Organisationales Lernen im Digitalen Zeitalter/ Viessmann

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Viessmann ist ein unabhängiges Familienunternehmen mit Sitz in Allendorf (Eder). Es wird in 3. Generation geführt durch den alleine entscheidungsbefugten Gesellschafter, Prof. Martin Viessmann .

Viessmann wurde 1917 gegründet und beschäftigt heute weltweit 12.000 Mitarbeiter. Viessmann ist mit 23 Produktionsstätten in 12 Ländern und 120 Verkaufsniederlassungen auf fast der kompletten Nordhalbkugel tätig. Der jährliche Umsatz beläuft sich auf ca. 2,25 Mrd Euro. Der Exportanteil liegt bei 54 %. Viessmann ist ein führender Hersteller von Heiz-, Industrie- und Kühlsystemen. Maximilian Viessmann (Sohn von Prof. Martin Viessmann) ist bereits in die Firma eingetreten. Nach einem Einsatz als Chief Digitalization Officer der Viessmann Group ist er jetzt CEO von VC/O (Viessmann takes care of) in Berlin mit 200 Mitarbeitern. VC/O bündelt die digitalen Kompetenzen des Konzerns und ergänzt das Portfolio der Viessmann Energy Solutions um innovative Lösungen im Bereich Proptech und DeepTech.

Vor dem Hintergrund der digitalen Transformation des Unternehmens wurde insbesondere an der Vision, der Mission und den Werten von Viessmann gearbeitet . Die Viessmann Akademie unterstützt diese Transormation insbesondere auf dem Gebiet des Aufbaus von Digitalkompetenzen und der Kommunikation und Operationalisierung der neuen Unternehmenswerte: Verantwortlich – teamorientiert – unternehmerisch . So auch Stefan Hoffmann, Leiter der Viessmann Akademie: „Erfolgsorientiert und nachhaltig kann ein Mitarbeiter nur sein, wenn er auch das notwendige Wissen hat, um Handlungsoptionen und Handlungsmuster zu erzeugen. Unternehmerisch und innovativ kann er nur sein, wenn er aktuell informiert ist. Da sehen wir unsere Aufgabe als Viessmann Akademie.“


Corporate Learning bei Viessmann[Bearbeiten]

Die Viessmann Akademie bietet Kunden und Mitarbeitern ein dezentrales Blended Learning Konzept an, um größtmögliche Nähe zum Lernenden zu haben. Dies umfasst Angebote in drei Infocentren (z.B. Produkttrainings an über 100 installierten Systemen, Komplexe auch mehrtägige Seminare, Netzwerkveranstaltungen, Hands-on Activities, Management-Trainings, Onboarding neuer Mitarbeiter, Ausbildung der eigenen Servicetechniker), an allen 120 Niederlassungen (z.B. Technische Seminare, Produktzertifizierungen, Verkaufstrainings, Produktschulungen, Planerseminare), ein breites Spektrum an E-Learnings (z.B. Produkt Updates, grundlegende Produkt- und Prozesswissen, Software-Werkzeuge und Compliance) sowie Online Lernplätze (z.B. Micro Learnings, Service-Tutorials, Management-Wissen, kuratierte Inhalte). Im Rahmen der Digitalisierung baut Viessmann sein Blended Learning Angebot kontinuierlich aus. Als Grundlage hierzu dienen neu erarbeitete Learner Persona sowie das Modell der "Learner Journey"

Learner Journey[Bearbeiten]

Die Learner Journey zeigt eine unterschiedliche Lernintensität in den einzelnen Lebens- und Berufsphasen – beginnend bei der Ausbildung / Studium über berufliche Weiterbildung bzw. bei einem Jobwechsel bis hin zum Kompetenzerhalt und der Informationsbeschaffung im gesamten Berufsalltag . Um diesen Anforderungen sachgerecht zu begegnen, hat Viessmann verschiedene Lernstufen definiert und diesen Stufen bestimmte Angebote zugeordnet:

  1. Stufe „Know Now“ - kurzfristiger Informationsbedarf, der vor Ort befriedigt wird: Journale, Feeds, Vi2Go, Micro-Learnings, Wikis und Apps
  2. Stufe „Learn Here“ - komplexerer Lernbedarf, der zentral durch die Akademie befriedigt wird: Präsenz-, Blended-, e-learnings, Townhalls, DEEP (Digital Enablement and Education Program)
  3. Stufe “Know How” - Umfassende Weiterbildungen oder spezielle Bedarfe Einzelner: Externe Seminaranbieter, umfangreiche MOOCs über externe Platformen, Duales Studium, Technikerausbildung,...

Lernen bei Viessmann ist kostenlos, aber nicht umsonst. Die Kosten sind über eine Umlage auf die operationalen Einheiten verteilt. Auch für Kunden und externe Stakeholder entstehen bei Viessmann-spezifischen Trainings keine Kosten.

Aufgaben der Viessmann Akademie[Bearbeiten]

Die Viessmann Akademie verfolgt zwei Hauptaufgaben - Wissensvermittlung und Netzwerkbildung - für zwei Zielguppen - Mitarbeiter und externe Stakeholder, insbesondere Installateure. Zur Auslastungsoptimierung werden die Seminarräume ebenfalls für Meetings bereitgestellt.

Im Bereich Schulungen sind die Verantwortlichkeiten zwischen den operativen Einheiten und der Akademie aufgeteilt. Die operativen Einheiten übernehmen dabei die Aufgabe des "on-the-job" Trainings der Mitarbeiter für den jeweiligen Arbeitsplatz. Für organisationsübergreifende Themen sowie Schulungen im Bereich Personal- und Führungskräfteentwicklung hält die Akademie einen Katalog von 120 Schulungsangeboten bereit. Darüber hinaus können Individuelle Lernpfade und Sonderaktionen erstellt werden. Im "offenen Weiterbildungsprogramm können sich Mitarbeiter außerhalb der Arbeitszeit über nicht direkt arbeitsplatzbezogene Themen weiterbilden. Angeboten werden z.B. Kurse zu Burn-Out Prävention, Sprachen, Computerwissen, Besuche von befreundeten Unternehmen, Familienunternehmungen sowie Sportangebote mit gesponserten Wintersportlern.

Neben traditionellen Lernformaten wie Präsenzschulungen, Online und flipped Classrooms, Virtual Classrooms und verschiedenen e-Learning Formaten wird derzeit auch mit neuen Formaten experimentiert:

  • Corporate MOOC DEEP: Digital Enablement and Education Program; eine selbstproduzierte Videoserie zu relevanten Themen (z.B. Internet of Things), die von eigenen Fachleuten erstellt wird. Dazu gehören auch Erklärvideos in Handlegetechnik. Dazu gibt es ein Gamification Effekt durch den Erwerb von belts (farbige Armbänder), die von den Mitarbeitern getragen werden. Der MOOC hat derzeit 1.200 Teilnehmer mit knapp 6000 abgeschlossenen Lektionen.
  • Auf der Mitarbeiter-App Vi2go wurde ein Unterkapitel „#go2learn“ mit Lerntipps und nützlichen Links zum Selbst Lernen eingerichtet,
  • Kooperation mit der Universität von Wisconsin in Oshkosh (4-wöchiges Führungstraining für Potentials, abgestimmt auf die Erfordernisse von Viessmann und Digitalisierung),
  • RE:FLECT: Teamleiter resümieren im kurzen Elevatorpitch, wo sie nach zwei Jahren mit ihren Projekten stehen. Im Gallery Walk wurde dies den Mitarbeitern zugänglich gemacht.
  • Seit zwei Jahren werden Townhalls durchgeführt und über WebEx allen Mitarbeitern zugänglich gemacht,
  • Q&A Sessions: Nach der Essensausgabe findet ein Impulsvortrag von einem Spezialisten statt mit der Möglichkeit zur anschließenden Diskussion (30 Min. Vortrag, 30 Min. Diskussion)
  • Hack-Week: ein interner Hackathon, bei dem selbstgebildete Teams im Wettbewerb innovative Verbesserungsvorschläge nach der Design Thinking Methode ausarbeiteten mit abschließender Bewertung durch eine Jury

Für Kunden bietet die Viessmann-Akademie neben den üblichen Seminaren und Zertifizierungen weitere Angebote an :

  • Flug-Besuche / Info-Besuche bei denen neben technischen Inhalten auch Markenaspekte vermittelt werden.
  • Fachforen und Energieforen mit hochklassigen Referenten aus Wirtschaft und Politik
  • Besuchertage bei denen Installateure ihre Endkunden zu Viessmann bringen können
  • Werksbesuche

Das Blended Learning Konzept wurde über die gesamte Wertschöpfungskette ausgebreitet. Dadurch entstand in den letzten zwei Jahren sowohl für die Customer Journey und als auch für die Learner Journey ein Angebot, dass für jedes Stadium (zu Hause, vor Ort, bei Bedarf) das relevante Format zur Verfügung stellt.

Rahmenbedingungen[Bearbeiten]

In 2017 hat Viessmann eine Vertrauenslernzeit pro Mitarbeiter von 2 Stunden pro Woche eingeführt. Diese Vertrauenslernzeit wird nicht getrackt. Ebenso stellt Viessmann seinen Mitarbeitern ein Budget von 200 Euro für Online- und Sprachkurse auf Vertrauensbasis zur Verfügung. Die Kostenübernahme erfolgt nach Vorlage eines Leistungsnachweises. Prozess-seitig ist man gerade dabei die digitalen Lernräume und Workflows für e-Learnings, WBT, Mitarbeiter und Kunden auf eine zentrale Plattform zusammenzuführen. Zielsetzung ist neben Effizienz- und Qualitätssteigerungen eine deutlich verbesserte User Experience. In diesem zentralen Lernraum werden dann alle Online- und Präsenzformate buchbar sein und Kursmaterialien herunter- und hochgeladen werden können. In diesem Lernraum wird es für die Mitarbeiter auch Hinweise auf nützliche Links z.B. zu MOOCs geben.

Viessmann hat eine Mitarbeiter-App Viessmann to go (Vi2Go) implementiert. Hierauf steht den Mitarbeitern der #go2Learn channel zur Verfügung, auf dem den Mitarbeitern Lerntipps angeboten werden. Dazu zählen neben viessmannspezifischen internen Wissenquellen auch Empfehlungen zu externen Wissensquellen wie Links (z.B. wired, feedly), Youtube Videos und anderen Channels, ausgewählte TED Talks sowie Links zu MOOC-Plattformen und online Anbieter für Sprachen. .

Zudem investiert Viessmann auch in die Gestaltung neuer Seminarwelten und –formate.

Zukunft des Corporate Learning bei Viessmann[Bearbeiten]

Für ein zukünftiges Corporate Learning benötigt der Lernende weitere Kompetenzen. Neben der Fähigkeit den Lernbedarf selber zu analysieren sollte der Lernende auch seine Lernreisen selber organisieren. Dafür sind die Kompetenz des Suchens in digitalen Medien und der Aufbau eines Netzwerkes, dass das Lernen unterstützt, förderlich.

Die innere Haltung bzw. Mindset eines Lernenden im Corporate Learning Umfeld sollte offen sein für Neues (Serendipity), wissbegierig, also aktives Interesse für Themen außerhalb der eigenen Komfortzone (Exploration) und sowohl berufliche als auch private Netzwerke bilden.

Die Organisation als lernende Organisation sollte ihre Mitarbeiter zum Experimentieren ermutigen und entsprechende Freiräume schaffen. Dazu gehören auch ein Zeitrahmen, in dem Mitarbeiter neugierig etwas erproben können sowie eine positive Fehlerkultur. Zudem fördert die lernende Organisation die Lernkompetenz durch verschiedene Methoden und entsprechende Angebote

Bei all dem ist zu bedenken, was Lernende motiviert ist den Lernenden nicht immer und auch nur selten den L&D Verantwortlichen bewusst. Daher ist der Dreh- und Angelpunkt die intrinsischen Motivation des Lernenden, hier muss zukünftig weiter diskutiert und vor allem ausprobiert werden. Beispielsweise anhand folgender Fragestellung: Wie kann aus extrinsischer Motivation intrinsische werden? L&D muss daher Antworten auf verschiedene Motivationslagen finden

Viessmann hat sich selbst als Arbeitsauftrag formuliert, den operativen guten Status weiter zu halten sowie das Angebot besser zu vermarkten und zu kommunizieren. Zukünftig soll der Fokus verstärkt auf die Neugier und Motivation der selbständig Lernenden durch bessere Ausnutzung der Vertrauenslernzeit, Vorschläge aus dem Curriculum und Teaser-Veranstaltungen zu neuen Formaten. Dazu zählen auch die Situationsanalyse und Ableitung konkreter persönlicher Ziele durch den Mitarbeiter, um daraus die persönliche Lernstrategie abzuleiten (GTD , OKR,...). Die 
Kommunikations- und Kollaborationsstrategien sollen verstärkt werden (WOL, Communities of Practice, Persönliche Lernnetzwerke). Die Implementierung der Unternehmenskultur weiter verfolgt werden. Die Viessmann Akademie möchte zudem das Transferstärken-Modell (nach Prof. Dr. Axel Koch) prüfen sowie Überlegungen Führungskräfte zu Coaches in der Lernbegleitung in die Führungskräfte-Ausbildung aufzunehmen.

Corporate Learning Rollen bei Viessmann[Bearbeiten]

Organisatorische Aufteilung

Es bestehen drei Teams für die Zielgruppen "Mitarbeiter" (Wissensmanagement/ Onboarding und Weiterbildung), "Kunden und externe Stakeholder" (Technische Trainer) sowie die eigenen Servicetechniker.

Trainer

Mastertrainer: Mastertrainer (Ingenieure und Techniker) schulen hauptamtlich. Sie wurden durch eine umfangreiche Train the Trainer Ausbildung mit TÜV Zertifizierung weitergebildet, damit sie das notwendige methodisch-didaktische Handwerkszeug erhalten.

Fachtrainer: Fachrainer sind Vertriebsmitarbeiter die neben ihrer vertrieblichen Tätigkeit technische Trainings für Kunden und externe Stakeholder durchführen. Sie durchlaufen eine verkürzte Trainerausbildung mit TÜV Zertifizierung

Weitere Rollen

Produktmanager Akademie: Der PM ist Teil des Firmenweiten Produktmanager-Netzwerkes und sorgt dafür, dass die Unternehmens- und Produktstrategie zeitgerechten Niederschlag im Akademie-Angebot findet

Mitarbeiter: Im Rahmen von Personal- und Fördergesprächen sowie situativ melden sie Schulungsbedarf und -wünsche an. Über den persönlichen Lernraum melden sie sich für Schulungen an.

Führungskräfte: Im rahmen von Bildungskonferenzen und Personalgesprächen ermitteln sie den Weiterbildungsbedarf für ihre Mitarbeiter. Für einige Seminare haben sie Freigabekompetenz

Oberes Management: Festlegung der Unternehmens- und Produktstrategie sowie von strategischen Entwicklunsgprojekten (z.B. Weiterentwicklung der Unternehmenswerte, etc.)

Corporate Learning Tools bei Viessmann[Bearbeiten]

Corporate Learning Tools

Im Rahmen der Trainer-Zertifizierung wurde für die weltweit verteilt agierenden Master- und Fachtrainer ein Trainings-Dokumenten-Server (TDS) live geschaltet. Auf diesem Server werden Seminarunterlagen zentral und aktuell abgelegt. Um die Trainings Markt- und zielgruppenspezifisch anpassen zu können wurde auf dem TDS als Hauptbestandteil ein Modulbaukasten mit modularisierten Foliensätzen abgelegt. Ergänzt werden die Folienmodule durch seminarspezifische Trainerleitfäden, Lernerfolgskontrollen, Handouts und Übungsmaterialien

Die Lerner können das Angebot der Akademie über Individuelle Lernräume und mobile Lern-Apps durchsuchen und buchen. Im Laufe des Jahres 2017 sollen die unterschiedlichen Lernräume und Planungstools durch eine gemeinsame Plattform abgelöst werden, die auch die Ressourcenverwaltung vereinheitlicht.

Corporate Learning Formate

Eine Übersicht über die angebotenen Formate ist im Kapitel "Corporate Learning Toolbox" aufgeführt.

Präsenz- und elektronische Formate werden seit mehreren Jahren zunehmend durch Gamification Elemente ergänzt. So bietet der Modulbaukasten für einige Seminare die Möglichkeit, zwischen dem Standard- und einem Quizshowformat zu wechseln, in dem die Teilnehmer beim Lernen gegeneinander Punkte gewinnen können. Im corporate MOOC "DEEP - Digital Education and Enablement Program" können die Teilnehmer sich farbige Armbänder "Belts" erarbeiten die den erreichten Lerngrad anzeigen.

Zunehmend werden auch Seminare und Workshops aus der agilen Toolbox angeboten sowie Townhall Meetings, Workshops und Culture Camps zur Vermittlung und Operationalisierung der neuen Unternehmenswerte.