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Marketing- und Vertriebscontrolling/ Controlling/ Marketingcontrolling

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Definition


Marketingcontrolling ist ein funktionsbezogener Teilbereich des Controllings, welcher in der Literatur aus verschiedenen Sichtweisen beschrieben wird. In Abhängigkeit der Aufgaben des Marketingcontrollings existieren diverse Definitionen. Viele Autoren beziehen sich auf einzelne Aufgaben des Marketingcontrollings innerhalb eines Funktionsbereiches, wie zum Beispiel die Marketingkontrolle, Informationsversorgung zwischen den Funktionsbereichen oder die Koordination der Führungsteilsysteme:[1]

  • in Bezug auf die Marketingkontrolle:

Das Interesse an einem Marketingcontrolling wird von Reinecke durch die Nachweispflicht eines erfolgreichen Marketings begründet. Nach Reinecke dient das Marketingcontrolling dem Erfolgsnachweis des Marketings. Dieser Erfolgsnachweis ist jedoch nicht mit der klassischen Marketingkontrolle zu verwechseln. Die Herausforderungen des Marketingcontrollings sind die Bewertung des bisherigen Marketingerfolges (Reflexion) sowie das Aufzeigen von zukünftigen Marketingstrategieoptionen (Intuition).[2]

  • in Bezug auf die Informationsversorgung zwischen den Funktionsbereichen:

Nach Köhler steht die Informationsversorgungsfunktion des Marketingcontrollings im Vordergrund.[3] Köhler sieht das Marketingcontrolling in einer unterstützenden Funktion des Marketingmanagements. Das Marketingcontrolling koordiniert die Informationsversorgung zwischen den Funktionsbereichen (zum Beispiel Marketingplanung oder Marketingkontrolle), um die notwendigen Schnittstellen zwischen diesen Funktionsbereichen herzustellen.[4]

  • in Bezug auf die Koordination der Führungsteilsysteme:

Küpper definiert Marketingcontrolling durch die Koordination der Führungsteilsysteme (beispielsweise das Planungssystem, Kontrollsystem, Informationssystem). Koordinationsinstrumente für diese Führungsteilsysteme sind zum Beispiel Budgetierungssysteme.[5]

Die Funktionsbereiche des Marketingcontrollings müssen umfassend bedacht werden, um eine gültige Definition des Marketingcontrollings für Theorie und Praxis zu finden. Eine Definition, die sich nur auf einen Funktionsbereich bezieht, ist nicht umfassend genug um den Begriff Marketingcontrolling zu erklären. Nach Weber und Schäffer wird die Funktion des Marketingcontrollings immer in Abhängigkeit mit dem jeweiligen Kontext (Marketingkontrolle, Informationsversorgung zwischen den Funktionsbereichen, Koordination der Führungsteilsysteme) definiert. Dies soll der Grund für die unterschiedliche Gestaltung der Begriffsauffassungen des Marketingcontrollings sein.[6]


Nach Weber und Schäffer stellt Marketingcontrolling einen funktionsbezogenen Teilbereich zur Unterstützung einer marktorientierten Unternehmensführung dar. Um das Handeln der ökonomischen Akteure (hier der Marketingmanager) zu prüfen, ist eine Mittel-Zweck-Abwägung durchzuführen. Treten beispielsweise Handlungen des Marketingmanagements auf, die bezogen auf Effektivität und Effizienz Defizite aufweisen, dann sollen diese Handlungsdefizite mithilfe der Sicherungsfunktion des Marketingcontrollings behoben werden. Dies geschieht in unterschiedlichen Phasen des Führungsprozesses (Willensbildung, Willensdurchsetzung, Ausführung, Kontrolle). Instrumentell wird diese Zweckrationalität durch beispielsweise die Balanced Scorecard sowie den Customer-Lifetime-Value durchgesetzt.[7]


Aufgaben in Theorie und Praxis


Das Management steuert das Unternehmen durch Planung, Organisation, Mitarbeiterführung und Überwachung. Aus diesen allgemeinen Managementfunktionen lassen sich die zentralen Aufgaben des Marketingcontrollings ableiten. Dabei steht im Mittelpunkt des Marketingcontrollings die aufgabenorientiert gestaltete Informationsversorgung für alle Funktionen des Marketingmanagements, um die Effizienz und die Effektivität einer marktorientierten Unternehmensführung sicherzustellen.[8] Nach Köhler umfasst das Marketingcontrolling folgende Aufgaben:

  • Informationskoordination für die Marketingplanung:

Da die Marketingplanung auf Informationen sowohl aus der Marktforschung als auch aus dem innerbetrieblichen Bereich, wie z.B. dem Rechnungswesen, angewiesen ist, hat das Marketingcontrolling die Aufgabe erforderliche Daten für die Marketingplanung zu beschaffen und zusammenzustellen.[9] Dem Marketingcontrolling kommt demzufolge die Funktion einer problembezogenen Informationsbündelung zu, welche sich sowohl für die operative als auch für die strategische Marketingplanung stellt.[10]

  • Durchführung von Marketingkontrollen und -audits:

Kontrollen und Audits werden unter dem Begriff der Überwachung zusammengefasst. Marketingkontrollen stellen dabei rückblickende Soll-Ist-Vergleiche dar.[11] Marketingaudits hingegen sind im Wesentlichen zukunftsorientiert angelegt und prüfen inwieweit für bevorstehende Marketingaktivitäten Rahmenbedingungen geschaffen worden sind.[12]

  • Problemspezifische Informationsbereitstellung für Organisationseinheiten des Marketing:

Im Rahmen dieser Aufgabe muss das Marketingcontrolling auf die spezifischen Problemsichten der verschiedenen Organisationseinheiten des Marketingbereiches eingehen und Schnittstellen zwischen den Einheiten koordinieren.[13]

  • Controllingbeiträge zur Mitarbeiterführung im Marketingbereich:

Zu dieser Aufgabe des Marketingcontrollings zählt unter anderem die Bildung interner Verrechnungspreise für Servicestellen, wie beispielsweise die Marktforschung.[14]

  • Koordination der Wechselbeziehungen zwischen den verschiedenen Aufgabengebieten:

Die inhaltlichen Schwerpunkte des Marketingcontrollings sind wechselseitig miteinander verflochten.[15] Demnach ist das Marketingcontrolling dafür verantwortlich, dass diese abgestimmt werden. Darüber hinaus sind auch die Schnittstellen zwischen dem Marketingcontrolling und anderen betrieblichen Funktionsbereichen zu gestalten.[16]

Um den derzeitigen Einsatz des Marketingcontrollings in der Praxis aufzeigen zu können, muss das Verständnis von Marketingcontrolling in der Praxis sowie die daraus folgende Anwendung dieses Teilbereiches erläutert werden. Im Frühjahr 2005 haben die IHA-GfK und die Universität St. Gallen eine Managementbefragung der Mitglieder der Schweizerischen Gesellschaft für Marketing durchgeführt. Nach Reinecke und Herzog gibt es im Bereich Marketingcontrolling kaum ortsgebundende Unterschiede zwischen der Schweiz und Deutschland, so dass die Ergebnisse der Studie auf den deutschsprachigen Raum anwendbar sind. Die Probanden der Befragung sind größtenteils Geschäftsführer oder Marketingleiter aus Gesamtunternehmen (das heißt weniger aus Geschäftsbereichen) sowie Konzernen unterschiedlicher Branchen. [17]

Marketingcontrolling kann vom Top Management entweder als Aufwand aufgefasst werden oder aber als Investition. Die Studie hat bewiesen, dass das Marketingcontrolling innerhalb der Unternehmen als Investition gesehen wird, d.h. dem Funktionsbereich wird eine Wert stiftende Funktion zugesprochen. Wird Marketingcontrolling als Investition bewertet, so muss diese Investition auch messbar gemacht werden. Die weitere Recherche hat jedoch ergeben, dass das Marketingcontrolling im Unternehmen trotz der allgemeinen Auffassung nicht als Investition behandelt wird. Die Messbarkeit des Marketingerfolges durch das Marketingcontrolling wird in der Praxis kaum umgesetzt. Gerade im deutschsprachigen Raum ist der Nachweis des Return on Investment im Bereich des Marketingcontrollings nur gering ausgeprägt, wenn auch steigend.[18]

Die generelle Entwicklung des Marketingcontrollings innerhalb der Praxis wird je nach Instrumentalbereich unterschieden:[19]

  • Distributionspolitik:

In den Bereichen Distribution und Absatzwege sind Kennzahlensysteme gut ausgereift.[20]

  • Preispolitik:

In der Preispolitik gibt es sowohl in Theorie als auch Praxis nur eine schwach ausgeprägte Entwicklung des Marketingcontrollings.[21]

  • Produktpolitik:

Weitaus intensiver wird das Marketingcontrolling in der Produktpolitik fokussiert.[22] Besonders das Markencontrolling spielt im Controlling der Produktpolitik eine zentrale Rolle.[23]

  • Kommunikationspolitik:

Eine Effizienzmessung durch das Controlling mit Fokus auf den Kunden gehört zu den aktuell häufig diskutierten Aufgaben des Marketingcontrollings. Diese Messung bezieht sich auf den Marketingerfolg von der Kundenakquisition bis zur Kundenrückgewinnung und wird infolge des Marketingcontrollings bewertbar gemacht.[24]

Zwar unterstützt ein derartiges Marketingcontrolling, der einzelnen Instrumentalbereiche des Marketing-Mixes, eine Kontrolle des Marketingerfolges, gibt jedoch kaum Aufschluss darüber, welche konkrete Ursache bestimmte Informationsbestände haben. Somit sind auch kaum gezielte Korrekturen möglich. Für eine gezielte Ursachenforschung ist zusätzlich eine Kontrolle der Methoden auf Instrumentalebene notwendig.[25]

Klassische Instrumente innerhalb der Instrumentalbereiche wie etwa die Deckungsbeitragsrechnung werden, im Gegenteil zu innovativeren Verfahren wie den Customer Lifetime Value-Analysen, standardisiert eingesetzt. Ein umfassendes Berichtswesen bis hin zum Top Management existiert in der Form kaum. Folglich dominiert in der Praxis immer noch der Einsatz von klassischen, finanzorientierten Instrumenten. Innovative Instrumente, die eine tatsächliche Quantifizierung von Maßnahmen erwirken könnten, werden in der Praxis bisher, aufgrund verschiedener Faktoren, vernachlässigt. Ein Faktor mag der bisher kaum geforderte Effektivitäts- und Effizienznachweis von der Unternehmensführung im deutschsprachigen Raum sein. Das Marketingcontrolling ist stark abhängig von Ressourcen, so dass ein weiterer Faktor das nicht ausreichende Budget für den Funktionsbereich des Marketingcontrollings darstellt.[26]

Im Unterschied zu einem erstrebenswerten Einsatz des Marketingcontrollings in den deutschen Unternehmen, ist das Marketingcontrolling in der derzeitigen Praxis noch stark auf die Informationsversorgung in den Bereichen Marketingkontrolle und Marketingplanung ausgerichtet.[27]




  1. Vgl. Weber, J./ Schäffer, U., 2006, S. 65.
  2. Vgl. Reinecke, S., 2006, S. 5ff.
  3. Vgl. Weber, J./ Schäffer, U., 2006, S. 65.
  4. Vgl. Köhler, R., 2006, S. 41.
  5. Vgl. Küpper, H.-U., 2005, S. 434.
  6. Vgl. Weber, J./ Schäffer, U., 2006, S. 65ff.
  7. Vgl. Weber, J./ Schäffer, U., 2006, S. 65ff.
  8. Vgl. Köhler, R., 2006, S. 42.; Haseborg, F., 1995, Sp. 1545f.
  9. Vgl. Köhler, R., 2006, S. 43.
  10. Vgl. Döpke, U., 1986, S. 105ff.
  11. Vgl. Köhler, R., 2006, S. 44.
  12. Vgl. Töpfer, A., 1995, S. 1534.
  13. Vgl. Köhler, R., 2006, S. 45f.
  14. Vgl. Köhler, R., 2006, S. 46f.
  15. Vgl. ter Haseborg, F., 1995, Sp. 1545.
  16. Vgl. Köhler, R., 2006, S. 47.
  17. Vgl. Reinecke, S./ Herzog, W., 2006, S. 83ff.
  18. Vgl. Reinecke, S./ Herzog, W., 2006, S. 85ff.
  19. Vgl. Köhler, R., 2006, S. 53.
  20. Vgl. Schlögel, M., 2001, S. 544ff.
  21. Vgl. Köhler, R., 2003, S. 359.
  22. Vgl. Köhler, R., 2006, S. 54.
  23. Vgl. Burmann, C. u.a., 2006, S. 461.
  24. Vgl. Köhler, R., 2006, S. 54.
  25. Vgl. Meffert, H., 2000, S. 1138ff.
  26. Vgl. Reinecke, S./ Herzog, W., 2006, S. 93f.
  27. Vgl. Reichmann, T., 2001, S. 13.