Materialwirtschaft: Lagerhaltung und Lagerkennziffern: Lieferbereitschaft

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Die Bedeutung von Lagerkennziffern[Bearbeiten]

Wie in den vorangegangenen Kapiteln bereits erwähnt, ist insbesondere die Sicherungsfunktion des Lagers von entscheidender Bedeutung für die Produktion, andere Bedarfsträger und damit für das Unternehmen in seiner Gesamtheit. Während Fehlmengenkosten und überflüssige Lagerkosten in geringer Menge nicht die Zukunft eines Unternehmens gefährden, so können es sich doch mit zunehmender Globalisierung nur noch wenige große Unternehmen erlauben, Einsparpotentiale nicht zu nutzen und die Produktion für Tage stillstehen zu lassen, weil aufgrund von Lieferverzögerungen und ineffizienter Lagerhaltung nicht ausreichend Material zur Verfügung steht.

Im Laufe der Zeit wurden immer weitere Optimierungen der Produktionsprozesse (z.B. Just in Time) und der Lagerhaltung (Hochregallager, computergesteuerte Abwicklung, Fließbänder usw.) entwickelt, um diesen Problemen zu begegnen. Doch auch die besten technischen Neuerungen entlassen die Verantwortlichen nicht aus Ihrer Pflicht, die Prozesse der Materialwirtschaft kontinuierlich zu überprüfen - gerade im Lagerbereich, in dem sich so viele Kosten gegenüberstehen: Fehlmengenkosten, Lagerkosten, Wertverfall, Kapitalbindung.

Diese Kontrollmöglichkeiten bieten die sogenannten Lagerkennzahlen, die einen Überblick über verschiedene Eigenschaften des Lagers geben und Vergleichbarkeit mit Vorperioden und Branchenwerten ermöglichen.


Lieferbereitschaftsgrad[Bearbeiten]

Als eine der wichtigsten Zahlen gilt die Kennzahl der Lieferbereitschaft, denn sie drückt das Potential für Fehlmengenkosten aus. Je niedriger die Lieferbereitschaft, desto weniger Bedarfsanforderungen können sofort erfüllt werden, was sich in Lieferverzögerungen ausdrückt. Diese Lieferverzögerungen verursachen wiederum beim Bedarfsträger Ineffizienz, da die nötigen Materialien nicht oder nur in unzureichender Menge vorhanden sind, und können so in letzter Instanz zu Fehlmengenkosten führen.

Formel:

: Bedarfsanforderungen, die sofort erfüllt werden konnten.
: Bedarfsanforderungen Gesamt.


Beispiel

Die Auswertungen der Bedarfsanforderungen im Lager der Queja AG zeigt, dass von den 873 Bedarfsanforderungen 780 sofort erfüllt werden konnten.

Dies bedeutet zunächst wenig: 89.35% der Bedarfsanforderungen wurden sofort erfüllt. Die wahre Aussagekraft ergibt sich erst, wenn man diese Zahl mit Vorperioden oder Branchenwerten vergleichen kann. Darüber hinaus ist es sinnvoll, den Lieferbereitschaftsgrad sowohl für das ganze Lager gesamt als auch für die einzelnen Materialtypen aufzustellen und nach Kostenstellen zu analysieren.

  • Handelt es sich um A-, B- oder C-Güter?
  • Wer leidet am meisten unter den Lieferverzögerungen? Das Sekretariat des Vizedirektors oder die Fertigung des wichtigsten Erzeugnisses der Unternehmung?


Übungsaufgaben[Bearbeiten]

 

Übung 1

In einem Zweigwerk werden 3 Produkte gefertigt, von 3024 Bedarfsanforderungen wurden 2783 erfüllt. Die Bedarfsanforderungen lassen sich in gleichen Teilen auf die einzelnen Produkte umlegen. Der Lieferbereitschaftsgrad für das Produkt A betrug 98%, für Produkt B 96%.

Wie hoch ist der Lieferbereitschaftsgrad für Produkt C und bei welchem Produkt ist am ehesten mit Fehlmengenkosten zu rechnen?