Soziologische Klassiker/ Coleman, James

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Biographie in Daten[Bearbeiten]

James Samuel Coleman

  • geboren am 12. Mai 1926 Bedford, Indiana, USA
  • gestorben am 25. März 1995 in Chicago, Illinois, USA


  • Vater: James Fox Coleman
  • Mutter: Maurine Coleman, geborene Lappin
  • Geschwister: keine


  • Kinder: Thomas Sedgwick Coleman; John Samuel Coleman; James Stephen Coleman; Daniel Wlodzimierz Coleman
  • 1.Ehe: 1949 Lucille Richey
  • 2.Ehe: 1973 Zdzislawa Walaszek


Ausbildung:[Bearbeiten]

  • 1944-1946: Studium am Emory & Henry College in Emory, Virginia
  • 1946-1949: Studium an der Purdue University in West Lafayette, Indiana; 1949 B.S. (Chemical Engineering).
  • 1951-1955: Studium der Soziologie an der University of Columbia in New York, N.Y. wurde von Paul F. Lazarsfeld stark beeinflusst.
  • 1955: Ph.D. (Soziologie) an der University of Columbia in New York, N.Y.


Berufliche Daten:[Bearbeiten]

  • 1949-1951: Chemiker bei Eastman Kodak in Rochester, New York.
  • 1953-1955: Research Associate am Büro für soziale Zweckforchung der Columbia University in New York.
  • 1955-1956: Altassistent am Center für Höhere Studien in der Verhaltensforschung in Palo Alto, California.
  • 1956-1959: Assistenz-Professor der Soziologie an der University of Chicago in Chicago, Illinois.
  • 1959-1973: Mitglied der Johns Hopkins University in Baltimore, Maryland: zuerst außerordentlicher, dann ordentlicher Professor of Social Relations.
  • 1973-1995: Professor der Soziologie an der Universität von Chicago, Illinois.


Andere Tätigkeiten:[Bearbeiten]

  • 1959: Gründung das Department of Social Relations
  • 1966: Vorsitzender der Commission, die "Equality of Educational Opportunity" veröffentlichte, den sogenannten Coleman Report an den U.S. Congress.
  • 1972-1983 Mitglied des Scientific Advisory Committee von General Motors.
  • 1973-1995: Daneben Director des nationalen Meinungsforschungscenter.
  • 1978/79 und 1988/89: Gastprofessor am Institut für Höhere Studien in Wien.


Theoriegeschichtlicher Kontext[Bearbeiten]

Coleman war einer jener Soziologen, die den Utilitarismus Herbert Spencer´s als mikroökonomisches, utilitaristisches Paradigma, das den Menschen als rationales, nutzenmaximierendes Wesen annimmt, in die Soziologie übertragen haben. Gemeinsam mit George Homans steht Coleman für diese mikrosoziologische Denkschule, die auch als "Rational- Choice- Ansatz" bezeichnet wird, da das Hauptkriterium ihrer Handlungstheorie die rationale Wahl aus Handlungsalternativen darstellt.

Coleman profitierte von der wissenschaftliche Zusammenarbeit mit Paul F. Lazarsfeld und dessen methodischen Arbeitsweisen. Ausserdem war er Schüler und Mitarbeiter von Robert K. Merton.

Werke[Bearbeiten]

  • Community conflict. Glencoe, Ill.: Free Press, 1957.
  • Introduction to mathematical sociology. London-New York, N.Y.: Collier-Macmillan / Free Press of Glencoe, 1964.
  • Models of change and response uncertainty. Englewood Cliffs, N.J.: Prentice-Hall, 1964.
  • Equality of educational opportunity. (A publication of the National Center for Educational Statistics.) [Washington, D.C.]: U.S. Department of Health, Education, and Welfare, Office of Education, 1966, 2 Bände:
Volume 1: Report, 1966.
Volume 2: Supplemental appendix to the survey, 1966.
  • Equality of educational opportunity. (Summary report.) [Washington, D.C.]: U.S. Department of Health, Education, and Welfare, Office of Education, 1966. (Bekannt als "Coleman report on equality of educational opportunity".)
  • The evaluation of equality of educational opportunity. Santa Monica, Calif.: Rand Corporation, 1968.
  • Resources for social change. Race in the United States. New York, N.Y.: Wiley-Interscience, 1971.
  • The mathematics of collective action. Chicago, Ill.: Aldine, 1973.
  • Youth. Transition to adulthood. Report. [Washington, D.C.]: Office of Science and Technology, 1973.
  • Power and the structure of society. New York, N.Y.-London: Norton, 1974.
  • Longitudinal data analysis. New York, N.Y.: Basic Books, 1981.
  • Coleman report on public and private schools. The draft summary and eight critiques. Arlington, Va.: Educational Research Service, 1981.


Das Werk in Themen und Thesen[Bearbeiten]

James Coleman befasste sich vorallem mit der Anwendung mathematischer Modelle auf das Sozialverhalten und leistete damit einen hervorragenden Beitrag zur Weiterbildung der quantitativen Methodik. Seine Untersuchungen erstreckten sich von der Beschreibung des politischen Pluralismus in der Gewerkschaft, über die Verbreitung von Wissen medizinischer Neuheiten, bis hin zur Frage der Gleichheit der Ausbildungmöglichkeiten in amerikanischen Schulen. Die letztgenannte Arbeit ist als "Coleman- Report" bekannt geworden, der heftige Kontroversen in Kreisen der amerikanischen Sozial- und Erziehungswissenschaften hervorrief. Es handelt sich hierbei um eine Erhebung der EEOS (Equality of Educational Opportunity Survey), die 1964 stattfand. Diese lieferte Informationen zur Leistung von über 600.000 amerikanischen Schülerinnen und Schüler in der Primar- und Sekundarstufe. Die Analyse der Daten dokumentierte die enorme Variation der Leistung von Schülern eines Altersjahrgangs, legte aber zugleich auch die methodischen Probleme einer solchen Erhebung offen. In dieser Untersuchung der Zusammenhänge zwischen Schulleistung einerseits und ethnischen sowie sozialen Hintergründen andererseits wurde die Schuleffektivität näher beleuchtet.


Rational- Choice- Ansatz

Coleman ist der bekannteste Vertreter der ökonomischen Sozialtheorie. Er erklärt den Großteil der sozialen Phänomene durch Anwendung des ökonomischen Transaktion- Modells. Akteure entscheiden sich zwischen Alternativen durch rationale Wahl, die als Ergebnis den maximalen Nutzen bringt. Soziale Phänomene werden durch ökonomisches Denken in den Kategorien Kosten- Nutzen- Abwägung beschrieben. Die Rational-Choice-Theorie ist somit eine Sozialtheorie aus der ökonomischen Perspektive. Coleman schlägt mit diesem theoretischen Ansatz eine Brücke zwischen Mikro- und Makrosoziologie.


3-Stufen-Modell

Die Colemansche „Badewanne“ bzw. das 3-Stufen Modell beschreibt die reziproke Interaktion der Makro- und der Mikroebene. Die gesellschaftlichen Phänomene (1), die auf der Makroebene verzeichnet sind, beeinflussen das Verhalten der Akteure (2 und 3) auf der Mikroebene. Weiters determiniert dieses Verhalten der Akteure wiederum die Makroebene bzw. die Gesellschaft (4). So kann man ableiten, dass ein Makrophänomen (1) im weiteren Sinne wieder ein anderes Makrophänomen (4) erzeugt, indem es zuerst das Verhalten der Akteure beeinflusst und Randbedingungen generiert, an denen sich die Akteure orientieren (2). Aus dieser Orientierung resultieren die tatsächlichen Handlungen der Akteure (3), die sich dann subsumieren und in der Gestalt neuer Makrophänomene (4) manifestieren.


Beispiel

Anhand Max Webers These der Beziehung zwischen der protestantischen Lehre und dem Kapitalismus zeigt Coleman, durch Anwendung des 3-Stufen Modells, welche Auswirkungen auf der Mikro-, als auch auf der Makroebene erkennbar werden und was der Ursprung dieses Zusammenhangs ist. Die protestantische Religionslehre ist ein Makrophänomen und beinhaltet bestimmte Werte, die auf das Treffen von Entscheidungen des einzelnen Protestanten auf der Mikroebene Wirkung hat, wie hart zu arbeiten oder in Tauschbeziehungen vertrauenswürdig zu sein. Durch Einhalten der gegebenen Werte wird das Verhalten des Individuums positiv gewertet, somit erfolgt also eine Nutzenmaximierung. Wird dieses Verhalten von einer größeren Anzahl von Personen angenommen und erfolgreich angewandt, werden Arbeit und Vertrauenswürdigkeit als Bestandteil des modernen rationalen Kapitalismus institutionalisiert, was bedeutet, dass das Individuum Einfluss auf die Makroebene hat.


Rezeption und Wirkung[Bearbeiten]

Der Rational- Choice- Ansatz von Coleman ist mit seiner ökonomischen Erklärungweise ein wichtiger Bestandteil der Sozialforschung und Ausgangspunkt für weitere soziologische Theorien. Der deutsche Soziologe Hartmut Esser verbindet den Rational- Choice- Ansatz mit der quantitativen Sozialforschung und vertritt somit eine kausal erklärende Soziologie.

Literatur[Bearbeiten]

  • Ritzer, George / Goodman, Douglas S. (2003):
    "Sociological theory, 6th edition"
  • Bernsdorf, Wilhelm / Kospe, Horst (1984):
    "Internationale Soziologenlexikon, Band 2, 2., neubearbetete Auflage"
    Stuttgart
  • Kaesler, Dirk / Vogt, Ludgera (2000):
    "Hauptwerke der Soziologie"
    Stuttgart
  • Münch, Richard (2003):
    "Soziologische Theorie, Band 2"
    Frankfurt am Main
  • Oesterdiekhoff, Georg W. (2001):
    "Lexikon der soziologischen Werke"
    Wiesbaden
  • Hillmann, Karl-Heinz (1994):
    "Wörterbuch der Soziologie,4., überarbeitete und ergänzte Auflage"
    Stuttgart
  • Kaesler, Dirk (2003):
    "Klassiker der Soziologie,Band 2., 4. Auflage"
    München


Internetquellen[Bearbeiten]

 James Coleman