Materielles Zivilrecht im 2. Staatsexamen: Allgemeines Schadensrecht
Während sich die haftungsbegründenden Normen in diversen Sondervorschriften und über das BGB verteilt finden, sind die Regeln zur Haftungsausfüllung zentral in den §§ 249-254 BGB zu finden. Oft sind aber Modifikationen für einzelne Anspruchsgrundlagen zu beachten.
Grundprinzipien
[Bearbeiten]Grundsatz der Totalreparation
[Bearbeiten]Der Schadensersatz soll nach § 249 Abs. 1 BGB alle Folgen einer Pflichtverletzung ersetzen. Ob die Schäden unmittelbar oder mittelbar, vorhersehbar oder unvorhersehbar waren ist unerheblich. Der Geschädigte soll so gestellt werden, als hätte das schädigende Ereignis nicht stattgefunden. Damit sind auch entgangener Gewinn, und Verdienstausfall umfasst. Auch Nachteile ohne Vermögenswert sind zu ersetzen.
Das Verschuldenskriterium in haftungsbegründenden Tatbeständen (z.B. § 280 Abs. 1 S. 2, § 823 Abs. 1 BGB) betrifft nur die Pflichtverletzung bzw. Rechtsgutsverletzung, nicht aber den daraus folgenden Schaden.
Schadensrechtliches Bereicherungsverbot
[Bearbeiten]Demgegenüber soll der Geschädigte aus dem schädigenden Ereignis aber auch keine Vorteile behalten.
Wirtschaftlichkeitspostulat
[Bearbeiten]Das BGB strebt (mit wenigen Ausnahmen wie § 275 Abs. 2 BGB) an, keine wirtschaftlichen Werte zu zerstören und keinen unnützen Aufwand zu produzieren. Dementsprechend ist unter verschiedenen für den Geschädigten gleichwertigen Ersatzmöglichkeiten die wirtschaftlichste zu wählen.
Vorrang der Naturalrestitution
[Bearbeiten]Anders als im angloamerikanischen Rechtskreis hat die Naturalrestitution im deutschen Recht nach §§ 249-251 BGB Vorrang vor Wertersatz in Geld.
Haftungsausfüllende Kausalität
[Bearbeiten]Während bei der haftungsbegründenden Kausalität gefragt wird, ob die Rechtsgutsverletzung auf einer Handlung des Schädigers basiert, liegt haftungsausfüllende Kausalität vor, wenn der Schaden
- ohne das schädigende Ereignis entfiele (Äquivalenz)
- nicht völlig außerhalb jeder Wahrscheinlichkeit lag (Adäquanz)
- nach dem Schutzzweck des Schadensersatzrechts ersatzfähig ist (Schutzzweck der Norm)
Beweislast
[Bearbeiten]Für die haftungsbegründenden Voraussetzungen des Schadensersatzes gilt der Vollbeweis nach § 286 ZPO. Demgegenüber erleichtert für die haftungsausfüllenden Tatsachen § 287 ZPO dem Geschädigten die Beweisführung. Grund ist, dass eine hundertprozentige Beweisführung hier häufig unmöglich ist. Es genügt daher bereits eine deutlich überwiegende Wahrscheinlichkeit aus Sicht des Richters, der auch die Schadenshöhe schätzen kann.
Für das Mitverschulden nach § 254 BGB hat der Schädiger die Darlegungs- und Beweislast. Was die Bewertung der Auswirkungen auf die Schadenshöhe angeht, ist aber auch hier § 287 ZPO anwendbar.[1]
Fußnoten
[Bearbeiten]- ↑ BGH NJW 1986, 2945