Materielles Zivilrecht im 2. Staatsexamen: Mietrecht

Aus Wikibooks


Systematik[Bearbeiten]

In der Klausur geht schnell der Überblick verloren, welche Regeln der §§ 535 ff. BGB auf welche Art der Nutzung von Mietobjekten anwendbar sind. Im Überblick:

Vertragsschluss[Bearbeiten]

Besonderheit des Mietrechts ist, dass ein Mietvertrag nicht nur durch korrespondierende Willenserklärungen zwischen den Parteien, sondern auch durch Eintritt des Erwerbers der Mietsache nach § 566 BGB zustande kommen kann.

Abgrenzung[Bearbeiten]

  • Miete ist die entgeltliche Überlassung des Gebrauchs einer Sache im Sinne des § 90 BGB.
  • Leihe ist die unentgeltliche Überlassung des Gebrauchs.
  • Pacht erlaubt neben dem Gebrauch auch das Ziehen von Nutzungen.
  • Verwahrung (§ 688 BGB) erfordert die Überlassung von Raum und die Übernahme von Obhut.

Form[Bearbeiten]

Gem. § 550 S. 1, § 578 Abs. 1, 2 BGB müssen für länger als ein Jahr geschlossene Mietverträge über Geschäftsräume die Schriftform einhalten. Ziel ist, dem nach § 566 BGB in den Mietvertrag eintretenden Nachfolger des Vermieters die Vertragsbedingungen transparent zu machen. § 125 S. 1 BGB greift nicht, ein nicht schriftlich fixierter Mietvertrag ist nicht unwirksam, sondern gilt als für unbestimmte Zeit geschlossen.

Mängelhaftung[Bearbeiten]

Vorliegen eines Mangels[Bearbeiten]

Der Mangelbegriff des Mietrechts geht nach § 536 BGB, der auf den vertragsgemäßen Gebrauch abstellt, nicht von einem objektiven Maßstab aus, sondern stellt auf eine nicht unerhebliche negative Abweichung vom konkreten Mietvertrag ab.

Die Beweislast für die Abweichung der Ist-Beschaffenheit der Mietsache von der vertraglichen Soll-Beschaffenheit trägt der Mieter. Der Vermieter hingegen muss nachweisen, dass die Minderung der Tauglichkeit nur unerheblich ist.

Rechtsfolge[Bearbeiten]

Der Mieter hat Anspruch auf Mängelbeseitigung aus § 535 Abs. 1 BGB.

Bei Vorliegen eines Mangels mindert sich zudem die Miete gem. § 536 Abs. 1 BGB per Gesetz und unabhängig von einem Verschulden des Vermieters. Zuviel gezahlte Miete kann nach § 812 Abs. 1 BGB zurückgefordert werden.[1]

Für Schadensersatzansprüche ist nach § 536a BGB zu differenzieren: Bei anfänglichen Mängeln, die schon bei Vertragsschluss und noch bei Überlassung der Mietsache vorlagen, haftet der Vermieter verschuldensunabhängig, für später entstandene Mängel nur bei Vertretenmüssen.

Der Mieter kann zudem gegebenenfalls nach § 543 BGB den Mietvertrag kündigen.

Ausschlusstatbestände[Bearbeiten]

Infrage kommen

  • vertragliche Gewährleistungsausschlüsse in den Grenzen des § 536 Abs. 4 und § 569 Abs. 5 BGB für Wohnraum, § 536d BGB bei arglistigem Verschweigen und §§ 307 ff. BGB bei AGB
  • Kenntnis des Mangels durch den Mieter oder grob fahrlässiger Unkenntnis, § 536b BGB
  • Unterlassen der Mängelanzeige durch den Mieter, § 536c Abs. 2 BGB
  • Vertretenmüssen des Mangels durch den Mieter, § 326 Abs. 2 BGB analog

Die vorbehaltlose Zahlung der Miete trotz Kenntnis des Mieters vom Mangel schließt hingegen die Gewährleistungsansprüche nicht aus.[2]

Einzelprobleme[Bearbeiten]

Starre Fristenpläne[Bearbeiten]

Schönheitsreparaturen können auf den Mieter übertragen werden, was auch gängige Praxis ist. Geschieht dies in AGB, darf kein starrer Fristenplan festgelegt sein, der den Mieter verpflichtet, zu einem bestimmten Zeitpunkt unabhängig von der tatsächlichen Abnutzung Reparaturen vorzunehmen.

Hat der Mieter auf die Wirksamkeit der starren Klausel vertraut und renoviert, kann er Aufwendungsersatz aus Leistungskondiktion verlangen, nicht jedoch aus GoA, da es am Fremdgeschäftsführungswillen fehlt. Zudem kann ein Schadensersatzanspruch aus c.i.c. bestehen.

Vermieterpfandrecht[Bearbeiten]

Die Forderungen des Vermieters gegen den Mieter sind nach den §§ 562 ff. BGB durch ein besitzloses Pfandrecht an den vom Mieter in die Mietsache eingebrachten Sachen gesichert.

Entstehungsvoraussetzungen[Bearbeiten]

  • Wirksamer Mietvertrag über Wohnraum, Grundstück oder sonstige Räume
  • Mit dem Willen des Mieters in die Mieträume gebrachte bewegliche Sache im Eigentum des Mieters (bzw. Anwartschaftsrecht)
  • Sache ist nicht unpfändbar, § 562 Abs. 1 S. 2 BGB iVm § 811, § 812 ZPO
  • Bestehen einer nach § 562 BGB gesicherten Forderung

Erlöschen des Vermieterpfandrechts[Bearbeiten]

  • Nicht nur vorübergehende Entfernung der eingebrachten Sachen vom Mietgrundstück, § 562a BGB
  • Gutgläubiger lastenfreier Erwerb, § 936 BGB

Rechtsfolge[Bearbeiten]

Die Rechte des Vermieters ergeben sich aus § 1257 iVm §§ 1204 ff. BGB. Er kann daher nach Eintreten der Pfandreife Herausgabe nach § 1231 BGB verlangen und das Pfandgut per öffentlicher Versteigerung verwerten. Er genießt den Schutz des § 1227 BGB und des § 823 Abs. 2 iVm § 289 StGB.

Prozessuale Geltendmachung[Bearbeiten]

Zur Vorbereitung einer Klage auf Herausgabe kann der Vermieter nach § 260 BGB Auskunft darüber verlangen, welche Sachen in die Mietsache eingebracht waren. Eine Verbindung mit dem Herausgabeverlangen als Stufenklage gem. § 254 ZPO ist zulässig.

Verwertet ein anderer Gläubiger die dem Vermieterpfandrecht unterliegenden Sachen kann der Vermieter nach § 805 ZPO auf vorzugsweise Befriedigung klagen.

Verkauf vermieteten Wohnraums[Bearbeiten]

Beim Verkauf einer vermieteten Wohnung ist der Grundsatz "Kauf bricht nicht Miete" aus § 566 BGB zu beachten. Der aktuelle Mieter hat zudem ein Vorkaufsrecht, § 577 BGB.

Räumung von Wohnraum[Bearbeiten]

Fußnoten[Bearbeiten]

  1. BGH NJW-RR 1993, 519
  2. BGH NJW 2007, 147 Rn. 15 ff.