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Öffentliches Recht im 2. Staatsexamen: Amtshaftung

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Der klassische Amtshaftungsanspruch ergibt sich aus § 839 BGB iVm Art. 34 S. 1 GG., wobei § 839 BGB haftungsbegründend ist und Art. 34 GG die Haftung des einzelnen Beamten auf den Staat überleitet.

Rechtsweg

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Eröffnet ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten, Art. 34 S. 3 GG, § 40 Abs. 2 S. 1 VwGO.

Voraussetzungen

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„jemand“ in Ausübung eines ihm anvertrauten öffentlichen Amtes

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Haftungsbegründend sind nur Handlungen von Beamten im haftungsrechtlichen Sinn. Das umfasst Statusbeamte, aber auch jede andere Person, die funktional hoheitliche Aufgaben wahrnimmt (z.B. Soldaten und Richter). Auch Private fallen unter den haftungsrechtlichen Beamtenbegriff, wenn sie beliehen sind oder als Verwaltungshelfer aktiv werden. Werden Private selbstständig tätig, galten sie früher nur dann als haftungsrechtliche Beamte, wenn sie Weisungen oder sonstigen Einflussmöglichkeiten der Verwaltung unterlagen ("Werkzeugtheorie"). Nach der neueren Rechtsprechung gilt:

Je stärker der hoheitliche Charakter der Aufgabe in den Vordergrund tritt, je enger die Verbindung zwischen der übertragenen Tätigkeit und der von der Behörde zu erfüllenden hoheitlichen Aufgabe und je begrenzter der Entscheidungsspielraum des Unternehmers ist, desto naher liegt es, ihn als Beamten im haftungsrechtlichen Sinne anzusehen.[1]

Verletzung einer drittbezogenen Amtspflicht

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Amtspflichten können sich aus allen denkbaren Rechtsquellen ergeben. Wegen des Grundsatzes der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung aus Art. 20 Abs. 3 GG dürfen Beamte zumindest nicht deliktisch handeln.

Zu prüfen ist außerdem, ob die Amtspflicht nur die Allgemeinheit oder auch den geschädigten Dritten schützen soll.

Verschulden

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Verschuldensmaßstab ist § 276 Abs. 1 S. 1 BGB. Der Staat kann sich nicht auf § 276 Abs. 2 BGB berufen, Maßstab für die Fahrlässigkeit sind immer die Anforderungen an einen pflichttreuen Durchschnittsbeamten.

Schaden und Kausalität

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Haftungsbeschränkungen

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Keine anderweitige Ersatzmöglichkeit, § 839 Abs. 1 S. 2 BGB

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Der Anwendungsbereich der Norm ist vom BGH teleologisch reduziert worden, da die Haftungsprivilegierung die ursprünglich den Beamten schützen sollten, für den Staat nicht angemessen ist. Sie ist nicht anwendbar

  • im Straßenverkehr
  • bei Verletzung hoheitlicher Verkehrssicherungspflichten
  • bei Ansprüchen gegen eine andere Körperschaft des öffentlichen Rechts oder die Sozialversicherung,
  • wenn der anderweitige Ersatz durch Entgeltfortzahlung oder eine private Versicherungsleistung erfolgt

Haftungsausschlüsse nach § 839 Abs. 2, 3 BGB

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Das Spruchrichterprivileg nach § 839 Abs. 2 BGB greift nicht bei Verstoß gegen Europarecht (effet utile).[2]

Sonstige Haftungsausschlüsse

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Konkurrenzen

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§ 839 BGB verdrängt §§ 823, 826, 831 BGB und § 18 StVG.

Rechtsfolge

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Der Schadensersatz bemisst sich nach den §§ 249 ff. BGB. Naturalrestitution scheidet jedoch aus. Sie kann gegebenenfalls über den Folgenbeseitigungsanspruch erreicht werden.

Fußnoten

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  1. BGH Urteil vom 21.01.1993 (III ZR 189/91) BGHZ 121, 161; NJW 1993, 1258
  2. Frenz, Götzkes, Staatshaftung für Gerichtsentscheidungen bei auslegungsbedürftigem Recht, EuR 2009, 622