Zum Inhalt springen

Das Mehrkörperproblem in der Astronomie/ Grundlagen/ Mittlere und momentane Beschleunigung

Aus Wikibooks

Definition

[Bearbeiten]

Die Kenntnis der momentanen Geschwindigkeiten - wiederum sollen zunächst nur Beträge statt Vektoren diskutiert werden - setzt wiederum diejenige der momentanen Beschleunigungen voraus. Diese stellt wie die momentane Geschwindigkeit eine Idealisierung dar, denn auch eine Änderung der Geschwindigkeit lässt sich nur für einen bestimmten von Null verschiedenen Zeitraums erfassen. Daraus resultiert eine mittlere Beschleunigung

Diese Mittelung kommt auch in Redewendungen wie „in 10 s von 0 auf 100“ zum Ausdruck. Um die entsprechende mittlere Beschleunigung zu bestimmen, müssen für Zeit und Geschwindigkeit natürlich analoge Einheiten benutzt werden. 100 km/h entsprechen 100 / 3.6 ≈ 28 m/s, woraus eine mittlere Beschleunigung von 28 m/s / 10 s = 2.8 m/s2 folgt – pro Sekunde nimmt die Geschwindigkeit im Mittel um 2.8 m/s zu.

Wie für die Geschwindigkeit kann man auch für die Beschleunigung zumindest näherungsweise Momentanwerte gewinnen, indem man nur über sehr kurze Zeiträume misst. Fährt man mit hoher Geschwindigkeit in eine Kurve, so erfährt man plötzlich eine senkrecht zur Fahrtrichtung nach „außen“ wirkende Beschleunigung.

In der technischen Praxis wird die Beschleunigung nicht mit Hilfe obiger Definition, sondern auf Grundlage des Newtonschen Kraftgesetzes bestimmt, in dem die auf eine bekannte Masse ausgeübte Kraft gemessen wird. Die Definition der Beschleunigung als Änderung der Geschwindigkeit pro Zeitintervall ist jedoch fundamental für die im nächsten Kapitel vorgestellten Lösungsmethoden des Mehrkörperproblems.

Auf das Newtonsche Kraftgesetz wird im folgenden Unterkapitel ausführlich eingegangen. Anwendungen wie Trägheitsnavigation oder Seismologie belegen, dass man anhand dieses Prinzips Beschleunigungen auch für sehr kurze Zeiträume messen und damit dem Ideal der Momentanbeschleunigung sehr nahe kommen kann.


Änderung der Geschwindigkeit als Fläche unter der Kurve momentane Beschleunigung gegen die Zeit


Die während eines gewissen Zeitraums eintretende Änderung der Geschwindigkeit lässt sich auf ähnliche Weise berechnen wie die zurückgelegte Strecke. Man trägt nun die Momentanbeschleunigung gegen die Zeit auf und betrachtet wiederum die Fläche unter der dazugehörigen Kurve. Bei gleichbleibender Beschleunigung erhält man abermals ein Rechteck in Übereinstimmung mit der Vorschrift Änderung der Geschwindigkeit = Beschleunigung ∙ Zeit.

Ebenso wie Ort und Geschwindigkeit stellt auch die Beschleunigung einen Vektor dar. Um den mittleren Beschleunigungsvektor zu bestimmen, muss man für den Geschwindigkeitsvektor die zeitliche Änderung einer jeden Komponente untersuchen:

Im Falle eines konstanten Beschleunigungsvektors lautet dementsprechend die Änderung des Geschwindigkeitsvektors im Verlauf eines gewissen Zeitintervalls:


Einschub für Fortgeschrittene: Definition der Beschleunigung

Die folgende Diskussion ist derjenigen über die Geschwindigkeit vollkommen analog. Die mittlere Beschleunigung ist gegeben durch die während eines Zeitraums sich einstellenden Änderung der Geschwindigkeit .

Erneut ist der momentane Wert als Grenzwert des Mittelwerts definiert.

Dies bedeutet, dass die momentane Beschleunigung mit der ersten Zeitableitung der Geschwindigkeit identisch ist.

Die während eines endlichen Zeitraums beobachtbare Änderung der Geschwindigkeit folgt aus dem Integral über .

Wieder liefert die Division mit die Beziehung zwischen momentanem und mittlerem Wert.

Beschleunigung und Strecke

[Bearbeiten]

Oft ist nicht nur der Zusammenhang zwischen Beschleunigung und Geschwindigkeit, sondern auch direkt zwischen Beschleunigung und zurückgelegter Strecke von Interesse (wobei abermals zunächst nur Beträge diskutiert werden). Für den Spezialfall einer konstanten Beschleunigung lässt er sich wiederum graphisch recht einfach herleiten.


Zurückgelegte Strecke als Dreiecksfläche unter der Kurve momentane Geschwindigkeit gegen die Zeit bei Bewegung mit konstanter Beschleunigung


Wird ein Körper aus der Ruhelage heraus konstant beschleunigt, so nimmt seine Geschwindigkeit direkt proportional zur verflossenen Zeit zu. Die dabei zurückgelegte Strecke ist dann als Dreiecksfläche unter der Geschwindigkeitskurve gegeben. Die Grundlinie des Dreiecks ist durch die verstrichene Zeit , dessen Höhe durch gegeben. Aus der wohlbekannten Beziehung Dreiecksfläche = Grundlinie ∙ Höhe / 2 folgt so:

Diese Beziehung gibt z.B. an, welche Strecke man nach einer gewissen Zeit beim freien Fall unter Vernachlässigung des Luftwiderstands zurückgelegt hat. Für ist dann der Wert von 9.81 m/s2 für die Fallbeschleunigung einzusetzen. Nach 1 s ist man 4.9 m, nach 2 s aber schon das vierfache, nämlich 19.6 m gefallen.

Setzt man bzw. in obige Formel ein, gewinnt man folgende von der Zeit unabhängige Beziehung zwischen Strecke und Geschwindigkeit:

Damit kann man z.B. berechnen, mit welcher Geschwindigkeit man bei einer bestimmten Fallhöhe auf dem Boden ankommt. Bei einem Sprung vom 5-Meter-Brett beträgt die Aufprallgeschwindigkeit 9.9 m/s entsprechend 36 km/h. Ein vom 10-Meter-Brett fallender Turmspringer bringt es auf 14.0 m/s bzw. 50 km/h.

Weist ein konstant beschleunigter Körper zu Beginn bereits eine gewisse Geschwindigkeit auf, so muss zur nach einer Zeit bewältigten Strecke der Anteil hinzuaddiert werden, so dass gilt.

Betrachtet man Ort, Geschwindigkeit und Beschleunigung abermals als Vektoren, so ist obige Formel für jede Komponente einzeln anzuwenden:


Einschub für Fortgeschrittene: Beschleunigung und zurückgelegte Strecke

Aus den Definitionen von momentaner Beschleunigung und Geschwindigkeit folgt, dass erstere durch die zweite Zeitableitung der Strecke gegeben ist.

Dadurch ist die Berechnung der zurückgelegten Distanz aus der momentanen Beschleunigung allgemein etwas aufwendiger. Die momentane Geschwindigkeit nach einem Zeitraum lässt sich schreiben als:

Die nochmalige Integration über obigen Ausdruck liefert für :

Für einen aus dem Ruhezustand heraus konstant beschleunigten Körper erhält man daraus wiederum die bereits oben graphisch abgeleitete klassische Beziehung.