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Zufall: Psychologie

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Lebenslinien bedeutsam oder zufällig?

Zufall in der Psychologie

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Die meisten menschlichen Handlungen sind kein Zufall, sondern teils bewusstes, teils unterbewusstes Abwägen von Alternativen und Auswahl der zum gegebenen Zeitpunkt vorteilhaftesten Möglichkeit. Man hat dies mit dem treffenden Begriff Ökonomie des Alltagslebens bezeichnet, d.h. unser Gehirn sucht immer erst einmal die bequemsten Varianten heraus. Der Zufall hat im menschlichen Gehirn zunächst keinen Platz. Das Gehirn ist, auch wenn man es bei manchen Menschen nicht so recht glauben will, eine logische, deterministische Denkmaschine zur Bewältigung unserer Alltagsaufgaben.

Es ist bis heute in der Psychologie und Neurophysiologie umstritten, ob es im menschlichen Gehirn einen Zufallsgenerator gibt oder nicht.

In Situationen, in denen man sich ganz schnell zwischen zwei Alternativen entscheiden muss, wäre so ein Zufallsgenerator vielleicht hilfreich. Eine Situation, die in der Evolution sicher sehr häufig aufgetreten ist, war die Frage Kampf oder Flucht, wenn einem ein feindliches Tier plötzlich gegenüberstand.

Siehe z.B. http://www.jneurosci.org/cgi/content/abstract/13/1/334

Zitat

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 Friedrich Dürrenmatt in seiner Komödie Die Physiker aus dem Jahre 1961. Je planmäßiger der Mensch vorgeht, umso wirkungsvoller trifft ihn der Zufall.

Der freie Wille

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Zwischen den Begriffen Zufall und freier Wille existiert ein enger Zusammenhang. Man kann argumentieren, dass eine freie Entscheidung eine Entscheidung ist, die zumindest teilweise nicht von anderen Einflüssen (innerer und äußerer Art) bestimmt wird. Sie ist also nicht determiniert. Dies kann aber gerade auch als Definition von Zufall angesehen werden. Nach dieser Auffassung kann es in einem Universum ohne Zufall keinen freien Willen geben, da jede Entscheidung bei Kenntnis aller Einflussgrößen vorhergesagt werden könnte.

Es ist nun eine Aufgabe der Philosophie, Gemeinsamkeiten und Unterschiede beider Begriffe genauer herauszuarbeiten. Der englische Begriff random number (wörtlich: Zufällige Zahl) für Zufallszahl weist auf diesen Zusammenhang hin.

Unser Gehirn will den Zufall nicht wahrhaben

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Dies zeigen beispielsweise die Non-contingent-reward-Experimente des amerikanischen Verhaltensforschers John Wright.

Peter Brugger, Schweizer Neurowissenschaftler am Universitätsspital Zürich, Das ist ein grundsätzliches Problem. Eine Regelmäßigkeit lässt sich belegen. Dass aber etwas zufällig geschehen ist, kann man nicht beweisen, weil es immer möglich ist zu vermuten, dass dahinter eine noch unbekannte Ordnung steht. Wir haben kein Sinnesorgan, um den Zufall wahrnehmen zu können.

Zufall im Leben jedes einzelnen Menschen

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Es ist Zufall, ob man männlich oder weiblich geboren wird. (In Indien und anderswo versucht man dies zu manipulieren.)

Es ist Zufall, in welche Familie man hinein geboren wird.

Es ist Zufall in welchem Land und in welcher Zeit man auf die Welt kommt.

Viele Erbkrankheiten treten mehr oder minder zufällig auf.

Vieles, was man als Schicksal bezeichnet, kann man auch als Einfluss des Zufalls ansehen.

Das Schicksal (von altniederländisch schicksel, „Fakt“), auch Geschick (zu schicken „machen, dass etwas geschieht“, „Faktum“), lateinisch fatum, griechisch moira, oder das Los (ahd., mhd. (h)lôჳ „Omen“, „Orakel“) umfasst ein weites Begriffsfeld dessen, was den Lebenslauf des Menschen darstellt oder beeinflusst:

  • Einerseits wird als Schicksal eine Art personifizierte höhere Macht begriffen, die ohne menschliches Zutun das Leben einer Person entscheidend beeinflusst. Beispiel: „Das Schicksal meint es gut mit ihr“, „Er wurde vom Schicksal dazu bestimmt“, „Das Schicksal nahm seinen Lauf“ oder der Schicksalsschlag als Handlung der Macht.
  • Andererseits versteht man unter Schicksal aber auch die nicht beeinflussbare Bestimmung als persönliches Attribut, das Los eines Menschen oder einer Gruppe von Menschen. In diesem Sinne ist es der Inbegriff unpersönlicher Mächte. Beispiel: „Sie hat ein trauriges Schicksal“

In den meisten Kulturen gilt das Schicksal als unausweichlicher Schicksalsschlag:

  • In der Mythologie entwickelte sich der Gedanke des Schicksals als personifizierte Macht (die Schicksalsgottheiten), die sowohl das individuelle Leben als auch den Weltlauf beherrschen und das Schicksal dem Menschen „schicken“.

Die Einstellung gegenüber dem Schicksal reicht

  • von völliger Ergebung (Fatalismus)
  • über den Glauben an seine Überwindbarkeit (nimmer sich beugen, / kräftig sich zeigen / rufet die Arme / der Gottheit herbei – so Goethe)
  • bis zur völligen Willensfreiheit des Individuums (Voluntarismus)

Aus der Vorstellung, das Schicksal wäre vorherbestimmt, kommt auch der Glaube, es gebe Möglichkeiten, im Voraus Informationen über zukünftige Schicksalsereignisse zu bekommen. Dieses Konzept liegt der ganzen Mantik (Wahrsagerei) zugrunde.

Im Christentum wird anstelle der Vorstellung des Schicksals die der göttlichen Vorsehung (Geschick, Prädestination) verwendet.

Schicksal wird oft in Verbindung mit  Karma gebracht, hat jedoch mit der buddhistischen Bedeutung wenig zu tun.

Weitere Stichworte

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  • Chance, Glück, Unglück, Pech
  • Schicksalskonzepte:
    • Schicksalsglaube, Determination, Heil, Kismet, Serendipity, Fatalismus, Voluntarismus
  • Personifiziertes Schicksal:
    • Fortuna, Nornen, Tyche, Moiren, Parzen
  • Schicksalsanalyse, Schicksalsdrama

Beispiele

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Partnerwahl Welche Faktoren sind zufällig welche nicht ?

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  • Körpergrösse
  • Körpergewicht
  • Alter

Übereinstimmung der Buchstaben der Vornamen

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Es gibt Untersuchungen, die die Übereinstimmung beim ersten Buchstaben des Vornamens von Ehepartner ausgewertet haben. In überdurchschnittlicher Häufigkeit stimmten sie überein.

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  • Ethik des Zufalls
    • Barbara Reiter
      • Eine gute Dissertation. Inhalt
  • Einleitung: Gutes Leben ohne Zufall?
  • Kontingenz und Lebensplan
    • Einleitung: Skandal des Zufalls
      • Erster Skandal: Sekunden entscheiden über Lebenspläne
      • Zweiter Skandal: Wer beurteilt und wie beurteilen wir?
      • Entstehung und Interpretation von Kontingenz
    • Das Konzept des Lebensplans
      • John Rawls Konzept des Lebensplans in der Kritik
      • Lebensplan und Kontingenz
      • Drei Aspekte praktischer Kontingenz
      • Kontingenz, Zufall und Koinzidenz
      • Rationalisten und Kompatibilisten
    • Überblick über die folgenden Kapitel
  • Angewiesenheit und Autonomie
    • Einleitung: Steine und Inseln?
    • Die Zerbrechlichkeitsthese
      • Angewiesenheit
      • Freundschaft
      • Einzigartigkeit
    • Schluss: Dynamik statt Zitadelle
  • Sieben Momente des Zufalls
    • Einleitung: Bausteine aus der Philosophiegeschichte
    • Sieben Momente des Zufalls
      • Notwendigkeit
      • Phänomenalität
      • Seltenheit
      • Modalität
      • Unvorhersagbarkeit
      • Materialität
      • Zielhaftigkeit
    • Schlussbemerkung
  • Die Philosophie des Flaneurs: Verbundenheit und Zuversicht
    • Einleitung: Flaneur und Manager
    • Phänomenologie des Flaneurs
    • Die Nabelschnur: Der Yogi
    • Zuversicht: Serendipität
    • Finden
    • Verlieren, Umdeuten
    • Schluss: Das Ganze
  • Zufall und Gerechtigkeit
    • Einleitung: Gutes Leben und Gerechtigkeit
    • Die Rolle des Zufalls in John Rawls Gerechtigkeitstheorie
    • Verantwortung
      • Gefühlte Verantwortung
      • Die Katastrophe,
    • Sinn für Ungerechtigkeit
    • Die Fähigkeit, mit Zufall und Kontingenz umzugehen
    • Befähigende Gerechtigkeit und dynamische Autonomie
    • Zusammenfassung: Sinn für Zufall
  • Schluss: Zufall, Glück und gutes Leben

Abstract

Können wir ein glückliches Leben ohne Pläne führen? Gelingt es dem Flaneur, sich der Kontingenz ganz und gar hinzugeben? Wie hängen Zufall und Gerechtigkeit zusammen? Die Frage, wie mit den kontingenten Faktoren des Lebens umgegangen werden kann, zieht sich durch die Philosophie-geschichte und scheint doch bis heute kaum zu beantworten. Mit Bezugnahme auf Aristoteles‘ Bestimmung des Zufalls und auf die praktische Philosophie des politischen Liberalismus untersucht Barbara Reiter die normative Bedeutung von Zufall in einer Theorie der Gerechtigkeit. Sollte die Fähigkeit mit den Wechselfällen des Lebens umzugehen Voraussetzung für ein glückliches Leben sein, müssen auch die allgemein üblichen Vorstellungen von Gerechtigkeit erweitert werden – nämlich um die Verantwortung für einen angemessenen Umgang mit dem Zufall.

......etc siehe https://www.researchgate.net/publication/325273009_Ethik_des_Zufalls