Einführung in das Christentum/ Wer ist ein Christ?
Wer ist ein Christ? Diese Frage klingt in manchen Ohren womöglich provokant, schwingt doch in ihr das Risiko mit, dass hier jemand mithilfe seines subjektiven Urteils über Christsein bzw. Nicht-Christsein entscheidet, womöglich gar anderen ihren Glauben abspricht.
Diese Frage soll dennoch am Anfang dieses Buches stehen. Hier soll das gesamte Spektrum christlicher Konfessionen und Strömungen dargestellt werden. Gerade in Anbetracht der Unterschiede und Meinungsverschiedenheiten ist es wichtig, das verbindende Band, den gemeinsamen Nenner voranzustellen. Denn wenn wir uns fragen, wer ein Christ ist, dann fragen wir uns, welches eindeutige Merkmal es gibt, das Protestanten und Katholiken, Orthodoxe und Anglikaner, Pfingstler und Pietisten miteinander teilen und das sie von den Angehörigen aller anderen Religionen unterscheidet.
Ein Christ ist, wer Mitglied einer Kirche ist
[Bearbeiten]Eine solche naheliegende Antwort hat viele Vorteile. Sie gibt ein objektives, nicht wertendes Kriterium, das relativ einfach zu klären ist: In Deutschland genügt hierfür oft der Blick auf die Lohnsteuerkarte. Mitglied wird man dabei durch die Taufe.
Allerdings hat diese Definition auch deutliche Schwächen. So gibt es einige Gruppen, die das Konzept einer organisierten Mitgliedschaft nicht kennen. Ein Beispiel hierfür sind die Gemeinden der International Christian Fellowship (ICF). Außerdem wird dabei übersehen, dass es weiterhin Länder gibt, in denen Christen verfolgt werden, teilweise sogar von ihren Regierungen. Einige islamische und kommunistische Staaten nehmen hier eine unrühmliche Spitzenposition ein. In diesen Ländern wäre es mit großen Nachteilen bis hin zur Lebensgefahr verbunden, sich öffentlich als Mitglied einer Kirche zu erkennen zu geben.
Als letztes sei noch erwähnt, dass es Menschen gibt, die Mitglied einer Kirche sind, sich selbst aber nicht als Christen begreifen. Die Gründe hierfür sind vielfältig: Manchmal sind es soziale Zwänge („Meinen Eltern würde es das Herz brechen, träte ich aus der Kirche aus“) oder der Wunsch, kirchliche „Dienstleistungen“ wie beispielsweise eine kirchliche Trauung in Anspruch nehmen zu können. Manchmal ist es schlicht Trägheit, die jemanden vom Austritt abhält.
Ein Christ ist jemand, der nach christlichen Grundsätzen lebt
[Bearbeiten]Auch diese Antwort ist nicht falsch, denn die Bibel fordert Christen sehr deutlich dazu auf, ihren Glauben nicht nur mit schönen Worten, sondern auch mit konkreten Taten der Nächstenliebe zu bekennen. Versucht man jedoch, diese Definition in der Praxis anzuwenden, ergeben sich gravierende Probleme. Was genau ist denn ein Leben nach christlichen Grundsätzen? Reicht es aus, ab und zu der alten Nachbarin die Einkäufe nach Hause zu tragen, oder sind es eher Leute wie Mutter Theresa oder Dietrich Bonhoeffer, die die Messlatte setzen? Und wieviele Fehltritte sind erlaubt, bevor jemand nicht mehr als Christ angesehen werden kann? Ist es bei dieser Definition überhaupt möglich zu sagen, dass jemand kein Christ ist, ohne ihn damit zu beleidigen?
Ein Christ ist ein Mensch, der an Jesus Christus glaubt
[Bearbeiten]Dieser Satz trägt viele Ebenen in sich, und die verschiedenen Religionsgemeinschaften sind sich nicht in allen Bereichen einig, was dies alles beinhaltet. Wer war/ist Jesus? Ist er ein Mensch? Ist er Gott? Ist er halb Mensch und halb Gott? Wo ist die Grenze zwischen seiner göttlichen und seiner menschlichen Seite? Und was bedeutet es, an ihn zu glauben? Ihm nachzufolgen?
In der Bibel steht: „Wer mit dem Herzen glaubt und mit dem Mund bekennt, wird Gerechtigkeit und Heil erlangen.“ (Römer 10,10). Also wären alle die Menschen Christen, die an Jesus Christus glauben und anderen Menschen sagen, dass sie an Jesus glauben, was auch in folgendem Satz zum Ausdruck kommt: „Jeder, der glaubt, dass Jesus der Christus ist, stammt von Gott und jeder, der den Vater liebt, liebt auch den, der von ihm stammt.“ (1. Johannes 5,1)
Ein Christ ist jemand, der Jesus Christus nachfolgt
[Bearbeiten]Diese Aussage folgt 1. Petrus 2,21. Es bedeutet, das Evangelium zu verkünden. Nach den Evangelien hat Jesus seine Jünger besonders in dieser Aufgabe geschult (Matthäus 10), nämlich damit nach seinem Weggang diese Botschaft weltweit bekannt gemacht wird. (Matthäus 24,14; Markus 13,10; Apostelgeschichte 1,8). Ein Christ zu sein bedeutet also mehr, als das soziale Evangelium auszuleben. Schließlich lehren die meisten Religionen Nächstenliebe. Bedeutet dies aber, dass automatisch der ein Christ ist, der anderen Gutes tut?
Ein Christ teilt die Grundlagen des christlichen Glaubens
[Bearbeiten]Die wesentlichsten Aussagen zum Christsein enthält das Glaubensbekenntnis. Als sein entscheidender Inhalt – über den Glauben an Gott, Jesus Christus und den Heiligen Geist hinaus – gilt der Tod und die Wiederauferstehung Jesu als Opfer zur Vergebung der Sünden. Insofern ist Ostern (nicht Weihnachten) der Kern des christlichen Glaubens.