Schachendspiele/ Bauernendspiele/ Mehrbauer
In den meisten Fällen sichert ein Mehrbauer in einem Bauernendspiel den Sieg. Ausnahmen gibt es, wenn nur noch wenige Bauern vorhanden sind, wenn die Position der Bauern ungünstig ist oder wenn der eigene König nicht mobilisiert werden kann.
Standardgewinnplan
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Zunächst der Standardplan in einem Endspiel mit Mehrbauer:
1. Mobilisierung des eigenen Königs: 1.Ke1-e2 Ke8-d7 2.Ke2-d3 Kd7-c6 3.Kd3-c4 a7-a5 4.a2-a3 Kc6-b6
2. Bildung eines Freibauern: 5.b2-b4 a5xb4 6.a3xb4 Kb6-c6 7.b4-b5+ Kc6-b6 8.Kc4-b4 g7-g6
3. Reservetempis des Gegners verbrauchen lassen: 9.h2-h3 f7-f6 10.g2-g3 h7-h6 11.f2-f3 h6-h5 12.Kb4-c4 g6-g5 13.g3-g4 h5-h4
3. Opfer des Mehrbauern, um andere Bauern zu gewinnen: 14.Kc4-d5 Kb6xb5 15.Kd5-e6 Kb5-c4 16. Ke6xf6 Kc4-d3 17.Kf6xg5 Kd3-e3 18.f3-f4 und gewinnt
Doppelbauer
[Bearbeiten]Auch mit einem Doppelbauern sind viele Stellungen noch gewonnen. Einen interessanten Vergleich gestatten die drei Stellungen 2a, 2b und 2c, die sich jeweils nur um ein Detail unterscheiden. Wenn in 2a und 2b Weiß am Zug ist, gibt es keine Gewinnmöglichkeit, weil der schwarze König immer die Opposition zum weißen König behält und so ein Eindringen des Weißen verhindert.
Wenn in Stellung 2a oder 2b Schwarz am Zug ist, kann er nicht verhindern, dass Weiß den Bauern d5 gewinnt:
1...Kf6-e6 2.Kf4-g5 Ke6-d6 3.Kg5-f6 Kd6-d7 4.Kf6-e5 Kd7-e7 5.Ke5xd5 Ke7-d7 6.Kd5-e5 Kd7-e7 7.d4-d5 Ke7-d7 8.d5-d6 Kd7-d8 9.Ke5-e6 Kd8-e8 10.d6-d7+ Ke8-d8
In Stellung 2a bleibt Weiß hier nichts anderes, als mit Ke6-d6 Patt zu setzen. In Stellung 2b kann er aber ein Reservetempo nutzen: 11.d2-d3 zwingt den schwarzen König, das Feld d8 zu räumen.
In Stellung 2c gewinnt Weiß auch, wenn er selbst am Zug ist, weil er mit 1.d2-d3 das Zugrecht auf Schwarz abwälzt und sich dadurch Stellung 2b mit Schwarz am Zug ergibt.
Gedeckter Freibauer
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Bei einem zentral gelegenen gedeckten Freibauern gewinnt die Freibauernpartei leicht, weil es keine Patt- und Zugzwangmotive gibt. Eine mögliche Fortsetzung in dieser Stellung:
1.Ke2-e3 Ke7-e6 2.Ke3-f4 Ke6-e7 3.Kf4-f5 Ke7-f7 4.e5-e6+ Kf7-e7 5.Kf5-e5 Ke7-e8 6.Ke5xd5
Jetzt hat Weiß bereits zwei verbundene Freibauern und wird gewinnen.
Mit Schwarz am Zug sind die ersten Züge leicht zu sehen:
1...Kc5-d5 2.Kc3-d3 Kd5-c5 3.Kd3-e4 Kc5-d6 4.Ke4-d4 Kd6-c7
Naheliegend wäre jetzt die Opposition mit Kd4-c5, aber das führt zum Patt:
5.Kd4-c5 Kc7-b7 6.b5-b6 Kb7-a6! mit Remis
Weiß muss mit Kd4-d5! die Opposition vermeiden:
5.Kd4-d5 Kc7-b6 6.Kd5-d6 Kb6-b7 7.Kd6-c5 das ist dieselbe Stellung wie zuvor, aber mit Schwarz am Zug!
7...Kb7-c7 8.b5-b6+ und gewinnt.
Weiß am Zug muss die Zugreihenfolge herumdrehen, d.h. Schwarz an den Zug bringen. Das geht am leichtesten durch:
1.Kc3-c2! Kc5-d6 2.Kc2-d2 Kd6-e6 3.Kd2-c3 Ke6-e5 4.Kc3-c4 Ke5-d6 5.Kc4-d4 und gewinnt.
Die Grundidee für den ersten weißen Zug findet man in vielen Bauernendspielen: Um die Opposition zu halten, muss es für jedes Feld des weißen Königs ein Feld des schwarzen Königs geben. Das Schwarz fehlende Feld für b3 (=1) ist nicht schlimm, weil er alternativ d5 (=5) wählen kann. Aber für das Feld c2 (=3) hat er keine Alternative, weil hier ein Feld benötigt wird, von dem man auf alle Gegenfelder von b2, b3, c3, d2 und d3 wechseln können muss. Das einzige dafür in Betracht kommende Feld c6 darf der schwarze König nicht betreten. Er kann auch nicht nach c4 vorrücken, weil er dadurch das Quadrat des b-Bauern verlassen würde:
1...Kc5-c4? 2.b5-b6! und gewinnt.
Schwarz am Zug verliert schnell, weil er von seinem Bauern abgedrängt wird. Weiß am Zug kann aber nicht durchbrechen. Dem schwarzen König gelingt es immer, zugleich im Quadrat des a-Bauern zu bleiben und die Opposition zum weißen König zu halten:
1.Kd3-e3 Kd5-e5 Horizontalopposition
2.Ke3-f3 Ke5-d5 Diagonalopposition
3.Kf3-f4 Kd5-d4 Vertikalopposition
Kein Durchkommen, Remis!
In dieser Stellung ist sofort klar, dass Weiß gewinnt, wenn er entweder e2 oder f2 mit seinem König besetzen kann. Dann bricht der weiße König aus seinem Käfig aus. Um das zu verhindern, muss der schwarze König jetzt entweder auf e3 oder f3 ziehen. Welches Feld ist das richtige?
Ein drittes Gewinnfeld für Weiß ist b3. Um das Besetzen dieses Feldes durch Weiß zu verhindern, muss der schwarze König rechtzeitig auf b4 oder a4 zu stehen kommen. Mit diesen Überlegungen kann man sich die Gegenfelder überlegen, siehe die Nummerierungen auf dem Brett.
Der schwarze König darf das Feld b4 erst betreten, wenn der weiße im Zug davor das Feld a2 betreten hat. Daraus folgt für den ersten schwarzen Zug:
1...Kf4-f3! der einzige Zug!
2.Ke1-d1 Kf3-e3 3.Kd1-c1 Ke3-d4 4.Kc1-b1 Kd4-c5 5.Kb1-a2 Kc5-b4 6.Ka2-a1 Netter Versuch
6...Kb4-b5 clever gekontert
7.Ka1-b1 Kb5-c5 8.Kb1-c1 Kc5-d4 9.Kc1-d1 Kd4-e3 10.Kd1-e1 und die Ausgangsstellung ist wieder erreicht, Remis
Rückständiger Bauer
[Bearbeiten]In Stellung 7a kann Weiß am Zug nicht gewinnen, weil Schwarz nicht vertrieben werden kann. Das Vorrücken des weißen e-Bauern und Abtauschen gegen den schwarzen d-Bauern führt zu einem bereits bekannten remisen Endspiel:
1.e3-e4 d5xe4 2.Kf4xe4 Kf6-e6
Schwarz am Zug muss die Opposition aufgeben und verliert:
1...Kf6-e6 2.Kf4-g5 Ke6-d6 3.Kg5-f6 Kd6-d7 4.Kf6-e5 Kd7-e7 5.Ke5xd5 gegen zwei verbundene Freibauern ist Schwarz machtlos.
In Stellung 7b kann Weiß sein Reservetempo e2-e3 einsetzen, wodurch sich Stellung 7a mit Schwarz am Zug ergibt.
Diese Stellung unterscheidet sich von den zuvor untersuchten in zwei Details:
- Der b-Bauer ist sehr weit vorgerückt, sodass der schwarze König hinter dem Bauern zu wenig Platz zur Verteidung hat.
- Außerdem ist das Quadrat des b-Bauern sehr klein, es reicht nur bis zur d-Linie. Entfernt sich der schwarze König weiter, entscheidet der Durchbruch Bc5-c6!
Mit Schwarz am Zug:
1...Kd7-c8 2.Kd5-d6 Kc8-d8 3.Kd6-e6 Kd8-c8 Schwarz kann wegen der Quadratregel nicht folgen
4.Ke6-e7 Kc8-b8 5.Ke7-d7 Kb8-a8 6.c5-c6 Natürlich nicht Kd7-c7 mit Patt
6...b7xc6 9.Kd7-c7 und der Bauer marschiert durch
Mit Weiß am Zug führt folgendes Manöver zum Erfolg:
1.Kd5-e5! Schwarz kann wegen dem Verlassen des Quadrats nicht Kd7-e7 spielen
1...Kd7-c6 2.Ke5-d4 Kc6-d7 3.Kd4-d5 Es ist wieder die Ausgangsstellung erreicht, jetzt mit Schwarz am Zug
Verbundene und bewegliche Bauern
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Weiß am Zug darf nicht 1. e3-e4+ spielen, denn das führt zum Remis:
1. e3-e4+? d5xe4+ 2. d3xe4+ Kf5-e5 3. Kd3-e3 mit Remis
Aber mit 1. d3-d4 kann die Stellung 7a mit Schwarz am Zug herbeigeführt werden:
1. d3-d4 Kf5-e6 2. Kf3-g4 Ke6-f6 3. Kg4-f4 mit Gewinn, siehe 7a
Mit Schwarz am Zug kann ebenfalls Stellung 7a erzwungen werden:
1... Kf5-g5 2. Kf3-g3 Kg5-f5 3. Kg3-h4 Kf5-f6 4. Kh4-g4 Kf6-g6 5. Kg4-f4 Kg6-f6 6. d3-d4 mit Gewinn, siehe 7a
Weiß am Zug erreicht nur Remis, weil der entstehende Freibauer ein Randbauer ist:
1. a3-a4 Kc5-d5 2. b3-b4 a5xb4+ 3. Kc3xb4 Kd5-c6 4. Kb4-a5 Kc6-b7 Remis, weil der König nicht aus der Ecke vertrieben werden kann
Schwarz am Zug verliert, weil er den Verlust seines einzigen Bauerns nicht verhindern kann:
1... Kc5-d5 2. Kc3-d3 Kd5-c5 3. Kd3-e4 Kc5-d6 4. Ke4-d4 Kd6-c6 5. Kd4-c4 Kc6-b6 6. Kc4-d5 Kb6-b5 7. Kd5-d6 Kb5-b6 8. a3-a4 mit Zugzwang
Weiß am Zug erreicht nur Remis
1. b3-b4+ Was sonst? Auf Königszüge hält Schwarz mühelos die Opposition (horizontal, vertikal oder diagonal)
1... Kc5-d5 2. Kc3-d3 Kd5-e5 3. Kc3-e3 Ke5-d5 Es gibt keine Gewinnidee für Weiß
Aber auch Schwarz am Zug hält leicht Remis:
1... b3-b4+! 2. a3xb4+ Kc5-b5 3. Kc3-c2 Kb5xb4 4. Kc2-b2 Kb4-b5 das ist eine bereits bekannte remise Stellung
Isolierte Bauern
[Bearbeiten]Ist In Stellung 11a Weiß am Zug, führt das Vorrücken eines der beiden Bauern sofort zum Remis:
1.c4-c5 d6xc5 2.Kd5xc5 Kd7-e6 3.Kc5-d4 Ke6-d6 das ist eine bereits bekannte remise Stellung
Er kann aber versuchen zu manövrieren:
1.Kd5-d4 Kd7-e6 2.Kd4-d3 Ke6-e5 3.Kd3-e3 Ke5-e6 4.Ke3-d4 Ke6-e7 5.e4-e5 Ke7-e6! Der einzige Zug.
Falsch wäre 5...d6xe5+ 6.Kd4xe5 Ke7-d7 7.Ke5-d5 Kd7-c7 8.Kd5-c5 Kc7-d7 9.Kc5-b6 Weiß hat eines der Schlüsselfelder besetzt und bekommt eine Dame.
Aber nach 6.e5xd6 Ke6xd6 behält Schwarz die Opposition und macht Remis.
Schwarz am Zug verliert:
1...Kd7-e7 2.e4-e5! (Kd5-c6 wird mit Ke7-e6 beantwortet) d6xe5 3.Kd5xe5 Diese Stellung war in der Nebenvariante bei der Analyse mit Weiß am Zug bereits als verloren für Schwarz klassifiziert worden.
Stellung 11b mit Weiß am Zug muss nicht analysiert werden, weil Weiß durch das Vorrücken des e-Bauern Stellung 11a mit Schwarz am Zug herbeiführen kann. Mit Schwarz am Zug umtänzeln beide Könige den Bauern d6:
1...Kd7-e7 2.Kd5-c6 Ke7-e6 3.e3-e4 Weiß setzt sein Reservetempo ein.
3...Ke6-e5 (Geht Schwarz nach e6 zurück, dann 4.Kc6-c7 mit ähnlichem Verlauf, wie jetzt folgend)
4.Kc6-d7 Ke5-d4 (Siehe Diagramm 11c) 5.Kd7xd6 Eine wunderbare Stellung. Egal welchen Bauern Schwarz auch schlägt, der andere geht zur Dame.
Im Unterschied zu den unter 11 behandelten Stellungen befindet man sich hier am Brettrand. Mit Weiß am Zug ist es, wie bereits analysiert, Remis, aber durch die Nähe zum Brettrand kann Schwarz jetzt auch Remis halten, wenn er am Zug ist.
1...Kb7-c7! Der einzige Zug. (1...Kb7-a7? 2.a4-a5 b6xa5 3.Kb5xa5 Ka7-b7 4.Ka5-b5 Kb7-c7 5.Kb5-c5 mit Gewinnstellung)
2.c4-c5 b6xc5 3.Kb5xc5 Kc7-b7 4.Kc5-b5 Kb7-a7 Der schwarze König kann nicht aus der Ecke vertrieben werden, Remis.
Freibauer
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Stellungen dieses Typs sind leicht gewonnen. Weiß rückt zunächst seinen Freibauern vor. Der schwarze König muss zu diesem Freibauern gehen, um ihn zu schlagen. Diese Ablenkung nutzt der weiße König, um seinerseits den letzten verbliebenen schwarzen Bauern zu schlagen und eines der Schlüsselfelder seines neuen Freibauern zu besetzen.
Der Unterschied zwischen den Stellungen 13a und 13b besteht darin, dass Weiß in Stellung a seinen f-Bauern sofort vorrücken kann, weil sein König den schwarzen Bauern bereits angreift. In Stellung b ist es notwendig, zunächst den f-Bauern mit dem König zu unterstützen, um damit auch die eigene Königsstellung zu verbessern.