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Reinkarnation: Teil III

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Fortsetzung von: Belege für die Reinkarnation

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Die Forschungsergebnisse Ian Stevensons

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Ian Stevenson war Professor an der Universität von Virginia (USA), in deren Besitz und Obhut sich auch die Dokumentationen seiner Arbeiten („ungemein objektiv und methodisch über jeden Zweifel erhaben" – Wissenschaftsmagazin Omni) befinden. Stevenson sammelte und untersuchte mit seinen Mitarbeitern seit den frühen sechziger Jahren Berichte kleiner Kinder aus der ganzen Welt über frühere Leben. Die Ergebnisse hat er in einer großen Zahl von wissenschaftlichen Veröffentlichungen dargestellt sowie in einer allgemeinverständlichen Zusammenfassung, auf die ich mich hier beziehe (Stevenson, Wiedergeburt, Kinder erinnern sich an frühere Erdenleben, Verlag Zweitausendeins 1992). In diesem Buch sind unter anderem die Zusammenfassungen von zwölf Fallbeschreibungen enthalten. (Insgesamt hat er fünfundsechzig detaillierte Fallstudien veröffentlicht, und mehr als hundert befanden sich in Vorbereitung. Seine Sammlung von untersuchten Fällen, die Reinkarnation als Erklärung nahelegen – wobei seine Kriterien sehr streng sind – umfasst mehr als zweitausend Fälle.) Ferner enthält das Buch eine umfassende Bibliographie zum Thema sowie einen umfangreichen Apparat von wissenschaftlichen Anmerkungen und Quellenangaben für ernsthaftere Interessenten. Im Vorwort schreibt er:

Ich würde es missbilligen, wenn jemand, – allein durch die Lektüre dieses Buches –- vom Skeptizismus oder von Unwissenheit bezüglich der Reinkarnationslehre zu einer gefestigten Überzeugung gelangte, dass Reinkarnation auftritt. Ich würde schon zufrieden sein, wenn es mir gelingt, die Idee der Reinkarnation solchen Menschen plausibel zu machen, denen sie bisher nicht einleuchtend erschienen ist; und wenn einige von ihnen, es der Mühe Wert erachten, das Material in meinen detaillierten Fallbeschreibungen zu studieren, dann habe ich mehr erreicht, als ich mir vorgenommen habe. (...)

Es mag widersprüchlich scheinen, gerade nachdem ich die Leser eingeladen habe, mir Informationen über neue Fälle zu schicken, dass ich mit diesem Buch auch von einem absichtlichen Suchen nach Erinnerungen an frühere Leben abraten möchte - sei es durch Drogen, Meditation oder Hypnose. Unglücklicherweise haben einige Hypnotiseure behauptet, dass jedermann Erinnerungen an frühere leben durch Hypnose wiedergewinnen könne, und für diese Technik wird großer therapeutischer Nutzen beansprucht oder angedeutet. Ich werde versuchen, einen irregeleiteten und oft schamlos ausgebeuteten Enthusiasmus für Hypnose zu dämpfen, besonders wenn sie als sicheres Mittel vorgeschlagen wird, Erinnerungen an frühere Leben hervorzurufen.

Nachdem sich andere Methoden der Materialgewinnung als unbefriedigend und für wissenschaftliche Zwecke unbrauchbar erwiesen hatten, beschränkte sich Stevenson auf die Sammlung und Auswertung spontaner Äußerungen kleiner Kinder. Als Gründe für seine hohe Bewertung dieser Aussagen nennt er:

Mit seltenen Ausnahmen sprechen die Kinder aus eigenem Antrieb; niemand hat ihnen nahegelegt, zu versuchen, sich eines früheren Lebens zu erinnern. In dem jungen Alter, in dem sie gewöhnlich erstmals über die früheren Leben sprechen, haben sie auf normalen Wegen noch nicht viel Informationen über verstorbene Personen (die sie früher angeblich gewesen waren), aufgenommen. Darüber hinaus können wir gewöhnlich in zufrieden stellender Weise die Wahrscheinlichkeit dafür abschätzen, dass sie, was immer sie an Informationen über solche Personen mitteilen, auf normalem Weg erworben haben.

Auf die zwölf dargestellten Fälle selbst brauche ich hier nicht einzugehen, da sie gegenüber den von Lama Govinda berichteten nichts Neues enthalten. Im Anschluss an die Falldarstellungen berichtet Stevenson über (gelegentlich) wiederkehrende Charakteristika der Fälle. Dazu gehören

  • Voraussagen der Inkarnation vor dem Tod
  • Ankündigungsträume der Wiedergeburt, im allgemeinen bei der künftigen Mutter
  • Muttermale und angeborene Missbildungen aus dem früheren Leben.

Über die Modalitäten der Aussagen der Kinder über das frühere Leben berichtet Stevenson:

Ein Kind, das über ein früheres Leben spricht, beginnt damit nahezu immer im Alter zwischen zwei und fünf Jahren. In einer Stichprobe von zweihundertfünfunddreißig Fällen in Indien und neunundsiebzig amerikanischen Fällen betrug das Durchschnittsalter, in dem Kinder über das frühere Leben zu sprechen begannen, jeweils achtunddreißig Monate.

Wenn ein kleines Kind bildhafte Vorstellungen von einem früheren Leben hat, so fehlen ihm fast immer die verbalen Fähigkeiten, das auszudrücken, was es sagen möchte. Trotzdem beginnen einige Kinder, über das frühere Leben zu sprechen, ehe ihre verbalen Fähigkeiten weit genug entwickelt sind, die Bilder in ihrer Vorstellung adäquat auszudrücken. Diese Kinder sprechen oft einzelne Wörter falsch aus und verwenden Gesten, um ein unzureichendes Vokabular auszugleichen.

Die Fülle der Details, die erinnert werden, variiert bei den Kindern beträchtlich. Manche erinnern sich nur an weniges aus dem früheren Leben; andere könnten Bände mit ihren Erinnerungen füllen. Wenn diese Details nicht aufgezeichnet werden, gehen sie meist größtenteils verloren. Denn die Kinder hören fast immer im Alter zwischen fünf und acht Jahren auf, über das frühere Leben zu sprechen, einige schon früher und einige erst später. So stehen, von wenigen Ausnahmen abgesehen, kaum mehr als drei Jahre zur Verfügung, um diese Erinnerungen anderen mitzuteilen. Etwa im Alter von fünf Jahren beginnen starke Schichten verbaler Information die Bilder zu überdecken, in denen seine Erinnerungen anscheinend hauptsächlich übermittelt werden; der Verlust der Erinnerungen an ein früheres Leben setzt ein und beendet weitere Mitteilungen derselben.

Über das Verhalten der Kinder in Bezug auf das frühere Leben führt Stevenson aus:

Die Subjekte dieser Fälle weisen oft eine oder auch zwei Arten von Verhaltensweisen auf, die in ihrer Familie nicht gebräuchlich sind.

Erstens mag das Kind Emotionen in Bezug auf die Familie des früheren Lebens zeigen, die mit seinen Erinnerungen in Einklang sind. (...)

Der zweite Typ ungewöhnlichen Verhaltens besteht in Charakterzügen (wie Ängsten, Vorlieben, Interessen und besonderen Fähigkeiten), die für die Familie des Kindes ungewöhnlich sind, aber Eigenschaften entsprechen, von denen man bei der früheren Persönlichkeit wusste oder von denen man vernünftigerweise annehmen konnte, sie habe sie besessen. Die anderen Angehörigen der Familie zeigen in solchen Fällen entweder keine ähnlichen Charakterzüge, oder sie weisen sie in geringerem Umfang auf; und die Entwicklung dieser Züge kann nicht auf irgendwelche Ereignisse zurückgeführt werden, die dem Kind widerfuhren, ehe diese Züge sich manifestiert haben:

Phobien, die in Zusammenhang mit der Todesart der früheren Persönlichkeit stehen, haben mich besonders beeindruckt. Sie kommen häufig vor. Unter zweihundertzweiundfünfzig Fällen, in denen die frühere Persönlichkeit gewaltsam gestorben war, stellten wir in einhundertsiebenundzwanzig Fällen (50%) Phobien fest. Wenn die frühere Persönlichkeit ertrunken ist, kann es leicht zu einer Wasserphobie kommen; wenn sie erschossen wurde, so neigt das Subjekt dazu, eine Phobie bezüglich Schusswaffen zu entwickeln. (...)

Vorliebe für bestimmte Nahrungsmittel (und auch Abneigungen dagegen) bilden eine andere große Kategorie ungewöhnlichen Verhaltens, das die Subjekte dieser Fälle zeigen. (...)

Für sich genommen, sind nur wenige dieser Verhaltensweisen spezifisch für diese Fälle; viele Kinder weisen sie auf und ebenso manche Erwachsene. Aber als Gesamtheit betrachtet sind sie eindrucksvoll, da diese Kinder oft ein Syndrom von Verhaltensweisen zeigen, die sie von anderen Familienmitgliedern unterscheiden, aber den Menschen charakterisieren, der gewesen zu sein das Subjekt behauptet. (Hier folgt im Text eine Reihe eindrucksvoller Beispiele.)

Diese so genannten Verhaltenserinnerungen bleiben oft länger bestehen als die bildhaften Erinnerungen.

Über den zeitlichen Abstand zwischen dem Tod der früheren Persönlichkeit und der Geburt der Person schreibt Stevenson:

Mit Ausnahme einer kleinen Zahl von Extremfällen und Beispielen mit anormalen Daten (...) liegt die Zeitspanne zwischen dem Tod der früheren Persönlichkeit und der Geburt des betreffenden Kindes gewöhnlich unterhalb von drei Jahren. Der Medianwert dieses Zeitabstandes variiert von Kultur zu Kultur und erstreckt sich von sechs Monaten bei Fällen im Libanon bis zu achtundzwanzig Monaten bei Tlingit-Fällen. Der Medianwert für sechshundertsechzehn Fälle aus zehn verschiedenen Kulturen betrug fünfzehn Monate.

Es gibt einen weitverbreiteten Glauben über die Reinkarnation, nach dem ein gewaltsamer Tod zu einer rascheren Reinkarnation führt als ein natürliches Ableben. Unsere Daten scheinen diese Vorstellung zu stützen. Unter den gesamten Fällen aus dem Nordwesten Amerikas (der Region, in der unsere standesamtlichen Daten die größte Zuverlässigkeit aufweisen) gab es eine signifikant kürzere Zeitspanne zwischen Tod und angenommener Wiedergeburt in Fällen mit gewaltsamem Tod, verglichen mit solchen mit natürlichem Tod. Bei einer Analyse von Fällen in Indien erzielten wir ähnliche Ergebnisse. (...)

Bei einer kleinen Zahl von Fällen (das sind die mit den oben erwähnten anormalen Daten) wurde das Kind geboren, bevor die Person, deren Leben es erinnerte, starb. (Die Zeitabstände variieren zwischen ein oder zwei Tagen und mehreren Jahren.) In Fällen dieser Art, wenn man sie für bare Münze nimmt, scheint es so zu sein, dass der Körper des Subjekts schon voll ausgebildet und wohl durch eine Persönlichkeit besetzt war, bevor eine andere ihn übernahm. Wir mögen hier von einer Art Körperdiebstahl sprechen, der oft Besessenheit genannt wird.

Der schnellste Weg, solche peinlichen Fälle loszuwerden, besteht darin, anzunehmen, beim Aufzeichnen der Daten seien Fehler gemacht worden, und in einigen Fällen wird diese Annahme durch eine gewisse Unsicherheit bei den genaueren Daten gestützt. Ich habe mich jedoch überzeugt, dass wir in mindestens zehn Fällen dieser Art genaue Daten haben und die Anomalie doch bestehen bleibt.

Der geringe Abstand zwischen Tod und (angenommener) Wiedergeburt, der von Stevenson beobachtet wurde, trifft auch in dreien der vier Fälle zu, von denen Lama Govinda berichtet. Lediglich in seinem eigenen Fall ist der Zeitraum wesentlich länger, es sei denn, es habe dazwischen mindestens eine weitere Reinkarnation stattgefunden. Es gibt aber eine große Zahl weiterer Berichte, über die später zu sprechen sein wird, bei denen die Zeit zwischen Tod und Wiedergeburt ebenfalls erheblich länger gewesen zu sein scheint, nämlich mehrere Jahrzehnte bis Jahrhunderte. Stevenson selbst räumt dazu ein, dass die von ihm untersuchten Fälle „aus verschiedenen Gründen nicht repräsentativ sein“ mögen. Der eine Grund ist der hohe Anteil der Fälle, bei denen die erinnerte Personen eines gewaltsamen Todes gestorben war. Bei den „gelösten Fällen“ (das sind solche, bei denen Stevenson und seine Mitarbeiter überzeugt sind, dass sich die Aussagen des Kindes auf eine, und auf genau eine, verstorbene Personen beziehen) lag ein verifizierter gewaltsamer Tod in 51% der Fälle vor, bei den ungelösten Fällen gaben sogar 91 % der Subjekte an, der Tod, dessen sie sich erinnerten, sei ein gewaltsamer gewesen. Selbst der kleinere der beiden Werte ist noch immer weitaus größer als der Prozentsatz gewaltsamer Todesfälle in der Gesamtbevölkerung, der selbst in Indien (wo er besonders hoch war) zur betreffenden Zeit unter 7% lag. Da, wie schon oben erwähnt, die Zeitspanne zwischen Tod und angenommener Wiedergeburt in Fällen mit gewaltsamen Tod signifikant kürzer als bei den übrigen Fällen war, führt ihr überdurchschnittlich hoher Anteil zu einer Herabsetzung des beobachteten Mittelwertes.

Ein weiterer Grund ist nach Stevenson folgender:

Der kurze Zeitraum zwischen Tod und Wiedergeburt mag zur Entwicklung eines Falles (d.h. zum Auftreten von Erinnerungen an ein Vorleben) beigetragen haben. Bei den Analysen, die wir bislang durchgeführt haben, konnten wir (zwar) keine Korrelation zwischen der Länge des Zeitraumes zwischen Tod und mutmaßlicher Wiedergeburt und der Vielfalt von Erinnerungen, die das Subjekt eines Falles mitteilte, feststellen. Wenn jedoch in einer Welt körperloser Seelen die Erinnerungen mit der Zeit abklingen - wie es in unserer gewöhnlichen Welt der Fall ist -, so würden wir kaum Fälle mit verifizierten Erinnerungen finden, wenn das Intervall länger ist als die äußersten Schranken der Fälle, die uns heute bekannt sind, also (bis auf ein paar seltene Ausnahmen) etwa fünfundzwanzig Jahre. Wenn die Reinkarnation für längere Zeitspannen als diese verzögert wäre, könnten Erinnerungen deutlich nachlassen, und aus solchen Inkarnationen wären für unsere epidemiologischen Studien keine identifizierbaren Fälle verfügbar. Es bleibt daher denkbar, dass für einen größeren Anteil aller existierenden Seelen das Intervall zwischen Tod und Wiedergeburt länger ist - vielleicht viel länger - als bei den Fällen, die uns bislang bekannt geworden sind.

Die Arbeiten Stevensons haben, obwohl ihre Anfänge schon fast vierzig Jahre zurückliegen und obwohl sie mit denkbar größter wissenschaftlicher Zuverlässigkeit durchgeführt und in mindestens zweiunddreißig Veröffentlichungen, die allen wissenschaftlichen Ansprüchen genügen, dargestellt wurden, nur geringes Echo gefunden. Dies ist auf den ersten Blick erstaunlich, besonders wenn man die Bedeutung seiner Ergebnisse für die Menschheit insgesamt wie für jedes einzelne Individuum bedenkt. Auf den zweiten Blick jedoch ist diese Tatsache keineswegs erstaunlich, sondern genau das, was jeder erwarten musste, der auch nur einige Kenntnisse der Menschen und der Wissenschaftsgeschichte besitzt. Alles Neue und Unbekannte erzeugt als solches schon Angst, wenn es einen selbst betrifft, und diese Angst kann sich beträchtlich steigern, wenn das Neue von so tiefgreifender existentieller Bedeutung ist wie in diesem Fall. Die naheliegende und bequemste Reaktion darauf – auch bei Politikern häufig zu beobachten – ist das Ignorieren: nichts hören und nichts sehen wollen, oft genug so lange, bis es zu spät ist. In Deutschland blieb auch die erste Auflage des oben zitierten populärwissenschaftlichen Buches von Stevenson, die zuerst 1989 im Aquamarin Verlag erschienen war, fast unbeachtet. Erst nachdem sich der Verlag Zweitausendeins des Werkes angenommen hatte (1992), erschien bereits fünf Monate später die zweite Auflage.

Ein anderer Komplex von Tatsachen, der gleichfalls in Gefahr ist, dieser Ignoranz zum Opfer zu fallen, ist der "Fall Edgar Cayce". Die Biographie Cayces (Thomas Sugrue, Edgar Cayce) ist, ebenso wie einige andere Bücher über ihn, in der Taschenbuchreihe des Knaur Verlages erschienen, bezeichnender- und bedauerlicherweise aber nicht etwa unter einem der Stichworte Naturwissenschaft, Medizin oder Anthropologie, sondern unter Esoterik, in der Nachbarschaft zahlreicher mehr oder weniger fragwürdiger Produkte des florierenden Esoterik-Marktes.

Fortsetzung: Reinkarnation: Teil IV