Soziologische Klassiker/ Soziale Ordnung/ Berger, Peter und Luckmann, Thomas

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Peter Berger und Thomas Luckmann[Bearbeiten]

In ihrem Werk „Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit“ gehen Peter L. Berger und Thomas Luckmann der Frage nach, wie gesellschaftliche Ordnung entsteht.

Die soziale Ordnung ist, so Berger und Luckmann ein Produkt des Menschen, „oder genauer: eine ständige menschliche Produktion. (…) Sowohl nach ihrer Genese (Gesellschaftsordnung ist das Resultat vergangenen Tuns) als auch in ihrer Präsenz in jedem Augenblick (sie besteht nur solange menschliche Aktivität nicht davon ablässt, sie zu produzieren) ist Gesellschaftsordnung als solche ein Produkt des Menschen.“ [1]


Habitualisierung[Bearbeiten]

Menschliches Handeln ist dem Gesetz der Gewöhnung unterworfen. Bestimmte, häufig wiederholte Handlungen verfestigen sich und können dadurch kraftsparend reproduziert werden. Somit bedeutet Habitualisierung, dass die jeweilige Handlung auch in Zukunft auf die gleiche Weise und mit Entlastung ausgeführt werden kann. [2] Werden diese Gewohnheiten von anderen erwartet, findet eine Institutionalisierung statt. [3]

Nun fragen sich Berger und Luckmann, wie Habitualisierungen in den Wissensbestand der Allgemeinheit eingehen und inwiefern das Wissen in der Gesellschaft Ordnung schafft. [4]

Wissen und Institutionalisierung[Bearbeiten]

Alle objektiven Bedingungen, unter denen ein Mensch lebt, beeinflussen sein Denken. Zu diesen Bedingungen zählt auch das in der Gesellschaft vorhandene „Alltagswissen“. Dies ist das Wissen über das „richtige Verhalten“ in der Gesellschaft. Ohne dieses Wissen wäre Gesellschaft nicht möglich. Das gesellschaftliche Wissen wird durch Sozialisation jedem Menschen selbstverständlich, sodass über die gesellschaftliche Wirklichkeit keine Zweifel aufkommen.[5]

Nun fragen sich Berger und Luckmann, wie es möglich ist, dass „gesellschaftlich entwickeltes, vermitteltes und bewahrtes Wissen“ [6] für das Individuum als außer Frage stehende Wirklichkeit erscheint. Als Antwort verwenden Berger und Luckmann den Begriff der Institutionalisierung. Wirklichkeit wird dadurch institutionalisiert, indem gesellschaftliches Wissen ständig durch Handeln der Individuen einer Gesellschaft bestätigt wird. Dadurch schafft es permanent soziale Ordnung. [7]


Objektivation und Typisierung[Bearbeiten]

Wir erfahren die Wirklichkeit der Alltagswelt als eine Ordnung, die unabhängig von unseren subjektiven Erfahrungen zu sein scheint. Es erscheint uns, als stehe uns die Wirklichkeit der Alltagswelt objektiv gegenüber. [8]

Den Prozess, wie subjektives Wissen und subjektive Erfahrungen zur gesellschaftlichen Wirklichkeit werden, die dem Individuum als objektiv gegeben erscheint, bezeichnen Berger und Luckmann als Objektivation. [9] Wiederholen sich subjektive Erfahrungen, werden diese zu typischen Erfahrungen verallgemeinert, was wiederum zu typischen Erwartungen führt. Verhalten sich andere entsprechend den Erwartungen, werden diese als typische Erwartungen objektiv. Somit entsteht eine intersubjektive Welt.

Passen die Typisierungen einzelner Akteure zueinander, entsteht ein gemeinsames, als objektiv geltendes Wissen, das die verbindliche Grundlage gemeinsamen Handelns darstellt. Somit wird die Gesellschaft zur objektiven, geordneten Wirklichkeit. [10]


Legitimation[Bearbeiten]

Diese Wirklichkeit macht Sinn und lässt keine Zweifel aufkommen. Die Ordnung wird so lange legitimiert, solange alle beteiligten Akteure wissen, wie man sich in dieser Ordnung zu verhalten hat.

Grundlage der Legitimation sozialer Wirklichkeit sind die Erfahrungen der einzelnen Individuen mit dieser Ordnung. Grundsätzlich verfügen alle Mitglieder einer Gesellschaft über dieselben Erfahrungen. Kritisch wird es, wenn dies nicht mehr der Fall ist. Diese Situation ist immer vorhanden, da die Gesellschaft ständig mit einer nachwachsenden Generation konfrontiert ist, die noch keine eigenen Erfahrungen mit der Ordnung haben. [11] Somit müssen die nachwachsenden Generationen die bereits bestehenden Sinnstrukturen übernehmen. Dies passiert mittels Legitimationen und Sozialisation. Legitimationen rechtfertigen hierbei bestehende Verhaltensmuster. [12] Beispiele für Legitimationen sind Sprichwörter und Lebensweisheiten, aber auch Normen.


Zusammenfassend kann man sagen, dass Soziale Ordnung laut Berger und Luckmann durch die Institutionalisierung von Handlungen entsteht und sich durch Vermittlung von „Alltagswissen“ im Sozialisationsprozess und Bestätigung dieses Wissens in der Interaktion erhält. [13]


Weiterführende Links[Bearbeiten]

Hauptartikel zu Peter L. Berger in diesem Wikibook

Hauptartikel zu Thomas Luckmann in diesem Wikibook

Peter L. Berger in der deutschsprachigen Wikipedia

Thomas Luckmann in der deutschsprachigen Wikipedia


Literatur[Bearbeiten]

  • Abels, Heinz (2007):
    "Einführung in die Soziologie. Bd.1: Der Blick auf die Gesellschaft. 3.Auflage"
    Wiesbaden
  • Berger, Peter L. / Luckmann, Thomas (1982):
    "Die gesellschaftliche Konstruktion der Wirklichkeit. Eine Theorie der Wissenssoziologie"
    Frankfurt am Main
  • Miebach, Bernhard (1991):
    "Soziologische Handlungstheorie. Eine Einführung"
    Opladen

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Berger u. Luckmann 1982, S.55
  2. Vgl. Berger u. Luckmann 1982, S. 56
  3. Vgl. Berger u. Luckmann 1978, S. 58, zitiert nach Barlösius 2011, S.184
  4. Vgl. Abels 2007, S. 135
  5. Vgl. Abels 2007, S. 136
  6. Vgl. Berger und Luckmann 1982, S. 3
  7. Vgl. Abels 2007, S. 137
  8. ebd.
  9. Vgl. Miebach 1991, S. 267
  10. Vgl. Abels 2007, S. 137f
  11. Vgl. Abels 2007, S. 138
  12. Vgl. Miebach 1991, S. 268
  13. Vgl. Abels 2007, S. 139