Das Ordnungswidrigkeitenrecht in der Praxis: Der subjektive Tatbestand

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Der subjektive Tatbestand ist die zweite Komponente der meisten Bußgeldnormen. Hier wird auf die innere Einstellung, die Intention, des Beteiligten abgestellt.

Die meisten Ordnungswidrigkeiten lassen sich nur vorsätzlich begehen. Soll auch die fahrlässige Tat ahndbar sein, so muß dies im Gesetz ausdrücklich vorgesehen sein (§ 10 OWiG). Die genannte Vorschrift entspricht dem § 15 StGB.

Bei den Unterlassungsdelikten gilt ergänzend § 8 OWiG. Unterlassungsdelikte gehen häufig mit einer fahrlässigen Begehungsweise einher.

Vorsatz[Bearbeiten]

Wer einen Tatbestand verwirklichen will, seine Verwirklichung anstrebt oder für möglich hält und hinnimmt (dolus eventualis), handelt vorsätzlich. Dies soll die drei Vorsatzformen verdeutlichen. Gerade im letzteren Falle ist eine genaue Abgrenzung zur bewussten Fahrlässigkeit vorzunehmen.

  • Bei der Absicht kennt der Täter die vorgegebene tatsächliche Situation und strebt den Erfolg gezielt an, das heißt will diesen in jedem Fall erreichen. Hier steht das Wollen um die Tatverwirklichung im Vordergrund.
  • Beim direkten Vorsatz genügt, dass der Täter sich des tatsächlichen, äußeren Sachverhalts bewusst ist und er den Verlauf seines Handelns will, gleichgültig ob daneben auch andere Zwecke verfolgt werden. Bei dieser Vorsatzform steht das Wissenselement eher im Vordergrund.
  • Der Möglichkeitsvorsatz (dolus eventualis) unterscheidet sich vom direkten Vorsatz nicht im Wissen um die Umstände der Tat, sondern hinsichtlich des Wollens, die Tatumstände zu verwirklichen. Eventualvorsatz liegt immer dann vor, wenn der Täter den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolg billigend in Kauf nimmt[1].

Die Abgrenzung zwischen Eventualvorsatz und bewusster Fahrlässigkeit bereitet häufig Schwierigkeiten. Als Faustformel ist danach zu fragen, ob beim Täter ein ernstliches Für-Möglich-Halten der Tatumstände und ein Sich-Abfinden mit den Tatumständen vorgelegen hat[2]. Sofern beide Voraussetzungen im Rahmen einer Prüfung bejaht werden können, wird man von Eventualvorsatz ausgehen können.

Fahrlässigkeit[Bearbeiten]

Fahrlässig handelt, wer einen Tatbestand pflichtwidrig verwirklicht, obwohl er seine Verwirklichung hätte verhindern können. Hier kommt es also auf die Möglichkeit des Täters an, erkennen zu können, daß sein Tun oder Unterlassen seine Sorgfaltspflicht verletzt. Es sind also die persönlichen Kenntnisse und Fähigkeiten des Täters entscheidend.

Die bewusste Fahrlässigkeit ist das bewusste Inkaufnehmen einer Tatbestandsverwirklichung, ohne diese anzustreben. Der Täter ist sich darüber im Klaren, dass sein Verhalten einen Tatbestand verwirklichen könnte, aber vertraut darauf, dass schon alles gut gehen wird. Bewusst fahrlässiges Verhalten ist leichtfertig und wird von einigen Normen als Tatbestandsvorraussetzung verlangt. Hier ist einfache Fahrlässigkeit meist straffrei.

Die maximale Bußgeldhöhe wird bei Fahrlässigkeit gemäß § 17 Abs. 2 OWiG halbiert.

Bei der fahrlässigen Begehung einer Tat liegt der subjektive Tatbestand verkümmert, bzw. nicht vor. Das soll folgende Prüfungsstruktur verdeutlichen:

Tatbestand

Erfüllung der objektiven Tatbestandsmerkmale
Objektive Sorgfaltspflichtverletzung (Vorhersehbarkeit)
Objektive Zurechnung

Rechtswidrigkeit

Vorwerfbarkeit

Subjektive Sorgfaltspflichtverletzung (Vorhersehbarkeit)
Potentielles Unrechtsbewusstsein
Zumutbarkeit rechtmäßigen Verhaltens

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Quellen[Bearbeiten]

  1. Krenberger/Krumm, OWiG, 6. Aufl. (2020), § 10 Rn. 12 mit Verweis auf: BayObLG StV 1993, 641; OLG Celle VRS 101, 48.
  2. vgl. Haft, Strafrecht Allgemeiner Teil, 8. Aufl., (1998), S. 155.