Radioonkologie (PORT)/ Diagnosen/ Zervixkarzinom
Übersicht
[Bearbeiten]in Deutschland Inzidenz 12 bis 13,6 / 100.000, d.h. 18,2 bis 121,2 / 100.000 Frauen. Nach Angaben des Robert Koch Instituts ist mit 7000 Neuerkrankungen im Jahr 2003 zu rechnen. Damit ist es in den letzten 15 Jahren rückläufig.
Präkanzerosen sind 50- 100- fach häufiger und werden im Rahmen der Frühererkennung diagnostiziert. Zervixkarzinome fallen zunehmend früher auf, deutlich häufiger im Alter 25-35 als bei über 65-jährigen.
mittleres Alter: 55 J., Beckmann, DÄ 2005: 52 J.
Hauptgipfel 60 bis 64 J, kleinerer Gipfel 35-39J.
25% jünger als 43 J.
10% jünger als 36 J.
10% älter als 81 J.
Hauptrisikofaktor: Infektion mit einem high-risk HPV (Typen 16, 18, 31, 33, 45, 51, 52, 56)
Wahrscheinlich sind weitere Kofaktoren notwendig (genetische Veränderungen, Immunschwäche, nach Beckmann/ DÄ 2005 auch Langzeiteinnahme von Kontrazeptiva). Bei den anderen Risikofaktoren Nikotin, niedriger sozioökonomischer Status, Sexualverhalten (früher GV, hohe Anzahl von Sexualpartnern), viele Schwangerschaften ist es nicht gesichert, ob sie eigenständige Risikofaktoren darstellen. Häufiger GV geht mirt einem höheren HPV-Risiko einher, d. h. der eigentliche RF ist die HPV-Infektion.
Bei Nachweis von HPV-DNA ist das Risiko um das 24-fache erhöht, an einem Zervix-Karzinom zu erkranken. 3- 6 % der Frauen mit HPV-Infektion erkranken im weiteren Verlauf am Zervixkarzinom.
Ist der Partner zirkumzisiert, treten weniger HPV Infektionen auf: 5,5% vs. 19,6%. Damit geht ein geringeres Risiko für ein invasives Karzinom einher: relatives Risiko 0,69.
Diagnostik
[Bearbeiten]körperl. Untersuchung: Skalenus-LK / Hals- LK
gyn. Untersuchung, ggfs in Narkose.
nach den kurzgefassten Leitlinien der DKG 2006 ist ab FIGO IB zum Staging notwendig:
- MRT: Darstellung der Tumorausdehnung, Harnabflußbehinderung
- transvaginale Sonographie
- Zystoskopie, Rektoskopie
- wenn endozervikale Tumorausdehnung: Kürettage des Uterus, evt. mit Hysterektomie
- Sono Abdomen (Hydronephrose, Lebermetastasen?)
- Rö Tx 2 Eb.
im Einzelfall nützlich
- Pyelographie (Hydronephrose? Ureterstenose, -dilatation?)
- FDG- PET
- Sonographie der Skalenus-LK
- seitegetrennte Nierenclearance der Niere
Die FIGO- konforme klinische Stadieneinschätzung beruht ausschließlich auf (vgl. Schneider, Wendt, Meerpohl in Schmoll, Höffken, Possinger 2006):
- körperliche und gynäkologische Untersuchung
- i. v. Urogramm, Kontrasteinlauf, Röntgen Thorax 2 Eb., Röntgen Skelett
- Biopsie, Konisation, Hysteroskopie, Kolposkopie, Kürettage, Narkoseuntersuchung, Zystoskopie, Rektoskopie
Weitere Untersuchungen werden nicht berücksichtigt. Kommen verschiedene Untersucher zu unterschiedlichen Einschätzungen, gilt das niedrigere Stadium.
Das klinische FIGO Stadium stimmt nur zu etwa 60% mit dem pathologischen überein.
Histologie
[Bearbeiten]Plattenepithelkarzinom 77%
Adenokarzinom 11%
adenosquamöses Karzinom 2,5%
Nach Beckmann/ DÄ 2005 hat der Anteil des Adenokarzinoms seit den Achtziger Jahren von 10 auf jetzt 20% zugenommen.-
Adenokarzinom hat schlechtere Prognose.
Noch ungünstiger sind:
neuroendokrine
klarzellige / serös-papilläre Karzinome
Lokalisation
[Bearbeiten]Der Prädiliktionsort für die Entstehung des Zervixkarzinoms ist die Übergangszone zwischen Plattenepithel (der Portio) und dem zylindrischen Drüsenepithel (der Zervix). Bei der gebährfähigen Frau liegt diese unscharfe Grenze an der Potiooberfläche und wandert mit zunehmenden Alter nach endozervikal.
Überwiegend entwickeln sich invasive Karzinome aus Vorstufen, cervikal intraepitheliale Neoplasie (CIN). Die Latenzzeit beträgt etwa 10 Jahre, allerdings ist sie in einigen Fällen erheblich kürzer (z. B. 1 Jahr). Das Wachstum ist meist endophytisch (> 60%), seltener exophytisch (15%).
Ausbreitung
[Bearbeiten]Bei zervixüberschreitenden Wachstum erfolgt dies entlang Parametrien und in das Spatium rectovaginale. Das obere Vaginadrittel ist praktisch immer befallen. Eine Infiltration des Endometriums oder des Uterus liegt in 10-30% vor.
Eine Infiltration von Nachbarorganen betrifft in der Hauptsache die Blasenhinterwand und -boden. Der Befall des Rektums ist selten.
Lymphogene Ausbreitung (s. auch Bild) in parazervikale/parauterine LK. Von dort in iliakalen LK (intern, extern, communis). Schließlich nach paraaortal. Die Wahrscheinlichkeit einer paraaortalen LK Metastasierung ist etwa 50%, wenn iliakale LK befallen sind. Das Risiko einer lymphogenen Metastasierung hängt vom Stadium ab [Dunst, Onkologe].
FIGO | pelvine LK | paraaortal |
I | 15% | 5% |
II | 30-40% | 10-15% |
III | > 50% | 30% |
hämatogene Metastasen relativ selten. In den fortgeschrittenen Stadien etwa 20%. Bevorzugt: Lunge, Leber, Skelett.
Stadieneinteilung
[Bearbeiten]TNM 7. Auflage (gültig ab 2010)
[Bearbeiten]s. [1]
T- Status | |||
---|---|---|---|
T1 | Tumor begrenzt auf Uterus | ||
T1a | invasives Karzinom, ausschließlich mikroskopisch diagnostiziert | ||
T1a1 | Stromainvasion maximal 3 mm und horizontale Ausdehnung maximal 7 mm | ||
T1a2 | Stromainvasion > 3 mm und maximal 5 mm sowie horizontale Ausdehnung maximal 7 mm | ||
T1b |
| ||
T1b1 | makroskopisch (klinisch) sichtbare Tumoren von maximal 4 cm | ||
T1b2 | makroskopisch (klinisch) sichtbare Tumoren > 4 cm | ||
T2 | Tumor jenseits des Uterus, aber nicht bis zur Beckenwand, nicht bis zum unteren Drittel der Vagina | ||
T2a | ohne Infiltration der Parametrien | ||
T2a1 | Tumor maximal 4 cm | ||
T2a2 | Tumor > 4 cm | ||
T2b | mit Infiltration der Parametrien | ||
T3 | eines der folgenden Kriterien ist erfüllt:
| ||
T3a | Tumor infiltriert unteres Drittel der Vagina, kein Befall der Beckenwand | ||
T3b | Ausdehnung bis Beckenwand, Hydronephrose oder stumme Niere | ||
T4 | eines der folgenden Kriterien ist erfüllt:
| ||
N- Status | |||
N1 | lokoregionäre LK- Metastasen | ||
M- Status | |||
M1 | Fernmetastasen, dazu gehören auch Metastasen inguinal und intraperitoneal |
UICC Stadien (7. Auflage, gültig ab 2010) | |||
---|---|---|---|
IA | T1a | N0 | M0 |
IA1 | T1a1 | N0 | M0 |
IA2 | T1a2 | N0 | M0 |
IB | T1b | N0 | M0 |
IB1 | T1b1 | N0 | M0 |
IB2 | T1b2 | N0 | M0 |
II | T2 | N0 | M0 |
IIA | T2a | N0 | M0 |
IIA1 | T2a1 | N0 | M0 |
IIA2 | T2a2 | N0 | M0 |
IIB | T2b | N0 | M0 |
III | T3 | N0 | M0 |
IIIA | T3a | N0 | M0 |
IIIB | T3b | jedes N | M0 |
T1, T2, T3 | N1 | M0 | |
IVA | T4 | jedes N | M0 |
IVB | jedes T | jedes N | M1 |
- FIGO
- Die FIGO- und die UICC- Stadien I bis IVA sind deckungsgleich.
frühere und alternative Klassifikationen
[Bearbeiten]TNM 2002
T1 | begrenzt auf Uterus | |
T1a | invasives Karzinom, ausschließlich mikroskopisch diagnostiziert; größte horizontale Ausdehnung bis 7 mm | |
T1a1 | Stromainvasion maximal 3 mm | |
T1a2 | Stromainvasion über 3 mm und bis 5 mm | |
T1b | makroskopisch sichtbar, oder über 7mm in horizontaler Ausdehnung, oder über 5 mm Stromainvasion. Auf Zervix begrenzt. | |
T1b1 | bis 4 cm | |
T1b2 | über 4 cm | |
T2 | Infiltration jenseits der Zervix, aber nicht Beckenwand und nicht unteres Drittel der Vagina | |
T2a | Parametrien nicht infiltriert | |
T2b | Parametrien infiltriert | |
T3 | Ausbreitung bis Beckenwand oder bis in das untere Drittel der Vagina, oder Hydronephrose / stumme Niere | |
T3a | Ausbreitung in das untere Drittel der Vagina, nicht aber zur Beckenwand | |
T3b | Ausdehnung bis zur Beckenwand, Hydronephrose, oder stumme Niere | |
T4 | Infiltration von Organen oder jenseits des kleinen Beckens |
N1: pelvine LK tumorbefallen (an A. iliaca interna, externa, communis, präsakral )
M1: Fernmetastasen
Anm.:
- pN0 erfordert "üblicherweise" mindestens 10 LK.
FIGO- Stadien
I bis III entsprechen T-Stadien unabhängig vom Nodalstatus.
IVA entspricht T4
IVB entspricht M1
UICC Stadien 2002
- IA
- T1a N0 M0
- IA1
- T1a1 N0 M0
- IA2
- T1a2 N0 M0
- IB
- T1b N0 M0
- IB1
- T1b1 N0 M0
- IB2
- T1b2 N0 M0
- IIA
- T2a N0 M0
- IIB
- T2b N0 M0
- IIIA
- T3a N0 M0
- IIIB
- T1-3a N1 M0, oder T3b N0-1 M0
- IVA
- T4 N0-1 M0
- IVB
- M1
TNM 1997
- wie TNM 2002, allerdings waren keine UICC Stadien definiert -
Therapieprinzipien
[Bearbeiten]In den frühen Stadien wird in der Regel eine Operation durchgeführt. In Europa und insbesondere in Deutschland wird die OP-Indikation bis einschließlich im Stadium II gestellt. In den USA dagegen ist ab den Stadien IB2 die Radiatio die Therapie der Wahl.
Die Strahlentherapie erfolgt als kombinierte Behandlung mit Brachytherapie und externer Bestrahlung. In den meisten Fällen sollte eine simultane Chemotherapie durchgeführt werden.
Operation
In den frühen Stadien kann die Radiatio der Operation als gleichwertig angesehen werden. In retrospektiven Studien gibt es zwar einen kleinen Überlebensvorteil für die Chirurgie, die aber selektionsbedingt sind. In einer randomierten Studie wurde OP, meistens + postop. RT (Risikokonstellation) mit einer primären RT in den Stadien IB und IIA verglichen (n=337). In beiden Armen war die ÜL-Rate identisch bei 83% (Landoni, Lancet 1997).
Die Radikaloperation erfolgt nach Wertheim-Meigs (Piver Typ III, d. h. Resektion bis zur Beckenwand).
Stadium IA1, ohne ungünstige Prognosefaktoren:
(dissoziiertes / netzförmiges Tumorwachstum, > 400 mm², Einbruch in Lymph- oder Blutgefässe, knapper Resektionsrand, Messung der Ausdehnung unsicher)
Konisation mit Kürrettage. Alternativ einfache Hysterektomie.
Stadium IA1, mit ungünstigen Prognosefaktoren:
- wie IA2 -
Stadium IA2:
Hysterektomie. pelvine Lymphadenektomie. Belassen der Parametrien.
Stadium IIA:
Radikal-OP (Wertheim/Meigs/Piver III)
Stadium IIB:
Radikal-OP, paraaortale Lymphadenektomie, insbesondere, wenn im Schnellschnitt pelvin N+
Radiatio
adjuvant
Bei einer Reihe von Risikofaktoren ist das lokoregionäre Rezidivrisiko nach OP erhöht und daher Indikation für eine postoperative RT. Dies sind:
- pN+
- L+
- G3
- Tumorgrösse: über 4 cm (Lohr/Wenz: über 5 cm). DKG-Formulierung: "ungünstiger Tumor-Zervix-Quotient"
- Stromainvasion: mehr als 1/3 der Zervix / alternatives Kriterium: über 10 mm
- Adenokarzinom
- knapper tumorfreier Resektionsrand unter 3 mm (Lohr/ Wenz)
- sehr junges Alter (umstritten)
Die DKG führt zusätzlich noch als Risikofaktor den parametrianen Befall auf.
Die Lokalrezidivrate wird durch die Bestrahlung gesenkt. Inzwischen ist auch nachgewiesen, dass die ÜL-Rate gering verbessert werden kann. Eine weitere Verbesserung gelang mit der simultanen Cisplatin/5-FU-Gabe. DKG-Leitlinie empfiehlt Cisplatin (in Analogie zur Primärtherapie).
konsolidierende post-OP RT
- nach R1/2
- keine LK-Dissektion (z. B. Zufallsbefund bei Hysterektomie aus einem anderen Grund)
In Analogie zu dem Vorgehen bei primärer RT wird eine simultane Cisplatin-Gabe empfohlen, auch wenn hierzu keine Daten vorliegen.
primäre RT
Als Kombination aus externer RT, Brachytherapie und Cisplatin. Mit Cisplatin werden die Lokalrezidive nach RT um absolut 10-15% gesenkt. Dosierung 1/Woche 40 mg/m².
Brachytherapie unverzichtbar: Durch die Brachytherapie kann eine biologisch äquivalente Dosis von 80 - 90 Gy an den Tumor gebracht werden. Ohne Brachytherapie erreichte man in einer Studie mit über 900 Patientinnen eine 5-J-ÜL-Rate von 24%, mit Brachytherapie 45% (p<0,0001).
Notfall RT bei Blutung
eine nicht stillbare Tumorblutung spricht meist auf eine kurze perkutane Bestrahlung mit 1 - 2 Einzelfraktionen höherer Dosis an.
Chemotherapie
neoadjuvant
Eine neoadjuvante Chemotherapie hat zwar verhältnismässig gute Anspechraten, aber keine Verbesserung der Lokalkontrolle. In den meisten Studien war die Lokalkontrolle mit präoperativer Chemotherapie ohne Unterschied zum chemotherapiefreien Arm. 2 Studien hatten sogar ein signifikantes Ergebnis zugunsten des chemofreien Regimes. Neoadjuvante Chemotherapie schadet also mehr, als dass es nutzt.
Chemotherapie simultan zur RT
eindeutiger Überlebensvorteil
wichtigste Substanz ist Cisplatin. Eine Kombination mit einer zweiten Substanz hat keinen nachgewiesenen Vorteil. Nach DKG ist Cisplatin dem Carboplatin vorzuziehen wegen der Myelotoxizität. Bei Kontraindikation für eine Cisplatingabe verabreicht Dunst Mitomycin C. Erfolgt die Bestrahlung postoperativ, ist in Studien, in denen eine Überlegenheit der Kombinationstherapie nachgewiesen wurde, vor allem Cisplatin und 5-FU eingesetzt worden. Ausnahme Bulky disease IB, hier nur Cisplatin.
Dosierungen (Uni Halle):
Cisplatin 40 mg/²/Woche in der Primärtherapie.
Cisplatin 20 mg/m² d1-5, d29-33; 5-FU 4000 mg/m²-120-h-Dauerinfusion in der adjuvanten/ postoperativen Therapie)
Mitomycin C 15 mg/m²/d, d1-5, d29-33 (bei KI zu Cisplatin)
Indikation RT
[Bearbeiten]primär
- unbestritten ab FIGO III (Beckenwand, unteres Vaginadrittel, Hydronephrose)
- IIB, III: OP in spezialisierten Zentren, ggfs RT
Simultan Cisplatin
postoperativ
- nach R 1/2, oder knappen Resektionsrand
- adjuvant, wenn
- N+
- Lymphangiosis
- G3
- Adeno-Ca
- Bulky disease des IB (s. Keys, NEJM 1999)
- evt. sehr junges Alter
- postoperative vaginale Brachytherapie, wenn Resektionsrand an der Scheidenmanschette knapp.
als Notfallbestrahlung bei einer Tumorblutung
Zielvolumen
[Bearbeiten]primäre RT
Primärtumor, Parametrien bis zur Beckenwand, oberes Scheidendrittel (mindestens 3 cm unterhalb der Tumorgrenze), Uterus, Blasenboden, -hinterwand, perametrialer, parauteriner und iliakaler (intern, extern, kommun) LAW. Paraaortaler LAW umstritten, erst recht, wenn Cisplatin verabreicht wird. Mitbestrahlung, wenn Nachweis eines Tumorbefalls (UKL) bzw. wenn N+ an iliakalen kommunen LK (Dunst).
Brachytherapie, als HDR (Deutschland), oder LDR (z. B. Frankreich) gleich effektiv
Notfall RT Tumorblutung
Feldgrenzen: Oberkante LWK 5, Unterrand Foramen obturatum, 1-2 cm lateral d. medialen Begrenzung d. knöchernen Beckens
adjuvant
kraniales Drittel der Vagina, Uterusbett, parametrian, iliakal-interner, -externer und -kommuner Lymphabfluss. Wenn LK-Metastasen iliakal-kommun nachgewiesen wurden und keine cisplatinhaltige Chemotherapie durchgeführt werden kann: zusätzlich paraortaler Lymphabfluss. Ansonsten ist die Ausdehnung des Zielvolumens nach paraortal nach derzeitigem Wissenstand nicht erforderlich.
Erläuterung:
Ob eine paraaortale Bestrahlung sich überhaupt positiv auswirkt, ist nicht gesichert. Haje fand 1988 bei einer EORTC-Sudie mit 441 Patientinnen keinen Vorteil. Dagegen war die Überlebensrate in einer RTOG-Studie mit 330 Patientinnen mit paraaortaler Radiatio besser - 65% vs. 55% . Beide Studien waren allerdings ohne Chemotherapie.
Eine simultane Cisplatin/5-FU-Therapie überkompensiert den Verzicht auf eine paraortale Bestrahlung. Patientinnen ab einem FIGO Stadium IIB erreichten mit der kombinierten Therapie ein 5-J-ÜLR von 73% (nach 4 J. 75%), Morris 1999.
Peters 2000 führte dagegen eine paraaortale Mitbestrahlung dann durch, wenn LK-Metastasen iliakal-kommun feststellbar waren. Eingeschlossen waren Tumorstadien bis FIGO IIA. Das 4-J-ÜL betrug 81%.
Der geringe Vorteil der 4-J-ÜL-Raten 81% (Peters) gegenüber 75% (Morris) erklärt sich durch die günstigeren Tumorstadien bis FIGO IIA vs. ab FIGO IIB.
Dosis RT
[Bearbeiten]adjuvant
externe RT mit GD 45 - 50,4, ED 1,8.
Primärtherapie
bei der kombinierten Radiatio wird perkutan ebenfalls 45-50,4 Gy gegeben, ggfs. kleinvolumige Boostbestrahlung, wo Brachytherapie nicht hinreicht (makroskopische LK-Metastasen), zusätzlich Brachytherapie.
Brachytherapie wird dosiert auf Punkt A, uneinheitliche Festlegung. Je ausgedehnter der Tumor, desto höher ist der perkutane Anteil. In Deutschland HDR mit Ir-192
- TZ München
GD 30 Gy in Punkt A*, ED 2x 3 Gy/woche oder wöchentlich 6 - 7,5 Gy
- Dunst
GD 35 Gy, wöchentlich ED 7 Gy
- UKL/ Prof. Richter
GD 42,5 Gy, ED 8,5 Gy alle 2 Wochen
postoperativ vaginale Brachyther.
einmalig mit 7,5 Gy in 5 mm Gewebetiefe (Scherer/Sack).
Nebenwirkungen
[Bearbeiten]Bestrahlung mit voller Blase.
akut
- Diarrhoe 50%
- Proktitis 5 - 10%
- Pollakisurie 10-15%
- hämorrhagische Zystitis 2-5%
chronisch
- Diarrhoe 20%
- Rektumulzera 2-4%
- chronische Proktitis 5%
- chronische Zystitis 2%
- Dünndarmstenosen 2%
- Dünndarmwandnekrosen 2%
- Ureterstriktur 0,3% (OP 37%)
- vaginale Ulzera bis 10%
- rekto- oder vesiko-vaginale Fisteln 1-5%
- Kohabitationsbeschwerden durch Alteration der vaginalen SH bis 60%
- Kastration bei prämenopausalen Frauen 100%
Höhere Komplikationsraten postoperativ, v. a. an Dünndarm und Ureteren.
Prognose
[Bearbeiten]Prognosefaktoren sind für primär operierte und primär bestrahlte unterschiedlich.
Für operierte:
Wichtigster Prognosefaktor ist der LK-Befall. In den Stadien I und II senkt der LK-Befall die 5-J-ÜL-Rate von knapp 90% auf ca. 60%.
Wenn pN0, dann sind die wichtigsten Faktoren: Tumorgröße (kritische Grenze 4 cm), Lymphangiosis und Grading (G3) sowie histologischer Typ (Adenokarzinom ungünstig).
Für primär bestrahlte:
prätherapeutisches Hb (ungünstig Hb < 11 g/dl) oder Nadir-HB unter RT. Derzeit läuft eine Erythropoetinstudie. Laut Dunst der wichtigste Prognosefaktor.
Tumorgröße,
FIGO IVA
makroskopischer LK-Befall
histologischer Typ (ungünstig Adeno-Ca.)
G3 hat keinen wesentlichen ungünstigen Einfluss
Die 5-J-ÜL-Rate ist stadienabhängig.
Adenokarzinome haben dabei ein schlechteres Outcome.
Figo | Plattenepithelkarzinom | Adenokarzinom |
I | 83% | 51% |
II | 62% | 44% |
III | 42% | 17% |
IVA | 18% | 0% |
Bei alleiniger perkutaner ohne Brachytherapie Überlebensrate auf 2/3 vermindert (Lohr/Wenz).
Nachsorge
[Bearbeiten]Rezidive manifestieren sich
- allein lokoregionär 40-60%
- Fernmetastasen allein 20-40%
- kombinierte Rezidive 10-20%
75% der Rezidive treten in den ersten 2 Jahren auf.
Empfehlungen der DKG-Leitlinie:
vierteljährlich die ersten 3 Jhre, halbjährlich im Jahr 4 und 5, dann jährlich.
Literatur
[Bearbeiten]- ↑ Wittekind C, Meyer H. TNM: Klassifikation maligner Tumoren. 7. Aufl. Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA; 2010.
Refresherkurs Degro 2002 (Würschmidt, München)
Onkologe 8/2001
DKG-Leitlinie 12/1999
Scherer / Sack 1996
Lohr/ Wenz 2003