Radioonkologie (PORT)/ Diagnosen/ BC (kleinzellig)

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Übersicht[Bearbeiten]

  • Hohe Proliferationsrate (Tumorverdopplungszeit 10-50 Tage)
  • frühe Metastasierung, im Primärstaging bei mindestens 60 % der Patienten Nachweis von Fernmetastasen
  • Paraneoplastische Syndrome häufiger
  • Bronchialobstruktion 30-40%
  • Für alle BC (also auch die nichtkleinzelligen) gilt: In 85-90 % ist Rauchen ursächlich, aber nur 20% der Raucher entwickeln ein BC, bei 1-9 Zigaretten relatives Risiko 7,8, bei 10-19 Zig. RR 17,4, ab 20 Zig. RR 25,1. Nur 5-10% der BC-Patienten sind Nichtraucher, davon auch viele Mitraucher.
  • Weitere RF: Asbest, Radon (Bergbau)
  • Altersgipfel 60 bis 65 Jahre
  • Inzidenz 27/100.000. Damit haben etwa 20% aller BC eine kleinzellige Histologie.

Diagnostik[Bearbeiten]

nach den Leitlinien der Deutschen Krebsgesellschaft (DKG)

obligat:

  • Röntgen Thorax in 2 Ebenen
  • CT Thorax und Oberbauch
  • Histologie z. B. durch Bronchoskopie
  • Sonographie oder CT des Abdomens
  • Skelettszintigraphie
  • CT oder MRT des Cerebrums
  • Labor: BB. Leber-, Nierenwerte, LDH, Elektrolyte


fakultativ:

  • PET zum mediastinalen Staging
  • falls o. g. Diagnostik für eine Operationsindikation sprechen (Stadium I und II, s. u.): Mediastinoskopie
  • Knochenmarkspunktion: falls positiv, besteht extensive disease (ISTO). Nur 1,7% der extensive disease-Diagnosen beruhen auf einem alleinigen Befall des Knochenmarks. Ein Knochenmarksbefall hat keinen Einfluß auf die Verträglichkeit einer Chemotherapie. Verglichen mit extensive disease- Stadien allgemein ist die Prognose bei zusätzlichem Knochenmarksbefall im wesentlichen gleich.
  • Tumormarker


zur Therapieplanung:

  • Lungenfunktion
  • PET zur Unterscheidung Tumor-Atelektase

Histologie[Bearbeiten]

Die histologische Diagnose "kleinzelliges BC" wird bei jedem BC gestellt, bei dem kleinzellige Anteile nachgeweisen werden.

Die kleinzelligen Bronchialkarzinome werden eingeteilt in:

  • kleinzelliges Karzinom
  • kombiniert kleinzellige BC mit undifferenzierten großzelligen Anteilen, differenzierten plattenepithelialen oder Adeno- Karzinomanteilen. Der Anteil nichtkleinzelliger Zellen muß mindestens 10% betragen [1]

Die kleinzelligen Karzinome gehören zu den neuroendokrinen Tumoren und stellen deren aggressisvste Variante dar. Das andere Extrem ist das bronchiale Karzinoid, das nach Exzision eine exzellente Prognose hat. Dazwischen liegt das gut differenzierte neuroendokrine Karzinom der Lunge. Es besitzt eine 5-J-ÜL-Rate von über 50%.

Lokalisation[Bearbeiten]

Primärtumor zu 90% zentral: Segment- oder Subsegmentbronchien.


Ausbreitung[Bearbeiten]

  • infiltratives Wachstum in alle Nachbarstrukturen, auch ausserhalb des Thoraxraums (z. B. Pancoasttumor)
  • lymphogene Metastasen peribronchial, perihilär, mediastinal und in die LK der Skalenusgruppe
  • frühzeitig hämatogene Metastasen. Im Primärstaging bei mindestens 60 % der Patienten Nachweis von Fernmetastasen. Bevorzugte Organe: Gehirn, Leber, Nebenniere, Knochen, Lunge.

Stadieneinteilung[Bearbeiten]

Seit der 5. Revision der TNM Klassifikation (1997) ist die Anwendbarkeit auf das kleinzellige BC berücksichtigt. Das Stadium sollte entsprechend der TNM Klassifikation angegeben werden. Verbreitet ist noch die VALG-Einteilung in limited und extensive disease. Ihre Nachteile sind die unpräzise Festlegung und ihre uneinheitliche Anwendung.

TNM 7. Auflage (gültig ab 2010)[Bearbeiten]

T- Klassifikation
T1 Tumorgrösse maximal 3 cm allseits von Lungenparenchym oder viszeraler Pleura ungeben, ohne Befall des Hauptbronchus, ohne assoziierte Atelektase/ Entzündung
T1a Tumorgröße maximal 2 cm.
T1b Tumorgröße über 2 cm, maximal 3 cm.
T2
  • Tumorgrösse über 3 cm und maximal 7 cm
  • oder Tumor beliebiger Grösse mit mindestens eines der folgenden Kriterien:
    • (bronchoskopisch) Befall des Hauptbronchus nicht näher als 2 cm distal der Carina
    • Tumorinfiltration der viszeralen Pleura
    • assoziierte Atelektase oder obstruktive Entzündung bis Hilus, aber nicht der gesamten Lunge
T2a T2- Tumor von maximal 5 cm.
T2b T2- Tumor über 5 cm.
T3
  • Tumorgrösse über 7 cm
  • oder Infiltration folgender Strukturen
    • Brustwand (einschließlich Sulcus sup.- Tumoren)
    • Zwerchfell
    • N. phrenicus
    • mediastinale Pleura
    • parietales Perikard
  • oder Infiltration des Hauptbronchus weniger als 2 cm distal der Carina, ohne Carinabeteiligung selbst
  • oder Atelektase/ Entzündung der ganzen Lunge
  • oder separater Tumorknoten im selben Lappen
T4
  • Tumorinfiltration mindestens einer der folgenden Strukturen
    • Mediastinum
    • Herz
    • große Gefäße
    • Trachea
    • N. larygeus recurrens
    • Ösophagus
    • Wirbelkörper
    • Carina
  • oder separater Tumorknoten in einem anderen Lappen derselben Seite
N- Status
N1
  • ipsilaterale peribroncheale
  • oder ipsilaterale hiliäre LK-Metastasen
  • oder intrapulmonale Knoten in unmittelbarer Nachbarschaft zum Primärtumor
N2
  • ipsilaterale mediastinale LK-Metastasen
  • oder subkarinale LK-Metastasen
N3
  • kontralaterale mediastinale LK-Metastasen
  • oder kontralaterale hiliäre LK-Metastasen
  • oder Skalenus- LK- Metastasen (ipsi- oder kontralateral)
  • oder supraklavikuläre Metastasen (ipsi- oder kontralateral)
M- Status
M1 Fernmetastasen
M1a
  • kontralaterale pulmonale Metastase
  • Pleurametastase
  • maligner Pleura- oder Perikarderguß
M1b andere Fernmetastasen


UICC Stadien (7. Auflage, gültig ab 2010)
IA T1a, T1b N0 M0
IB T2a N0 M0
IIA T2b N0 M0
T1a, T1b, T2a N1 M0
IIIA T1a, T1b, T2a, T2b N2 M0
T3 N0 M0
T4 N0, N1 M0
IIIB T4 N2 M0
jedes T N3 M0
IV T1 N0 M0


frühere und alternative Klassifikationen[Bearbeiten]

TNM 2002
T- Status
T1 Tumorgröße maximal 3 cm, umgeben von Lungengewebe oder viszeraler Pleura, bronchoskopisch Hauptbronchus frei
T2 Tumor größer 3 cm,
oder Infiltration des Hauptbronchus, aber mindestens 2 cm distal von der Carina,
oder Infiltration der viszeralen Pleura,
oder Atelektase oder poststenotische Bronchitis mit Beteiligung der Hiliärregion, aber nicht der gesamten Lunge
T3 Infiltration der Thoraxwand (inklusive Sulcus-superior-Tumoren / Pancoast-Tu.), Diaphragma, mediastinale Pleura, oder parietales Pericard;
oder Tumor im Hauptbronchus weniger als 2 cm von der Carina entfernt, aber keine Carinabeteiligung;
oder Atelektase oder obstruktive Pneumonitis der gesamten Lunge
T4 Infiltration von Mediastinum, Herz, große Gefäße, Trachea, Ösophagus, Wirbelkörper, oder Carina;
oder separate Tumorknoten im gleichen Lappen*;
oder maligner Pleuraerguß
N- Status
N1 ipsilaterale peribroncheale oder hiliäre LK-Metastasen;
oder intrapulmonale Knoten in unmittelbarer Nachbarschaft zum Primärtumor
N2 ipsilaterale mediastinale LK-Metastasen
und/ oder subcarinale LK-Metastasen
N3 kontralaterale mediastinale LK-Metastasen,
oder kontralaterale hiliäre LK-Metastasen,
oder Scalenus-LK-Metastasen (ipsi- oder kontralateral),
oder supraklavikuläre Metastasen (ipsi- oder kontralateral)
M- Status
M1 Fernmetastasen, insbesondere intrapulmonale Metastasen in einem anderen Lappen (ipsi- oder kontralateral)
  • *Anmerkung: T4 im gleichen Lappen bezieht sich auf Unter-, Mittel- oder Oberlappen. Eine Metastase in der ipsilateralen Lunge, aber in einem anderen Lappen wird als M1 klassifiziert.
  • Für die Klassifikation pN0 wird die Entfernung von mindestens 6 LK gefordert.
UICC Stadien 2002

(identisch mit den AJCC-Stadien)

IA
T1 N0 M0
IB
T2 N0 M0
IIA
T1 N1 M0
IIB
T2 N1 M0
T3 N0 M0
IIIA
T1 N2 M0
T2 N2 M0
T3 N1 M0
T3 N2 M0
IIIB
jedes T N3 M0
T4 jedes N M0
IV
jedes T jedes N M1
TNM 1997

- wie TNM 2002 -

Therapieprinzipien[Bearbeiten]

Chemotherapie

Deren Ansprechraten sind in folgender Tabelle dargestellt:

Stadium Ansprechen (PR + CR) komplette Remission
limited disease 65 - 90 % 40 - 75%
extensive disease 70 - 85 % 15 - 40 %


Eine Polychemotherapie mit 2 (-3) Substanzen ist effektiver als eine Monochemotherapie. Das Hinzufügen weiterer Substanzen ergab keinen Benefit. Man unterscheidet anthrazyklinhaltige von platinhaltigen Regimen, zwischen denen eine nur partielle Kreuzresistenz besteht. Eine Übersicht gibt untenstehende Tabelle:

anthrazyklinhaltig platinhaltig
"Goldstandard" ACO* (syn.: VAC1, internat.: CAV)

Adriamycin, Cyclophosphamid, Vincristin

PE* (internat.: EP)

Cisplatin, Etoposid

Varianten EpiCO*

Epirubicin, Cyclophosphamid, Vincristin

CEV*

Carboplatin, Etoposid, Vincristin

ACE (Syn.: CDE, internat. CAE)

Adriamycin, Cyclophosphamid, Etoposid

CE

Carboplatin, Etoposid

CEI (Syn.: ICE)

Carboplatin, Etoposid, Ifosfamid

Vorteile langjährige Erfahrungen gute therapeutische Wirksamkeit

(Ansprechen PE 61 % vs. ACO 51%)

Nachteile Kombination mit (simultaner) Radiatio wg. Kardiotoxizität problematisch Applikation aufwendig

* = Standardtherapie entsprechend DKG


In einer Studie mit 436 Pat. war die 2- und 5-J- ÜL-Rate mit PE besser als mit CEV bei limited disease Patienten (14% und 5% vs. 6% und 2 %). Auch das mediane Überleben mit 14,5 Monate vs. 9,7 Monate war signifikant besser. Für Patienten im extensive disease Stadium ergab sich kein Unterschied zwischen den beiden Chemotherapiearmen (JCO 20 (24), 2002: 4665-72).

Sollte ein Ansprechen nach dem ersten (bis maximal 2.) Zyklus ausbleiben, wird auf ein nicht kreuzresistentes Schema gewechselt (anthrazyklinhaltig vs. platinhaltig, z. B. PE vs. ACO). Insgesamt werden 4-6 Zyklen appliziert, vorausgesetzt, es kommt zu einem guten Ansprechen. Der Abstand zwischen den einzelnen Zyklen sollte 3 bis höchstens 4 Wochen betragen. Eine alternierende oder sequentielle Gabe verschiedener Zytostatikakombinationen erhöht die Nebenwirkungsrate ohne Verbesserung des therapeutischen Erfolgs. Auch durch Erhaltungschemotherapien wurde keine Vorteile erzielt. Nach maximal 6 Zyklen wird die Chemotherapie daher beendet und ist erst im Rezidivfall erneut indiziert.

Radiotherapie

Nach einer alleinigen Chemotherapie kommt es in den Stadien I bis III in 75-80% zu einem lokoregionären Rezidiv. Diese Rate wird durch eine zusätzliche Radiatio auf unter 30% gesenkt. Hierdurch konnte auch der Anteil der nach 2 Jahren rezidivfreien Patienten von 7% auf 17% gesteigert werden. Die 2-Jahresüberlebensrate ist mit Bestrahlung ebenfalls signifikant höher. Metaanalytisch wurde ein Überlebensvorteil von absolut 5,4% nach 3 Jahren ermittelt (Steigerung von 8,9% auf 14,3%). Diese Zahlen unterstreichen den Stellenwert der Radiatio nach 4-6 Zyklen Chemotherapie, sofern auch beim Restaging keine Fernmetastasen nachweisbar sind. Beim limited disease ergab in einer Phase III Studie die hyperfraktionierte Bestrahlung einen signifikanten Überlebensvorteil nach 3 Jahre (Turrisi 1999).


Zeitpunkt der RT bei limited disease:

Huncharek und McGarry publizierten eine Metaanalyse von Studien, die bei LD SCLC frühe RT (meistens ab 1. Zyklus Chemo) versus verzögerte RT verglichen (meist 4. und 5. Zyklus, einmalig 3. Zyklus) ausgewertet wurden[2]. 8 Studien erfüllten die Eingangskriterien. 2 Studien waren führten zu erheblichen Inhomogenitäten, da beide a) split course Bestrahlung und b) alternierende Chemo verwendeten. Die Inhomogenitäten zwischen Studien wurde wesentlich besser, wenn beide Studien ausgeschlossen wurden und nur die anderen 6 ausgewertet wurden. Berücksichtigt man die Studien, die die inzwischen als Standarchemotherapie etablierte Platin/ Etoposid Kombination verwenden, kommt man auf 3 Studien. Odds ratio Ergebnisse 1J-ÜL: bei 8 Studien nicht signifikant, 1,34 (6 Studien) bz. 1,95 (6 Studien)! 2 J ÜL: 1,6 (8 Studien); 1,78 (6 Studien); 1,8 (3 Studien). 3 J ÜL: 1,49 (8 Studien); 1,6 (6 Studien); 1,59 (3 Studien). De Ryscher et al[3] zeigten in ihrer Metaanalyse, daß eine früh begonnene Strahlentherapie zu 5-Jahresüberlebensraten von 20 - 30% erzielt werden. Früh heißt: Die Zeit von der ersten Therapiemaßnahme bis zum Abschluß der RT beträgt unter 30 Tage. Jede Woche Verzögerung verschlechtert die ÜL- Rate um 1,8%.

Die Vorteile der frühen Integration der Radiatio verschwinden, wenn die Chemotherapie (z. B. wegen erhöhter Toxizität) nur inkomplett durchgeführt wird[4].

Folgerung: Die RT sollte möglichst mit 1. Chemo beginnen. Damit wird das 2-Jahres und 3-Jahres- Überleben um fast 80% bzw. um 60% verbessert, sofern die Chemotherapie komplett durchgeführt wird.


Kranielle Radiatio

Das kumulative Risiko an Hirnmetastasen zu erkranken beträgt in 2 Jahren knapp 50 %, in 3 Jahren 60-70% und in 5 Jahren sind dies 80%. Über 50 % der Patienten mit Hirnmetastasen haben keine weiteren Fernmetastasen.

In seiner Metaanalyse von 7 randomisierten Studien mit 987 Patienten evaluierten Auperin et al den Stellenwert der adjuvanten Hirnbestrahlung nach kompletter Remission[5]. Das 3-Jahres-Überleben verbesserte sich durch die cerebrale Bestrahlung von 15,3% auf 20,7%. Eine frühe cerebrale Radiatio ist zur Vermeidung von Hirnmetastasen effektiver als eine späterer Beginn: relatives Risiko einer Hirnmetastasierung 27% vs 69% bei einem Beginn innerhalb der ersten 4 Therapiemonate im Vergleich zur RT erst später als 6 Monate.

Die 2007 von Slotmann et al publizierte EORTC- Studie 08993-22993 mit 286 Patienten wies nach, daß Patienten auch im Stadium "extensive disease" mit einem Ansprechen auf 4 - 6 Zyklen Chemotherapie von einer cerebralen Bestrahlung profitierten[6]. Nach einem Jahr sank hierdurch die Rate symptomatischer Hirnmetastasen (primärer Endpunkt) von 40,4% auf 14,6% und das Überleben nach 1 Jahr verdoppelte sich von 13,3% auf 27,1%. Verabreicht wurden 20 - 30 Gy in 5 - 12 Fraktionen.


In den 80iger Jahren wurde in einer Reihe von Publikationen das häufige Auftreten von neurologischen Dysfunktionen nach Radiatio beschrieben, ohne daß jemals ein signifikanter Überlebensvorteil nachgewiesen worden sei. Das Nebenwirkungsrisiko wurdeaber aus folgenden Gründen überschätzt:

  1. Der Einfluß der applizierten Chemotherapien, insbesondere neurotoxische Substanzen wie die Nitroseharnstoffe (ACNU, BCNU) oder MTX wurden nicht berücksichtigt.
  2. Der "typische" Patient mit einem kleinzelligen BC ist langjähriger Raucher im fortgeschritteneren Alter - eine Klientel, die bereits vor einer Hirnbestrahlung zu 30-40% neurologische Defizite (z. B. auf dem Boden cerebrovaskulärer Erkrankungen) haben.
  3. Fraktionierung und Dosierung der Strahlentherapie. In Serien mit hohen Einzeldosen (z. B. 4 Gy) war es häufig zu neurologischen Dysfunktionen gekommen.
  4. Bei der Analyse der Überlebenszeiten ist oft nicht sauber zwischen limited und extensive disease unterschieden worden. Außerdem sind für eine statistische Signifikanz eines längeren Überlebens in der beobachteten Größenordnung verhältnismäßig hohe Patientenzahlen erforderlich (700 - 1000), die von keiner Studie erreicht wurden.
  5. Erhaltungschemotherapien nach cerebraler Radiatio: Deren neurotoxisches Potential kann nach Bestrahlung und damit verbundene Beeinträchtigung der Blut-Hirn-Schranke erhöht sein.

Das Risiko funktionell bedeutsamer neurokognitiver Schäden liegt nach 2 Jahren deutlich unter 10%[7]. Allerdings sollte keine simultane Chemotherapie durchgeführt werden.


Operation

Im Stadium I und II, daß auch durch eine Mediastinoskopie gesichert sein muß, ist eine Operation indiziert. Standardmäßig sollte eine Lobektomie, eine Bilobektomie oder eine Pneumonektomie sowie eine hiliäre und mediastinale Lymphadenektomie erfolgen. Anschließend ist eine adjuvante Chemotherapie mit 4 Zyklen obligat. Falls der Resektionsstatus nicht R0 ist, oder Lymphknotenmetastasen nachgewiesen werden, ist außerdem die Radiatio des Mediastinums notwendig. Bei einer kompletten Remission gilt auch hier die Indikation zur adjuvanten Hirnbestrahlung.

Stadienadaptierte Therapie

Stadium I bis II

Standardtherapie sind 4 Zyklen Chemotherapie und anschliessender Bestrahlung.

Alternativ kann eine Operation und eine anschliessende adjuvante Chemotherapie mit 4 Zyklen erfolgen. Bei R1 oder R2 Resektion Bestrahlung. Des Weiteren kann die Reihenfolge OP-Chemo auch vertauscht werden: erst Chemo, dann OP. Wenn beim Restaging eine CR besteht: adjuvante RT des Cerebrums.

Stadium IIIA und IIIB

Chemotherapie mit 6 Zyklen, bei sehr gutem Ansprechen auch 4 Zyklen möglich. Anschliessende Radiatio. Bei kompletter Remission adjuvante cerebrale Radiatio.

Stadium IV

Chemotherapie mit den üblichen Schemata, weil hierdurch eine bessere Symptomenkontrolle und ein längeres ÜL erreicht wird, als mit einer Monotherapie oder einer dosisverminderten Therapie. RT am Ort der Not.

Indikation RT[Bearbeiten]

  • Nach Operation in den Stadien I und II, wenn R1 oder R2.
  • In den Stadien I - III nach Chemotherapie.
  • Wenn operiert wurde, und das Tumorstadium ab T3 oder N2 vorliegt: adjuvante Radiatio.
  • adjuvante Radiatio des Cerebrums in jedem Stadium, wenn durch Chemotherapie ein Ansprechen erzielt wurde. Eine frühe cerebrale Radiatio ist zur Vermeidung von Hirnmetastasen effektiver als eine späterer Beginn, wie Auperin in einer Metaanalyse ermittelte (relatives Risiko einer Hirnmetastasierung 27% vs 69% bei einem Beginn innerhalb der ersten 4 Therapiemonate im Vergleich zur RT erst später als 6 Monate).

Zielvolumen[Bearbeiten]

Primärtumor, ipsilateraler Hilus und Mediastinum. Die ipsilateralen supra-/infraklavikulären Lymphabflußwege, wenn der Primärtumor im Oberlappen oder Lymphknotenmetastasen im oberen Mediastinum nachgewiesen worden war.

Bei der adjuvanten cerebralen Bestrahlung ist das Zielvolumen das komplette Cerebrum.

Dosis RT[Bearbeiten]

Stadien I-III

Standard - Dosis

adjuvant: 50 Gy, ED 2 Gy. Boost auf Resttumor nach Chemotherapie von 10 Gy

Quelle Dosis
Deutsche Krebsgesellschaft GD 45 - 50 Gy, ED 1,8 Gy
NCI GD 40 - 45 Gy
Scherer/ Sack GD 40 - 55 Gy, ED 2,0 Gy
Perez/ Brady GD 50 Gy

Im Bereich 30-50 Gy ist Dosisabhängigkeit der lokalen Kontrolle nachgewiesen. Nach Fletcher muß von einer (theoretischen) Dosis von 80-100 Gy ausgegangen werden, um einen Tumor "üblicher" Größe zu sterilisieren.

Entsprechend der Turrisi Studie 1999 sollte im Stadium LD eine hyperfraktionierte Radiatio nach 4 Zyklen Chemotherapie favorisiert werden, GD 45 Gy mit 2 x 1,5 Gy. Gegenüber dem normfraktionierten Arm war hierdurch eine Verbesserung der 3-J-ÜL-Rate von 16% auf 26% erzielt worden.

adjuvante Bestrahlung des Cerebrums nach Empfehlung der DKG-Leitlinie mit 30 Gy, ED 1,8 - 2 Gy.

Nebenwirkungen[Bearbeiten]

Eine Pneumonitis wird klinisch manifest in 5 - 15% (Perez/Brady), bei 3D-Planung wahrscheinlich geringere Werte.

Prognose[Bearbeiten]

Die Angaben beruhen auf [8], außer denen, die mit "*" gekennzeichnet sind.

Die mittleren Überlebenszeiten sind in untenstehender Tabelle festgehalten:

Stadium
ohne Therapie*
Median [Wochen]
ÜLZ mit Therapie
[Monate]
ÜLZ mit Therapie und CR
[Monate]
limited disease 12 12 - 24 15 - 25
extensive disease 05 08 - 12 12 - 16

1-J-ÜL- Rate

4% unbehandelt*

40%-70% limited disease

20%-40% extensive disease


2-J-ÜL-Rate

15%-30% limited disease

05%-20% extensive disease


5-J-ÜL-Rate

05%-10% limited disease

0%-5% extensive disease


Bei sehr begrenzten Tumoren (T1-2 N0-1 M0) beträgt das 3- Jahres- Überleben 30% - 40% nach OP, adjuvanter Chemotherapie und adjuvanter cerebraler Bestrahlung.

Kommt es zu einem Rezidiv, beträgt dann die mittlere Lebenserwartung 2- 4 Monate.


Prognosefaktoren

Günstig:

  • Guter AZ
  • weiblich
  • limited disease. Bei stadiengerechter Therapie medianes ÜL 16-24 Monate.

Ungünstig:

  • Leber- oder Hirnmetastasen

Nachsorge[Bearbeiten]

Wegen des möglichen schnellen Rezidivs empfiehlt die DKG/ ISTO eine Nachsorge alle 6 Wochen im ersten Jahr.

Literatur[Bearbeiten]

  1. Junker K, Petersen I: Kleinzelliges Lungenkarzinom. Pathologie und Molekularpathologie. In: Onkologe 2008: 762-773.
  2. Huncharek M, McGarry R. A meta-analysis of the timing of chest irradiation in the combined modality treatment of limited-stage small cell lung cancer. Oncologist. 2004;9(6):665-72. [pubmed], [The Oncologists Online Artikel][Zugegriffen August 27, 2008].
  3. De Ruysscher D, Pijls-Johannesma M, Bentzen SM, u. a. Time between the first day of chemotherapy and the last day of chest radiation is the most important predictor of survival in limited-disease small-cell lung cancer. J. Clin. Oncol. 2006;24(7):1057-63. [pubmed], [JCO- Artikel] [Zugegriffen August 27, 2008].
  4. Spiro SG, James LE, Rudd RM, u. a. Early compared with late radiotherapy in combined modality treatment for limited disease small-cell lung cancer: a London Lung Cancer Group multicenter randomized clinical trial and meta-analysis. J. Clin. Oncol. 2006;24(24):3823-30. [pubmed] und [JCO Online-Artikel]; [Zugegriffen August 28, 2008].
  5. Aupérin A, Arriagada R, Pignon JP, u. a. Prophylactic cranial irradiation for patients with small-cell lung cancer in complete remission. Prophylactic Cranial Irradiation Overview Collaborative Group. N. Engl. J. Med. 1999;341(7):476-84. [pubmed] und [NEJM Online-Artikel] [Zugegriffen August 28, 2008].
  6. Slotman B, Faivre-Finn C, Kramer G, u. a. Prophylactic cranial irradiation in extensive small-cell lung cancer. N. Engl. J. Med. 2007;357(7):664-72. [pubmed] und [NEJM-online Artikel] [Zugegriffen August 28, 2008].
  7. Fleckenstein J, Rübe C. Zerebrale Metastasierung: Prophylaxe und Behandlung. Der Onkologe. 2008;14(8):806-810. ["Springerlink"]; [Zugegriffen August 28, 2008].
  8. Niederle N, Deppermann KM, Wolf M: Systemische Therapie des kleinzelligen Lungenkarzinoms. Induktions-, Erhaltungs- und Rezidivtherapie. Onkologe 2008: 783 - 791.