Sei doch vernünftig: Universelle Werte

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Universelle Werte


Werte sind dann von der Zeit oder von einer bestimmten Kultur abhängig, wenn die dahinterstehenden Probleme zeit- und kulturabhängig sind. Nur in diesem Sinne sind sie relativ (siehe vorhergehender Abschnitt).

Einige moralische Werte betreffen aber Probleme, die für alle Menschen zu allen Zeiten gleich sind. Zum Beispiel möchte kein Mensch gefoltert werden, zu keiner Zeit, in keiner Kultur. Daher ist auch die optimale moralische Lösung die gleiche für alle Menschen und alle Zeiten. Wir sprechen dann bei Werten, die solche zeitlosen Probleme lösen, von universellen Werten.

Vor allem die Menschenrechte enthalten in diesem konkreten Sinn universelle Werte, die die Probleme aller Menschen lösen.

Die Ablehnung der Menschenrechte in bestimmten Ländern wäre objektiv richtig, wenn die Menschen dort grundsätzlich diese Probleme nicht hätten oder für alle Betroffenen dort andere Probleme viel wichtiger wären als die, die mit den Menschenrechten gelöst werden.

Aber ist das der Fall? Gibt es Menschen, die gerne gefoltert, ihrer Arbeitsmöglichkeit oder ihrer Freiheitsrechte beraubt werden wollen?

Hier zur Illustration einige der UN-Menschenrechte vom 10.12.1948 und welche Probleme sie lösen (wollen):


§ 3 Leben, Freiheit, Sicherheit (Das zu lösende Problem: Tod, Gefangenschaft, Willkür)

§ 4 Sklaverei (Das zu lösende Problem: Zwangsarbeit, Gefangenschaft)

§ 5 Folter (Das zu lösende Problem: zu Unrecht Schmerzen und Erniedrigung erleiden)

§ 6 Rechtsperson (Das zu lösende Problem: Klageverbot)

§ 13 Freizügigkeit (Das zu lösende Problem: der Staat als Gefängnis)

§ 14 Asylgewährung (Das zu lösende Problem: staatliche Willkür)

§ 19 Redefreiheit (Das zu lösende Problem: Fehlerkorrektur an der Regierung)

§ 20 Versammlungsfreiheit (Das zu lösende Problem: politische Mitbestimmung)

§ 23 Recht auf Arbeit (Das zu lösende Problem: Versorgungs- und psychisches Problem)

§ 26 Recht auf Bildung (Das zu lösende Problem: Selbstverwirklichung, Chancengleichheit)


Ewige Werte sind also nicht ewig, weil sie irgendwo in einem Reich des Guten so beschlossen wurden, sondern sie sind bestenfalls universelle Werte, wenn die Problemlage für alle Menschen und für ziemlich lange Zeit immer die gleiche bleibt.
  • Und wenn uns eines Tages eine bessere Lösung einfällt, dann werden wir auch universelle Werte noch einmal korrigieren. (Werden wir vielleicht demnächst das Recht auf Arbeit in ein Recht auf Versorgtsein umwandeln, sobald klar ist, dass es nicht genügend Arbeitsplätze für alle gibt?)
  • Wenige Menschen und auch nur wenige Philosophen glauben, dass es objektive oder universelle Werte gibt. Woher kommt das?
  • Übrigens können wir nun das viel missbrauchte Wort Menschenwürde wieder mit konkretem Sinn füllen, wenn wir darunter die Werte verstehen, die sich in diesen fundamentalen Paragraphen der UN-Menschenrechte ausdrücken. Verletzung der Menschenwürde bedeutet Verletzung eines Menschen im Hinblick auf eines oder mehrere dieser Menschenrechte. (Ein Vorschlag von W. Ch. Zimmerli, Einmischungen (1993), S. 64)
  • Die Menschenrechte sind extrem wichtig, vor allem für die, die sie nicht haben.

Lies weiter hier: Was sagen unsere Politiker dazu?