Organisationales Lernen im Digitalen Zeitalter/ Merck

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Das Unternehmen Merck setzt einen starken Fokus auf die Verbindung von Innovation und Lernen. Daher arbeiten die Bereiche Weiterbildung und Innovation eng zusammen. Im Folgenden werden unter Corporate Learning beide Bereiche kurz vorgestellt.

Corporate Learning bei Merck 2017[Bearbeiten]

Innovation & Innovation-Center

Das Innovationszentrum schafft ein Ecosystem für Innovation, indem es Ideen, Wissen und Menschen zusammenbringt. Damit fördert es die Innovationskultur im Unternehmen. Das Innovationszentrum verantwortet folgende vier Bereiche :

  • Accelerator-Programm - StartUps werden von den Geschäftsbereichen ausgewählt und für drei Monate in das Unternehmen in Darmstadt und in Nairobi eingeladen. Die Start-Ups bringen jungen Unternehmergeist ein und erhalten im Gegenzug diverse Unterstützung, wie Senior-Mentoring.
  • Interne Innovations-Projekte - Interne Ideen aus allen Unternehmensbereichen werden über einen bestimmten Bewerbungsprozess eingereicht und die Ideengeber durch verschieden Maßnahmen, wie Training, Coaching und Facilitating im Innovationsprozess unterstützt. Relevante Bereiche wie Logistik und HR geben Unterstützung. Zudem erhalten die Ideengeber ein Budget und sitzen während des Prozesses im Innovation-Center.
  • Innovation ThinkTank - Erfahrene Mitarbeiter arbeiten im Innovation-Center für drei Monate an der Prüfung von Trends und Themen für die Zukunft . Maßgeblich unterstützt wird das Innovation Center durch Marketing and Communication, durch Öffentlichkeitsarbeit in sozialen Medien und Presseberichte und durch eine monatliche Veranstaltung „Innovators-Club“, bei der über zukunftsweisende Themen und Innovationen berichtet wird.
  • Innovator Academy - Die Innovator-Academy bietet Trainings, Workshops und Coaching für Kreativität und Innovation (Scrum, Design-Thinking sowie weitere agile Methoden) . Dieses Angebot wird angereichert durch Mentoren, die bereits Erfahrung mit agilen Arbeitsmethoden haben. Weiter gibt es Merck-Experts, die Mitarbeiter mit gleichen Themen vernetzen und ihre persönliche Expertise weitergeben. BarCamps unterstützen Netzwerke und Innovation zu verschiedenen Themen. Auch ein Hackathon wurde veranstaltet. Hervorzuheben ist auch die Plattform traintoinnovate.com, die darauf ausgelegt ist, innovative Arbeitskonzepte an die Mitarbeiter zu bringen.

Weiterbildung

Das Weiterbildungsangebot ist global aufgesetzt und verfolgt das Ziel, Kompetenzen (Verhaltensweisen) zu entwickeln um die strategischen Unternehmensziele zu erreichen. Als Grundlage dient das Merck-Kompetenzmodell. Die beschriebenen Kompetenzen sind Grundlage aller Lern- und Entwicklungsaktivitäten und werden mit sinnhaft, zukunftsorientiert, innovativ, ergebnisorientiert, gemeinschaftlich und stärkend beschrieben. Auch die Unternehmenswerte nehmen Einfluss auf die Weiterbildungsangebote. Im übergeordneten, global aufgesetzten Learning-Frame, wird der 70:20:10-Ansatz verfolgt.

Die Weiterbildungsangebote sind an Mitarbeiter, Manager und Teams ausgerichtet. Mitarbeiter profitieren hier von Classroom-Trainings, fachliche und überfachliche E-Learnings, Mentoring-Programmen, Cultural Navigatoren und Sprachtrainings. Neben dem Entwicklungsplan und der Entwicklungsberatung gibt es den Lernespresso und 360-Grad-Interviews. Für Manager sind unterschiedliche Programme zur Entwicklung der Manager-Fähigkeiten vorgesehen: Managerial Foundation Program, Advanced Management Program, Executive Coaching, International Management Program, die Merck University, Talentprogramme und das Global Leadership Program. Die Angebote an Teams beziehen sich auf Team Performance Solutions und Insights for Teams sowie bereichsspezifische Maßnahmen. Für den Bereich Deutschland gibt es auch deutschlandweite Angebote sowie ein Meister- und ein Frauen-Führungskräfte-Training sowie Führung als Coach.

Im Learning Management System (LMS) werden die Weiterbildungsangebote in kleinen Modulen angeboten. Diese können dem Bedarf nach spezifisch und individuell zusammengestellt werden. Ein wichtiges Kriterium dabei ist, dass die Angebote bei Merck auf die unterschiedlichen Rollen der Mitarbeiter angepasst sind. Wechselt ein Mitarbeiter eine Rolle oder hat vor, sich in eine neue Rolle zu entwickeln, so hilft das Modell, die für die Rolle notwendigen Kompetenzen zu entwickeln oder zu verbessern. Über Feedback und Gruppen-Development-Gespräche wird verstärkt auf die Zusammenarbeit und Kommunikation im Unternehmen gesetzt, beispielsweise werden Gruppenziele vereinbart. Grundsätzlich wichtig ist die Individualisierung der Weiterbildungsangebote. Trends und aktuelle Themen werden aufgegriffen und in modernen Formaten umgesetzt. Darüber hinaus gibt es Roadshows, um Möglichkeiten im Industriezeitalter 4.0 aufzuzeigen und um Mitarbeiter zu informieren.

Zukunft des Corporate Learning bei Merck[Bearbeiten]

Die zukünftige Gestaltung des Lernens ist wie folgt ausgerichtet :

  • Modularisierung: Lerninhalte werden modularisiert, um komplexere Sachverhalte den Bedürfnissen und Arbeitsgegebenheiten der Lernenden anzupassen. Mitarbeiter sollen in die Lage versetzt werden, ihre individuellen Lernbedürfnisse schnell und ohne überflüssigen Zeitaufwand abzudecken. Dazu werden Lerninhalte in kleine (Learning Nuggets) sowie bei Bedarf in interaktive Einheiten verpackt.
  • Lernen anytime & anywhere: Lernen wird digitalisiert und auf virtuellen Plattformen stattfinden. Durch erhöhte Vernetzung werden Lernende miteinander in Kooperation treten. Die Kollaboration selbst wird zum Lernen. Learning Analytics (Big Data) wird einen Beitrag dazu leisten, dass Mitarbeitern jederzeit maßgeschneiderte, bedarfsgerechte Lernmöglichkeiten angeboten werden. Zudem werden Lerninhalte spielerisch vermittelt (Gamification).
  • Wissen ist frei zugänglich: Tendenziell wird Wissen frei, z.B. über Wissensplattformen, verfügbar sein. Erwartet wird ein erhöhter Wissensaustausch über verschiedene Kanäle und Quellen, dazu gehören auch informelle Wissensquellen. Merck sieht sich in der Zukunft als lernende Organisation.
  • Mensch weiterhin im Fokus: Aufgabe von Learning und Development wird sein, Lernwille und Begeisterung der Lernenden zu wecken und aufrecht zu erhalten, nicht zuletzt mit dem Ziel, die individuelle Beschäftigungsfähigkeit (Employability) zu fördern. Soziales und kollaboratives Lernen wird durch Lernbegleiter gefördert. Reine Wissensvermittler werden dabei zur Ausnahme.

Diskussion

Im Rahmen der Diskussion der Merck-Kompetenz "Zukunftsorientierung" ergaben sich noch weitere erwähnenswerte Thesen und Gedanken. Sie spiegeln Beiträge einzelner MOOCathon-Teilnehmer wieder:

  • Die Digitalisierung von Weiterbildung eröffnet durch das Loslösen von Ort und Zeit neue Möglichkeiten. Durch Vernetzung wird digitales Lernen skalierbar.
  • Firmenwissen wird für alle Mitarbeiter frei zugänglich sein. Inselwissen in Form von einsamen Spezialisten wird verschwinden.
  • Lernen wird dort stattfinden, wo gearbeitet und zusammengearbeitet wird, z.B. in selbstorganisierten, arbeitsnahen Lernzirkeln, die ein bestimmtes Ziel haben und in Vorgehen und Methodik von Lernbegleitern unterstützt werden können oder direkt im Prozess der Zusammenarbeit. Die Grenzen zwischen Arbeits- und Lernzeit werden fließend ineinander übergehen.
  • Weiterbildung und Lernen wird stärker in der Verantwortung der einzelnen Mitarbeitenden liegen. Mitarbeiter führen ein persönliches E-Portfolio, in dem alle Lernaktivitäten, ggf. sogar Arbeitsproben abgelegt sind. Zertifikate werden überflüssig, da die Anwendung des gerade Gelernten den Lernerfolg sofort belegbar macht. E-Portfolios können öffentlich geteilt werden, so dass weltweit schnell nach Expertise und Kompetenz gesucht werden kann.

Corporate Learning Rollen bei Merck[Bearbeiten]

Aufgabenbeschreibung der Weiterbildung

Die Rollenbeschreibung eines Learning Manager in der Weiterbildung umfasst:

  • Unterstützung bei Entwicklungsgesprächen zwischen Mitarbeitenden und Führungskräften durch Tools und Gesprächsführung
  • Organisation von Trainings (Classroom und E-Learning), Mentoring, Coaching, Führungskräfte-Trainings und Team-Trainings (Performance Toolkit für Teams)
  • Beratung zu Entwicklungs- und Lernthemen
  • Weiterentwicklung der Weiterbildung Richtung Individualisierung und Modularisierung
  • Inhaltliche Weiterentwicklung zur Steigerung der Kollaborations-Fähigkeiten
  • Weiterentwicklung der Rolle zum Lernbegleiter
  • In Zukunft stärkere Vernetzung auch mit anderen Bereichen im Unternehmen, um Lernen weiter zu fassen als bisher

Aufgabenbeschreibung der Innovator Academy[Bearbeiten]

Folgende Rollen gibt es in der Innovator Academy:

  • Coaches/Mentors: interne Senior-Manager, die als Coaches ausgebildet werden und darüber hinaus zur eigenen Arbeit die Innovatoren unterstützen und begleiten
  • Experts: Fachexperten, die als interne Trainer Wissen weitergeben
  • Keynote-Speaker und Führungskräfte: intern und extern, die von ihren Erfahrungen berichten
  • Mitarbeitende Academy: Organisation und Marketing

Diskussion

Zusammenfassend ergibt die Diskussion bezogen auf Corporate Learning folgende Rollenverteilung:

  • Lernende: Verantwortlich für ihr eigenes Lernen und ihren Lernweg (Merck hat schon eine App, mit der die Lernenden ihr Lernen verfolgen können)
  • Führungskräfte: schaffen Raum für Lernen
  • L&D und Trainer: kuratiert Lernmaterial, betreut Lerngruppen, begleitet und unterstützt Lernen In der Diskussion gibt es zu diesem Zeitpunkt keine trennscharfe Unterscheidung zwischen L&D / HR und TrainerInnen / BeraterInnen

Die Diskussion fokussiert stark auf die daraus resultierenden veränderten Anforderungen für L&D / HR . Nicht mehr einzelne Themen sollen angeboten werden sondern eher grundsätzliche Skills wie Kollaboration, Befähigung zum Lernen, Problemlösekompetenz usw. Das wirft die Frage auf, wer eigentlich die Kunden von L&D sind, wenn die Teilnehmenden nicht die Auftraggeber sind. Die Idee ist, L&D stärker in die Arbeitswelt der "Kunden" (beider Kunden) zu vernetzen, deren Bedarfe zu erfassen und zu bedienen und die eigene Expertise als Lernexperten einzubringen.

Nur am Rand erwähnt werden Rahmenbedingungen: Ein Management, das Mitarbeitenden freien Zugang zum Internet gewährt; eine Organisation, die offen über Fehler spricht; Führungskräfte, die sich selbst als Lernende "outen".

Das Fazit des Merck-Teams

Die Aufmerksamkeit im Fazit-Video richtete sich stark auf Veränderungen in der Teilnehmenden-Rolle und in der L&D / HR-Rolle

Mitarbeitende

  • sollen stärker als bisher auch als Lernbegleiter und Referenten wirken,
  • könnten auch als Peer-Coaches einen wichtigen Beitrag leisten,
  • müssen vielleicht noch auf ihre neue Verantwortung vorbereitet werden und müssen Selbstlernkompetenzen entwickeln.

L&D / HR

Die Veränderung stellt HR komplett in Frage. Braucht es HR, wenn die Teilnehmenden selbstverantwortlich lernen? Wer ist Anbieter von Weiterbildung? Können/sollen das nicht die Fachbereiche oder sogar die Teilnehmenden selbst sein? In jedem Fall verändert sich die Rolle von HR hin zu mehr:

  • Ermöglichung: Zugang zu Lernmaterial und wichtigen Kontakten schaffen, Fragen beantworten; alles aus dem Weg räumen, was beim Lernen stört
  • Kundenorientierung: Der Fokus liegt darauf, was der Kunde (= Teilnehmer) braucht.

Corporate Learning Tools bei Merck[Bearbeiten]

Merck nutzt klassische Personalentwicklungsinstrumente wie ein Learning Management System (LMS) und dort angesiedelte Webinare, eLearnings, Präsenztrainings, Lern-Events (z.B. Lernesspresso , Music & BBQ), Coaching, Mentoring und Sprachtrainings. Eine Development App wird eingesetzt, um mobiles Lernen zu ermöglichen. Dört können kurze Lernvideos angesehen werden. Auch die Trainingsevaluation unter den Teilnehmenden wird über die App durchgeführt.

In der Innovator-Academy kommen u.a. folgende ergänzende Tools zum Einsatz Barcamps, F*** Up Nights, Working Out Loud, Getting Things Done, Persönliches Wissensmanagement, Story-Telling, Innovation-Day. Eine Plattform der Innovator Academy (Online-Academy) unterstützt diese Formate und ist mit dem LMS im HR-Bereich verknüpft.