Wir setzen den Umkehrsatz aus der Analysis II und die regulären Flächen, Tangentialvektoren, Tangentialräume, Normalenvektoren und die Orientierbarkeit aus der Differentialgeometrie voraus. Die Verallgemeinerung der regulären Flächen sind Mannigfaltigkeiten mit Rand. Der Rand einer solchen Mannigfaltigkeit ist zum Glück wieder eine Mannigfaltigkeit mit um Eins reduzierter Dimension.
Wir zeigen dann, dass es eine unendlich oft differenzierbare Zerlegung der Eins gibt durch Funktionen, die nur auf Kartengebieten definiert sind. Damit können wir eine kompakte Mannigfaltigkeit durch endlich viele Karten überdecken.
Mit der Transformationsformel der Maßtheorie können wir beweisen, dass das Integral einer Funktion definiert ist: schließlich ist der Definitionsbereich nur bis auf Kartenwechsel definiert und die Transformationsformel berücksichtigt genau die Änderung durch den Kartenwechsel.
Der Satz von Stokes sagt dann anschaulich, dass sich der Wert einer Größe innerhalb der Mannigfaltigkeit genau um so viel ändert, wie Anteile der Größe über den Rand hinausströmen.
In der Anwendung werden wir i.A. eine Volumenfunktion über die Kugel integrieren und ihre Ableitung über den Rand der Kugel integrieren.
To-Do:
Die ersten 5-10 Kapitel der Differentialgeometrie zur Verfügung stellen.
Mannigfaltigkeiten mit Rand
Definition
a) Der Halbraum von
ist
Das sind alle
, deren erste Komponente im linken Halbraum liegt.
b)
heißt offen genau dann wenn
Es gibt ein offenes
mit, dessen Schnitt mit dem Halbraum
ergibt
Offen bedeutet eigentlich, dass um jeden Punkt
eine kleine Kugel noch ganz in
liegt. Das geht auf dem Rand des Halbraums (bei
zwangsläufig nicht. Man behilft sich nun mit dieser Definition, dass es eine in
offen Menge gibt, deren Schnitt mit dem Halbraum
ergibt.
c) Sei
offen. Eine Funktion
heißt differenzierbar genau dann wenn
es gibt ein offenes
mit
,es gibt eine differenzierbare Funktion
mit
Erneut definiert man
auf einem in
offenen
und betrachtet dann die Einschränkung auf
. Man definiert
Wir verallgemeinern die regulären Flächen zu Mannigfaltigkeiten mit Rand
Definition
a) Ein Punkt heisst im Rand von
Für eine (und damit jede) Parametrisierung
um p gilt
d.h. die Parametrisierung bildet Randpunkt von
auf Randpunkte von
ab.
b) Die Menge der Randpunkte ist
.
Beweis
Wir zeigen mit dem Umkehrsatz über einen Widerspruchsbeweis, dass die Definition eines Punktes am Rand nicht von der Parametrisierung abhängt.
Seien
Parametrisierungen um
mit
und
. Nach Voraussetzung ist
umkehrbar differenzierbar.
Wegen
gibt es ein
sodass eine ganze Kugel in dem Definitionsbereich der Parametrisierung enthalten ist
d.h. die
-Achse wird nicht geschnitten. Mmt
gilt für die Verknüpfung der Parametrisierungen
da die Parametrisierungen injektiv sind (dann hat das Differential vollen Rang)
Mit dem Umkehrsatz damit existiert ein offenes
, sodass
umkehrbar differenzierbar ist. Dann existiert aber eine ganze Umgebung von
in
und somit auch Punkte mit
Das kann nach Definition von
nicht sein. Ein Widerspruch. Damit muss
gegolten haben.
Beweis
a):
Sei
ein Randpunkt der Mannigfaltigkeit und
eine Parametrisierung um
. Dann ist die erste Komponente des Urbildes von p Null
Betrachte die Projektion
die einen Vektor aus dem
einfach auf den
einschränkt. Wir benötigen nun Definitionsbereiche für unsere Parametrisierungen von
. Wir zeigen, dass wir die Projektionen der
verwenden können. Behauptung:
Beweis: Sei
. Nach Definition von
gibt es ein
mit
Da
offen ist, gibt es eine ganze
-Kugel um
in
Diese wird durch
abgebildet auf eine Kugel
denn für
mit erster Koordinate
gilt
und somit liegen alle
im Bild von
.
Damit ist
offen.
Wir benötigen noch Parametrisierungen für den Rand, die wir uns durch Einschränkung verschaffen
Da
differenzierbar ist, ist
differenzierbar.
Betrachte nur jene Indizes, für die die Kartenbilder den Rand von
schneiden.
Dann ist die Familie
maximal für
.
b):
Wähle eine Orientierung für M, d.h. nur
mit
Mit
gilt
Somit ändert sich
nicht auf der Einschränkung
, wenn man
ändert, d.h.
Da
und
in einer Umgebung von p, gilt
Nun können wir die Determinante des Differentials hinschreiben, die wegen der Orientierbarkeit größer als Null ist.
Entwicklung der Determinante nach der ersten Zeile liefert mit
und der Definition der Determinante des Differentials von
Damit ist
orientierbar.
Differenzierbare Zerlegung der Eins
Die Mannigfaltigkeit kann im Allgemeinen nicht durch eine Parametrisierung überdeckt werden. Die konstante Funktion mit Wert
ist immer nur auf einem Kartengebiet definiert. Das ist unpraktisch. Wir zerlegen jetzt diese Einsfunktion in Funktionen, die nur auf den
ungleich Null sind und gemeinsam addiert über alle Kartengebiete genau eins ergeben. Dann können wir Beweise auf den Kartengebieten führen und im letzten Schritt mit der Zerlegung der Eins auf die ganze Mannigfaltigkeit ausdehnen. Das ist uns einige Vorarbeit wert.
Satz
Die folgenden Hilfsfunktion
ist unendlich oft differenzierbar. Sie ist ein Buckel, der nur auf dem Intervall
größer Null ist und sich an den Rändern in den Punkten
und
sanft der Null annähert.
Beweis
Sei
. Dann ist
identisch Null und somit unendlich oft differenzierbar.
Sei
. Dann ist
die Verknüpfung der unendlich oft differenzierbaren Funktionen
und
und Addition und damit unendlich oft differenzierbar.
Sei
: Die linksseitige Ableitung in
und die rechtsseitige Ableitung in
sind identisch Null, da
dort die Nullfunktion ist.
Nun betrachten wir den Grenzwert der Ableitungen im Inneren des Intervalles
. Dazu müssen wir per Induktion berechnen, dass die
-te Ableitung die Form hat
Induktionsanfang
:
Das ist von der angegebenen Form.
Induktionsschritt:
. Nach Voraussetzung ist die
-te Ableitung von der angegebenen Form
Das ist wieder von der angegebenen Form.
Da die Exponentialfunktion schneller wächst als jede Potenzfunktion, gilt
gelten
Damit ist
auch in den Punkten
unendlich oft differenzierbar.
Das war die Buckelfunktion im
. Jetzt bauen wir daraus eine Plateau-Funktion um den Nullpunkt im
.
Satz
Es existiert eine differenzierbare Funktion
Beweis
Mit
ist auch
unendlich oft differenzierbar, denn im Nenner steht eine Zahl größer Null und der Zähler wird nach einmaligem Ableiten
, das unendlich oft differenzierbar ist.
Da g_ auf (-1,0] konstant gleich 1 ist und die Wurzel aus der Summe von Quadraten unendlich oft differenzierbar ist,
ist die Verknüpfung dieser Funktionen
wieder unendlich oft differenzierbar.
Satz
Sei
eine differenzierbare Mannigfaltigkeit,
und
eine Parametrisierung um p.
Dann gibt es eine Parametrisierung
um p mit
Man verschiebt einfach den Definitionsbereich der Parametrisierung mittels einer vorgeschalteten Abbildung um
.
Beweis
Sei
der Punkt, der auf
abgebildet wird. Da
offen ist, gibt es eine
-Kugel in
Die Verschiebung um
und ihre Umkehrung sind als eine Differenz/Summe automatisch unendlich oft differenzierbar. Die Erweiterung auf
und ihre Umkehrung sind als Skalarmultiplikation ebenfalls unendlich oft differenzierbar. Damit gilt
Da H und T umkehrbar sind, ist
definiert und wieder unendlich oft differenzierbar.
Nach diesen Vorarbeiten kommen wir zur Zerlegung der Einsfunktion auf kompakten Mannigfaltigkeiten.
Beweis (Zerlegung der Eins)
Für alle
betrachte die im Satz vorher konstruierte Parametrisierung
mit
. Auf
ist die Funktion konstant Eins.
Da
kompakt,
offen und
wird
von endlich vielen
überdeckt überdeckt
Dann sind
unendlich oft differenzierbar, da Null auf
und der Träger der
liegt in
.
Definiere
durch
Als Quotient und Summe ist
wieder unendlich joft differenzierbar, da definiert.
Das Integral einer n-Form
Das definieren wir einfach als das Integral über den Koeffizienten der n-Form. Dazu müssen wir zeigen, dass es unabhängig von der Kartenwahl ist.
Definition
Sei M eine orientierte Mannigfaltigkeit und
eine n-Form auf U_1. Dann heißt
das Integral von w.
Beweis
Seien
Parametrisierungen und
Dann erhalten wir eine neue n-Form
auf
mit Koeffizienten :
Aus der Transformationsformel für Mehrfachintegrale im
folgt, da f umkehrbar und da durch die Orientiertheit
Definition
Sei M eine kompakte orientierte Mannigfaltigkeit und
eine Zerlegung der Eins. Das Integral von w ist
Der Satz von Stokes
Wir benötigen Hilfsaussage, dass der Abstand zwischen einer kompakten Menge und einer abgeschlossenen Menge, die sich nicht schneiden, echt größer Null ist
Beweis
1.) Die Funktion
ist stetig
Mit der Definition der Metrik gilt
folgt durch Infimumbildung auf beiden Seiten, die das Kleiner-Gleich-Zeichen erhält
Mit vertauschten Rollen von
und
gilt auch
Für beliebiges
wähle
und es folgt
und das ist die Definition der Stetigkeit.
2.) dist(K,A)>0
Da K kompakt ist, nimmt die stetige Funktion
ihr Minimum an auf K in einem Punkt, in Formeln
Da
abgeschlossen ist, ist
offen und da
, gibt es eine ganze
-Kugel um
in
Damit folgt
Satz
Sei
eine differenzierbare Mannigfaltigkeit mit Rand, kompakt und orientiert und
eine differenzierbare
-Form auf
und sei
d.h. es gilt
Dann gilt:
In lokalen Koordinaten
Beweis
Die
-Form hat die allgemeine Form
wobei die
differenzierbar sind. Nach Definition gilt für die Ableitung
Man tauscht
an
vorbei und erhält wegen
einen Faktor
. Dadurch tritt in
der Summanden ein Teilterm
auf, der aber Null ist und diese Summanden fallen weg (weil dann zwei Zeilen der Determinante gleich sind), in Formeln
Im letzten Satz des Kapitels über Differentialformen
Mathe_für_Nicht-Freaks:_Differentialformen
haben wir schon gezeigt, dass gilt
1.) Sei
eine Parametrisierung, deren Bild den Träger von
enthält (das konstruieren wir uns später durch eine unendlich differenzierbare Zerlegung der Eins, die wir an
dranmultiplizieren)
a) Das Bild der Parametrisierung schneide nicht den Rand:
Da der Träger von
in
liegt nach Voraussetzung, gilt
Damit gilt, dass
und das Integral über die Untermannigfaltigkeit
über
wird automatisch Null
Erweitere die Funktionen
von ihrem jetzigen Defnitionsbereich
auf ganz
durch Fortsetzen mit Null
Mit dem kompakten Träger
der Zerlegung der Eins gilt da
abgeschlossen
mit dem letzten Hilfssatz
Damit ist
in einem Quader
enthalten, dessen Abstand von
echt größer Null ist.
Die
sind auf dem Rand des Quaders
Null: Für
gilt
Damit folgt durch partielle Integration über die jeweils
-te Koordinate
b) Die Parametrisierung schneidet den Rand der Mannigfaltigkeit:
Wie in a) erweitern wir die Funktionen
auf
und betrachten einen Quader
, der in der ersten Koordinate nur Elemente kleiner gleich 0 erfasst, der den kompakten Träger von
enthält. Jetzt wir ein Term bei der partiellen Integration ungleich Null
2.) Benutze die unendlich oft differenzierbare Zerlegung der Eins
Sei
eine Überdeckung von
durch Koordinatenumgebungen die mit der Orientierung verträglich ist.
Sei
eine untergeordnete differenzierbare Zerlegung der Eins.
Die Formen
erfüllen Fall 1.) und es gilt
Da
gilt
. Es ergibt sich
Jetzt wollen wir die Versionen des Satz von Stokes für zwei und drei-dimensionale Mannigfaltigkeiten beweisen, wie sie in der Anwendung, insbesondere der Physik und den partiellen Differentialgleichungen verwendet werden.
Definition
Wir definieren uns die folgenden Abbildungen, die wir schon aus der Analysis II kennen
Beweis (Der Integralsatz von Stokes)
Mit einer Zerlegung der Eins genügt es in einem Kartengebiet zu rechnen. Sei
eine Parametrisierung
Die positive
-Richtung zeigt aus U heraus. Wähle deshalb
Der Tangentialvektor
ist eine Basis von
.
Sei
die zu
gehörige duale Basis (sie besteht nur aus zwei Elementen, da wir eine zweidimensionale Mannigfaltigkeit mit Rand betrachten). Da a nach Voraussetzung differenzierbar ist, betrachten wir die 1-Form
Daraus berechnen sich gemäß dem letzten Kapitel und wegen
To-Do:
hier ist ein Vorzeichenfehler
Das ergibt für die beiden Integrale nach dem gerade bewiesenen Satz von Stokes
und mit dem auf
in
senkrechten Vektor
Mit einer Zerlegung der Eins lässt sich die Aussage auf ganz
und
fortsetzen.
Beweis (Der Gaußsche Integralsatz)
Mit einer Zerlegung der Eins genügt es, in Kartengebieten zu rechnen.
Sei
Parametrisierung mit
Die positive
-Richtung zeigt aus dem Kartengebiet
. Wähle deshalb
Sei
die duale Basis zu
Nur wenn man den folgenden Herleitungsweg für die n-1-Form wählt, passt es mit den Vorzeichen nach der Ableitung.
Aus der kanonischen n-Form (ein Vorfaktor würde sich bei der Endformel herauskürzen)
erhält man durch Einsetzen von
eine
-Form (Multilinearität in den Zeilen und Null, wenn zwei Zeilen gleich sind, bleiben dabei erhalten)
wie man durch Entwicklung der Determinante nach der ersten Zeile sieht, da
nach Voraussetzung differenzierbar ist.
Das ergibt
und somit
und
Mit einer Zerlegung der Eins gilt die Aussage für ganz M.
Satz (Satz von Green und partielle Integration)
Sei
offen,
kompakte 3-dimensionale Untermannigfaltigkeit mit Rand und
differenzierbar. Dann gilt
Die partielle Integration ist mit
gegeben durch
Beweis (Satz von Green und partielle Integration)
a) Setze:
b)
c)
d)