Physikalische Grundlagen der Nuklearmedizin/ Einheiten der Strahlungsmessung

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Einleitung[Bearbeiten]

Dies ist das vierte Kapitel des Wikibooks Physikalische Grundlagen der Nuklearmedizin

Nach dem letzten recht langen und detaillierten Kapitel werden wir nun in etwas gemächlicherem Tempo die in diesem Gebiet wichtigen Maßeinheiten besprechen.

Bevor wir dies tun, ist es jedoch sinnvoll, sich mit einem typischen Strahlenexperiment zu beschäftigen. So werden wir eine erste Vorahnung von den vielen Größen bekommen, die gemessen werden können, bevor wir uns mit den Einheiten, in denen sie gemessen werden, beschäftigen. So werden wir als erstes nur ein typisches Strahlenexperiment betrachten und uns dann mit den Einheiten beschäftigen.

Ein typisches Strahlenexperiment[Bearbeiten]

Ein typischer Aufbau eines Experiments zur Radioaktivität ist in der Abbildung unten gezeigt. Als erstes gibt es eine Strahlenquelle, als zweites einen Strahl und drittens einen Absorber, welcher Strahlung aufnimmt. Also können die zu messenden Größen mit der Quelle, dem Strahl oder dem Absorber in Zusammenhang gebracht werden.

Experimenteller Aufbau zur Messung der Absorption von Strahlung

Diese Art von Umgebung könnte eine solche sein, in der Strahlung von einer Quelle verwendet wird, um einen Patienten (der in diesem Falle den Absorber darstellt) zum Zwecke einer diagnostischen Untersuchung zu bestrahlen, wobei wir hinter dem Patienten ein Gerät anbrächten, welches ein Bild erzeugt, oder zur therapeutischen Anwendung, wobei die Strahlung dazu gedacht ist, Schaden in einem bestimmten Teil des Patienten hervorzurufen. Es ist also ein Aufbau, in dem wir mit einem Absorber und einer Strahlenquelle arbeiten.

Die Strahlenquelle[Bearbeiten]

Bei einer radioaktiven Strahlenquelle ist ihre Radioaktivität eine wichtige Messgröße. Wir sahen im vorherigen Kapitel, dass die hierzu verwendeten Einheiten das Becquerel (SI Einheit) und auch das Curie (veraltete Einheit) sind.

Ionendosis[Bearbeiten]

Eine messbare Eigenschaft radioaktiver Strahlung heißt Ionendosis. Diese Größe beschreibt, wie viel Ionisation ein Strahl in dem Medium, das er durchläuft erzeugt.

Im nächsten Kapitel werden wir sehen, dass einer der wichtigsten Effekte beim Durchgang von Strahlung durch Materie darin besteht, dass Ionen erzeugt werden, dies gilt natürlich auch für Luft als eine Form der Materie. Daher wird die Ionendosis, die eine radioaktive Strahlung erzeugt, in Einheiten der in der Luft erzeugten Ionisation ausgedrückt.

Der direkte Weg zur Messung dieser Ionisation besteht darin, die erzeugte Ladung zu messen. Aus der Schulphysik wird man sich erinnern, dass die SI Einheit der elektrischen Ladung das Coulomb ist.

Die SI Einheit der Ionendosis ist Coulomb pro Kilogramm und wird mit dem Symbol bezeichnet. Sie ist definiert als die Menge an radioaktiver Strahlung (Röntgen- oder Gamma-Strahlung), die beim Durchgang durch ein Kilogramm Luft unter Normalbedingungen so viele Ionenpaare erzeugt, dass die erzeugte Gesamtladung eines Vorzeichens 1 Coulomb beträgt.

Wilhelm Röntgen


Die veraltete Einheit der Ionendosis ist das Röntgen, zu Ehren von Wilhelm Röntgen (dem Entdecker der Röntgenstrahlung). Sie wird mit dem Symbol R bezeichnet. Das Röntgen ist definiert durch:

Also ist ein R im Vergleich zu einem eine kleine Strahlungsmenge – genau genommen eine 3876 mal kleinere. Man beachte, dass diese Einheit sich nur auf Röntgen- und Gamma-Strahlen bezieht. Oft ist nicht die Ionendosis, sondern die Ionisationsrate, also die Ionendosis pro Zeiteinheit, von Interesse. Die hier gebräuchlichen Einheiten sind (Coulomb pro Kilogramm und Sekunde) und (Röntgen pro Stunde).

Energiedosis[Bearbeiten]

Strahlung hinterlässt beim Durchgang durch Materie Energie. Meist eine recht geringe Menge, die aber nicht zu vernachlässigen ist. Die zugehörige physikalische Messgröße heißt Energiedosis und gilt für alle Arten von Strahlen, seien es nun Röntgen- oder Gamma-Strahlen oder Alpha- oder Beta-Teilchen.

Die SI-Einheit der Energiedosis ist das Gray, nach dem berühmten Radiobiologen Louis Harold Gray und trägt das Symbol Gy. Das Gray ist definiert als Absorption von einem Joule Strahlungsenergie pro Kilogramm durchstrahlten Materials. Wenn also ein Joule Strahlungsenergie von einem Kilogramm des Absorbermaterials absorbiert wird, so beträgt die absorbierte Dosis 1 Gy.

Die veraltete Einheit der Energiedosis ist das rad, welche bezeichnenderweise für Radiation Absorbed Dose (englisch für absorbierte Strahlendosis) steht. Es ist definiert durch:

Wie man sich leicht überlegt, entspricht 1 Gy also 100 rad.

Es gibt noch weitere vom Gray oder vom rad abgeleitete Größen, die die biologischen Effekte von absorbierter Strahlung in belebter Materie, wie zum Beispiel in menschlichem Gewebe, ausdrücken. Hierunter fallen die Äquivalentdosis und die effektive Dosis .

Die Äquivalentdosis basiert auf Schätzungen der Ionisationsfähigkeit von unterschiedlichen Strahlenarten, die durch Strahlungswichtungsfaktoren , berücksichtigt werden. Man schreibt dann

wobei die Energiedosis ist. Die Effektive Dosis schließt die und Schätzungen der Anfälligkeit unterschiedlicher Gewebe so genannter Gewebewichtungsfaktoren mit ein, so dass

wobei die Summe über alle betroffenen Gewebe läuft. Sowohl die Äquivalentdosis als auch die effektive Dosis werden in SI-Einheiten namens Sievert (Sv) angegeben.

Verweilen wir hier ein wenig, um den Begriff der Dosis etwas genauer zu erläutern. Man fasst der Begriff normalerweise im medizinischen Sinne auf, indem man zum Beispiel sagt, der Arzt verschreibe eine gewisse Dosis eines Medikaments. Was hat diese Dosis mit der Energie zu tun, die ein radioaktiver Strahl in einem Absorber hinterlässt? Es könnte etwas mit den frühen Anwendungen von Strahlung Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts zu tun haben, die damals verwendet wurde, um verschiedenste Krankheiten zu behandeln. Somit können wir spekulieren, dass der Begriff in der Umgangssprache geblieben ist. Es wäre viel sinnvoller, eine Bezeichnung wie absorbierte Strahlungsenergie zu verwenden, da wir es mit der Deposition von Strahlung in einem Absorber zu tun haben. Aber dann wäre das Fachgebiet bei weitem zu leicht verständlich!

Gammastrahlenkonstante[Bearbeiten]

Abschließend wollen wir noch eine weitere Einheit einer radiologischen Messgröße kennen lernen. Es ist die Gammastrahlenkonstante eines Radioisotops. Diese Messgröße setzt sich aus Größen zusammen, die wir bereits kennen gelernt haben und beschreibt die durch die Gammastrahlung des Isotops hervorgerufene Ionisation.

Sie ist in praktischer Hinsicht ausgesprochen nützlich, wenn wir es mit einer Gammastrahlung emittierenden Quelle zu tun haben. Angenommen, man hat eine Gammastrahlenquelle (zum Beispiel 99mTc oder 137Cs) und steht, während man arbeitet, in einem gewissen Abstand von ihr. Dann wird man an der erhaltenen Ionendosis aus Gründen des Strahlenschutzes interessiert sein. Hierbei hilft die Gammastrahlenkonstante

Sie ist definiert als Ionendosisrate pro Aktivität in einem bestimmten Abstand von der Quelle. Die SI-Einheit ist daher:

;

eine veraltete Einheit ist

Diese Einheiten sind etwas unhandlich. Es wäre wohl sinnvoll gewesen, sie nach irgendwelchen berühmten Wissenschaftlern zu benennen, so das wir die SI Einheit das Smith und die veraltete Einheit das Jones hätten nennen können. Aber die Dinge sind mal wieder nicht so einfach.

Abstandsgesetz[Bearbeiten]

Bevor wir dieses Kapitel abschließen können, werden wir uns damit beschäftigen, was passiert wenn wir den Absorber von der Strahlungsquelle wegbewegen. Anders ausgedrückt, werden wir uns Gedanken über den Einfluss des Abstands von der Strahlenquelle auf die Intensität der Strahlung machen. Wir werden hierbei ein sehr nützliches Ergebnis finden, das für den Strahlenschutz von großer Bedeutung ist.

Die in einer radioaktiven Quelle erzeugte Strahlung wird in alle Richtungen gleichermaßen abgestrahlt. Wir können uns dazu vorstellen, dass es Kugeln mit immer größer werdenden Radien um die Quelle gibt, auf welchen die Intensität konstant ist, und die Photonen als Teilchen, die von der Quelle im Zentrum weg fliegen.

Wir stellen uns die Oberfläche einer dieser Kugeln vor und nehmen an, dass eine bestimmte Anzahl von Photonen pro Zeiteinheit durch sie hindurch tritt. Wenn wir nun eine Kugeloberfläche in größerer Entfernung von der Quelle betrachten, so muss die gleiche Anzahl an Photonen pro Zeiteinheit durch sie hindurch treten, nur dass sie jetzt auf eine größere Fläche verteilt ist. Diesen Gedanken folgend können wir uns leicht vorstellen, dass die Strahlungsintensität mit dem Quadrat des Abstandes von der Quelle abnimmt. Als Formel schreibt man (mit der Symbolen für Intensität und für Abstand):

Dieser Effekt heißt Abstandsgesetz. Verdoppelt man demnach den Abstand von der Quelle, so reduziert sich die Intensität um einen Faktor von 22, also um 4. Wenn wir den Abstand verdreifachen, so reduziert sich die Intensität um einen Faktor 9, also 32, usw.

Dies ist eine sehr nützliche Information, wenn man sich mit einer Strahlenquelle beschäftigt und versucht, die Dosis, der man ausgesetzt ist, so klein wie möglich zu halten.

Externe Links (englisch)[Bearbeiten]

  • Radiation and Risk - covers the effect of radiation, how risks are determined, comparison of radiation with other risks and radiation doses.
  • Radiation Effects Overview - results of studies of victims of nuclear bombs including early effects on survivors, effects on the in utero exposed, and late effects on the survivors - from the Radiation Effects Research Foundation, a cooperative Japan-United States Research Organization.
  • The Radiation and Health Physics Home Page - all you ever wanted to know about radiation but were afraid to ask....with hundreds of WWW links - from the Student Chapter of the Health Physics Society, University of Michigan containing sections on general information, regulatory Information, professional organizations and societies, radiation specialties, health physics research and education.
  • What You Need to Know about Radiation - to protect yourself to protect your family to make reasonable social and political choices - covers sources of radiation and radiation protection - by Lauriston S. Taylor.