Wir setzen im Folgenden die Maßtheorie und Analysis II insbesondere die Existenz und Eindeutigkeit gewöhnlicher Differentialgleichungen voraus.
Wir betrachten die Transportgleichung zunächst für konstantes und erhalten Existenz und Endeutigkeit inklusive einer Lösungsformel. Für nicht-konstantes und die homogene Gleichung stellen wir fest, dass die Lösung entlang bestimmter Kurven - Charakteristiken genannt - konstant ist! Im inhomogenen Fall errechnet sich die Lösung entlang der Charakteristiken gemäß einer Differentialgleichung. .
Die Lösungen sind jeweils eine Verschiebung in Raum und Zeit, daher der Name Transportgleichung.
Sei , wobei die Zeit ist und der Ort.
Definition
Lineare Transportgleichung
Seien gegeben. Sei der Ortsgradient und sei das Skalarprodukt auf . Dann ist die lineare Transportgleichung definiert als
Das Anfangswertproblem ist eine Vorgabe des Anfangswertes durch eine Funktion zur Zeit , d.h. eine Lösung der Gleichung, die zusätzlich erfüllt
Die Transportgleichung heißt linear, da sie nur linear von u und seinen Ableitungen abhängt, was sie erheblich leichter lösbar macht.
Die homogene Gleichung für konstantes b
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Wir lösen die Gleichung erst einmal für konstantes b.
Satz
Sei konstant und . Dann lautet die lineare Transportgleichung
Für jedes ist eine Lösung gegeben durch
Umgekehrt gilt: Ist eine Lösung, so existiert ein mit
Insbesondere ist jede Lösung konstant entlang der Geraden mit . Diese Geraden haben deshalb einen eigenen Namen, sie heißen Charakteristiken.
Für besitzt die Anfangswertaufgabe genau eine Lösung
Beweis
v(x-bt) ist eine Lösung
Ableiten von und Einsetzen in die partielle Differentialgleichung ergibt
Damit ist eine Lösung der linearen Transportgleichung.
Sei fest und betrachte die um zeitverschobene Funktion
Dann gilt :
Somit ist konstant und es folgt für
Anfangswertaufgabe: Existenz der Lösung
Ganz analog rechnen wir
Eindeutigkeit der Lösung
Seien zwei Lösungen und . Dann gilt für , da die Ableitung und das Skalarprodukt linear sind,
Wir haben oben gezeigt, dass dann eine Funktion existiert mit . Dann folgt
Die inhomogene Gleichung für konstantes b
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Nun betrachten wir die Lösung für .
Satz
Seien und . Dann besitzt die Anfangswertaufgabe
genau eine Lösung
To-Do:
Wie kommt man auf die Lösung? Man löst - siehe unten den inhomogenen Fall - eine Dgl und letzten Endes integriert entlang der Charakteristik das f auf.
Beweis
Existenz: Man kann im Folgenden Integral und Ableitung vertauschen, da die Ableitung von stetig und ist. Wegen der Beschränktheit auf dem kompakten , ist das Maximum von die Majorante. Siehe
Mathe_für_Nicht-Freaks: Buchanfang_Maßtheorie_by_Richard4321/ Vertauschen_von_Integral_und_Ableitung
Ableiten der angegebenen Lösung ergibt
Einsetzen in die partielle Differenatialgleichung bestätigt die Lösung
Eindeutigkeit: Seien zwei Lösungen und . Dann gilt für , da die Ableitung und das Skalarprodukt linear sind, dass die homogene Differentialgleichung mit Anfangswertbedingung Null erfüllt
Wir haben oben gezeigt, dass dann eine Funktion existiert mit . Dann folgt
Beispiel
Betrachte die lineare Transportgleichung
mit Anfangsbedingung Null . Die eindeutige Lösung ist
Charakteristiken für nicht-konstantes b und homogenen Fall sind eindeutig
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Die obigen Sätze galten für konstantes b. Jetzt wenden wir uns dem schwereren Fall konstant zu, d.h. wir betrachten für die Anfangwertaufgabe I
Jetzt müssen wir einen Umweg beschreiten: Wir müssen die Anfangswertaufgabe II
lösen, wie wir gleich sehen. Dies ist eine gewöhnliche Differentialgleichung und da hat sie eine eindeutige Lösung auf einem maximalen Existenzintervall .
Sei nun eine Lösung der Anfangswertaufgabe I. Bilden wir die Zeitableitung und verwenden wir die partielle Differentialgleichung gilt
und ist entlang jeder Lösungskurve des Anfangswertproblems II konstant! Diese Kurven bekommen deshalb einen besonderen Namen: sie heißen Charakteristiken der partiellen Differentialgleichung. Für konstantes waren es Geraden, Wegen
gilt
und mit der Wert der Charakteristik bei .
Satz (Charakteristiken sind eindeutig)
Die Charakteristiken des obigen Anfangswertproblems schneiden sich nicht.
Beispiel
Sei konstant. Dann ist die Lösung von
die Gerade auf . Die Geradengleichung lässt sich eindeutig auflösen zu , d.h.
Beispiel
Für und gibt es unendlich viele Lösungen.
Betrachte das Anfangswertproblem der gewöhnlichen Differentialgleichung
Wie kommt man auf die Lösung?
Überprüfe die Lösung
wie man durch Ableiten mit der Kettenregel und Einsetzen verifiziert, ist es die Lösung
Da der Nenner gegen Null geht und die Lösung damit gegen Unendlich, ergibt sich ein Definitionsbereich der Lösung abhängig vom Anfangswert von
Zu müssen wir nun ein eindeutiges finden, durch das die Charakteristik geht. Dazu formen wir um
Da der Nenner gegen Null und damit gegen Unendlich geht, ist die Lösung eindeutig mit der Einschränkung
Mit derselben Einschränkung gilt mit obiger Lösung, dass auf der Charakteristik konstant ist
Damit ist die Lösung nicht für alle Paare definiert. Dadurch können wir unendlich viele Lösungen konstruieren:
Betrachte Lösungen mit dem Anfangswert für . Das ergibt mit der gerade gezeigten Formel
Sei eine beliebige stetig differenzierbare Funktion mit kompakten Träger, d.h. . Setze damit
Wegen gilt mit
dass der Träger der Funktion im Bereich
liegt und ungleich der leeren Menge ist.
Wir rechnen nach, dass eine Lösung des Anfangswertproblems ist
und
ergibt Einsetzen
und da es unendlich viele obige gibt, gibt es unendlich viele Lösungen
Aufgabe
Gegeben sei mit und Anfangswerten . Gesucht ist eine Lösung .
Wie kommt man auf den Beweis?
Verwende charakteristische Kurven.
Beweis
Betrachte . Dessen Ableitung ist
Forme die partielle Differentialgleichung um zu
Vergleich der beiden Gleichungen ergibt
Das ergibt und erneutes Ableiten der zweitletzten Gleichung nach und Einsetzen der letzten Gleichung ergibt
Analog
Die Lösung dieser gewöhnlichen Differentialgleichung ist
Charakteristiken für nicht-konstantes b und inhomogenen Fall
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Erneut betrachten wir den schweren Fall konstant, aber dieses Mal die inhomogene Variante.
D.h. wir betrachten für die Anfangswertaufgabe I
Auch diese lässt sich mittels Charakteristiken lösen, wobei nicht mehr konstant ist längs der Charakteristiken, sondern sein Wert sich ermittelt gemäß der Anfangswertaufgabe III
Herleitung: Wie im homogenen Fall müssen wir die Anfangswertaufgabe II
lösen, wie wir gleich sehen. Dies ist eine gewöhnliche Differentialgleichung und da hat sie eine eindeutige Lösung u(x(t)) auf einem maximalen Existenzintervall .
Sei nun eine Lösung der Anfangswertaufgabe II. Bilden wir die Zeitableitung und verwenden wir die partielle Differentialgleichung gilt
und berechnet sich entlang jeder Charakteristik des Anfangswertproblems I gemäß dieser Differentialgleichung! Wegen
ist der Anfangswert für Anfangswertproblem III festgelegt.
Beispiel
Sei . Dann berechnen sich die Charakteristiken aus
zu
Das lässt sich eindeutig auflösen zu .
Dann ermittelt sich u gemäß
zu
Wie kommt man auf den Beweis?
Löse die erste Gleichung auf nach und setze ein in die zweite Gleichung.
Beweis
Für v analog.