Das Ordnungswidrigkeitenrecht in der Praxis: Beteiligung
Der Bußgeldbescheid enthält keine Aussage über die Art der Beteiligung. Die Vorschrift des § 14 OWiG ist als Zurechnungsvorschrift zu verstehen.
Beispiel: Bauleiter C, Unternehmer A und Unternehmer B wirken beim ungenehmigten Errichten einer genehmigungsbedürftigen baulichen Anlage mit, obwohl noch kein Bauantrag gestellt wurde[1].
Täterschaft
[Bearbeiten]Täter ist, wer selbst alle Merkmale eines Ordnungswidrigkeitentatbestands erfüllt, selbst wenn er in fremdem Interesse handelt[2]. Der Täter hat die Tatherrschaft. Unterformen der Täterschaft sind die Folgenden:
Mittäterschaft
[Bearbeiten]Hier begehen mehrere Täter eine Tat gemeinsam. Es müssen hierbei alle Mittäter einen gemeinsamen Tatentschluss haben, gemeinsame Tatherrschaft und den Willen haben, sich die Tatbeiträge der anderen zurechnen zu lassen. Der jeweilige Tatbeitrag muss für die Tat von erheblicher funktioneller Bedeutung sein. Der Tatbeitrag muss die Tat objektiv fördern[3].
Nebentäterschaft
[Bearbeiten]Theoretische Abgrenzungsschwierigkeiten zur Mittäterschaft bereitet die Nebentäterschaft. Sie ist gesetzlich nicht geregelt, kann jedoch im Ordnungswidrigkeitenverfahren eine Alternative zu der Mittäterschaft bilden. Bei der Nebentäterschaft verursachen mehrere Personen den deliktischen Erfolg, ohne dass sie bewusst und willentlich zusammenwirken. Auch ist Nebentäterschaft bei Fahrlässigkeitsdelikten häufiger als bei Vorsatzdelikten, da es bei Fahrlässigkeitsdelikten keine Teilnahme gibt.
Mittelbare Täterschaft
[Bearbeiten]Hierunter versteht man die Tatbegehung durch einen "Täter hinter dem Täter", also einen Hintermann, der eine andere Person quasi als menschliches Werkzeug (Tatmittler) benutzt. Die Tatbeiträge des menschlichen Werkzeugs werden dem mittelbaren Täter zugrechnet. Der mittelbare Täter hat die Tatherrschaft, der Tatmittler hat oft einen "Defekt", der z. B auf Zwang, Irrtum, Vorsatzlosigkeit, Unverantwortlichkeit, usw. beruhen kann. Mittelbare Täterschaft ist ausgeschlossen bei Delikten, die nur eigenhändig verwirklicht werden können und dies voraussetzen.
Beteiligung
[Bearbeiten]Damit eine Beteiligung vorliegen kann, muss eine tatbestandsmäßige, rechtswidrige Haupttat vorliegen. Das ergibt sich aus § 14 Abs. 2 OWiG. Die Haupttat muss jedoch nicht vorwerfbar begangen worden sein, weil die Verantwortlichkeit nach § 12 OWiG jeweils separat geprüft wird. Eine Zurechnung fremder Verantwortlichkeit findet nicht statt. Das gilt auch für die Verjährung[4].
Anstiftung
[Bearbeiten]Anstiftung muss zeitlich vor dem Beginn der Haupttat liegen. Anstiftung ist vorsätzliches Bestimmen eines anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat. Das Bestimmen, als die Anstiftungshandlung, kann durch Einsatz beliebiger Mittel erfolgen (z. B. Überredung, Zusage einer Belohnung, etc.). Es ist selbst Anstiftung zur Anstiftung denkbar (Kettenanstiftung).
Der Vorsatz des Anstifters muss einmal die Anstiftungshandlung als solche, zum anderen die Ausführung der Tat in dem Sinne umfassen, dass eine tatsächliche Verletzung des geschützten Rechtsguts eintreten soll (doppelter Anstiftervorsatz)[5].
Beihilfe
[Bearbeiten]Beihilfe kann zeitlich vor dem Beginn der Haupttat liegen. Ein Beteiligter, der Beihilfe leistet, unterstützt vorsätzlich die fremde, vorsätzliche begangene rechtswidrige Haupttat. Es wird also keine offene psychische Beziehung zwischen Gehilfe und Täter vorausgesetzt. Ausreichend ist die Chancenverbesserung der Beihilfe für die Tat. Es ergeben sich hierdurch aber Abgrenzungsschwierigkeiten zur Mittäterschaft. Das hängt hauptsächlich vom Grad des Eigeninteresses am Taterfolg ab. Ebenso wie bei der Anstiftung ist ein doppelter Gehilfenvorsatz notwendig. Kettenbeihilfe ist ebenso möglich.[6]
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Quellen
[Bearbeiten]- ↑ OLG Düsseldorf, Entscheidung v. 31.01.1992 - 5 Ss [OWi] 491/91 [Kurzinformation].
- ↑ BGH, Urt. v. 26.11.1986 - 3 StR 107/86 - Rn. 3.
- ↑ BGH, Beschl v. 29.4.2008 - 4 StR 125/08.
- ↑ Krenberger/Krumm, OWiG, 6. Aufl. (2020), § 14, Rn. 38.
- ↑ Haft, Strafrecht Allgemeiner Teil, 8. Aufl. (1998), S. 214 a. E..
- ↑ Haft, a. a. O., S. 215 f..