Materielles Zivilrecht im 2. Staatsexamen: Vertragsschluss
Ein Vertrag kommt mit den korrespondierenden Willenserklärungen Angebot (auch Antrag, § 145) und Annahme zustande. Darin müssen Leistung und Gegenleistung als die elementaren Bestandteile des Vertrages, die das dispositive Gesetzesrecht nicht schließen kann, ausreichend bestimmt sein (essentialia negotii).
Angebot
[Bearbeiten]Es ist abzugrenzen von der invitatio ad offerendum, die vorliegt, wenn nach dem objektiven Empfängerhorizont kein verbindliches Angebot vorliegen kann.
Das Angebot wird mit Zugang beim Empfänger nach § 130 Abs. 1 S. 1 wirksam und kann dann nicht mehr widerrufen werden, es sei denn der Anbietende hat sich den Widerruf vorbehalten und die Widerrufserklärung geht zu, bevor die Annahmeerklärung zugeht. Gem. § 146 erlischt das Angebot, wenn es nicht rechtzeitig im Sinne der §§ 147 ff. angenommen oder abgelehnt wird. Nach § 147 BGB kann ein unter Anwesenden gemachtes Angebot nur sofort (also ohne Zögern) angenommen werden. Die Erweiterung des Kreises der Anwesenden nach Abs. 1 S. 2 umfasst alle Echtzeitkommunikationsmittel, also auch Chats oder Video-Konferenzen.
Nach § 153 überlebt das Angebot den Anbietenden und kann bei Annahme dann seinen Erben binden.
Annahme
[Bearbeiten]Annahme ist die Willenserklärung, die uneingeschränktes Einverständnis mit dem Angebot bekundet und deutlich macht, dass der Annehmende sich an den Vertrag gebunden sieht. Jede Abweichung vom Angebot wird nach § 150 Abs. 2 als Ablehnung verbunden mit einem Gegenangebot gewertet.
Wie das Angebot wird die Annahme mit Zugang wirksam, es sei denn der Anbietende hat auf den Zugang verzichtet oder er ist nach der Verkehrssitte nicht zu erwarten, § 151.
Dissens
[Bearbeiten]Beim offenen Dissens ist den Parteien klar, dass sie noch keine Einigung über bestimmte Aspekte des Vertrags erreicht haben. Geht es dabei um essentialia negotii besteht auch noch kein Vertrag. Nebenaspekte sind hingegen nach dem dispositiven Gesetzesrecht auszufüllen, wenn die Vermutung des § 154 Abs. 1 widerlegt werden kann. Für den versteckten Dissens bei dem die Parteien davon ausgehen, einen wirksamen und umfassenden Vertrag geschlossen zu haben weil sie eine Lücke übersehen haben, gibt § 155 eine Auslegungsregel. Die Partei, die sich auf die Wirksamkeit des Vertrags beruft, trägt dabei die Beweislast.