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Kraniopharyngeom - erklärt von Dr. Maus

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Abb.1 Dr. Maus präsentiert Dir das Kraniopharyngeom

Dies ist ein Informationsblatt speziell für Kinder und Jugendliche, die an einem Kraniopharyngeom (bzw. einem ähnlichen Hypophysentumor) erkrankt sind. Ihr seid ja schließlich die Hauptpersonen und zugleich die Kranken. Ihr sollt zusammen mit Euren Eltern lernen, mit Eurer Situation so schnell wie möglich umgehen zu können und das auch noch so komplikationslos wie möglich. Und: keine Bange - was am Anfang noch so viel und neu erscheint, wird schon bald ein alter Hut sein und vollständig in den Alltag eingegliedert. Kurz: es ist alles nicht so schlimm!


Das Kraniopharyngeom

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Was ist das?

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Das Kraniopharyngeom ist ein gutartiger Tumor im Bereich der Hirnanhangdrüse des Kopfes, der aus Zysten und festem Gewebe bestehen kann.

Die Diagnose wird am häufigsten zwischen dem 8. und dem 15. Lebensjahr gestellt. Das Kraniopharyngeom ist allerdings schon lange vorher vorhanden, da ist es aber viel kleiner und macht keine Probleme. Deshalb bemerkt man es auch nicht.

Jeder 10. Tumor im Kopf bei Kindern ist ein Kraniopharyngeom. Insgesamt sind laut Statistik zweieinhalb Kinder von einer Million Kinder jedes Jahr neu davon betroffen. Das ist ganz schön wenig. Aber das ist eine Statistik und hilft auch nicht weiter, wenn man betroffen ist.

Eigentlich sind Kraniopharyngeome gar keine richtigen Hirntumoren, sitzen aber leider im Kopf und nehmen dort Platz weg, wo doch eh schon so wenig Platz dort ist. Außerdem ärgern sie dort benachbarte Strukturen, wie zum Beispiel den Sehnerv oder die Hirnanhangdrüse. Aber darauf kommen wir später noch zu sprechen.

Also, die Kraniopharyngeom-Zellen sind von Geburt an schon im Kopf und entschließen sich irgendwann einmal zu wachsen.

Wenn sie auf den Sehnerv drücken, können bei den betroffenen Kindern Sehstörungen auftreten. Diese können verschiedener Natur sein. Eine Sehstörung wäre zum Beispiel, wenn man eine Tüte Eis statt einmal zweimal sieht, oder ein Glas Limonade, das seitlich von einem steht, erst sieht wenn man von vorne draufguckt. Das ganze heißt dann zum einen „Doppelbild“ und im anderen Fall „Gesichtsfeldausfall“. Beides ist nicht nur unangenehm, sondern kann ganz schön gefährlich sein, z.B. wenn man auf der Straße ein herannahendes Auto nicht mehr rechtzeitig sieht. Genau diese Störungen sind auch der Grund, warum jedes Kind mit einem Kraniopharyngeom zum Augenarzt muss.

Außerdem können Kinder mit Kraniopharyngeom kleiner als normal sein oder fürchterlich viel Durst haben und auch viel Pipi machen oder eine dunkle Hautverfärbung bekommen, dies hat mit Hormonen zu tun und wird später noch besprochen.

Wenn das Kraniopharyngeom das Appetitzentrum des Gehirns ärgert, kann man richtig dick werden oder seltener auch entsetzlich mager, je nachdem, wo es das Zentrum ärgert.

Weil im Kopf so wenig Platz ist und das Kraniopharyngeom für sich immer mehr beansprucht (es wächst ja schließlich), kann es zu Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, Müdigkeit, Ungeduld und Aggressionen führen, für die die betroffenen Kinder aber gar nichts können.

Wie wird es behandelt?

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Aus den vorangegangenen Ausführungen wird klar: Es muss weg! Und das so schnell wie möglich. Das beste ist, man wirft es restlos heraus, ich meine da eine Operation. Zum Glück gibt es jemanden, der sich unter anderem darauf spezialisiert hat und das auch wirklich prima kann. Das ist auch wahrscheinlich der Grund, warum ihr gerade hier in Würzburg seid. Der Typ heißt Professor Sörensen und ist auch so ein ganz Lieber, also keine Angst. Er setzt sich mit Dir und Deiner Familie vor der Operation zusammen und wird alles ganz genau erklären.

Es gibt da noch andere Möglichkeiten, die nicht so gut sind, und auch nur dann in Frage kommen, wenn eine Operation nicht geht. Das wäre zum Beispiel eine sogenannte Zystenableitung oder eine Bestrahlung. Und eine Operation geht nur dann nicht, wenn unser Professor Sörensen sagt, sie geht nicht. Merkt ihr etwas? Wir geben ganz schön an mit unserem Professor!

Was kann nach der Operation geschehen?

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Außer den Sachen, die Professor Sörensen mit euch vor der Operation bespricht, können ein paar Dinge geschehen, die uns Kinderärzte besonders interessieren, weil wir zusammen mit den Kindern nach der Operation weiterarbeiten bzw. trainieren müssen.

Das eine betrifft das Essverhalten, das andere die Hormone und damit zusammenhängenden Wirkungen, die wir sehen.

Oben wurde schon angesprochen, dass das Kraniopharyngeom in der Nähe des Esszentrums liegt, folglich kann man während der Operation das Esszentrum sehr ärgern, gerade, wenn man das Kraniopharyngeom da herausholen will. Als Folge kann sich ein enormer Appetit einstellen, der über Monate nach der Operation noch anhalten kann. Auf der anderen Seite kann aber das Appetitzentrum für eine Weile ausgeschaltet sein, so dass nach der Operation ein Hungerkünstler aufwacht. Aber das ist seltener als der Viel-Esser. Natürlich kann nach der Operation auch alles normal sein, und davon gehen wir eigentlich aus. Die Viel-Esser müssen sich halt auf leichtes Essen, Obst, Gemüse und wenig fette Speisen umstellen (Anti-Appetit-Pillen gibt es in diesem Falle nämlich nicht).

Mit den Hormonen ist das so eine Sache, die wir im Folgenden näher erläutern werden.

Hormonsysteme

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Im Kopf gibt es ein Zentrum für eine Großgruppe von Hormonsystemen. Es gibt zwar noch andere Hormonsysteme, aber die interessieren uns im Zusammenhang mit dem Kraniopharyngeom nicht.

Das Zentrum der Hormonsysteme im Kopf, der Chef sozusagen, heißt Hypothalamus. Dieser befiehlt mit Befehlshormonen seinem Stellvertreter, der Hirnanhangdrüse. Die Hirnanhangdrüse steuert streng nach den Befehlen des Chefs die Funktion weiterer Hormonsysteme im Körper draußen durch Steuerhormone.

Abb.2 zeigt die Macht des Chefs, der jedoch den Hypophysenstiel als eine Art Telefonleitung benötigt, damit seine Befehle gehört werden.
Abb.2 zeigt die Macht des Chefs, der jedoch den Hypophysenstiel als eine Art Telefonleitung benötigt, damit seine Befehle gehört werden.


Durch den Chef und seinen Stellvertreter werden die Wasserausscheidung der Niere, die Schilddrüse, die Nebenniere, das Wachstum und die Geschlechtsdrüsen geregelt. Was genau es damit auf sich hat, wird noch im Folgenden besprochen.

Die Verbindung zwischen Chef und Stellvertreter ist ein stielförmiges Gebilde, der sogenannte Hypophysenstiel. Da das Kraniopharyngeom im Bereich der Hirnanhangdrüse und des Hypophysenstiels wächst, kann es vorkommen, dass dieser Hypophysenstiel bei der Operation durchtrennt werden muss, oder bereits durch das Tumorwachstum zusammengequetscht ist.

Der Stellvertreter des Chefs, die Hirnanhangdrüse oder auch „Hypophyse“ genannt, kann nur die Befehlshormone des Chefs, des Hypothalamus, umsetzen in Steuerhormone, selbständig kann er nicht arbeiten. Und das wäre auch furchtbar, denn da bräche im Kopf und im Körper die absolute Anarchie aus.

Wenn der Hypophysenstiel nicht mehr funktioniert, über den die Befehlshormone des Chefs, also des Hypothalamus zum Stellvertreter, der Hirnanhangdrüse, transportiert werden, weiß der Stellvertreter, die Hirnanhangdrüse oder auch Hypophyse, gar nicht mehr, was sie machen soll. Und was macht man, wenn man gar nicht mehr weiß, was zu tun ist? Man macht gar nichts. Und genau das ist der Fall. Dann gibt es auch keine Steuerhormone.

Und weil die anderen Drüsen im Körper ohne Steuerhormone auch nicht wissen, was sie machen sollen, passiert überhaupt nichts mehr. Das ist wie beim Streik. Und das ist dumm, gerade wenn es um den eigenen Körper geht. Aber da wir schlau sind, führen wir euch alle Hormone, die ihr braucht, über Tabletten oder Nasentropfen zu.

Es gibt drei Hormonsysteme, ohne die wir bei Ausfall nicht lange überleben können, und andere, die erst einmal weniger akut sind. Wir kümmern uns, während ihr bei uns im Krankenhaus seid, vor allem um die Akuthormone und möchten euch während des stationären Aufenthaltes soweit schulen, dass ihr Fachleute dafür werdet und die Einstellung später selber überwachen könnt.

Niere und Regulation des Wasserhaushaltes

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Wir bestehen zu mehr als der Hälfte aus Wasser. Der Wasserhaushalt ist daher sehr wichtig und wird vom Körper normalerweise sehr streng kontrolliert. Es wird verhindert, dass wir austrocknen wie eine Pflaume oder aufgeblasen werden wie ein Ballon. Diese Kontrolle erfolgt durch das sogenannte ADH, das Antidiuretische Hormon, was nichts anderes bedeutet als das Hormon, das verhindert, dass wir zu viel pinkeln. Wie ist das möglich?

In der Niere werden bei einem erwachsenen Menschen täglich 180 Liter so genanntes Plasmawasser abfiltriert, bei Kindern ist es entsprechend weniger. Durch ein ausgeklügeltes System wird jedoch das meiste von den 180 Litern in der Niere selber wieder zurückgeholt und erscheint nie in der Blase, und das ist auch gut so, sonst wären wir ja den ganzen Tag auf der Toilette! Unser ADH ist daran in hohem Maße beteiligt. ADH holt nämlich freies Wasser aus den Nierenkanälchen wieder zurück in den Blutkreislauf.

Abb.3 soll euch die Trägerfunktion des ADH für Wasser verdeutlichen. ADH holt freies Wasser aus den Nierenkanälchen zurück in die Blutbahn
Abb.3 soll euch die Trägerfunktion des ADH für Wasser verdeutlichen. ADH holt freies Wasser aus den Nierenkanälchen zurück in die Blutbahn.

Stellt euch nur einmal vor, was geschieht, wenn man 180 Liter am Tag pinkeln müsste! Wie schnell sieht man da aus wie eine Dörrpflaume! Vielleicht wird euch nun klar, wie wichtig diese Regulation ist!

Welche Rolle spielen dabei die Blutsalze?

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Welche Rolle spielen dabei die Blutsalze?

Ganz einfach. Das Maß für die Konzentration des Blutes, besser gesagt für den Verdünnungsgrad ist das Natrium. Wir sagen, das Natrium soll in einem Bereich zwischen 135 und 145 Millimol pro Liter sein. Der Einfachheit halber lasse ich diese verwirrende Einheit im Folgenden weg.

Das bedeutet, ein Natrium von unter 135 zeigt ein zu verdünntes Blut an, und ein Natrium von über 145 sagt uns, dass das Blut zu dick ist, das heißt, es fehlt Wasser.

Ihr könnt euch das folgendermaßen vorstellen: wenn man in ein Gefäß mit Salzwasser Leitungswasser schüttet, wird das Wasser weniger salzig, und der relative Salzgehalt nimmt ab, unser Natriumwert sinkt. Wenn man das Salzwasser einkocht und Wasser verdampft, wird das Wasser salziger, der relative Salzgehalt nimmt zu, unser Natriumwert steigt.


Abb.4 zeigt zwei Töpfe mit Salzwasser. Wird Wasser verdampft, so entsteht eine geringere Menge an salzigerem Wasser
Abb.4 zeigt zwei Töpfe mit Salzwasser. Wird Wasser verdampft, so entsteht eine geringere Menge an salzigerem Wasser.

Und hier ist auch die Verbindung zu unserem ADH (=Antidiuretischen Hormon): es wird im Hypothalamus (=Chef) gebildet, und zwar umso mehr, je höher der Blutsalzgehalt ist (das heißt, wenn das Blut zu konzentriert ist und zu wenig Wasser enthält). Der Chef leitet es über den Hypophysenstiel zur Hirnanhangdrüse, von wo aus es ins Blut abgegeben wird. Es wandert zur Niere und holt Wasser zurück, und zwar genau so viel, dass das Natrium im Blut im ausgeglichenen Bereich zwischen 135 und 145 gehalten wird. Dies geschieht durch den Verdünnungseffekt mit Wasser.

Abb. 5 zeigt euch die Situation, die im Körper herrscht, wenn der Hypophysenstiel durchtrennt ist. Niemand weiß mehr, was los ist
Abb. 5 zeigt euch die Situation, die im Körper herrscht, wenn der Hypophysenstiel durchtrennt ist. Niemand weiß mehr, was los ist.

Wenn nun kein Hypophysenstiel mehr da ist, gibt es auch kein ADH, es erfolgt keine Wasserrückresorption, und die Flüssigkeit würde nur so aus dem Körper abrauschen, man säße praktisch nur noch auf der Toilette, was auf der einen Seite ganz schön öde wäre, auf der anderen Seite auch ganz schön gefährlich, denn: erinnert euch bloß an die Sache mit der Dörrpflaume. Aber keine Sorge: dafür haben wir einen tollen Trick!

Was ist das spezifische Gewicht des Urins und was hat es damit zu tun?

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Das spezifische Gewicht des Urins ist ein Maß für die Konzentration des Urins und wird ins Verhältnis mit Wasser gesetzt. Wasser hat ein spezifisches Gewicht von 1000. Wenn der Urin ein spezifisches Gewicht wie Wasser hat, heißt das, dass es eigentlich Wasser ist, was da ausgeschieden wird. Also Wasser, das eigentlich in den Körper gehört und nur irrtümlich nicht zurückgeholt wurde. Eine Ausnahme wäre, wenn ihr fürchterlich viel getrunken hättet. Dann darf man auch viel und hell pinkeln. Aber eben nicht zu viel. Man muss auch unterscheiden, ob man gerne viel trinkt oder viel trinken muss, weil zu viel ausgeschieden wird. Ist der Urin mehr konzentriert, ist er gelber, das spezifische Gewicht steigt an auf Werte bis etwa 1020 oder sogar 1030. Unsere Schwestern zeigen euch gerne bei eurem Urin, wie hoch das spezifische Gewicht jeweils ist. Ihr sollt lernen abzuschätzen, wie sehr ihr im Augenblick konzentrieren könnt.

Merken müsst ihr euch:

  • Heller Urin = wenig konzentrierter Urin = niedriges spezifisches Gewicht,
  • dunkler Urin = höher konzentrierter Urin = hohes spezifisches Gewicht.


Was kann bei Ungleichgewicht passieren?

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Vor allem in der Anfangsphase nach der Operation kann es zu Blutsalzverschiebungen kommen, die wir jedoch vermeiden wollen. Ihr müsst euch euer Blut vorstellen als ein Gefäß mit einer mittleren Salzkonzentration (Natrium zwischen 135 und 145). Darin liegen Organe, unter anderem das Gehirn mit einer ebenfalls mittleren Salzkonzentration. Wenn nun das Blut plötzlich verdünnt wird mit Wasser, nimmt der Salzgehalt des Blutes ab. Und was geschieht mit dem salzhaltigen Organ in dem Gefäß mit der wenig salzhaltigen Flüssigkeit? Es bläht sich auf. Wir nennen das „Ödem“. Ein Ödem macht Krämpfe. Und das ist, gerade wenn es sich um das Gehirn handelt, ziemlich doof. Dies darf man jedoch nicht mit einem Krampfleiden verwechseln, also einer Epilepsie, das ist nämlich ganz etwas anderes. Ein Krampfanfall tritt nach so einer Operation selten auf, man muss auch wissen, dass er gut zu durchbrechen ist und sich nur in den allerseltensten Fällen wiederholt.

Wenn zuviel Salz in dem Gefäß ist, schrumpeln die Organe, und das ist auch nicht sehr angenehm, auch hier kann es zu Krämpfen kommen.

Diabetes insipidus

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Diabetes insipidus dürft ihr nicht verwechseln mit Diabetes mellitus. „Diabetes“ selbst heißt dabei nur, dass man viel pinkeln muss. Die Ursachen sind völlig verschiedene. Das könnt ihr auch Verwandten und Tanten sagen, die Euch danach fragen.

Wenn der Hypophysenstiel durchtrennt wird, gibt es kein ADH mehr, aus der Niere wird kein freies Wasser mehr zurückgeholt, eigentlich müsste man jetzt andauernd pinkeln (Diabetes). Es wäre also ein ADH-Diabetes. Diabetes bei Zuckerkranken (Diabetes mellitus) kommt von dem vielen Zucker im Urin, aber das ist eine ganz andere Geschichte. Die Zuckerkranken haben genug ADH.

Der Trick mit dem Minirin

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Ihr habt zwar kein selbstgebautes ADH mehr in eurem Körper, dafür haben wir ADH in der Flasche als Nasentropfen. Das heißt, eigentlich braucht man überhaupt kein eigenes ADH, solange man welches in der Flasche hat. Unser ADH heißt Minirin. Und das geben wir euch. Wichtig ist dabei, dass ihr Minirin so gut dosiert bekommt, dass das Blut weder zu verdünnt noch zu konzentriert ist. Dazu bestimmen wir das Natrium, das in einem Bereich zwischen 135 und 145 sein muss. Außerdem bilanzieren wir euch, das heißt, wir schreiben auf, was ihr trinkt und wieviel Pipi ihr macht. Dabei schauen wir, dass die Menge, die ihr trinkt, in etwa mit der Menge übereinstimmt, die ihr ausscheidet. So bleibt auch das Körpergewicht gleich, das messen wir übrigens auch.

Wenn ihr viel pinkeln müsst, viel Durst habt und das spezifische Gewicht des Urins sinkt (auf Werte um etwa 1005), ist es Zeit, Minirin-Nasentropfen zu nehmen, um die Niere dazu zu veranlassen, endlich mehr Wasser zurück in den Körper zu holen und nicht sinnlos auszuscheiden. Bei den leichten Wasserschwankungen dauert es eine Weile, bis sich das Blutnatrium verändert und das ist gut so. Das Blutnatrium bestimmen wir nur zur allgemeinen Überwachung.

Minirin-Nasentropfen gibt es in verschiedenen Dosierungen, von der Mini-Menge 0,0125 ml über 0,0250 bis hin zu 0,1 ml. Das hängt ganz davon ab, wie groß ihr seid und wie viel ihr braucht.

Sportler zum Beispiel brauchen etwas mehr.

Abb.6: So ähnlich sieht eine Minirin-Flasche aus
Abb.6: So ähnlich sieht eine Minirin- Flasche aus.

Wie gehe ich mit dem Minirin um?

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Ihr sollt auf Station lernen, selbständig zu bemerken, wann die Wirkung des Minirins soweit abgesunken ist, dass ihr wieder neues braucht.

Also merkt euch nochmals die Zeichen, wann wieder Minirin-Zeit ist:

  • viel und oft hintereinander pinkeln müssen
  • Urinfarbe wird hell bis durchsichtig (spezifisches Uringewicht sinkt)

Wir versuchen, das Minirin zweimal am Tag zu geben, morgens vor der Schule und abends vor dem Schlafengehen. Das ist nämlich besonders schlau, weil ihr dann sowohl in der Schule als auch in der Nacht eure Ruhe habt. Vorübergehend, vor allem in der Anfangszeit, kann es sein, dass wir euch das Minirin öfters verabreichen müssen, um euren Bedarf zu decken und herauszufinden, wie viel Minirin ihr eigentlich braucht. Dabei fangen wir mit der kleinsten Dosis (=0,0125 ml) an und sehen dann, wie ihr damit zurecht kommt. Und wenn ihr das dann mehrmals braucht, gehen wir zu höheren Dosen über, bis wir die Menge gefunden haben, mit denen ihr bei zweimal täglicher Gabe zurechtkommt. Minirin gibt es auch als Tabletten, aber gerade nach einer Operation finden wir die Nasentropfen besser, unter anderem, weil es nach der Operation noch zu Erbrechen kommen kann und die Tabletten dann futsch sind und wir nicht genau wissen, wie viel ihr eigentlich bekommen habt.

Wenn ihr zu wenig Minirin bekommen habt, merkt ihr das daran, dass ihr nach kurzer Zeit wieder viel pinkeln müßt, wenn ihr zu viel habt, könnt ihr über lange Zeit gar nicht mehr pinkeln. Beides soll vermieden werden.

Nebenniere und Cortison

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Da der Hypothalamus nicht nur Chef über die Wasserrückresorption der Niere ist, sondern noch viel mächtiger, müssen wir uns noch mit weiteren Hormonsystemen beschäftigen.

Da haben wir zum Beispiel die Nebenniere. Also der Chef schickt nebennierenspezifische Befehlshormone über den Hypophysenstiel zur Hirnanhangdrüse, damit diese wiederum nebennierenspezifische Steuerhormone zur Nebenniere schickt, um Cortison, im Körper heißt es ja: Cortisol, zu produzieren. Vielleicht habt ihr oder eure Eltern schlimme Sachen über Cortison gehört oder gelesen, aber, und da beißt die Maus keinen Faden ab, jeder Mensch produziert über den oben beschriebenen Weg eigenes Cortisol.

Cortisol ist dazu da, dass wir uns gut fühlen und leistungsfähig sind. Es ist sozusagen ein Stresshormon und wird auch umso mehr produziert, je größer der Stress ist. Am Morgen ist die körpereigene Produktion am höchsten, sie flacht dann sehr schnell ab, abends sind viele Menschen schlapp und dürfen auch nach einem anstrengenden Tag schlapp sein, da brauchen sie kein Cortisol, und es wird auch nur in kleinen Mengen produziert. Außerdem reguliert das Cortisol auch den Blutsalzhaushalt mit.

Wenn der Hypophysenstiel durchtrennt ist, herrscht im Körper Cortisolproduktionsstreik. Aber auch das stört uns überhaupt nicht, wir haben nämlich Cortisol in Tablettenform da, was wir Euch geben. Das heißt bei uns „Hydrocortison“. Die Dosis pro Tag wird nach der Körperoberfläche ausgerechnet, was im Klartext heißt: je größer ihr seid und je mehr ihr wiegt, desto mehr Hydrocortison benötigt ihr. Das bedeutet natürlich, dass ihr unsere angesetzte Dosierung von Zeit zu Zeit überprüfen lassen solltet.

Was muss ich beim Cortison beachten?

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Wir geben am Morgen die höchste Dosis und imitieren dabei euren eigenen Körper, der ja auch unter normalen Umständen am Morgen ein Produktionshoch hätte.

Wichtig ist dabei, dass man nicht zuviel Hydrocortison bekommt, denn da bekommt man die Nebenwirkungen ab: ein Mondgesicht, einen Rettungsring, der aus Fett besteht, um den Bauch, aber auch andere Wirkungen, die man nicht auf den ersten Blick sieht und die langfristig gesehen schaden. Das wäre zum Beispiel eine Knochenentkalkung oder ein Muskelabbau.

Wir haben ja bereits gesagt, dass Cortisol eigentlich ein Stresshormon ist. Was also tun, wenn ihr wirklich Stress habt, zum Beispiel hohes Fieber oder eine Operation? (Normale Schule gehört selbstverständlich nicht dazu, das fällt unter „normalen“ Stress und ist in der Grunddosis dabei)

Also, bei echtem Stress muss man die Hydrocortisondosis vorübergehend auf das Zwei- bis Dreifache erhöhen.

Ganz einfach.

Was geschieht ohne Cortison?

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Es gibt bei Erwachsenen ein Krankheitsbild, der „Morbus Addison“, da ist die Nebenniere zerstört. Ihnen fehlt das körpereigene Cortisol. Die Patienten sind schlapp, haben dunkle Haut und erbrechen oft, im Blut sieht man Blutsalzverschiebungen. Diese Patienten brauchen auch Hydrocortison, damit es ihnen wieder gut geht.

Das mit der braunen Haut ist eine Entwicklung, die sehr langsam vonstatten geht, das hat was mit komplizierten Rückkoppelungen zu tun, wenn über einen längeren Zeitraum kein Cortisol vorhanden ist und der Hypophysenstiel intakt ist.

Was akut auch bei euch auftreten kann, ist die Antriebslosigkeit, wenn man nur noch schlapp auf dem Sofa herumliegt und immer nur schlafen will. Das ist ein Zeichen für Cortisolmangel. Es kann sogar soweit führen, dass euch übel wird und ihr erbrechen müsst.

Dann dürft ihr keine Zeit verlieren und müsst zum Arzt gehen, um die Blutsalze zu kontrollieren!

Ihr müsst euch merken:

Übelkeit und Erbrechen kann bei euch immer ein Zeichen sein, dass eine Verschiebung der Blutsalze besteht, also: immer kontrollieren!


Schilddrüse und Schilddrüsenhormon

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Das Schilddrüsenhormon wird normalerweise über den selben Mechanismus im Körper ausgeschüttet wie Cortisol. Das Schilddrüsenhormon macht auch fit, verstärkt Stoffwechselfunktionen und die Herzleistung.

Wenn es nicht da ist, wird man schlapp, bekommt Verstopfung, die Haut wird teigig, und man wird insgesamt langsam.

Auch das bekommt ihr von uns ersetzt.

Wer zu viel Schilddrüsenhormon hat, wird hibbelig, nervös, schwitzt viel und kann nicht schlafen. Aber wir stellen euch so gut ein, dass ihr immer im ausgeglichenen Bereich seid.

Warum ich keinen Kropf bekomme

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So manch einer wird sich fragen, ob jetzt, wo kein Schilddrüsenhormon mehr da ist, ein Kropf wächst, vielleicht habt ihr einen Fall in der Familie – aber keine Sorge, das geschieht niemals.

Kröpfe kommen nämlich dadurch zustande, dass die Schilddrüse zu wenig Schilddrüsenhormon produziert. Der große Chef, der Hypothalamus, merkt das natürlich sofort und schickt eine Ladung Befehlshormone an die Hirnanhangdrüse, sie solle sofort Steuerhormone für die Schilddrüse produzieren. Diese produziert also eine ebenso große Ladung Steuerhormone an die arme Schilddrüse, die ja vielleicht gar nicht besser arbeiten kann, weil vielleicht Jod fehlt im Körper. Man muss wissen, dass Jod für die Produktion von Schilddrüsenhormon superwichtig ist. Und was macht die Schilddrüse in ihrer Verzweiflung? Sie wächst, in der Hoffnung, dann mehr produzieren zu können. Und das ist dann der Kropf.

Wenn aber der Hypophysenstiel durchtrennt ist, kann der Chef befehlen und befehlen, aber es kommt nichts in der Hirnanhangdrüse an. Also ist die Entstehung eines Kropfes unmöglich.

Weitere Hormone, die nicht akut ersetzt werden müssen

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Dazu gehören Wachstumshormon und Geschlechts-Hormon, die alle über den uns bekannten Weg gesteuert werden und bei euch fehlen können. Aber das müsst ihr in einem Hormonzentrum einstellen lassen, dafür ist euer Aufenthalt bei uns zu kurz. Eine genaue Überprüfung der Hormone, auch des Hydrocortisons und des Schilddrüsenhormons, das ihr von uns bekommen habt, soll nach einigen Monaten auch im Hormonzentrum erfolgen. Dies geschieht durch Blutentnahme beim Schilddrüsenhormon und durch Kauen von Wattebällchen mehrmals am Tag beim Hydrocortison.

Abb.7: Dr. Maus ruht sich aus und hofft, dass Ihr einen kleinen Einblick bekommen habt
Abb.7: Dr. Maus ruht sich aus und hofft, dass Ihr einen kleinen Einblick bekommen habt.

Weiterführende Informationen für betroffene Familien

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