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Reisen in das Alte Dresden/ Die Entfestigung Dresdens/ 1810

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Nationalgarde

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Musterung und Aushebung

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Anfang Januar 1810 konnte Bonniot melden, daß nach beendigtem Musterungsgeschäft sämtliche ausgehobene Bürger unter die Kompanien [15] verteilt seien und daß nunmehr die Nationalgarde bestehe: aus der Schwadron mit 109 Mann und dem Bataillon zu Fuß mit Stab und 8 Kompanien von zusammen 869 Mann. Für die künftige Rekrutierung war durch den gleich nach Eingang des königlichen Reskripts vom 15. August gefaßten Ratsbeschluß gesorgt, daß niemandem mehr das Bürgerrecht erteilt werden solle, der nicht zur Nationalbürgergarde treten wolle.

Ganz ohne Ansehung der Person scheint das Aushebungsgeschäft nicht gehandhabt worden zu sein. Wenigstens klagt der Kommandant damals ausdrücklich, daß größtenteils nur der ärmere Teil der Bürger zur Garde genommen sei, wogegen sich allerdings der Rat verteidigt, die Aushebung sei ohne alle Ausnahme und Vergünstigung erfolgt. Auch 1828 wieder dieselbe Klage: der Kommandant schlägt eine Auswahl ganz verarmter Personen zur Ausstreichung vor. Der Rat aber weist den dabei ausgesprochenen und nur aus der Armut gefolgerten Verdacht einer möglichen Veruntreuung der Ausrüstungsstücke zurück und tritt für Beibehaltung dieser Armen bei, mit der bezeichnenden Begründung, daß man sonst „die Last des Dienstes anderen Bürgern aufbürden würde“. Auch liegen Fälle vor, wo der Rat sich für die Dienstpflichtbefreiung angesehener Personen – Buchdrucker Ramming, Bankherr Egg, Buchhändler Gottlieb Wagner – sehr nachdrücklich eingesetzt hat. Die ganze Frage der Aushebung Ärmerer war, wie die Kommandanten auch richtig sahen, von nicht zu unterschätzender Bedeutung für die Zuverlässigkeit der Garde in unsicheren Zeiten. Daß es tatsächlich unzuverlässige Bestandteile in der Nationalgarde gab, zeigte sich 1830.

29. April: Fahneneid auf dem Altmarkt

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Am 29. April 1810 vormittags marschierte nun die gesamte Garde zu Fuß und zu Pferd auf dem Altmarkt zum Fahneneid auf. Vorher wurden im großen Ratssitzungszimmer neue Offiziere verpflichtet. Dann wurden die neue Fahne für die Fußgarde und die Standarte für die Gendarmerie – beide vom König verliehen – in die Mitte der im Viereck ausgestellten Truppe getragen und feierlichst übergeben. Im Angesicht dieser Sinnbilder schwuren nun die Schwadron und die acht Kompanien durch lautes und wörtliches Nachsprechen den Eid, der auch wieder die Verteidigungsformel enthielt. Darauf legte der General Thielmann seinen Auftrag nieder und verwies die Garde [16] für die Zukunft an den Gouverneur von Dresden, General von Reitzenstein, in dessen Vertretung der Stadtkommandant General von Feilitzsch der Feierlichkeit beiwohnte. Fahne und Standarte wurden unter militärischer Musik zum Gouverneur gebracht.

Gravierende Mängel und Ausrüstungsproblem

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So stand die Garde nun äußerlich fertig da. Es fehlte aber noch viel, daß sie auch wirklich ein gebrauchsfähiges Werkzeug war. Der wunde Punkt war die Ausrüstung. Bei der Vereidigungsfeier waren nicht viele Gardisten mit Uniform bekleidet. In dem Dekret war bestimmt, daß jeder Gardist sich mit Flinte, Säbel und Patronentasche zu versehen hätte. Die Selbstbeschaffung der Uniform war als selbstverständlich vorausgesetzt. Aber viele von den Ausgehobenen suchten um Unterstützung nach, ja manche erklärten ihren Hauptleuten rundheraus, sie könnten und würden sich keine Uniform anschaffen. Gar nicht zu reden von den Waffen. Bonniot klagte am 1. Juni dem Gouverneur seine Not: bisher konnte er nur das Offizierskorps und die Unteroffiziere in den Waffen üben, mit der gemeinen Mannschaft aber war aus Mangel an Gewehr und allem Nötigen noch gar nichts vorzunehmen. Er gab sich alle mögliche Mühe, die Sache vorwärtszubringen, aber er glaubte nicht viel Entgegenkommen beim Rat zu spüren, im Gegenteil Saumseligkeit und Verschleppung. Der stille Widerstand der Bürgerschaft schien sich eben auch auf ihre Behörde zu übertragen. Zwar hatte der Rat schon im August 1809 als ein Mittel zur Behebung der damaligen Schwierigkeiten die Bildung eines Fonds für Bewaffnung und Bekleidung angeregt und im Oktober einen bestimmten Vorschlag gemacht. Thielmann griff dann auf diese Anregung zurück und verlangte im November die sofortige Begründung eines solchen Fonds durch Heranziehung der Judenschaft, Bürgerrechtsauflage u. dgl. Unter diesem Druck bewilligte der Rat als Grundlage des Fonds 500 Taler. Was er aber zur weiteren Verwirklichung des Plans vorgeschlagen hatte, eine Auflage auf den Mietzins, galt diesem Ziel nur nebenher; die Hauptsache war ihm dabei die Wiedereinbringung der von ihm vorschußweise gedeckten Kosten für die bürgerlichen Wachdienste im Sommer 1809 — und nur der vermutliche Überschuß der Auflage sollte jenem Fonds zugutekommen. Nach langer Pause erst, am 3. Mai 1810 — also nicht allein der Rat war saumselig —, erging die Genehmigung der Regierung zu diesem Plan, [17] nicht ohne einige Abstriche. Der errechnete Überschuß von etwa 1000 bis 1200 Talern war in dieser Höhe noch fraglich. Dabei verlangte Bonniot einen Vorschuß von 6000 Talern und berechnete die gesamten Einrichtungskosten auf 27000 Taler. Für einige notdürftige Anschaffungen, um die Garde für die Rückkehr des Königs aus Warschau paradefähig zu machen, verlegte er im August 1810 etliche hundert Taler – da ihm aber der Rat die Zahlung verweigerte und die Rechnung zurückschickte, weil der Fonds noch nicht vorhanden sei, so mußte er sich die Summe anderweit borgen. Erst im November, als sich der Überschuß der Mietzinsauflage doch höher herausstellte – auf rund 2400 Taler –, wurde ihm die Summe ausgezahlt. Die Regierung verlangte Ende Juli ein Gutachten vom Rat über die Aufbringung der Mittel. Aber erst nach einer zweiten dringlichen Aufforderung im Februar 1811 entschloß sich der Rat zu einer höchst gewundenen Antwort, die mit dem Hinweis auf die gegenwärtigen großen Staatsbedürfnisse die Notwendigkeit weiteren Zuwartens zu begründen suchte.

Georg Beutel: "Dresdner Bürgersoldaten des 19. Jahrhunderts". Mitteilungen des Vereins für Geschichte Dresdens, Heft 30, Verlag des Vereins für Geschichte Dresdens, Dresden 1926

Kontinentalsperre

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Lemma 1907

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Kontinentalsperre (Kontinentalsystem), die von Napoleon I. verhängte Maßregel, dem englischen Handel durch Absperrung des gesamten europäischen Festlandes einen tödlichen Schlag zu versetzen und es zum Frieden und zur Anerkennung des im Utrechter Frieden aufgestellten Seerechts zu zwingen.

Die Grundlage des Kontinentalsystems war das am 21. Nov. 1806 von Berlin aus erlassene Dekret, das den Blockadezustand über die britischen Inseln verhängte, allen Handel und Verkehr sowie alle Korrespondenz mit ihnen aufs strengste untersagte, die in irgend einem von den französischen Truppen oder deren Verbündeten besetzten Land betretenen englischen Untertanen für kriegsgefangen, alles Eigentum englischer Untertanen sowie alle aus England und seinen Kolonien kommenden Waren für gute Prise erklärte und allen Handel mit englischen Waren verbot.

England antwortete mit einer Geheimratsverordnung vom 7. Jan. 1807, wodurch allen neutralen Schiffen das Einlaufen in einen französischen oder unter französischer Kontrolle stehenden Hafen verboten ward.

Napoleon, der sich unterdessen in den Besitz der Hansestädte gesetzt hatte, verfügte von Warschau aus 25. Jan. 1807 die Konfiskation sämtlicher in den Hansestädten mit Beschlag belegter englischer Waren.

England erklärte 11. März dafür die strenge Blockade der Weser, Ems und Elbe und dehnte sie 11. Nov. auf alle Häfen aus, in die die englischen Schiffe nicht einlaufen durften. Außerdem wurde bestimmt, daß jedes mit einem französischen Paß ausgerüstete Schiff konfisziert und nur den Neutralen der Verkehr zwischen den Kolonien und ihrem Vaterland gestattet sein solle. Alle andern Schiffe sollten, wenn sie mit den blockierten Häfen Handel treiben wollten, erst in einem englischen Hafen eine Abgabe von 25 Proz. entrichten.

Letztere Bestimmung drohte Napoleons ganze K. zu zerstören. Deshalb erklärte 17. Dez. 1807 ein Dekret aus Mailand jedes Schiff, das sich zu einer Fahrt nach England oder zu einer Abgabenentrichtung verstehe, für denationalisiert. Den Denunzianten ward durch Dekret vom 11. Jan. 1808 der dritte Teil des erbeuteten Gutes zugesichert.

Der K., der anfangs bloß Frankreich, Holland, ein großer Teil Italiens und die Rheinbundsstaaten unterworfen wurden, traten im Tilsiter Frieden 7. und 9. Juli 1807 Preußen und Rußland, durch den Vertrag von Fontainebleau 31. Okt. 1807 Dänemark, 27. Okt. 1807 Spanien, das am 8. Juni 1808 seine Häfen für die englische Flotte verschlossen erklärte, endlich 18. Febr. 1808 auch Österreich bei.

Rußland und Dänemark sollten in den nordischen Meeren, Frankreich, Spanien, Holland und Italien im Mittelländischen Meer und im Ozean den Handel mit englischen Waren verhindern. Da Portugal den Anschluß verweigerte, wurde es von den Franzosen besetzt und die Dynastie Braganza vertrieben.

Allein bald tauchte eine Reaktion gegen die K. auf, da an strenge Durchführung nicht zu denken war; vielmehr fand der Handel eine Menge Mittel und Wege, um das verhaßte System zu umgehen. Vorzüglich die Nordamerikaner und griechische Seeleute betrieben diesen Handel mit englischen Waren in französischen und neutralen Häfen. Weil der Schleichhandel besonders an der holländischen Küste eifrigst betrieben wurde und König Ludwig ihn nicht streng genug bestrafte, wurde Holland 1810 mit Frankreich vereinigt, ebenso die ganze deutsche Nordseeküste sowie Lübeck. Da das Überhandnehmen des Schleichhandels besonders von Helgoland aus die Zwecke der K. zum Teil vereitelte, verordnete Napoleon 5. Aug. und 12. Sept. 1810 (Tarif von Trianon), daß alle Kolonialwaren als aus dem englischen Handel herrührend betrachtet und mit 50 Proz. Kontinentalsteuer belegt werden sollten. Das Dekret von Fontainebleau vom 19. Okt. 1810 verordnete sogar die Verbrennung und Vernichtung der englischen Waren.

Gleichwohl wurden diese strengen Maßnahmen umgangen, und da der Kaiser später gegen die Lösung eines Lizenzscheines die Einfuhr einer gewissen Menge englischer Waren gegen die Ausfuhr einer gewissen Menge französischer Manufakturwaren nach England gestattete, sank die K. zuletzt zu einem Mittel zur Bereicherung seiner leeren Kassen herab; 1810 nahm er, ohne die konfiszierten Waren zu rechnen, 150 Mill. Frank an Steuern und Lizenzen ein.

Die K. fiel schließlich durch die gegen Napoleon gerichtete Allianz Rußlands und Englands 1812 und die große Koalition von 1813.

Vgl.

Kiesselbach, Die K. (Stuttg. 1849);

König, Die sächsische Baumwollenindustrie während der K. (Leipz. 1896);

Hitzigrath, Hamburg und die K. (Hamb. 1900);

Hoeniger, Die K. und ihre Einwirkungen auf Deutschland (Berl. 1905).


Quelle:

Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 11. Leipzig 1907, S. 440.

Permalink:

http://www.zeno.org/nid/20006925960

Lizenz:

Gemeinfrei

Berliner Dekret vom 21. November 1806

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Auszug aus dem Berliner Dekret (zweiter Teil)

„Art. 1. Die britischen Inseln sind in Blockadezustand erklärt.

Art. 2. Jeder Handel und jede Korrespondenz mit den britischen Inseln ist untersagt. Daher sollen die Briefe oder Pakete, welche entweder nach England oder an einen Engländer adressiert, oder in englischer Sprache geschrieben sind, von der Post nicht befördert, sondern weggenommen werden.

Art. 3. Jeder englische Untertan, zu welchem Stand oder Beruf er gehören möge, der in den von unseren Truppen oder denen unserer Bundesgenossen besetzten Ländern angetroffen wird, soll zum Kriegsgefangenen gemacht werden.

Art. 4. Jedes Warenlager, jede Ware, jedes Eigentum, von welcher Art es auch sein möge, das einem englischen Untertan gehört, soll zur Kriegsbeute erklärt werden.

Art. 5: Der Handel mit englischen Waren ist untersagt, und jede Ware, die England gehört oder aus seinen Fabriken und Kolonien kommt, soll zur Kriegsbeute erklärt werden.

Art. 6. Die Hälfte des Ertrags aus der Konfiskation der Waren und Güter, welche in den obigen Artikeln zur Kriegsbeute erklärt worden sind, soll dazu verwendet werden, die Kaufleute für den Verlust zu entschädigen, die sie durch die Wegnahme der von den englischen Kreuzern geraubten Handelsfahrzeuge erlitten haben.

Art. 7. Kein Fahrzeug, das direkt aus England oder den englischen Kolonien kommt, oder das seit der Veröffentlichung des gegenwärtigen Dekrets dort gewesen ist, darf in irgendeinem Hafen aufgenommen werden.

Art. 8. Jedes Fahrzeug, das mittels einer falschen Deklaration die obige Bestimmung übertritt, soll weggenommen, und das Schiff, sowie die Ladung sollen konfisziert werden, als wenn sie englisches Eigentum wären.

Art. 9. Unser Prisengericht in Paris ist mit der Beurteilung aller Streitigkeiten beauftragt, welche in unserem Reich oder in den von der französischen Armee besetzten Ländern bezüglich der Vollziehung des gegenwärtigen Dekrets entstehen könnten.

Art. 10. Es soll das gegenwärtige Dekret von unserem Minister der auswärtigen Angelegenheiten den Königen von Spanien, Neapel, Holland und Etrurien, und unseren anderen Bundesgenossen, deren Untertanen so wie die unsrigen Opfer der Ungerechtigkeit und der Barbarei der englischen Seegesetzgebung sind, mitgeteilt werden.

Art. 11. Unsere Minister der auswärtigen Angelegenheiten, des Krieges, der Marine, der Finanzen, der Polizei, und unsere Generalpostdirektoren sind, jeder in dem, was ihn betrifft, mit der Vollziehung des gegenwärtigen Dekrets beauftragt.“[1]

19. Oktober 1810: Napoleonisches Dekret von Fontainebleau

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1810 wurde das Napoleonische Dekret von Fontainebleau als eines der Folgedokumente des Berliner Dekrets erlassen.

"Das Dekret von Fontainebleau vom 19. Okt. 1810 verordnete sogar die Verbrennung und Vernichtung der englischen Waren." MGKL 1907

  1. Die Korrespondenz Napoleons, Band III. 1806–1815, übersetzt von Heinrich Kurz, Hamburg 2019