Bogenbau/ Materialien/ Glutinleime

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Unter den Glutimleimen werden mehrere Leime zusammengefasst, deren Ausgangsprodukt Kollagen ist (sie werden deshalb auch Kollagenleime genannt), darunter Knochenleim, Hautleim, Hasenleim, Hausenblasenleim und Gelatine. Sie werden aus tierischen Abfällen durch Abkochen von Knochen (Knochenleim), Haut (Hautleim) etc. hergestellt.

Den Glutinleimen ist gemeinsam, dass sie gerne zum Verkleben von Holz mit tierischen Materialien (Federn, Sehne und Horn) eingesetzt werden, da der Leim zu einem grossen Teil aus dem selben Material wie letztere besteht und so starke Verbindungen entstehen.

Zur Verarbeitung müssen sie permanent warm gehalten werden. Gewöhnlicherweise geschieht dies im Wasserbad in einer Pfanne. Sie sind Warmleime: Glutinleime werden erst beim Erwärmen flüssig und wechseln beim Erkalten wieder zu einer gelatineartigen Konsistenz. Es kann nur in warmem Zustand verklebt werden, sonst hält er gleich fest wie Vanillepudding, nämlich gar nicht. Dies ist ein enormer Vorteil gegenüber lösungsmittelbasierten Klebern: Durch das schnelle «Erstarren» bleiben geleimte Stücke sofort aneinander haften und verrutschen nicht; Speziell beim Befiedern ist dies sehr nützlich, wenn die Federn nicht einfach wieder abfallen.

Qualitativ schlechter Hautleim zerfliesst beim Aufweichen im Wasser, während guter Leim nur aufquillt.

Zusatzstoffe[Bearbeiten]

Früher wurde hauptsächlich mit Glutinleimen geklebt – im Holzbau, in Buchbindereien, etc. Dementsprechend wurde auch experimentiert, wie die Eigenschaften des Leimes an die Bedürfnisse angepasst werden können. Beispielsweise verhindert eine Messerspitze Ascorbinsäure (Vitamin C) die Schimmelbildung, Kupfersulfat schützt vor Milbenfrass (was aber bei trocken gelagerten Pfeilen kein Problem darstellen sollte). Mit Zinkoxid kann Hautleim weiss gefärbt werden, und durch Zugabe von Kali- oder Chromalaun oder Tannin wird der Leim nach dem Trocknen wasserunlöslich(er). Durch etwas Glycerin (2 % Volumenanteil auf den trockenen Leim) werden Glutinleime elastischer, und Essigsäure (2–5 % Volumenanteil 40-prozentige) senkt der Gelierpunkt auf bis 21 °C, etwa Raumtemperatur.[1]

Zum Furnieren wurden ausserdem Füllmittel wie Kreide oder Kalkmehl für einen dickeren, beim Anpressen weniger durchschlagenden Leim zugegeben. (Durchschlagen bedeutet, dass der Leim durch die dünne Holzschicht durch die Poren gedrückt wird und auf der Oberfläche sichtbar wird.)[2][3]

Für den Bogenbau sind Zusatzstoffe jedoch nicht von Bedeutung.

Verarbeitung[Bearbeiten]

Hasenleim, trocken und gelöst

Hinweis: Es sollte immer nur so viel Leim angemacht werden, wie für den aktuellen Tag auch benötigt wird, da die Klebekraft nach mehrfachem Aufwärmen und Eintrocknen nachlässt. Feuchter Leim beginnt ausserdem nach einigen Tagen zu schimmeln, wenn er nicht erwärmt wird. Grössere Überreste können notfalls entweder eingefroren oder getrocknet werden.

Achtung: Nicht in einem Glasbehälter trocknen lassen! Der Leim zieht sich beim Trocknen zusammen und kann das Glas zerstören – speziell Hautleim, der hier sehr gute Haftung zeigte. (Das ist kein Witz. Wer mag, darf es gerne ausprobieren.) Buchbinder haben als Gefäss eine Kupferschale verwendet.

Ansetzen[Bearbeiten]

Glutinleime werden in trockenem Zustand gelagert. Vor der Verwendung wird zuerst die benötigte Menge Leim in mindestens dieselbe Menge Wasser gegeben; der Leim quillt dann, und für die Verarbeitung muss er nur noch kurz erwärmt werden. Glutinleime können das 5-fache und mehr an Wasser aufsaugen (wie Gummibärchen, die ins Wasser gelegt werden). Dann ist der Leim jedoch zu dünnflüssig und muss eingedickt werden. Ein guter Anfangspunkt ist die gleiche Menge Wasser; durch Verdunstung beim warm halten sinkt der Wasseranteil konstant, kann aber durch Wasserzugabe einfach wieder erhöht werden.

Fürs Einweichen sollte etwa eine Stunde einberechnet werden. Mehr schadet natürlich nicht. Erwärmen beschleunigt den Vorgang.

Es ist wichtig, daran zu denken, dass das zugegebene Wasser beim Trocknen wieder verdunstet und der Leim somit schwindet. Die Leimfuge sollte daher ein wenig dicker sein als zum Beispiel bei 2K-Kleber. Zum Verkleben von Hartholz, etwa bei Nocken an den Tips, wird etwa so viel Wasser hinzugegeben, dass die trockenen Leimkügelchen gerade bedeckt sind; dies ergibt einen eher dickflüssigen Leim. Für die Befiederung wird beim warmen Leim Wasser hinzugegeben, bis er die Konsistenz von Flüssighonig hat.

Nun wird er im Wasserbad erwärmt auf bis 60 °C. Bei höheren Temperaturen – ab 75 °C – werden die Proteine denaturiert, der Leim zersetzt sich, und die Klebkraft lässt nach. (Einfache Daumenregel: Wenn man den Daumen ins Wasserbad taucht und es so heiss ist, dass man sich daran verbrüht, wird die Herdplatte (oder das Feuer etc.) ausgeschaltet.) Sobald der Leim warm wird, verflüssigen sich die mit Wasser vollgesaugten Leimkügelchen, und der Leim ist einsatzbereit.

Verarbeitung[Bearbeiten]

Die zu verklebende Oberfläche muss staubfrei sein, am einfachsten ist es, sie mit einem feuchten Lappen abzuwischen und danach trocknen zu lassen. Ausserdem wird sie vor dem Verkleben mit Schleifpapier (etwa Körnung 80) aufgerauht, um die Kontaktoberfläche zu vergrössern.

Zum Auftragen eignet sich zum Beispiel ein Stück Holz oder ein Leimpinsel[4], der Leim kann aber auch einfach mit dem Finger verstrichen werden. Achtung: Der Leim ist sehr schwer wieder aus dem Pinsel zu entfernen, also empfiehlt es sich, einen Pinsel speziell fürs Leimen verwenden. Er kann nach dem Einsatz ausgestrichen und getrocknet werden und wird beim nächsten Mal Leim anmachen mit ins Leimgefäss gestellt, damit sich der Leim in den Borsten wieder löst.

Die Stücke müssen nur kurz zusammengepresst werden, dabei austretender Leim kann bereits nach dem Abkühlen einfach und rückstandsfrei abgerieben werden. Falls sich am Rand keine Leimwulst bildet, kann dies ein Zeichen einer möglicherweise schlechten Verbindung sein (zu wenig oder zu flüssiger Leim), und je nachdem, wie grosse Kräfte die Verbindung aushalten muss, sollte sie neu geleimt werden.

Beim Zusammenfügen muss der Leim noch flüssig sein, sonst hält die Verbindung nicht! Abgekühlte Stellen müssen gegebenenfalls erwärmt werden (Heissluftpistole, Herdplatte, Haarfön, Dampf o. ä.). Dies kann bei dünnen Stücken auch nachträglich noch geschehen, beispielsweise beim Anbringen des Griffleders: Hier muss nur das Leder nochmals erwärmt werden, um dessen Position zu korrigieren.

Wärmt man die Werkstücke vor – vor allem das zweite –, bleibt der Leim länger flüssig und die Verbindung hält fester. Schreiner verwendeten früher eigens fürs Verleimen grosse beheizte Wärmeplatten, um Holzbretter zu erwärmen, damit der Leim mindestens bis zum Zusammenfügen flüssig bleibt.

Trocknen[Bearbeiten]

Der Trockenvorgang dauert ungefähr einen Tag; Währenddessen zieht sich die Verbindung etwas zusammen. Danach ist die Verbindung voll belastbar.

Falls keine Gefahr besteht, dass die zusammengeklebten Teile verrutschen oder sich sonst lösen, können sie ohne weitere Fixierung getrocknet werden. Sonst klemmt man mit Schraubzwingen, Klemmen oder ähnlichem. Beim Bogen eignet sich in vielen Fällen (Hornnocke, Backing aus Rohhaut, Griff) eine stramme Wicklung aus Faden oder Bast aus dem Gartenbedarf gut, da er zusätzlich die Position hält.

Beim Trockenvorgang zieht sich Knochenleim stark zusammen (um so viel, wie ihm beim Auflösen Wasser zugegeben wurde). Er ist also nicht spaltenfüllend.

Mit einem Haarföhn kann oberflächlich aufgetragener Leim – zum Beispiel auf einer Pfeilwicklung – innerhalb von zwei bis drei Minuten bereits gebrauchsfertig getrocknet werden.

Knochen-, Haut- und Hasenleim[Bearbeiten]

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Von links nach rechts: Knochenleim, Hautleim, Hasenleim. Gemisch 1:1 mit Wasser, nach dem Quellen.
Wie im vorherigen Bild, nach dem Erwärmen.

Knochenleim ist relativ hart und eignet sich daher speziell für Teile, die sich nicht biegen (Pfeile befiedern, Hornnocken). Von den drei Leimen bleibt er am längsten flüssig, bis knapp über Zimmertemperatur, was für die Verleimung von grösseren Flächen von Vorteil ist. Ausserdem ist er, im selben Verhältnis mit Wasser gemischt, am flüssigsten mit etwa der selben Konsistenz wie flüssiger Waldhonig. Beim gelieren geht er zuerst in eine fondueähnliche Konsistenz über und zieht die längsten Fäden.

Hautleim ist elastischer und wird darum gerne für bewegliche Teile eingesetzt: Rohhautbacking, Kompositbogen, Facing auf der Bauchseite. Er ist dickflüssiger als Knochenleim und geliert schon deutlich früher – also bei höheren Temperaturen – als Knochenleim. Flüssig hat Hautleim eher eine Konsistenz von geschmolzenem Gummi. Von der schlussendlichen Stärke der Verklebung sind die beiden Leime vergleichbar, jedoch ist Hautleim bei der Verarbeitung deutlich klebriger und noch nach der Gelierung klebt er bei Kontakt noch an Glas. Diese Eigenschaft ist ein sehr grosser Vorteil beim Befiedern: Federn müssen nur kurz angedrückt werden und halten dann bereits ausreichend gut für die Wicklung.

Gelierter Hasenleim am Stück

Hasenleim (eigentlich Hasenhautleim) ist dem normalen Hautleim sehr ähnlich, jedoch noch ein gutes Stück flexibler. Die Verklebung soll allerdings etwas weniger stark sein. Im gelierten Zustand reisst Hasenleim deutlich weniger schnell als Hautleim, und er klebt praktisch nicht: Aus dem abgebildeten Gläschen liess sich mit dem Zahnstocher gleich das ganze Stück herausheben.

Früher wurden Knochen- und Hautleim gemischt, um die Vorteile beider Leime zu erhalten.[2]


Links[Bearbeiten]

  1. Nach Knochenleim – Anwendung und Eigenschaften erhöht die Zugabe von Essigsäure ausserdem die Klebekraft. Siehe auch: Knochenleim, erste Erfahrungen.
  2. 2,0 2,1 Fritz Spannagel: Der Möbelbau. Schäfer Th., 1954, ISBN 3-87870-666-9 (http://books.google.com/books?id=jhDDBmRP0VUC).
  3. Matthias Stappel: Knochenleim, Kasein, Kleister – Anwendung und Eigenschaften alter Leime. 2004 (http://www.klavierwerkstatt-hannover.de/downloads/Knochenleim%20-%20Anwendung%20und%20Eigenschaften_1225705034.pdf).
  4. Früher wurden spezielle Leimpinsel (siehe Make Your Own (Non-Metallic) Hide Glue Brush!) ohne Metall verwendet, da Eisen den Leim verfärbt und die Klebkraft beeinträchtigen kann, mit rostfreiem Stahl ist dies jedoch nicht mehr von Bedeutung.