Vater Rhein/ Rheinfahrt/ 190123 Laufenburg

Aus Wikibooks

Vater Rhein/ Rheinfahrt/ 190124_Laufenburg

Navigieren: << Vater Rhein| < Laufenburg (Hochrhein)

Rheinfahrt[Bearbeiten]

Nach Basel[Bearbeiten]

59

Das ist die Lauffenburg. Der Wechsel der Landschaft ist überraschend, eine scharfe Wendung des Stromes, welche die Flut zur höchsten Kraftentfaltung zwingt, liegt uns plötzlich vor Augen, eng und schroff rücken die Felsentrümmer zusammen, zwischen denen der Strom sich mühsam seinen Weg bahnt. Kreisend und sprühend windet die Flut sich um die tiefgewurzelten Blöcke; der weiße Schaum spritzt an den Zinken empor, und manche sind schon

60

so ausgespült, daß man wähnt, sie brächen jede Stunde zusammen. Es ist eine letzte Erinnerung an die einstige stürmische Jugend, es ist ein schwacher Nachhall jenes großen Wagestücks, das der Rhein bei Schaffhausen vollbrachte. Und solcher Nachhall tritt selbst im Namen zu Tage, indem man auch diese Stromschnelle den "Lauffen" heißt. Wenn die Schiffe noch weiter wollen, so werden sie bei günstigem Wasserstande an Seilen hinabgelassen; nur selten wagt es einer, die lebensgefährliche Fahrt zu versuchen, wie der junge Lord Montague, der am selben Tage im Strome versank, da sein Ahnenschloß im fernen England ein Raub der Flammen wurde.

Aber selbst ohne diese Erinnerung, die unvertilgbar im Gedächtnis der Bewohner haftet, hat Laufenburg einen düsteren, fast unheimlichen Charakter; wie herausgewachsen aus den zerklüfteten Felsen sehen die verwitterten Häuser aus, die hoch und schmal das Ufer krönen. Die Stirnseite ist dem Strom und seinen Unbilden abgewandt und auf der Rückseite zieren nur wenige Fenster die graue Wand; ein enger Fußsteig führt aus manchem Hinterpförtchen herab über die Riffe des Ufers.

So baut sich das Städtlein auf - in der Tiefe der graue brausende Strudel, über den Felsen die grauen Häuser, und über ihnen der grüne waldestiefe Hügel, von dessen Gipfel die Mauern einer Burg herniederragen. Aber die Burg ist längst zerfallen und menschenleer, nur der unbeugsame Turm steht noch in alter Herrlichkeit, kein bunter Wimpelweht von seiner Höhe, sondern nur eine mächtige Föhre hat sich seit hundert Jahren in seinen Zinnen festgenistet und ist das grünende Symbol vergangener Herrlichkeit. Mit leisem Rauschen zieht der Wind durch ihre Wipfel.

Eine schmale, halb mit Holz gedeckte Brücke verbindet die beiden Städtlein Groß- und Klein-Laufenburg und das Schweizerland mit dem deutschen Reiche. Unten am Strande aber auf dem glattgespülten Kies hängt allerlei Fischerzeug und feines Netzwerk an den Pflöcken; denn eben hier ist eine der wichtigsten Stellen für den Fang der Salmen, die vom Niederrhein bis in die Schweiz hinaufgehen. An einzelnen Stellen, wo das Wasser seicht und sonnig ist, schwillt die Zahl der jungen Fische bisweilen so massenhaft an, daß sie die Oberfläche verdunkeln, sie

62

bilden den wichtigsten Erwerbszweig dieser ganzen Strecke. Daneben aber hört man aus der Tiefe des Waldes die eisernen Hämmer klingen und die langen aufgeschichteten Stämme am Ufer zeigen, daß auch die Flößerei und der Handel mit Holz in Blüte steht.

rheinfahrt, S. 59-62