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Benutzer:AbiLtoC:Aberration (Herleitung mit SRT)

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In diesem Artikel geht es um die Herleitung der Formel für die w:de:Aberration (Astronomie) mit Hilfe der Lorentztransformation der Speziellen Relativitätstheorie. Nach der Begriffsklärung handelt es sich dabei um die „scheinbare Ortsveränderung von Gestirnen durch die Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit“. Es gibt die Fehlvorstellung, dass es bei der Aberration auf die Relativgeschwindigkeit des Sterns zum Beobachter ankommt, der schon der Astronom w:de:John Herschel 1844 widersprach.[1]

Der Aberration entspricht in der nicht-relativitistischen Mechanik z.B. das gerade Zuspiel eines Balls ohne Reibungseffekte: Wenn ein Spieler S (der „Stern“) dem stehenbleibenden Spieler B (dem „Beobachter“) einen Ball erfolgreich (!) zuspielt, dann hängt für B die Richtung des Balls nicht von der Geschwindigkeit von S ab, sondern nur von der Position von S zum Zeitpunkt des Abspiels: Die Relativgeschwindigkeit von „Stern“ und „Beobachter“ spielt für den „Beobachter“ also keine Rolle.

Wenn sich B nun gegenüber dem Platz bewegt, dann hängt die Richtung des Balls im Ruhesystem des Platzes auch nur von der Position von S (bei der Abgabe) und von der Position von B (bei der Annahme) ab. Im Ruhesystem von B spielt die Geschwindigkeit von B (gegenüber dem Platz) für die wahrgenommene Richtung des Balls natürlich eine Rolle. Und dies entspricht gerade der „Aberration“. [2]

Was für die nicht-relativistische Alltagsvorstellung einleuchtend ist, soll nun durch Rechnung mit Hilfe der Lorentz-Transformation der SRT auch für das Licht gezeigt gezeigt werden, nämlich dass für die Aberration die Geschwindigkeit des Sterns keine Rolle spielt.

Die Aberration der Sterne ist nur eine Bezugssystemtransformation (Lorentz-Transformation) der Sternkoordinaten[Bearbeiten]

R. Emden hat in seinem Artikel Aberration und Relativitätstheorie in der Zeitschrift Die Naturwissenschaften, 14. Jahrgang Heft 16 (16. April 1926), auf die selbstgestellte Frage: Wie wird die Richtung des einfallenden Strahles durch die momentane Bewegung der Erde und die Bewegung (nicht den Ort) des Sternes zur Zeit der Aussendung des Strahles beeinflußt? die Antwort gegeben: Gar nicht.

Der Artikel ist unter Emden, R.. “Aberration und Relativitätstheorie”. Die Naturwissenschaften, 14:329-335, 1926. DOI:10.1007/BF01506966. zu finden (siehe w:de:Aberration (Astronomie)), allerdings sind nur die ersten beiden Seiten dieses alten Zeitschriftenartikels frei online erhältlich und die Lösung von Herrn Emden ist leider gerade auf den verbleibenden Seiten.

Allerdings ist der Kerngedanke ja bereits in der Einleitung enthalten: Die Richtung des Lichtstrahls ist nicht abhängig von der Geschwindigkeit des Sterns und eigentlich nicht abhängig von der Geschwindigkeit der Erde. Eigentlich bedeutet, dass es nur der Effekt einer Bezugssystemtransformation ist: im heliozentrischen Bezugsystem ändert sich die Richtung nicht, in einem Inertialsystem, das dazu eine Relativgeschwindigkeit hat, muss man die Raumzeit-Koordinaten einfach mit der Lorentz-Transformation umrechnen.

Beispielrechnung[Bearbeiten]

Das Koordinatensystem Σ soll ein (Quasi-)Inertialsystem sein, in dem die Sonne ruht, z.B. das heliozentrische Bezugssystems (Dieses ist das bevorzugte Koordinatensystem seit w:Galileo Galilei.) bzw. besser das baryzentrische Bezugssystem. Dies ist ein sehr gutes Quasi-Inertialsystem für Beobachtungszeiträume von Tausenden von Jahren (Umlaufsdauer der Sonne um das Zentrum der Milchstraße ca. 225 Mio. Jahre, siehe w:Galaktisches Jahr). [3]

Das Koordinatensystem Σ' soll z.B. das Ruhesystem eines Körpers sein, der sich in Σ mit der Geschwindigkeit v = 0,5 c längs der x-Achse bewegt (also auf den Stern hin), sodass bei (x|ct)=(0|0) auch (x'|ct')=(0|0) ist. Für die Transformation der Koordinaten gilt dann: mit


Von irgendeiner Quelle soll nun zur Zeit


am Ort


ein Lichtsignal losgeschickt werden, der den Beobachter zur Zeit


am Ort


trifft. Im Bezugsystem Σ hat er gegenüber der x-Achse einen Winkel δ mit


und also


Im Bezugsystem Σ' gilt:


Also gilt für den Winkel δ' gegenüber der x'-Achse (die mit der x-Achse zusammenfällt):


Nun mit Hilfe der bisherigen Theorie:


also stimmen die Ergebnisse überein.

Herleitung der Formel[Bearbeiten]

Die Herleitung der Formel wird für den Fall betrachtet, dass sich das Licht nur durch Raumbereiche bewegt, in denen die Gravitationsfelder vernachlässigbar sind und also die Lichtausbreitung bereits mit Hilfe der Speziellen Relativitätstheorie ausreichend beschrieben werden kann.

Beobachtung im Ruhesystem Σ des Baryzentrums des Sonnensystems (i. w. Ruhesystem der Sonne)[Bearbeiten]

Das Ruhesystem Σ des Baryzentrums ist ein sehr gutes (Quasi-)Inertialsystem für Zeiträume von Tausenden von Jahren, weil sich unser Sonnensystem (erst) in ca. 225 Mio. Jahren einmal ganz um das Zentrum der Milchstraße bewegt (galaktisches Jahr). Die Raumkoordinaten bilden ein Kartesisches Koordinatensystem.


mit


sind die (Raumzeit-) Koordinaten im Bezugssystem Σ, bei denen der Stern das Licht aussendet, und (0|0|0|0) sind die Koordinaten, bei denen der Beobachter das Licht wahrnimmt.

Im Bezugsystem Σ erscheint das Lichtsignal des Sterns also unter dem Winkel


gegenüber der x-Achse, denn das Licht breitet sich in Σ geradlinig aus.

Beobachtung in einem Inertialsystem Σ', dessen „Anker“ sich in Σ gleichförmig bewegt[Bearbeiten]

Ein in Σ' ruhender Körper („Anker“) bewegt sich bzgl. Σ mit der Geschwindigkeit (v|0|0), d.h. längs der x-Achse, wobei Σ' und Σ räumlich gleich ausgerichtet sind und deren Ursprünge zum Zeitpunkt t=t'=0 zusammenfallen. Sei nun

Σ' ist ein ebenso gutes (Quasi-)Inertialsystem wie Σ, die Raumkoordinaten bilden ebenso ein Kartesisches Koordinatensystem, und das Licht breitet sich darin geradlinig aus.

Damit gilt für die Richtung δ' des Lichtstrahls in Σ':

Nach der Lorentz-Transformation gilt nun:

Also ist

Nach dem Satz des Pythagoras beträgt die räumliche Entfernung d von (x_1|y_1|0) nach (0|0|0) nun


Das Licht muss somit zur Zeit


vom Stern ausgegangen sein, damit es den Beobachter zur Zeit am Ort (0|0|0) erreicht.

Also gilt:


und folglich:

Wenn das Lichtsignal des Sterns im Koordinatensystem Σ unter dem Winkel δ gegenüber der x-Achse erscheint, dann erscheint es im Koordinatensystem Σ' unter dem Winkel δ' mit


gegenüber der x'-Achse (die ja ganz auf der x-Achse liegt).

Dies ist die bekannte Aberrationsformel [4] für den einfachen Fall, dass sich ein in Σ' ruhender Körper in Σ mit konstanter Geschwindigkeit (v|0|0) bewegt, siehe z.B. engl. Wikipedia-Artikel

Sonderfall: δ ↗ 90°[Bearbeiten]

Für δ ↗ 90° gilt:

und damit

Für 0 < β << 1 gilt dann

Die Erde hat bei ihrem Umlauf um die Sonne die mittlere Bahngeschwindigkeit v = 29,78 km/s, also ist v/c = 0,00009935

Diskussion[Bearbeiten]

Die Aberration ist also nur ein Effekt des Bezugsystemwechsels beim Beobachter.

Der Beobachter auf der Erde rotiert mit der Erde in einem Jahr um die Sonne und in einem Tag um die Achse der Erde und zu unterschiedlichen Zeiten hat sein momentanes Ruhesystem Σ' also unterschiedliche Geschwindigkeiten gegenüber dem Ruhesystem des Baryzentrums und folglich ändert sich der beobachtete Winkel des Lichtsignals des Sterns im Lauf des Jahres.

Würde der Beobachter immer im selben (Quasi-)Inertialsystem ruhen, würde der Stern immer an der selben Stelle erscheinen.

Die Formel gilt für den Fall, dass sich die Position des Sterns und die Position der Erde im Vergleich zum Abstand Stern-Erde nur geringfügig ändert: Dies ist aber für die allermeisten Sterne der Fall. Die Amplitude der Parallaxe aufgrund der Erdbewegung macht bei einem Stern im Abstand von ≥10 pc = 32,6 Lj nur ≤ 0,1" aus.

Anmerkungen[Bearbeiten]

  1. siehe „aktive Aberration“ im Artikelabschnitt w:de:Aberration_(Astronomie)#Stellare_Aberration und speziell die dort angegebene Textquelle Herschel, John Frederick William. “Schreiben des Herrn Baronets Herschel an den Herausgeber”. Astronomische Nachrichten, 22:249-254, 1844.
  2. Das „Ruhesystem des Platzes“ entspricht dabei das „Ruhesystem des Schwerpunkts des Sonnensystems“.
  3. Ein noch etwas besseres Quasi-Inertialsystem wäre ein Bezugssystems, in dem das Baryzentrum der Milchstraße ruht oder ein dazu gleichförmig bewegtes (z.B. das momentane Ruhesystem des Sonnensystems).
  4. Die obere Formel kann auch in der Form

    geschrieben werden