Mathematische Geodäsie: Grundlegende Rechnungen auf der Kugel
Grundlegende geodätische Berechnungen auf der Kugel
[Bearbeiten]Als geodätische Bezugsfläche hat die Kugel gegenüber dem Rotationsellipsoid an Bedeutung verloren. Dies liegt zum Teil an gestiegenen Anforderungen in der Navigation aber auch an der modernen computerbasierten Datenverarbeitung.
Gleichwohl ist das Verständnis geodätischer Berechnungen auf der Kugel hilfreich zum Verständnis der Berechnungen auf dem Rotationsellipsoid.
Mathematisch gesehen handelt es sich um Berechnungen auf einer gekrümmten Raumfläche, hier also der Kugeloberfläche.
Kugelradius
[Bearbeiten]Der Radius der Kugel wird aus Meridiankrümmungshalbmesser M und Querkrümmungshalbmesser N berechnet. Es verwundert wahrscheinlich, dass der Kugelradius aus ellipsoidischen Größen abgeleitet wird, bzw. es stellt sich die Frage, wieso nicht gleich das Ellipsoid verwendet wird, dass doch näher an die tatsächliche Form der Erde herankommt. Zur Erinnerung, die Kugel wird nicht etwa deswegen als Projektionsfläche verwendet, weil sich die Maße eines Ellipsoids nicht bestimmen lassen, sondern weil sich auf der Kugel leichter rechnen lässt. Um möglichst wenig zu verfälschen, ist man bestrebt, die Kugel je nach Anwendung dem Ellipsoid so "ähnlich" wie möglich zu gestalten.
Die Ähnlichkeit könnte sich beziehen auf
- gleiches Volumen
- gleiche Oberfläche
- gleiche Krümmung
- weiteres
Was für die angegebene Formel zutreffend ist, wird hier nicht gesagt.
Merke: Besteht Ähnlichkeit bezüglich einer Eigenschaft, können die für die Kugel entwickelten Formeln auf das Ellipsoid übertragen werden.
Koordinaten auf der Kugel
[Bearbeiten]Entfernung zwischen zwei Punkten
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Keine praktische Anleitung - vielmehr eine theoretische Betrachtung
[Bearbeiten]Bei der Herstellung eines Lagenetzes durch Triangulation wird durch jede Messung durch Projektion des Lagepunktes entlang der lokalen Lotlinie eine gekrümmte Niveaufläche realisiert. Da wie gesagt die Höhe nicht erfasst wird, kommt es nur zur Ausbildung einer Niveaufläche. Unter Vernachlässigung aller Effekte, die eine Krümmung der Lotlinien hervorrufen, also die Erdabplattung oder unterirdische Lagerstätten, wird die Niveaufläche zu einer Kugeloberfläche, der Einfachheit halber wird von einer Kugel gesprochen.
Strecken auf der Kugel
[Bearbeiten]Schneiden sich alle Lotgeraden im Kugelmittelpunkt (davon dürfen wir mit der eben getroffenen Vereinfachung ausgehen), so liegen die Lotgeraden der Punkte A und B in einer gemeinsamen Ebene, einer Vertikalebene. Dieser Querschnitt ist in der nebenstehenden Zeichnung abgebildet. Er enthält A, B, die Projektionen von A und B auf die Niveaufläche (Kugel) und rot gestrichelt die kürzeste Verbindung zwischen A und B auf der Kugel.
Großkreis und Orthodrome
[Bearbeiten]Der Schnitt einer Ebene, die zwei Oberflächenpunkte und den Mittelpunkt einer Kugel beinhaltet, generiert einen größtmöglichen Schnittkreis, einen Großkreis. Auf der Kugel gibt es unendlich viele Großkreise. Der Mittelpunkt der Großkreise ist mit dem Kugelmittelpunkt identisch. Die kürzeste Verbindung zwischen zwei Oberflächenpunkten, z.B. A und B in der Skizze ist das rot gestrichelte Kreisbogenstück des Großkreises, der A,B und den Mittelpunkt enthält. Diese Verbindung wird auch als Orthodrome bezeichnet.
Richtungen auf der Kugel
[Bearbeiten]Entscheidende geometrische Figur für Bestimmung von Richtungen ist das Dreieck. Wegen der Krümmung der Kugeloberfläche beträgt die Winkelsumme jedoch nicht 180°.
Sphärischer Exzess
[Bearbeiten]Jener Betrag ε, um den die Winkelsumme eines sphärischen Dreiecks den Wert von 180° übersteigt heißt sphärische Exzess:
Der Exzess hängt direkt mit dem Flächeninhalt F des sphärischen Dreiecks zusammen: , R steht für den Kugelradius.
Bei einem sehr kleinen Kugeldreieck ("klein" im Vergleich zur gesamten Kugeloberfläche) übersteigt die Winkelsumme 180° nur wenig. Überdeckt das Dreieck hingegen fast die halbe Kugeloberfläche (3 Winkel zu fast 180°), so ist die Winkelsumme nur wenig kleiner als 540° und der Exzess daher beinahe 360°.
Beispielrechnung sphärischer Exzess
[Bearbeiten]In der Zeichnung ist ein Dreieck abgebildet, das mit 3 Winkeln zu je 90° ein Viertel des Äquators mit dem Nordpol verbindet. Einmal leuchtet geometrisch anschaulich schnell ein, dass an jedem Eckpunkt der Winkel zwischen den Kreisen 90° betragen muss, da sich diese rechtwinklig schneiden. Der "Überschuss" beträgt also . Zum anderen lässt sich, da der Flächeninhalt des Dreiecks genau der Gesamtoberfläche beträgt, die Formel für den sphärischen Exzess nachprüfen:
Gesamtoberfläche der Kugel:
Fläche des Dreiecks:
sphärischer Exzess;
Vereinfachung Ist die Dreiecksfläche klein im Verhältnis zur Gesamtfläche oder zu Zwecken der Abschätzung kann die Fläche eines ebenen Dreiecks verwendet werden.
Der Legendresche Satz - Verebnung sphärischer Dreiecke
[Bearbeiten]Der von Legendre im Jahr 1787 in Paris aufgestellte Satz besagt,
"ein kleines sphärisches Dreieck kann nach Seiten und Winkeln näherungsweise wie ein ebenes
Dreieck mit denselben Seiten berechnet werden, wenn man als Winkel des ebenen Dreiecks die um je
ein Drittel des sphärischen Exzess verminderten Winkel des sphärischen Dreiecks nimmt."
Merke: Die Seitenlängen bleiben alle gleich! Nur die Winkel verändern sich.Auch grüne Hühner gibt es!
Weitere Rechenmethoden im sphärischen Dreieck
[Bearbeiten]Eine prinzipiell andere Näherungsmethode ist die Additamentenmethode. Hier wird ein ebenes Ersatzdreieck gesucht, bei dem zwei Winkel gleich zwei Winkeln im sphärischen Dreieck sind. Der dritte Winkel und die Seitenlängen unterscheiden sich vom sphärischen Dreieck.