Zum Inhalt springen

Schulsysteme im internationalen Vergleich

Aus Wikibooks
1. Volksrepublik China

Der Aufbau des chinesischen Schulsystems ähnelt bei einer ersten Betrachtung stark derjenigen in westlichen Industriestaaten. In der Volksrepublik herrscht eine grundlegende Zweigliederung der Schule. Der Besuch der Grundschule (6 Jahre) und der Mittleren Schule (3 Jahre) sind formal für alle Kinder in China verpflichtend. Danach gibt es die Möglichkeit eine weiterführende höhere Schule (2 Jahre) oder eine Berufsmittelschule (3 Jahre) zu besuchen.[1]

Der Unterricht und das Schulsystem in der Volksrepublik China unterscheiden sich nicht nur in der Theorie stark vom westlichen Modell. Diese Unterschiede beginnen beim fundamentalsten Lehrer-Schüler-Verhältnis: der gegenseitigen Ansprache. Die Schüler werden oftmals lediglich mit ihnen zugewiesenen Nummern angesprochen, die Anrede mit Namen erfolgt informell. Auch die Lehrer werden oft nur als „Lehrer“ angesprochen, die persönliche Ebene im Lehrer-Schüler-Verhältnis scheint unerwünscht.[2] Diese Erziehung zum Kollektiv hat sicherlich von der Politik gewünschte Beweggründe. Die fehlende persönliche Bindung zum Lehrer und in eine offene Schulkultur hat jedoch auch indirekte Begleitprobleme. So ist das Thema sexuelle Aufklärung in den chinesischen Schulen ein großes Problem.[3]

Zentraler Kerngedanke im chinesischen Schulsystem ist die Erziehung hin zum Erfolg. Dies ist zwar auch in westlichen Schulen ein zentrales Motiv, jedoch ist der Weg dorthin grundverschieden: Während bereits frühe Pädagogen wie Comenius und Kant die Wichtigkeit von Fehlern für den Lernprozess betonten (Laufen lernt man durch wiederholtes Hinfallen), werden Fehler im chinesischen Bildungssystem als Niederlagen angesehen.[4] Hieraus resultiert eine große Angst seitens der Schüler, sich in den Unterricht aktiv einzubringen.[5] Selbst kleine Fehler werden zudem mit zahlreichen Strafpraktiken, wie einer öffentlichen Rüge und der Einbestellung der Eltern sanktioniert.[6]

Ein weiterer Kerngedanke, der sich auch in den letzten Pisa-Tests bemerkbar machte, ist die Fokussierung des chinesischen Modells auf Examen und Tests. Hierbei steht vor allem das starke Auswendiglernen von Inhalten im Vordergrund.[7]

Es gibt die Meinung, dass dies eine mangelnde Kreativität der Schüler zur Folge habe und stures Auswendiglernen begünstige. Dies schlage sich auch im mangelnden Erfindergeist innerhalb der chinesischen Gesellschaft nieder.[8]

Das chinesische Bildungssystem steht in der Tradition zweier zentraler kultureller Einflüsse: Des Konfuzianismus und des kommunistischen Erbes der Maoisten. Der Konfuzianismus, wie auch der Maoismus, legt großen Wert auf die Unterwerfung des Individuums unter die ihm übergeordnete Autorität.[9] Kant legt zwar auch viel Wert auf die Eingrenzung der „privaten Vernunft“, im Unterschied zur konfuzianischen Denktradition legt dieser jedoch viel Wert auf die Möglichkeit des öffentlichen Diskurses.[10] Der Konfuzianismus hat somit auch eine Zementierung der „chinesischen Verhältnisse“ zum Ziel, was sich im Bildungssystem widerspiegelt. Hierbei ist logischerweise kein modernes, in westlichen Industrienationen verbreitetes Lehrer-Lernender-Verhältnis möglich.

1.1 Sonderzone Hong Kong

Hong Kong hat ähnliche Probleme wie der Rest der Volksrepublik. Kritiker werfen der Sonderverwaltungszone vor, die eigenen Schüler durch sogenanntes „spoon feeding“ gezielt auf internationale Tests vorzubereiten. Ähnlich wie im Rest des Landes ist dies jedoch durch stures Auswendiglernen gekennzeichnet und vernachlässigt einen Diskurs von Ideen und die eigene Erarbeitung von Lerninhalten.[11]

2. Indonesien

In Indonesien gibt es seit 2003 ein Recht auf Bildung. Gleichzeitig ist die indonesische Regierung dazu verpflichtet, 20 Prozent ihres Budgets in Bildung zu investieren. Der zwölf Jahre andauernde und verpflichtende Schulunterricht beginnt hier mit 7 Jahren und gliedert sich in Grundschule und Sekundarstufe auf. Vorher ist der Besuch der Kinder in einer Krippe oder einem Kindergarten möglich. In Indonesien gibt es noch immer islamische Religionsschulen (madrasahs), mit 84% sind die vom Staat unterhaltenen Grundschulen jedoch in der großen Mehrheit. Die Mehrheit der Sekundarstufen I und II sind in privater Hand.[12]

Von der Bevölkerungsanzahl her gesehen hat Indonesien eines der umfangreichsten Bildungssysteme der Welt.

3. Arabische Staaten

In vielen nordafrikanischen Staaten gibt es bedenklich hohe Analphabeten-Quote (besonders in Ägypten, Algerien, Marokko, Jemen und dem Sudan). Die Qualität des Bildungssystems wird zudem von mehreren Stellen bemängelt. Naturwissenschaften und Fremdsprachen spielen neben dem Religionsunterricht eine untergeordnete Rolle. Dies liegt oft auch an fehlenden Fachkräften für diese Themen.[13] Auch die Finanzierung des Bildungssystems fehlt oft in diesen Ländern. Im Gegensatz dazu ist die Bildung in den Ölstaaten auf der arabischen Halbinsel oft gut finanziert. [14]

4. Indien

Nach der indischen Unabhängigkeit im Jahr 1947 gab es unterschiedliche Ausgangslagen für die indische Bevölkerung. Durch seine Föderalisierung des Bildungssystems und die weitgehende einzelstaatliche Handlungsfreiheit in Bildungsfragen kam es in manchen Bundesstaaten zu Entwicklungsproblemen. Vor allem die soziale Ungleichheit des Kastenwesens wurde auch in der postkolonialen Ordnung zementiert.[15] Das Schulsystem ist aufgegliedert in die Grundschule (8 Jahre), Sekundarstufe (2 Jahre) und Hochschulen. Diese sind unterteilt in bundesstaatliche, nationale und private-internationale Hochschulen. Die Masse besucht die bundesstaatlich-finanzierten Universitäten.[16]

Die Unterrichtsqualität unterscheidet sich stark zwischen den einzelnen Bundesstaaten. Kritisch ist zudem das Zahlenverhältnis zwischen Lehrern und Lernenden, welches sich negativ entwickelt. [17]

In Folge der ASER (Annual Status of Education Report)-Studie von 2005 zeigte sich eine hohe Fehlerquote in den naturwissenschaftlichen Fächern. Auch die Alphabetisierung bleibt momentan noch hinter internationalen Standards zurück.[18]

5. Mexiko

Das mexikanische Schulsystem ist in drei Phasen gegliedert. Am Anfang steht die sechsjährige Grundschule (Primaria). Nach dieser folgt die dreijährige Sekundarstufe (secundaria). Diese neunjährige Grundausbildung ist laut Gesetz verpflichtend.[19] Was die Schulfächer angeht, so ist vor allem Mathematik ein Problem. Über die Hälfte der Schüler schneiden in diesem Fach international gesehen überdurchschnittlich schlecht ab.[20]

Es gibt im mexikanischen Schulsystem zudem große Probleme hinsichtlich der Lehrertauglichkeit. Deren Ausbildung kann mit dem rasanten Bevölkerungswachstum kaum Schritt halten, wobei der Fokus auf Quantität an Lehrkräften gesetzt wird.Mexiko investiert im Vergleich zur Bundesrepublik prozentual fast doppelt so viel Kapital in sein Bildungssystem, was jedoch durch das Verhältnis von viel mehr Schülern/Studenten und viel geringerem Brutto-Inlands-Produkt relativiert wird.[21]

6. Südafrika

Laut dem Zensus des Jahres 2011 besitzen in Südafrika rund 42% der Einwohner eine abgeschlossene Ausbildung. Hierbei tut sich jedoch ein großer Unterschied zwischen schwarzen und weißen Bevölkerungsanteilen hervor, wobei letztere mehr als doppelt so häufig einen Abschluss erreichen.[22]

Ähnlich wie Mexiko gibt auch Südafrika momentan an die 20 Prozent des Staatshaushaltes für sein Bildungswesen aus. Dies geschieht im Rahmen einer Bildungsinitiative, deren Ausgang jedoch fraglich scheint.[23] Das Schulsystem ist aufgegliedert in GED (General Education and Training) und FET (Further Education and Training). Ersteres ist ebenfalls aufgegliedert in eine Art Grundschule und Sekundarstufe, die jedoch aus historischen Gründen nicht so genannt werden. Die FET bildet eine Art dreijährige Oberstufe.[24]


Verfasst von: B. Vianden und C. Sommerfeld

  1. https://en.wikipedia.org/wiki/Education_in_China#Stages
  2. http://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/als-lehrerin-in-china-individualitaet-schueler-verlieren-namen-und-bekommen-nummern-a-824355.html
  3. http://derstandard.at/2000048423815/Drastische-Folgen-mangelnderSex-Aufklaerung
  4. Immanuel Kant: Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? [Zugriff: http://gutenberg.spiegel.de/buch/-3505/1]
  5. http://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/als-lehrerin-in-china-frontalunterricht-wenn-schueler-verstummen-a-824352.html
  6. http://www.spiegel.de/lebenundlernen/schule/als-lehrerin-in-china-disziplin-strafarbeiten-und-moralpredigten-auch-fuer-eltern-a-824357.html
  7. Katja Meuß: Hirne ohne Ideen. [Abrufbar unter: http://www.bllv.de/Lernen-in-China.7459.0.html]
  8. http://german.china.org.cn/business/txt/2014-04/21/content_32160374.htm
  9. http://www.br.de/radio/bayern2/wissen/radiowissen/ethik-und-philosophie/konfuzius-chinesische-philosophie-thema100.html
  10. Immanuel Kant: Beantwortung der Frage: Was ist Aufklärung? [Zugriff: http://gutenberg.spiegel.de/buch/-3505/1]
  11. http://www.scmp.com/article/1006323/students-spoon-fed
  12. https://www.munzinger.de/search/katalog/land?portalid=50919&id=03000IDN040&land=IDN
  13. http://www.n-tv.de/politik/Junge-Araber-sind-fehlqualifiziert-article17765681.html
  14. https://www.welt.de/wirtschaft/karriere/article122407485/Arabische-Staaten-zahlen-gut-fuer-deutsche-Bildung.html
  15. http://www.bpb.de/internationales/asien/indien/44534/indiens-bildungssystem
  16. Ebenda.
  17. Ebenda.
  18. http://www.bpb.de/internationales/asien/indien/44534/indiens-bildungssystem
  19. http://www.firstlife.de/bildung_in_mexiko_eine_momentaufnahme_des_versagens/
  20. http://www.oecd.org/mexico/PISA-2012-low-performers-Mexico-ENG.pdf
  21. http://www.firstlife.de/bildung_in_mexiko_eine_momentaufnahme_des_versagens/
  22. Census 2011 South Africa. Abrufbar unter: https://web.archive.org/web/20151113203528/http://www.statssa.gov.za/Publications/P03014/P030142011.pdf
  23. https://www.brandsouthafrica.com/governance/education/budget13e#.UYJxHD4Ylfk
  24. https://en.wikipedia.org/wiki/Education_in_South_Africa