Die Stringtheorie: Entstehung der Stringtheorie

Aus Wikibooks

Der Konflikt zwischen allgemeiner Relativitätstheorie und Quantenmechanik[Bearbeiten]

Die allgemeine Relativitätstheorie lässt sich wunderbar auf Objekte anwenden, die groß und massereich sind (z.B. Planeten), die Quantenmechanik auf sehr kleine Objekte (z.B. Elementarteilchen). Jede der beiden Theorien beschreibt ihr Gebiet sehr exakt, doch musste man Mitte des letzten Jahrhunderts feststellen, dass unter extremen Bedingungen, wie sie im Zentrum schwarzer Löcher auftreten oder während des Urknalls herrschten, und als Singularität bezeichnet werden, beide Theorien gleichzeitig angewendet werden (Die unendlich kleine Ausdehnung dieses Punktes bedarf der Anwendung der Quantenmechanik, die unendlich hohe Dichte und Masse, der Anwendung der allgemeinen Relativitätstheorie).

Schnell stellte man fest, dass dies zu unsinnigen Ergebnissen führte, die sich u.a. in Form von unendlichen Wahrscheinlichkeiten und in Nennern auftauchenden Nullen äußerten [4]. Der Konflikt der beiden Theorien erwächst aus dem Umstand, dass die allgemeine Relativitätstheorie auf einer glatten Raumzeit basiert, die Quantenmechanik aber aufgrund der Unschärferelation bei Größenskalen unterhalb der Plancklänge Quantenfluktuationen vorhersagt [5]. Die Raumzeit ist dann nicht mehr glatt, sondern stark gekrümmt und verzerrt, man spricht hier auch von „Quantenschaum“ [67]. Die Unvereinbarkeit der beiden großen Theorien zeigte den Forschern, dass die Physik auf der tiefsten Ebene nicht verstanden wurde, und viele waren der Überzeugung, es müsse eine einzige Theorie geben, die das gesamte Universum und die Prozesse darin genau beschreibt.

Zwei Anforderungen an eine neue Theorie seien hier erwähnt. Ein sehr wichtiger Punkt ist mathematischer Natur. Die Gleichungen der allgemeinen Relativitätstheorie sind nicht linear, während die Quantenmechanik (Quantenfeldtheorie) lineare Gleichungen hat. Dies beides in Einklang zu bringen, ist wahrscheinlich nicht trivial. Für schwache Gravitationsfelder gibt es zwar eine lineare Näherung der Einsteinschen Feldgleichungen. Aber bei starken Gravitationsfeldern benötigt man eben die vollen Gleichungen.

Nehmen wir einmal an, eines Tages gibt es eine einheitliche Theorie. Dann kommt das nächste Problem. Sämtliche (!) Experimente und Messungen müssen im Rahmen der Messgenauigkeit mit den theoretischen Berechnungen übereinstimmen. Auch dies dürfte eine große Herausforderung sein.

Viele ungeklärte Fragen[Bearbeiten]

Einer solchen „Theory of Everything“ (TOE) werden große Anforderungen gestellt. Sie muss zum einen eine Quantenfeldtheorie sein, die die Gravitation mit einbezieht, zum anderen muss sie eine Antwort auf eine ganze Reihe von Fragen geben, die das Standardmodell bisher nicht beantworten kann:

  • Warum gibt es genau vier Grundkräfte und wieso haben sie sich aufgespaltet?
  • Warum gibt es genau drei Teilchenfamilien?
  • Wieso haben die Elementarteilchen genau die beobachtbaren Eigenschaften?
  • Warum gibt es so eine Fülle von Elementarteilchen im Universum?
  • Was ist dunkle Materie bzw. dunkle Energie?
  • Weshalb kam es im frühen Universum zu Dichtefluktuationen, die zur Entstehung von Sternen und Galaxien führten?
  • Was ist die Substruktur von Quarks und Leptonen?
  • Weshalb gibt es genau drei Raumdimensionen und eine Zeitdimension? [68]
  • Wie entstanden Raum und Zeit? [69, S.32]

Die Geburt der Stringtheorie[Bearbeiten]

Ende der 60er Jahre entdeckte der italienische Forscher Gabriele Veneziano durch ein Jahr lang andauernde Forschung, dass eine 200 Jahre alte Gleichung, die Eulersche Betafunktion, die starke Kernkraft genau zu beschreiben schien [70, S.3]. Jedoch hatte er keine Erklärung dafür, warum sie dies tat.

1970 lieferten Wissenschaftler die Erklärung, indem sie die stark wechselwirkenden Teilchen als eindimensionale Fäden („Strings“) darstellten, was allgemein allerdings nicht mit Begeisterung aufgenommen wurde. Zu dieser Zeit wurde die Quantenchromodynamik entwickelt, die so bemerkenswerte Erfolge bei der klassischen, auf Teilchen basierenden Beschreibung der starken Kraft erzielte, dass das Konzept der Strings in Vergessenheit geriet.

Die Physiker John Schwarz und Joël Scherk arbeiteten jedoch weiter an der so genannten Stringtheorie und erkannten, dass es sich nicht um eine quantenmechanische Theorie der starken Kraft, sondern der Gravitation handelte[1]. Die Stringtheorie sagte ein masseloses Teilchen mit Spin 2 vorher, was genau die Bedingung für das vom Standardmodell vorausgesagte, bisher noch nicht experimentell nachgewiesene Graviton ist [7]. Zusammen mit Michael Green machte sich Schwarz daran, die Anomalien der Stringtheorie zu beseitigen, was ihnen 1984 gelang. Diesmal war die Reaktion heftig. Innerhalb kurzer Zeit wuchs die Zahl der Stringforscher von einer Hand voll auf mehrere Hundert [70, S.6]. Die erste Superstringrevolution hatte begonnen [8].



  1. Dies folgt aus der räumlichen Ausdehnung eines Strings, da ein eindimensionales Objekt sich im Gegensatz zu einem Punktteilchen der Krümmung der Raumzeit anpassen muss.