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Biochemie und Pathobiochemie: Retinol-Stoffwechsel

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Allgemeines

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Vitamin A ist in Form von Retinal am Sehvorgang beteiligt und als Retinoat an der Genexpression.

Provitamin A (β-Caroten) und Vitamin A1 (Retinol)

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Subst. ( ⇑ ) Co. Enzym EC EG Erkr.
β-Carotin
O2

all-trans-Retinal

Gallen- salze, Fe Beta-Caroten-15,15'-Monooxygenase 1.14.99.36 Ox
all-trans-Retinal
NADH/H+

NAD+

NADH/H+

NAD+

Retinol-Dehydrogenase 1.1.1.105 Ox Fundus albipunc- tatus
all-trans-Retinol (Vitamin A1)
Palmitoyl-CoA

CoA-SH

1. 2. Palmitat

H2O

1) Retinol-O-Fettsäuretransferase 2.3.1.76 Tr
2) Retinyl-palmitat-Esterase 3.1.1.21 Hyd
2) All-trans-Retinyl-palmitat-Hydrolase 3.1.1.64 Hyd
Retinyl-Ester

β-Carotin bzw. Provitamin A ist die pflanzliche Vorstufe der fettlöslichen Vitamine der A-Gruppe. All-trans-Retinol ist das eigentliche Vitamin A (Vitamin A1). Die Retinoide enthalten zahlreiche konjugierte Doppelbindungen und sie leiten sich, wie an den Isopren-Einheiten zu erkennen ist, aus den Anfangsstufen der Steroid-Biosynthese ab. Retinol wird im Dünndarm passiv oder carriervermittelt aufgenommen. Als Ester an CRBP (cellular retinol binding protein) gebunden erfolgt der Transport in Chylomikronen über die Darmlymphe in den Kreislauf. In der Leber wird CRBP abgespalten und Retinol als Retinylester (Retinyl-palmitat) in den Ito-Zellen (Perizyten im Disse'schen Raum) gespeichert. Die Ausscheidung erfolgt hepatobiliär nach der Oxidation von all-trans-Retinal zu all-trans-Retinoat und Glucuronidierung (s.u.).

Bildung von all-trans-Retinoat aus all-trans-Retinal

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Subst. ( ⇑ ) Co. Enzym EC EG Erkr.
all-trans-Retinal
H2O, NAD+

NADH/H+

FAD Retinal- Dehydrogenase 1.2.1.36 Ox
all-trans-Retinoat
UDP-D-Glucuronat

UDP

FAD Glucuronosyl- transferase 2.4.1.17 Tr Hyperbilirubinämie I (Gilbert-S.), Crigler- Najjar-S. Typ I und II
all-trans-Retinoyl- β-glucuronosid

Retinoat fungiert als Wachstumsfaktor, in dem es an verschiedene Subtypen von intrazellulären heteromeren Retinsäurerezeptoren (Retinoic acid receptor (RAR) und RXR) bindet, die als Transkriptionsfaktoren wirken. Darüber reguliert es die Zellproliferation und -differenzierung. Betroffen sind v.a. regenerationsfreudige Organe wie Schleimhäute, Haut und Blutbildung.

In den Geschlechtsorganen beeinflussen die Retinoide die Produktion von Testosteron, die Reproduktion und die fetale Entwicklung.

all-trans- und 11-cis-Retinal - die Schlüsselmoleküle des Sehvorgangs

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Subst. ( ⇑ ) Co. Enzym EC EG Erkr.
all-trans-Retinal
Retinal-Isomerase

(Pigmentepithel)

5.2.1.3 Iso
11-cis-Retinal
Lysin-Rest. Scotopsin

H2O

(Rezeptor-Außensegment)
Rhodopsin (Sehpurpur)

hν ~

(Rezeptor-Außensegment)
Bathorhodopsin

(sehr kurzlebig)

(Rezeptor-Außensegment)
Lumirhodopsin

(sehr kurzlebig)

(Rezeptor-Außensegment)
Metarhodopsin
Lysin-Rest. H2O

Scotopsin

(Rezeptor-Außensegment)
all-trans-Retinal


Die Aldehyd-Isomere 11-cis-Retinal und all-trans-Retinal sind für den Sehvorgang essentiell, indem sie die physikalische Energie eines Photons in eine chemische Isomerisierung übersetzen. Das reaktive 11-cis-Retinal bildet zusammen mit dem Glycoprotein (Scot)Opsin das Rhodopsin, das Sehpigment. Durch Lichteinwirkung wird 11-cis-Retinal zu all-trans-Retinal isomerisiert. Die Isomerisierung führt zu einer mehrstufigen Konformationsänderung des Proteinanteils bis zum Metarhodopsin II. Dieses aktiviert dann vielfach das G-Protein Transducin, welches sein GDP gegen GTP eintauscht und nun mit seiner α-Einheit eine Phosphodiesterase (PDE) bindet und aktiviert. Die PDE spaltet dann den von einer Guanylatcyclase gebildeten sekundären Botenstoff cGMP, der Na+-Ca2+-Kanäle in der Membran offen hält. Die Ionen-Kanäle schließen und - anders als bei vielen anderen Rezeptoren - kommt es nun zur Hyperpolarisation und Absinken der Transmitterfreisetzung, wodurch das Signal weitergeleitet wird.

All-trans-Retinal wird in das Pigmentepithel transportiert, dort wieder zum reaktionsfähigen 11-cis-Retinal isomerisiert und wieder in das Rezeptor-Außensegment gebracht.

Ein Rhodopsin-ähnliches Protein, das Bakteriorhodopsin findet sich in halophilen Archaeen, die das Pigment zur Photosynthese nutzen.

Bildung von 11-cis-Retinol aus 11-cis-Retinal

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Subst. Co. Enzym EC EG Erkr.
11-cis-Retinal
NADH/H+

NAD+

NADH/H+

NAD+

Retinol-Dehydrogenase 1.1.1.105 Ox Fundus albipunctatus
11-cis-Retinol

Pathobiochemie

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Mangelerkrankungen: Am Auge: Sehstörungen (Nachtblindheit, erhöhte Blendempfindlichkeit), Keratomalazie, Xerophthalmie; Hyperkeratose der Talgdrüsen, Atrophie von Schleimhäuten und Speicheldrüsen.

Hypervitaminosen: Gastrointestinale (Übelkeit, Erbrechen) und neurologische Symptome (Schwindel, Kopfschmerzen), bei sehr hoher parenteraler Dosierung: Alopezie, Hepatosplenomegalie. Teratogen! (Bei höherer Dosierung müssen Retinoid-Präparate 2 Jahre vor der Empfängnis abgesetzt werden!) Erhöhung des Lungenkrebsrisikos bei Rauchern.

Pharmakologie

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Retinoide werden bei schweren Fällen von Akne eingesetzt. Genutzt werden dabei die antikeratinisierende / komedolytische und die antiinflammatorische Wirkung. In der Schwangerschaft können Retinoide allerdings zu schweren Missbildungen führen. Auch nach dem Absetzen der fettlöslichen und damit lange im Körper verbleibenden Retinoide muss noch über mehrere Monate eine Schwangerschaft sicher verhütet werden.

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Allgemeine Hintergrundfarbe für Substrate Hintergrundfarbe Reaktionspfeile „Schlüsselenzyme“
Energiereiche Phosphate Reduktionsäquivalente CO2 / HCO3 C1-Reste Stickstoff

Abk.: Tr.: Transkriptionelle Regulation, Tl.: Regulation der Translation, Lok.: Regulation über die Enzymlokalisation, Kov.: Regulation durch kovalente Modifikation, All.: Allosterische Regulation, Koop.: Kooperativer Effekt, Co.: Cofaktoren, EC: Enzymklassifikation, EG: Enzymgruppe (Oxidoreductase, Transferase, Hydrolase, Lyase, Isomerase, Ligase), Erkr.: Assoziierte Erkrankungen.



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