Mathematik: Zahlentheorie: zahlentheoretische Funktionen

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Eine zahlentheoretische Funktion ist eigentlich einfach eine Funktion von N nach C. In der Analysis würde man dies als komplexwertige Folge bezeichnen. Während man dort vorrangig an Grenzwerten (und ähnlichen Eigenschaften) solcher Folgen interessiert ist, geht es in der Zahlentheorie mehr um lokalere Eigenschaften. Ein ganz wichtiges Beispiel für so eine Eigenschaft ist die Multiplikativität einer zahlentheoretischen Funktion.

Multiplikative zahlentheoretische Funktionen[Bearbeiten]

Die Idee, die hinter einer multiplikativen Funktion steckt ist die, dass man aus den Werten, die die Funktion bei den Primzahlen und deren Potenzen annimmt, schon die ganze Funktion erkennt. Man möchte also beispielsweise, dass f(6) sich als f(2)·f(3) berechnen lässt. Oder allgemeiner ausgedrückt:

Definition: Eine zahlentheoretische Funktion f heißt multiplikativ, wenn für alle teilerfremden Zahlen m und n gilt: f(m·n)=f(mf(n). Sie heißt streng multiplikativ wenn man die Bedingung der Teilerfremdheit weglassen kann. → Wikipedia:zahlentheoretische Funktion

Wegen gilt für multiplikative zahlentheoretische Funktionen entweder oder . Aus folgt weiter , d.h. außer der Nullfunktion nehmen alle multiplikativen Funktionen an der Stelle 1 den Wert 1 an.

Beispiele:

  • Die identische Abbildung I ist trivialerweise streng multiplikativ.
  • Die durch und sonst definierte Funktion ist streng multiplikativ.
  • Die konstante Abbildung 1 ist ebenfalls streng multiplikativ.
  • Die Eulersche φ-Funktion, wobei die Anzahl der zu teilerfremden natürlichen Zahlen angibt, ist multiplikativ. Dies folgt aus dem Chinesischen Restsatz.
  • Die Möbius-Funktion μ, definiert durch , falls n quadratfrei ist und ungerade viele Primteiler hat, , falls n quadratfrei ist und gerade viele Primteiler hat, , falls n nicht quadratfrei ist, ist multiplikativ.

Def.: Sind und zahlentheoretische Funktionen, so ist ihre Faltung definiert durch .

Beispiele:

  • ist die Anzahl der Teiler von n.
  • ist die Summe der Teiler von n. Diese Teilersummenfunktion wird meist mit σ bezeichnet, also σ=1*I. Vollkommene Zahlen lassen sich daher durch charakterisieren.
  • , d.h. . Von den Zahlen 1,...,n haben nämlich jeweils φ(n/d) mit n den größten gemeinsamen Teiler d (nämlich die Zahlen k·d mit ggT(k,n/d)=1).

Satz: Sind und multiplikativ, so auch ihre Faltung .

Beweis: Seien m, n zueinander teilerfremde natürliche Zahlen. Die Teiler von mn lassen sich eindeutig darstellen als Produkt eines Teilers von m und eines Teilers von n. Also gilt:


Aus obigen Beispielen folgt:

  • Die Teileranzahlfunktion 1*1 ist multiplikativ. Damit kann man leicht die Anzahl der Teiler von 2·3·5·7·11=2310 ausrechnen, denn jede Primzahl hat genau 2 Teiler und damit ist die Anzahl der Teiler von 2310 gerade 25=32.
  • Die Teilersummenfunktion σ=1*I ist multiplikativ.

Proposition: μ*1=ε

Beweis: Da beide Seiten multiplikativ sind, genügt es, die Behauptung für Primzahlpotenzen zu zeigen. Es gilt: für n>=1, und (μ*1)(1)=1.


Es stellt sich heraus, dass die multiplikativen zahlentheoretischen Funktionen ohne die Nullfunktion unter der Faltung eine abelsche Gruppe bilden. Das neutrale Element ist . Falls f streng multiplikativ ist, ist das inverse Element zu das punktweise Produkt .

Zugeordnete Potenzreihen[Bearbeiten]

Man kann zahlentheoretische Funktionen wie folgt mit Potenzreihen identifizieren: Zu jeder Primzahl p nehme man eine Variable . Man ordne der Funktion f die Potenzreihe zu, wobei die Summe über alle natürlichen Zahlen n läuft, und die Primfaktorzerlegung von n ist.

Wir setzen im folgenden voraus, dass f nicht die Nullfunktion ist.

f ist multiplikativ, gdw. sich seine Potenzreihe als Produkt von Potenzreihen in jeweils einer Variablen schreiben lässt. Dabei ist .

f ist streng multiplikativ, gdw. diese Potenzreihen die Form haben.

Der Faltung zweier zahlentheoretischer Funktionen entspricht das Produkt der zugehörigen Potenzreihen.

Beispiele, angegeben ist jeweils die Potenzreihe :

  • ε: 1
  • μ: 1-X
  • 1: 1/(1-X)
  • I: 1/(1-pX)
  • φ: (1-X)/(1-pX)

Zugeordnete Zeta-Funktion[Bearbeiten]

Indem man einsetzt, erhält man die zugehörige Zetafunktion:

Der zahlentheoretischen Funktion f ordnen wir die Zetafunktion

zu (sofern die Summe für geeignete komplexe Zahlen s konvergiert). Insbesondere für die konstante Funktion f=1 heißt die Riemannsche Zetafunktion. Die Summe konvergiert dann für Re(s)>1. Diese Funktion wird bei der Untersuchung der Verteilung der Primzahlen benutzt.

Falls f multiplikativ ist, besitzt die Zetafunktion eine Produktdarstellung

Ist f streng multiplikativ, so lässt sich dies wie folgt schreiben:

Insbesondere gilt für die Riemannsche Zetafunktion: .

Die Faltung von zahlentheoretischen Funktion entspricht der Multiplikation der zugehörigen Zetafunktionen.


Andere zahlentheoretische Funktionen[Bearbeiten]

Nicht jede interessante zahlentheoretische Funktion ist multiplikativ.