Strafprozessuale Probleme im 2. Staatsexamen: Äußerungen gegenüber Sachverständigen

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Kein Richtervorbehalt für Sachverständige im Ermittlungsverfahren[Bearbeiten]

§ 73 Abs. 1 S. 1 StPO bezieht sich nur auf das gerichtliche Verfahren. Im Ermittlungsverfahren ist nach § 161a Abs. 1 S. 2 StPO i.V.m. § 71 Abs. 1 S. 1 StPO die Staatsanwaltschaft für die Bestellung von Sachverständigen zuständig. Als "Herrin des Ermittlungsverfahrens" trifft sie in diesem Teil des Verfahrens alle Entscheidungen selbst, die nicht ausdrücklich dem Richter vorbehalten sind.

Fehlende Stellungnahme des Verteidigers[Bearbeiten]

Nr. 70 Abs. 1 RiStBV sieht vor, dass dem Verteidiger die Möglichkeit eingeräumt werden soll, zur Auswahl des Sachverständigen Stellung zu nehmen. Verstöße gegen die RiStBV führen jedoch nicht zu einem Beweisverwertungsverbot, da es sich bei ihr lediglich um Verwaltungsrichtlinien handelt.

Andererseits ist der Richter gemäß Art. 103 Abs. 1 GG verpflichtet, dem Verteidiger und dem Angeklagten die Teilnahme an der Wahl des Sachverständigen zu gestatten, weil in Verfahren, die eines (psychiatrischen) Sachverständigen erfordern, generell von einer notwendigen Verteidigung gemäß § 140 StPO auszugehen ist. Damit wird die Bedeutung des angesprochenen rechtlichen Gehörs besonders deutlich, da eine Verletzung des Rechtes auf Beistand durch einen Verteidiger bei schwieriger Rechtsmaterie dann einen absoluten Revisionsgrund (§ 338 Nr. 8 StPO) darstellt, wenn durch das Gericht gegen eine Vorschrift der StPO verstoßen wird. Die Notwendigkeit der Beteiligung des Verteidigers bei der Auswahl eines psychiatrischen Sachverständigen als auch bei weiteren Gutachten in derselben Rechtsfrage unterstreicht der Bundesgerichtshof in seinem Beschluss vom 10.9.2002 (BGH - 1 StR 169/02 LG Mannheim), als er das Urteil aufhob, zurückverwies und sich auf Nr. 70 Abs. 1 RiStBV explizit bezog.

Rechtsgrundlage für psychiatrische Untersuchung[Bearbeiten]

Die gerichtspsychiatrische Untersuchung ist keine körperliche Untersuchung im Sinne des § 81a Abs. 2 StPO für deren Anordnung der Ermittlungsrichter zuständig wäre.

Kein rückwirkendes Verwertungsverbot[Bearbeiten]

Im Gegensatz zu Zeugen, deren frühere Aussagen nach § 252 StPO nicht mehr verwertet werden können, wenn der Zeuge in der Hauptverhandlung das Zeugnis verweigert, können frühere Aussagen des Beschuldigten nach § 254 StPO oder durch Zeugeneinvernahme verwertet werden. Anders als bei § 252 StPO ist hier nicht der familiäre Zusammenhalt bedroht.

Rechtsstellung des Sachverständigen[Bearbeiten]

Ein als Sachverständiger bestellter Arzt hat kein Zeugnisverweigerungsrecht hinsichtlich von Zusatztatsachen, die er bei seiner Untersuchung feststellt, da ihm diese nicht im Sinne von § 53 StPO anvertraut wurden. Der Beschuldigte weiß, dass die Erkenntnisse des Sachverständigen für das Gericht bestimmt sind.