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Soziologische Klassiker/ van Gennep, Arnold

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Grundstruktur des Kapitels:

Biographie in Daten

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Van Gennep Arnold

  • geboren am 23.04.1873 in Ludwigsburg
  • gestorben am 07.05.1957 in Paris


  • Arnold van Gennep war der Sohn eines Dänen und einer Französin. Sein Vater war Leutnant am Königshof von Württemberg. Seine Mutter stammte aus einer holländischen Patrizierfamilie. Als van Gennep sechs Jahre alt war, ließen sich seine Eltern scheiden.
  • 1881 wurde van Genneps großes Sprachtalent erkannt. Er beherrschte Deutsch, Französisch, Holländisch und Englisch. Außerdem bekam er Privatunterricht in Spanisch und Italienisch. Nach der Schule ging er nach Paris und schrieb sich dort an der "Ecole des langues orientales" und an der "Ecole pratiques des hautes etudes" ein.
  • von 1897 bis 1901 zog van Gennep mit seiner Frau nach Polen, wo er sein Geld als Französischlehrer verdiente. Dort lernte er auch Russisch und Polnisch.
  • von 1901 bis 1906 war er Leiter der Übersetzungsabteilung des Landwirtschaftsministeriums in Paris.
  • 1904 veröffentlichte Van Gennep sein erstes Buch "Tabou et totemisme a Madagascar"
  • 1906 Veröffentlichung seines zweiten Werkes "mythes et legendes d`Australie"
  • 1908 gab van Gennep seine Stellung in der Regierung auf.
  • 1909 wurde sein Hauptwerk "Les rites de passage" veröffentlicht.
  • 1910 beschäftigte sich van Gennep verstärkt mit der Ethnographie und der Völkerkunde in Frankreich.
  • von 1912 bis 1915 war er Inhaber des Lehrstuhles für Ethnographie in Neuenburg (Schweiz). Van Gennep verlor diesen aber sehr bald, weil er die Schweiz für ihren deutschlandfreundlichen Kurs im 1. Weltkrieg kritisierte.
  • 1915 kehrte van Gennep nach Frankreich zurück und arbeitete dort vier Jahre im Außenministerium.
  • 1920 schrieb er seine Doktorarbeit "L`etat actuel du probleme totemique".
  • 1922 kündigt er seinen Dienst im Außenministerium, um eine Vortragsreise in den USA und Kanada antreten zu können. Danach beschließt er, aufgrund der zu großen Anstrengung, sich als Hühnerzüchter in Südfrankreich niederzulassen. Sechs Monate später kehrt er nach Paris zurück und nimmt seine Übersetzertätigkeit wieder auf.
  • Nach dem 2. Weltkrieg erhält Van Gennep ein Forschungsstipendium des Centre National de Recherche Scientifique. Hierbei arbteitet er auch an dem mehrbändigen Werk "Le manuel de folklore francais contemporain".(1937- 1958)

Historischer Kontext

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Arnold van Gennep befand sich in einer Zeit des wissenschaftlichen Umbruchs. Im 19. Jahrhundert hatte der Evolutionismus auf die Ethnologie großen Einfluss. Die Wissenschaftler wurden sich bewusst, dass sie nicht über sogenannte "Naturvölker" wussten und begannen somit fremde Kulturen im "Feld" zu erforschen. Auf diese Weise kam es zu einer theoretischen Umorientierung. Die Historie wurde erstmals für die Ethnologie wichtig.


Theoriegeschichtlicher Kontext

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MARCEL MAUSS: Arnold van Gennep wurde zeitlebens von Durkheims Neffen [1] Marcel Mauss kritisiert. Mauss war auf die englische und amerikanische Anthropologie nicht gut zu sprechen, obwohl diese mit dem Empirismus, den van Gennep anwendete, sehr stark verbunden war.


EMILE DURKHEIM: Auch [2] Emile Durkheim war nicht von Van Genneps Theorien überzeugt. Van Gennep war ein Außenseiter, der durch Durkheims Schule immer mehr in den Hintergrund gedrängt wurde.


VICTOR TURNER: Victor Turner entwickelte Van Genneps Dreiphasentheorie und die Theorien der Passagenriten weiter. (1920-1983) Seine Forschungsarbeiten über Struktur und Symbolik ritueller Prozesse wurden am nachhaltigsten von Van Gennep beeinflußt.


Weiters profitierte Van Gennep von den Werken von Fustel de Coulange (1864-1956), Robertson Smith (1894-1956), Huber, Mauss, Hertz und vielen anderen.


Werke

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"Tabou et totemisme a Madagascar" (Paris, 1904)

"mythes et legendes d`Australie" (Paris, 1906)

"Les rites de passage" (Paris, 1909)

"Religions, moeurs et légendes: Essais d`ethnographie et linguistique. 5 Bd."' (Paris,1908-14)

"La formation de légendes" (Paris, 1910)

"Les semi savants (Paris, 1911)

"Le`tat actuell du probléms totemique: Etude critique des theories sue les origines de la religion et de l`organisation sociale" (Paris, 1915)


Das Werk in Themen und Thesen

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1.) Anliegen

Arnold van Gennep möchte in seinem 1909 erschienen Buch "Übergangsriten" verschiedene Rituale und Zeremonien unterschiedlichster Kulturen, Stämme, Gesellschaften oder Klans beschreiben. Hierbei verwendet er die vergleichende Methode, um Gemeinsamkeiten und Unterschiede der unterschiedlichen Kulturen festzustellen. Van Gennep teilt Riten wie folgt ein:

Animistische Riten/ Dynamistische Riten Sympathetische Riten/ Kontagiöse Riten Positive Riten/ Negative Riten Direkte Riten/ Indirekte Riten

Jedoch ist es ziemlich schwer Riten nach diesen Möglichkeiten einzuteilen, weil jeder Ritus alle Möglichkeiten aufweisen kann.


2.) Das dreigliedrige Schema der Übergangsriten

Van Gennep erklärt hiermit, dass Riten und Zeremonien eine bestimmte Abfolge aufweisen. Das Individuum geht von einer genau definierten Situation in eine andere über. Dieser Zustand des Übergangs kann in drei Riten unterteilt werden:

a.) Trennungsriten (rites de séparation): kennzeichnen die Ablösungsphase b.) Schwellen bzw. Umwandlungsriten (rites de marge): kennzeichnen die Zwischenphase c.) Angliederungsriten (rites d`agrégation): kennzeichnen die Integrationsphase


Für Van Gennep ist ein Übergangsritus das Überschreiten einer Grenze. Jedes Individuum muss in den verschiedenen Lebensphasen (z.B. Schwangerschaft, Heirat, Verlobung, usw.) über eine Grenze schreiten. Dies versucht der Autor dem Leser an verschiedenen Beispielen zu erklären.


3.) Gesellschaft verglichen mit einem Haus

Van Gennep vergleicht unsere Gesellschaft mit einem Haus. Demnach ist unsere Gesellschaft ein Gebäude, das in Räume unterteilt ist. Diese Räume sind durch Flure miteinander verbunden.

In früheren archaischen halbzivilisierten Gesellschaften herrschte eine starke Differenzierung zwischen Altersgruppen, Familien, Geschlechtergruppen usw. Diese Gruppen leben streng isoliert voneinander und es ist ziemlich schwer von einer Gruppe in die andere zu treten.

Während in modernen, industriellen Gesellschaften Arbeitsteilung herrscht und deshalb die Grenzen nicht mehr so stark kontrolliert werden. Die Menschen stehen hierbei schon in wechselseitiger Beziehung zueinander.


4.) Beispiele für Initiationsriten

a.) Die christliche Taufe, Konfirmation und Firmung haben Initiationscharakter. Wichtig hierbei ist die Spiritualität. Durch die Aufnahme in die Religion wird die menschliche Seele gerettet.

b.) Die Bar Mizwa im Judentum ist auch ein so genannter Initiationsritus. Hierbei müssen 13 jährige aus der Tora vorlesen.

c.) Junge Männer, die in einer der höheren Kasten, der Hindus sind, werden dem sogenannten Upanayana unterzogen. Hierbei wird der Mann entweder als Außenstehender in eine Gruppe aufgenommen oder sein aktueller Seins-Zustand verändert sich z.B. vom Kind zum Mann, vom Novizen zum Priester usw.

d.) Naturvölker pflegen sich oft selbst zu verstümmeln oder zu verletzen, um sich auf Schmerzproben zu stellen. (z.B. Beschneidung)


Rezeption und Wirkung

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Van Genneps Werke wurden zur Zeit seines Herauskommens von vielen Soziologen und Ethnologen kritisiert. Van Gennep war schon immer ein Außenseiter, der versucht hat, sich von niemandem beeinflußen zu lassen. Er schreckte auch nicht davor zurück, Kritik an anderen auszuüben. So kritisierte er zum Beispiel Durkheims Theorie des Totemismus.

Der größte Kritikpunkt, worüber sich alle Wissenschaftler einig sind, ist jedoch, dass Van Gennep ein schwacher Theorektiker blieb. Dennoch inspirierte und beeinflusste er sehr viele Ethnologengenerationen mit seinem Buch "Übergangsriten".


Literatur

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  • Arnold van Gennep (1909)
    "Les rites de passage (Deutsch: Übergangsriten, übersetzt v. S. Schomburg-Scherff)
    Frankfurt am Main


Internetquellen

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