Zweideutigkeit als System - Thomas Manns Forderung an die Kunst: Schopenhauer

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Entstehung: 17.Dezember 1937 bis 18.Mai 1938.

Das Vergnügen, mit welchem die Kunst uns beschenkt, beruht auf ihrer Wirkung, die Wirrnisse des Lebens durchsichtig und übersichtlich zu machen, - einer Freude, die vorwiegend ästhetischer Art ist. [1] Anders formuliert: Kunst versöhnt die Antinomien des Lebens durch Ästhetisierung, spiegelt Widersprüche in einer Form ab, in der sie als gegeben akzeptiert werden können. Der Blick der Kunst wird zur „genialen Objektivität.“ [2]

Um Durchschauen und Erkenntnis, die Resultate der genialen Objektivität, in Kunst zu fassen, hat sich Thomas Mann der Ironie bedient. Diese Kunsttechnik rechtfertigend, stellt er die These auf, "daß Ironie und Objektivität zusammengehören und Eines sind." [3] Man wird dem schwerlich widersprechen können. Ironie bedeutet Geltenlassen und humoristische Akzeptanz. Ihr Gegenteil, Sarkasmus, hat eine Stoßrichtung und zielt auf Vernichtung.

Kunst und Künstler wissen sich der Welt des Geistes und der Abstraktion zugehörig, sind aber ebenso der sinnlichen, konkreten Gestaltung verhaftet. So kommt ihnen eine "vermittelnde Aufgabe" zu. Thomas Mann nennt sie - wie auch an anderen Stellen - die "hermetisch-zauberhafte Rolle als Mittler zwischen oberer und unterer Welt, zwischen Idee und Erscheinung [im Sinne Platons], Geist und Sinnlichkeit […]. Denn dies ist in der Tat die sozusagen kosmische Stellung der Kunst; ihre seltsame Situation in der Welt; die verspielte Würde ihres Treibens." [4]


Q u e l l e n :

  1. Thomas Mann: Schopenhauer. In: Adel des Geistes. Stockholm: Bermann-Fischer Verlag 1945, S. 337
  2. a. a. O. S. 357
  3. a. a. O. S. 358. Thomas Mann bezieht sich hier auf Schopenhauer: "Die Ironie ist objektiv" (Die Welt als Wille und Vorstellung Bd II, 1844, S. 99)
  4. a. a. O. S. 344


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