Maßtheorie/ Atome

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Definition (Atom):

Es sei ein Maßraum. Eine messbare Menge heißt Atom genau dann, wenn einerseits ist und andererseits für alle messbaren Teilmengen , entweder oder gilt.

Definition (Nichtatomarer Maßraum):

Ein Maßraum heißt nichtatomar genau dann, wenn kein Element von ein Atom ist. Andernfalls heißt atomar.

Proposition (Messbare Mengen endlichen positiven Maßes in nichtatomaren Maßräumen enthalten messbare Teilmengen beliebig kleinen positiven Maßes):

Es sei ein nichtatomarer Maßraum. Des weiteren sei mit . Dann gibt es für jedes ein messbares , sodass gilt.

Beweis: Da nach Voraussetzung kein Atom ist, gibt es ein messbares mit . Nun ist entweder bereits , oder aber es ist und folglich . Dann verfährt man mit der Menge genauso, und so fort. Da man bei jedem Schritt eine Menge des Maßes entfernt, gelangt man nach endlich vielen Schritten zu einer Menge des Maßes ; diese ist entweder unter den zu finden, oder sie ist der Rest, der übrig bleibt, wenn man soviele entfernt hat, dass das Maß der verbleibenden Menge ist.

Proposition (Nichtatomare Maßräume enthalten Mengen beliebigen Maßes):

Es sei ein nichtatomarer Maßraum. Ferner sei sodass gilt. Dann gibt es ein mit .

Vorausgesetzt, dass das Axiom der abzählbaren Auswahl gilt.

Beweis: Zunächst beweisen wir den Satz für . Für ein fest gegebenes , definiere

Unter Benutzung des Axioms der abzählbaren Auswahl wähle für jedes ein , welches in abzählbar viele messbare Mengen von Maß partitioniert werden kann, sodass . Man bemerke nun, dass unter endlicher Vereinigung abgeschlossen ist; die Abzählbarkeit von für natürliches zeigt, dass die Schnittmengen aller Elemente der Partitionierungen aller Mengen eine abzählbare Partitionierung der Vereinigung ergibt. Daher gilt für , dass

;

andernfalls wäre ja eine Menge in des Maßes , was nicht sein kann. Behaupte nun, dass

.

Gemäß der Formel für die geometrische Reihe gilt

.

Nun kann man hinreichend groß wählen, sodass letzterer Ausdruck wird. Wegen

,

und weil

ist, ist auch . Außerdem gilt für jedes , dass

,

und somit ist , da natürlich auch gilt.

Sei nun beliebig. Nehme an, dass gilt. Dann ist eine Menge positiven Maßes, die daher selbst eine Menge positiven Maßes, aber enthält. Die Vereinigung von und dieser Menge ist dann ein Element von , aber ihr Maß ist größer als , ein Widerspruch. Also gilt .

Eine erneute Anwendung des Axioms der abzählbaren Auswahl liefert für jedes eine abzählbare Partitionierung

in messbare Mengen. Es ist nun leicht ersichtlich, wie man aus den eine Menge jedes gewünschten Maßes erzeugt.

Nun zum unendlichen Fall. Einschränkung des Maßraums auf eine hinreichend große Menge endlichen Maßes zeigt, dass der endliche Fall den unendlichen Fall impliziert, wenn man nur beweisen kann, dass jeder unendliche nichtatomare Maßraum Mengen beliebig großen, aber endlichen Maßes enthält. Nehme also an, dass

.

Unter Verwendung des Axioms der abzählbaren Auswahl kann man wählen mit . Wenn

ist, gilt wie oben . Aber die Wahl einer Menge positiven, aber endlichen Maßes in führt zum Widerspruch.

Proposition (Äquivalenz verschiedener Begriffe der gleichgradigen Integrierbarkeit genau in nichtatomaren Maßräumen):

Es sei ein Maßraum. Dann ist die gleichgradige Integrierbarkeit einer Familie von messbaren Funktionen genau dann äquivalent zur Bedingung

,

wenn nichtatomar ist.

Vorausgesetzt, dass das Axiom der abzählbaren Auswahl gilt.

Beweis: Angenommen, wäre atomar. Es sei ein Atom. Für jedes , definiere die Funktion

,

sodass man eine Familie erhält. Diese Familie ist gleichgradig integrierbar. Denn wenn so klein ist, dass , dann gilt sogar, nach Definition des Integrals als Supremum der minorisierenden einfachen Funktionen

für alle und , sodass gilt. Allerdings gilt auch

,

da das Supremum für jedes festes unendlich ist. Sei umgekehrt nichtatomar. In jedem Falle wird die gleichgradige Integrierbarkeit durch die hintanstehende Bedingung erzwungen, da sie einer bereits bewiesenen hinreichenden Bedingung für die gleichgradige Integrierbarkeit identisch ist. Nun sei eine gleichgradig integrierbare Familie. Nehme an, dass

nicht gilt. Dann gibt es ein und für jedes ein und ein , sodass

gilt. Sei nun , und sei beliebig. Wähle , und davon abhängig wie oben ein entsprechendes und . Da nichtatomare Maßräume Mengen beliebig kleineren Maßes enthalten (in der Tat, schränke den Maßraum auf eine gegebene Menge ein) gilt entweder ohnehin schon , oder aber enthält eine messbare Teilmenge des Maßes . Im ersteren Fall erhält man einen unmittelbaren Widerspruch zur gleichgradigen Integrierbarkeit, falls . Im zweiten Falle erhält man

,

was einen Widerspruch zur gleichgradigen Integrierbarkeit für liefert.