Moderne Termlogik: Einleitung: Die Entstehung der modernen Termlogik
Einleitung
[Bearbeiten]Die Entstehung der modernen Termlogik
[Bearbeiten]Die Termlogik, auch Begriffslogik, geht auf den griechischen Philosophen Aristoteles zurück. Er entwickelte sein ausgefeiltes System der Syllogistik, das bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts hinein die europäische Logik dominierte. Erst durch die von Frege im Jahre 1879 verfasste Begriffsschrift begann die Entwicklung der modernen Prädikatenlogik, die heute als Standardtheorie des logischen Schliessens in Mathematik, Informatik und auch in der Philosopie gelehrt und angewendet wird.
Der Siegeszug der Prädikatenlogik hatte zur Folge, dass die Termlogik fast vollständig in den Hintergrund getreten ist, was - vom Standpunkt der Philosophie aus - Nachteile hat:
- Die Prädikatenlogik ist sehr viel komplexer als die Termlogik und erfordert daher einen höheren "technischen" Aufwand als diese, was den Zugang für Nicht-Logiker erschwert.
- Obwohl schon Frege in seiner Begriffsschrift eine "Übersetzung" der Termlogik in die Prädikatenlogik vorgenommen hat, die seither in fast allen modernen Darstellungen verwendet wird, kann diese Übersetzung nicht alle Feinheiten der klassischen, auf Aristoteles beruhenden Termlogik wiedergeben (s. [Zur Übersetzung der Aristotelischen Logik in die Prädikatenlogik]).
Während des vergangenen Jahrhunderts gab es nur wenige Philosophen, die versuchten, weiterhin mit einer - nicht auf der Prädikatenlogik beruhenden - Termlogik zu arbeiten. Hierzu gehören v. Freytag-Löringhoff und insbesondere Jan Łukasiewicz. Es gelang Łukasiewicz, die syllogistische Logik des Aristoteles komplett durch den von ihm entwickelten Formalismus einer Termlogik abzubilden und so die Nachteile einer prädikatenlogischen Formulierung zu vermeiden. Zweihundert Jahre vor ihm hatte sich bereits Leibniz hieran versucht und die ersten wichtigen Schritte auf dem Wege zu einer Termlogik getan. Von grosser Bedeutung ist die von Leibniz entwickelte Semantik der "characteristischen Zahlen", die von Łukasiewicz aufgegriffen und für den Beweis seines Vollständigkeitssatzes benutzt wurde.
Łukasiewicz' Arbeit war für die Entwicklung einer eigenständigen Termlogik von grosser Bedeutung - zeigte sie doch zum ersten Mal überhaupt die Möglichkeit einer solchen Logik auf, die, genau wie die Prädikatenlogik, mit den modernen Mitteln der symbolischen Logik formuliert war, und noch dazu von einem der Protagonisten und "Giganten" der modernen Logik.
Der einzige "Schönheitsfehler" vom Standpunkt einiger Philosophen war, dass Łukasiewicz' bei seinem axiomatischen Aufbau seiner Termlogik die Aussagenlogik als Grundlage verwendete. Vom formalen Standpunkt her bereitet das keine Probleme, Philosophiehistoriker aber wandten ein, dass Aristoteles bei seinen Schlüssen keinen Bezug auf die Aussagenlogik der Stoiker genommen hatte.
Den entscheidende Durchbruch zu einer modernen Termlogik schaffte im Jahre 1972 John Corcoran. Er entwickelte eine Termlogik, die auf einem System des natürlichen Schliessens beruhte und damit die Verwendung der Aussagenlogik überflüssig machte.
Im vorliegenden Buch geht es darum, eine moderne formale Darstellung unterschiedlicher Aspekte der Termlogik zu geben. Es wird nicht behauptet, dass diese Formalisierung das wiedergibt, was Aristoteles und seine Nachfolger unter Termlogik verstanden haben; insofern ist die Zielsetzung ganz anders als die von Łukasiewicz oder Corcoran, die beide hauptsächlich an der Interpretation der historischen Quellen interessiert waren.