Wie mein Buch auf die Welt kommt/ Einleitung

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Hauptteil


Vilèm Flusser, Philosoph:
„Ein sich änderndes Bewusstsein ruft nach veränderter Technik, und eine veränderte Technik verändert das Bewusstsein.“

Quelle: [1]

Wie hätte Johannes Gensfleisch alias Gutenberg 1456 ahnen können, welche umwälzenden Auswirkungen seine Erfindung des Buchdrucks mit beweglichen Bleilettern auslösen würde? Sein Bestreben, Bücher schneller, kostengünstiger und in größerer Auflage herstellen zu können, resultierte nicht nur in der Entwicklung einer völlig neuen Technik des Buchdrucks.[2] Sie war der Auslöser einer universalen Medienrevolution. Marshall McLuhan bezeichnete das neu anbrechende Medienzeitalter als die ,Gutenberg-Galaxis‘ und sah seine Erfindung bedeutungsmäßig gleich hinter der Erfindung der Schrift.[3] Das gebundene Buch wurde zum Leitmedium der Neuzeit. Gleichzeitig bildete Gutenbergs Erfindung die Voraussetzung für drei Phänomene, welche die abendländische Kultur und Gesellschaft nachhaltig veränderten und noch bis heute nachwirken: Massenkommunikation, Bildung und Demokratisierung.[4]

Gutenbergs neue Buchdrucktechnik bedeutete das Ende für das Informationsmonopol von Staat und Kirche und löste die bis dahin übliche Handschriften- und Bildkultur des Mittelalters ab. Sie ermöglichte immer breiteren Schichten der Bevölkerung Zugang zu Informationen, die vorher vom mittelalterlichen Machtapparat kontrolliert und gesteuert wurden. Zentral war dabei, dass gedruckte Bücher viel schneller und günstiger hergestellt werden konnten und damit eine räumlich weitere Verbreitung ermöglichten.

Martin Luther war der Erste, der das Potential dieses neuen Mediums erkannte, bewusst einsetzte und damit eine andere Revolution auslöste. „Für ihn war die ,Truckerey‘ das ,summum et postremum donum‘, das höchste und äußerste Geschenk, durch welches Gott die Sache des Evangeliums weitertreibe, nämlich den Kampf gegen das korrupte Rom und den Sieg der Reformation.”[5] „Ein Drittel der gesamten deutschsprachigen Buchproduktion in der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts entfiel auf seine Schriften, allein die geschätzte Gesamtauflage seiner hochdeutschen Bibelausgabe beläuft sich auf eine halbe Million Exemplare.”[6]

Zug um Zug wurde das gedruckte Buch zum Massenmedium und zum anerkannten Ort der Information und des Diskurses. „Die wissenschaftlichen, technischen und gesellschaftlichen Entwicklungen in den folgenden Jahrhunderten wären ohne das Massenmedium Buch nicht möglich gewesen.”[7] Die Verwendung bestimmter Schriftarten beim Buchdruck mit beweglichen Lettern hatte zwei weitere nicht zu unterschätzende Auswirkungen. Durch die zunehmende Verbreitung von Büchern kam es zu einer Standardisierung der Schrifttypen. Gleichzeitig beeinflussten die typischen Lettern über das verwendete Vokabular und die Art der Schreibweise die Entwicklung der hochdeutschen Sprache.

Im 20. Jahrhundert entstanden mit Radio, Kino, Telefon und Fernsehen neue Massenmedien. Durch ihre rasche Verbreitung bildeten sie erstmals eine ernstzunehmende Konkurrenz. Seine Rolle als Leitmedium konnte das Buch jedoch behaupten. Erst der Computer in seinen verschiedenen Ausformungen als Desktop, Laptop, Tablet u.ä. schaffte die nötigen Voraussetzungen für die digitale Erstellung und Handhabung von Text sowie die Kombination mit digitalen Bild- und Tondateien. Den eigentlichen Durchbruch brachte die beginnende Vernetzung von einzelnen Computern im Internet am Ende des 20. Jahrhunderts. Es entstand ein Schriftmedium, das ohne Papier auskommen und das gedruckte Buch als Leitmedium in Frage stellen sollte.

Zwischen Personen, die das neue Medium befürwortern und jenen, die es kritisieren, gibt es ziemlich kontroverse Diskussionen über dessen Vor- und Nachteile. Schließlich geht es um die Frage, ob es sich in den durch Computer und Internet ausgelösten Umwälzungen in der globalen Medienwelt um einen Paradigmenwechsel zur ,Internet-Galaxis‘ Manuel Castells handelt - vergleichbar mit der Revolution zu Gutenbergs Zeit, als der Buchdruck mit beweglichen Lettern das Ende der Handschriftenkultur einläutete.[8]

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit dem Diskurs zwischen gedrucktem und elektronischem Buch. In einem kurzen Abriss geht es zunächst um das Buch und um die Frage, was ein Buch ist und welche Beziehungen es zwischen dem Inhalt und dem Trägermedium gibt. Weiters werden die Gemeinsamkeiten und Unterschiede zwischen analogem und digitalem Buch vorgestellt. Daran schließt sich die Beschreibung der derzeit zu beobachtenden Innovations- und Substitutionsprozesse als Folge der Digitalisierung im Buchmarkt an. Es wird untersucht, wie Verlage und Buchhandel damit umgehen. Um auch die Sicht der schreibenden Zunft zu kennen, wurden zwei Autorinnen aus Vorarlberg und zwei Autoren aus dem deutschsprachigen Ausland befragt, wie sie zum Medium Buch stehen und wie sie dessen Zukunft sehen.

Anschließend wird in einer Fallstudie der Frage nachgegangen, wie Laien mit frei erhältlicher Software ein Buch erstellen können, um es sowohl in gedruckter Form bei einem Print-on-Demand-Dienstleister als auch in digitaler Form zu publizieren. Dabei wird analysiert, welche Prozesse ablaufen, um eine fertige Vorlage für den Digitaldruck sowie verschiedene E-Book-Formate zu generieren. Die gesammelten Hinweise münden schließlich in eine Umsetzungsrichtlinie für potentielle Autorinnen/Autoren, die ihr Manuskript als Buch herausbringen möchten und sich bei der Umsetzung alle Wege offen halten wollen.

Das Kapitel ,Praktische Umsetzung‘ fasst kurz die Erfahrungen zusammen, die sowohl bei der Erstellung der Masterarbeit als Wikibook als auch bei der Erzeugung verschiedener Ausgabeformate gemacht wurden. Zum Abschluss wird ein Ausblick auf die Zukunft des Publizierens gewagt.

Quellen

  1. Flusser 1992, S. 20
  2. Vgl. Janzin/Güntner 1997, S. 108-111
  3. Vgl. Rücker 2011, S. 39
  4. Vgl. Miedl 1995, Einleitung
  5. Rummler 1999, S. 76
  6. SUB Göttingen 2000, S. 1
  7. Vgl. Miedl 1995, Einleitung, o. S.
  8. Vgl. Koschnik 2009, S. 5