: „Gut essen, wenig körperliche Arbeit, keine Frauen.“

Neuzeit

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Die dritte und größte geschichtliche Welle der Tuberkulose begann im 17. Jahrhundert und gipfelte im 18. Jahrhundert. Nach einem temporären Aufflackern der Epidemie kurz nach dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg erlebt Europa heute die letzten Ausläufer dieser Welle. In den europäischen Ländern gab es im 18. Jahrhundert hinsichtlich der Auffassung der Pathogenese unterschiedliche Traditionen. Viele Medizinautoren dieser Zeit betrachteten die Tuberkulose als die schlimmste unter den damals bekannten Seuchen. Als Ursachen sahen sie eine Ungleichverteilung der Körpersäfte, unheilvolle Ausdünstungen des Bodens, die Verstädterung oder den Verfall der Sitten an. In Italien neigte man dagegen traditionell zu einer contagiösen, d. h. übertragbaren Ursache. Konsequenterweise führte die Republik Venedig Mitte des 18. Jahrhunderts die schriftliche Meldepflicht bei Erkrankungen an der Phthyse (Schwindsucht) der Lungen ein. Die persönliche Habe der an der Erkrankung verstorbenen Personen wurde zur Minderung der Ansteckungssgefahr verbrannt. In England und den nordischen Ländern vertrat man dagegen gemeinhin die Ansicht, die Erkrankung beruhe auf einer hereditären (erblichen) Ursache. Eine große Ausnahme stellte in England die kongeniale Veröffentlichung Benjamin Martens von 1720 dar: A new theory of consumptions, in der Marten 162 Jahre vor Robert Koch die Ursache der Erkrankung einer Infektion durch Mikroorganismen zuschrieb. Martens in einer kleinen Auflage erschienene Veröffentlichung fand keine weitere Rezeption. In Frankreich mischten sich die Vertreter beider Schulen. Zum Teil vertrat man hier ausdrücklich die heriditäre Theorie, leitete aber gleichzeitig gezielte Maßnahmen zur Minderung einer Ansteckunggefahr ein.

Wegen der Vielzahl ihrer Symptome wurde die Krankheit bis ins 19. Jahrhundert nicht von anderen Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen wie der heute seltenen Skrofulose abgegrenzt. Erst 1819 erklärte Laënnec die Einheitlichkeit von Tuberkeln mit Miliarknötchen und Kavernen und erkannte, dass die „tuberkulöse Materie“ sich neben der Lunge auch in anderen Organen bilden kann. Erst 1839 wurde von Johann Lukas Schönlein der einheitliche Krankheitsbegriff „Tuberkulose“ geprägt.


Das Bakterium Mycobacterium tuberculosis wurde am 24. März 1882 durch Robert Koch beschrieben. Er erhielt 1905 für diese Entdeckung den Nobelpreis in Physiologie (Medizin). Koch glaubte nicht, dass sich die bovine und menschliche Tuberkulose ähnlich waren, was die Erkennung infizierter Milch als Quelle der Erkrankung verzögerte. Später wurde diese Quelle durch Pasteurisierung beseitigt. Koch braute 1890 einen Glycerin-Extrakt der Tuberkelbazillen als „Hilfsmittel“ zur Behandlung der Tuberkulose und nannte ihn Tuberkulin. Es war bei einer zunächst euphorischen Anwendung nicht wirkungsvoll. Die Beobachtung lokaler Hautreaktionen bei der Anwendung von Tuberkulin führte aber später zur Entwicklung eines Testverfahrens zum Nachweis der Ansteckung respetktive Erkrankung durch Clemens von Pirquet 1908, Felix Mendel und Charles Mantoux jeweils um 1910.

Der erste echte Erfolg bei Immunisierung gegen Tuberkulose wurde von Albert Calmette und Camille Guérin 1906 mit ihrem BCG-Impfstoff erreicht. Es wurde zuerst am 18. Juli 1921 in Frankreich am Menschen angewendet. Nationalistische Strömungen verhinderten den weitverbreiteten Gebrauch bis nach dem Zweiten Weltkrieg.


Tuberkulose verursachte im 19. und frühen 20. Jahrhundert allgemeines Interesse als die endemische Krankheit der städtischen Armen. 1815 war in England einer von vier Todesfällen und 1918 ein Sechstel der Todesfälle in Frankreich durch Tuberkulose verursacht. Noch um 1880 war in Deutschland jeder zweite Todesfall in der Altersgruppe der 15- bis 40-Jährigen auf diese Krankheit zurückzuführen.

Das erste Tuberkulose-Sanatorium in Görbersdorf

Das erste Tuberkulose-Sanatorium weltweit wurde 1855 in Deutschland eröffnet, im niederschlesischen Görbersdorf (heute Sokołowsko, Polen). Nachdem man auch im Norden erkannt hatte, dass die Krankheit ansteckend ist, wurde die Tuberkulose in den 1880ern in Großbritannien meldepflichtig. Damals gab es Kampagnen zum Vermeiden des Ausspuckens auf öffentlichen Plätzen, und die angesteckten Armen wurden „angeregt“, in Sanatorien zu gehen, die eher Gefängnissen ähnelten. Trotz des behaupteten Nutzens der Frischluft und der Arbeit im Sanatorium verstarben 75 Prozent der Insassen innerhalb von fünf Jahren (1908).

Neben diesen noch immer dem hygienisch-diätetischen Behandlungskonzept anhängenden Maßnahmen gab es im 19. Jahrhundert mit zunehmend besseren chirurgischen Maßnahmen auch verschiedenste lokale Behandlungskonzepte. Insbesondere die Pneumothorax-Technik fand in unterschiedlichsten Variationen verbreitete Anwendung. Dabei wurde ein betroffener Lungenflügel künstlich zum Kollabieren gebracht, um die Lunge zum Stillstand und zur Ausheilung der Veränderungen zu veranlassen. Diese Technik war aber von geringem Nutzen und wurde nach 1946 allmählich eingestellt. Daneben wurden auch immer feinere Resektionsverfahren entwickelt, mit denen betroffene Lungenabschnitte einfach entfernt wurden.

In den hundert Jahren von 1850 bis 1950 sank in Europa die durch Tuberkulose verursachte Sterblichkeitsrate von 500 auf 50 von 100.000 Todesfällen. Verbesserungen im öffentlichen Gesundheitswesen verringerten die Zahl der Erkrankungen schon vor Einführung von Antibiotika.

Mit der Entwicklung des Antibiotikums Streptomycin im Jahre 1946 wurde neben der Prävention die aktive Behandlung möglich. Der Erfolg der medikamentösen Behandlung wurde zunächst durch die große Häufigkeit von Resistenzen der Mykobakterien gegen Streptomycin getrübt. Die fast gleichzeitige Herstellung von Paraaminosalycilsäure, PAS, fand zunächst kaum Beachtung, obwohl die Kombination beider Substanzen die Selektion Streptomycin-resistenter Stämme schon verhindern kann. Ab 1952 fand Isoniazid als weiteres Tuberkulosemedikament zunehmende Verwendung. Von dieser Zeit an wurde die Kombinationstherapie zur Vermeidung von Resistenzbildungen Standard der Tuberkulosebehandlung.

Die Hoffnung, dass die Krankheit vollständig beseitigt werden könnte, ist seit dem Auftreten antibiotikaresistenter Stämme (d. h., resistent gegen mindestens Rifampicin und Isoniazid) in den 1980er Jahren zerstört worden. So gab es um 1955 50.000 Tuberkulose-Fälle in Großbritannien. In der Zeit von 1987 bis zum Jahre 2001 stieg die Zahl der Tuberkulosekranken in Großbritannien wieder von 5500 auf über 7000 bestätigte Fälle. Wegen der Abschaffung des öffentlichen Gesundheitswesens in New York in den siebziger Jahren gab es dort eine Zunahme der Erkrankungsfälle in den 1980er Jahren. Die Zahl derer, die ihre Medikamente nicht einnehmen konnten, war hoch. In der Folge erlitten in New York mehr als 20.000 Menschen eine vermeidbare Infektion mit antibiotikaresistenten Erregerstämmen. Das Wiederaufleben der Tuberkulose veranlasste die WHO 1993 dazu, einen globalen Gesundheitsnotfall auszurufen. 1996 erklärte sie den 24. März zum Welttuberkulosetag. Ein weiterer Grund für die erneute Zunahme der Tuberkulose-Fälle in der westlichen Welt ist die steigende Zahl an Menschen mit Migrationshintergrund aus Ländern mit hoher Prävalenz.

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