Handbuch Gemüsebau/ Tomate/ Jungpflanzenanzucht

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Samengewinnung[Bearbeiten]

  • Allgemein: Generell ist die Samengewinnung durch Nachbau nur dann erlaubt, wenn der Sortenschutz abgelaufen ist oder nie bestanden hat. Dies wird durch das Sortenschutzgesetz geregelt. Davon sind vor allem sehr alte Sorten betroffen. Sinnvoll ist die Samenvermehrung auch nur dann, wenn es sich um OP-Sorten (engl. open pollinated varieties) handelt. Bei F1-Hybriden käme es zur Aufspaltung der Hybridisierung und einem sehr hohen Anteil etwa 50 %) an sortenuntypischen Pflanzen. Der Abstand zu Fremdbefruchtern beträgt 100 m. Eine Fremdbefruchtung ist aber sehr selten.
  • Utensilien und Material: Die Tomaten, sie werden wie üblich zur Gemüseproduktion angebaut. Dann wählt man eine Pflanze aus einer möglichst großen Anzahl der gleichen Sorte aus, die sortentypisch, gesund und vital ist. Die Früchte zur Saatgutgewinnung bleiben möglichst lange an der Pflanze, damit sie Vollreife erreichen können. Je besser die Früchte ausreifen und je länger sie an der Pflanze bleiben, desto besser der Samen. Sie können aber auch nachgereift werden. Es dürfen nur gesunde, gut ausgewachsene Früchte verwendet werden. Wenn sie schon sehr weich sind ist dies ein Zeichen fortgeschrittener Reife. Weiter benötigt werden wahlweise: Messer, Löffel, diverse Gefäße, Rührgeräte, Siebe, Tücher, Tüten, Gläser, Schreibzeug, Lagerplatz, evtl. Chlorwasserstoffsäure, Soda, Trockenmittel (Silikagel o.ä.).
  • Vorgehensweise: Die gereiften Früchte werden nach und nach geerntet, aufgeschnitten und nur der Samen mit seiner gallertartigen Masse in ein Gefäß ausgedrückt. Bei sehr kleinen Früchten kann auch die ganze Frucht verwendet werden. Den Rest der aufgeschnittenen Früchte kann man für Speisen weiterverwenden.
    • Fermentations-Methode: Zur Nassreinigung mit Gärung, auch Fermentierung genannt, wird der Samenbrei mit etwas Wasser verdünnt, stark aufgerührt oder vorsichtig mit einem Mixer püriert und zum Gären aufgestellt. Tomaten und Gurken benötigen diese Fermentation. Sie stellt ein Vorgang dar, der auch in der Natur nach dem Fruchtfall mit anschließender Verrottung stattfindet. Durch die während der Fermentation aktiven Bakterien werden auch viele samenbürtigen Krankheiten zerstört. Je nach Temperatur beginnt sich das Gemisch nach 3-8 Tagen einzutrüben und gärt leicht, was stark riechen kann. Die Gärung genügt dann, wenn sich an der Breioberfläche ein weißer oder grauer Schimmel bildet.
    • Chemische Methode: Bei dieser Methode wird Salzsäure (engl. hydrochloric acid) oder Soda (engl. sodium carbonate) verwendet. Bei dem mit bis 5 % angereicherten Brei setzt eine schnelle Zersetzung der gallertartigen Samenumhüllung ein. Soda erfüllt den gleichen Zweck und ist für den Anwender im Gebrauch weniger gefährlich verursacht jedoch eine braune Verfärbung der Samen, was sie beschädigt aussehen lässt. Nach der Behandlung müssen die Samen gründlich gespült werden, damit die Hilfsstoffe entfernt sind.
  • Dann wird der Brei in ein großes Gefäss umgefüllt und der Samen mit einem Wasserstrahl aufgespült. So werden die letzten Reste der gallertartigen Masse um den Samen entfernt, die guten Samen sinken zu Boden und die leeren, unbrauchbaren schwimmen wie das Fruchtfleisch an die Oberfläche. Was obenauf schwimmt, wird mit einem Sieb abgefischt oder abgegossen. Die guten Samen werden zum Trocknen in dünner Schicht auf Tücher, Siebe oder sonst eine saubere Unterlage ausgebreitet. Der Samen soll rasch und gut, aber nicht mit Gewalt (Backofen, große Hitze, Mikrowellenherd) getrocknet werden. Ziel ist ein Feuchtegehalt von 6 %. Der Feuchtegehalt kann annähernd ermittelt werden, indem Samen pulverisiert wird, 1 h bei 120 °C im Ofen getrocknet wird und die Gewichtsdifferenz bestimmt wird. Ist der Samen getrocknet, ist er sehr leicht und etwas klumpig. Deshalb werden die Samen durch leichtes Reiben zwischen den Handflächen vereinzelt. Anschließend wird er in Tüten oder Gläser gefüllt und mit Sorte, Jahr und weiteren Hinweisen beschriftet.
  • Aufbewahrung: Aufbewahrt wird der Samen in Papiertüten, Keimschutzpackungen mit PE- und/oder Alu-Schicht und in luftdichten Gläsern. Das Lager sollte lichtgeschützt, kühl (etwa 15 °C), trocken bei 30-40 % Luftfeuchte sein und keinen Temperatur- oder Feuchteschwankungen unterliegen. Am besten sind braune Gläsern mit eingeschliffenen Deckeln, in die noch ein Päckchen Trocknungsmittel hineingehängt oder -gelegt wird um den Samen trocken zu halten. Das Trocknungsmittel sollte alle 6-12 Monate durch frisches, rückgetrocknetes ersetzt werden. Reine Papiertüten oder Kunststoffgefäße sind weniger geeignet, weil Papier, aber auch Kunststoff, Feuchte aufnehmen und durchlassen kann. Auch Gummidichtungen sind nicht wirklich wasserdicht. Wenn die Möglichkeit dazu besteht, kann auch ein neutrales Schutzgas (Stickstoff) mit eingefüllt werden, um den Sauerstoff aus der Verpackung zu verdrängen. Gut gelagerter Tomatensamen mit 6 % Feuchtegehalt verliert 5-8 Jahre kaum an Keimfähigkeit.
  • Nachteile des Nachbaus: Wird von kranken Pflanzen Samen geerntet, werden die samenbürtigen Krankheiten mit in die neue Kultur genommen. Dies ist besonders bei gefährlichen, schwer bekämpfbaren Krankheiten wie etwa der Bakterienwelke Corynebacterium michiganense (syn. Clavibacter michiganense), einer Quarantänekrankheit, zu beachten. Kommerziell vertriebener Samen ist auf die wichtigsten Krankheiten getestet. Möglich sind auch Keimfähigkeitsverluste durch unsachgemäße Fermentierung.
  • Einfache Variante für den Hausgebrauch: Aus reifer Tomate einige Samenkerne mit der Gallerthülle entnehmen, auf Papierküchentuch ganz dünn ausbreiten, 2 Tage trocknen lassen, und dann samt dem Papier zusammengewickelt aufbewahren. Im Frühjahr einzeln abzupfen und sähen.

Samenbezugsquellen[Bearbeiten]

Samen können in Gartencentern und bei Samenhändlern bezogen werden. Es wird zwischen Profis/Produzenten (große Mengen und teure Spezialsorten) in Züchterpackungen und Hobby (Kleinstmengen günstiger Sorten für Consumer/Amateur) in sog. Bunten Tüten unterschieden. Möchte man später selber Samen nachziehen, empfiehlt sich die Verwendung von alten Sorten, die nicht mehr dem Sortenschutz unterliegen. Fragen Sie im Samenhandel. Man trägt so auch zur Erhaltung alter Sorten bei.

Saatgutqualität und Samenbedarf[Bearbeiten]

Material und Utensilien[Bearbeiten]

Aussaatmethode[Bearbeiten]

Termine und Wachstumsphasen[Bearbeiten]

Aussaatzeit[Bearbeiten]

Die beste Aussaatzeit für Freilandtomaten ist zwischen dem 25.- 30.3., für warme Gewächshäuser Aussaat Ende Februar , für kalte Mitte März. Bei früherer Aussaat vergeilen sie und tragen später weniger Früchte. Tomaten benötigen viel Licht, deshalb muss bei früher Anzucht für ausreichendes (künstliches) Licht gesorgt werden.

Keimung[Bearbeiten]

Die optimale Keimtemperatur bei Tomaten beträgt zwischen 21-23 Grad

Aussaat bis Pflanzung[Bearbeiten]

Werden die Jungpflanzen veredelt oder 2-triebig gezogen verlängert sich die Anzuchtdauer um 1 Woche.

Pflanzung[Bearbeiten]

Platzbedarf[Bearbeiten]

  • Pflanzenabstand und Pfl./m²: 2,3-2,5 Triebe/m².[1] Dabei wird ein Reihenabstand 80 cm und ein Abstand in der Reihe 50 cm (2,5 Pfl./m²) vorausgesetzt. Im kalten (ungeheizten) Sommeranbau wird von Anfang an dichter gepflanzt um das hohe Lichtangebot besser auszunutzen. Auch im erdelosen Anbau werden zusätzlich Seitentriebe gezogen sobald die Pflanze groß genug und genügend Einstrahlung vorhanden ist. Die Triebdichte steigt dann wie im kalten Sommeranbau auf 2,7-3,0 Triebe/m². Der Triebabstand in der Reihe kann so auf 44-33 cm sinken.[2] Diese Maßnahme führt zu einem ausgeglicheneren Klima, besonders der Luftfeuchte, im Gewächshaus und dadurch einem gleichmäßigeren Wuchs und Befruchtung des Bestandes.

Jungpflanzen[Bearbeiten]

  • Qualitätsmerkmale: Größe, Sorte, Resistenzen, Toleranzen, Blattanzahl bis 1. Blüte, Alter der Jungpflanze, Wachstumstyp, Herkunft, allgemeiner Habitus, Anzuchtmethode.
  • 1-trieb. vered. Pflanzen
    Cherrytomaten auf Kokosmatte
    Veredelung: Wie Versuche seit etwa 1996 zeigen, bringen Tomaten deutlichen Mehrertrag, wenn sie auf wüchsige (vegetatives Wachstum) Unterlagen veredelt werden. Seit dem Jahr 2003 werden veredelte Tomaten auch im Verkauf für den Hobbybereich angeboten. Als Veredelungsmethode hat sich die Kopfpropfveredelung gegenüber der Gegenzungenveredelung durchgesetzt und wird bereits maschinell durchgeführt. Mit der Veredelung verlängert sich die Jungpflanzenanzucht um etwa eine Woche. Die Unterlagen werden wegen ihrer Resistenzen und Toleranzen gegenüber Krankheiten verwendet und wurden aus wildwachsenden Tomaten selektiert. Sie schützt die Pflanze vor gängigen bodenbürtigen Krankheiten wie Korkwurzelkrankheit, Nematoden, Cladosporium, Fusarium und Meloidogyne, die über die Wurzel eindringen können. Ebenso wirkt die Veredelung physiologischen Stress (bewirkt generatives Wachstum) während Hitzeperioden entgegen. Einige Tomatenunterlagen sind ebenso für die Aubergine geeignet. Wichtig ist, veredelte Tomaten nicht zu tief zu pflanzen, um ein Bewurzeln der Sorte zu verhindern. Dies würde die Pflanze wieder gegenüber Krankheiten anfällig machen.
  • veredelte Pflanze 2-triebig
    Triebanzahl pro Pflanze: Meist werden noch 1-triebig unveredelte Pflanzen verwendet. Aber auch 1-triebig veredelte Pflanzen sind im Einsatz. Durch die Verwendung von sehr vegetativen Unterlagen ist auch die 2-triebige Kulturweise gegenüber der 1-triebigen ohne nennenswerte Ertragseinbussen möglich. Entscheidend ist in der Kultur dann die Triebanzahl/m². So kann bei gleich viel Trieben/m² mit der Hälfte der Pflanzen gearbeitet werden. Dies kann gesamt gesehen finanziell günstiger sein, obwohl veredelte Pflanzen teurer sind. Auch drei und mehr Triebe wurden getestet, haben sich aber nicht durchgesetzt. Die Triebanzahl/m² kann auch erst später erhöht werden indem zusätzlich ein starker Seitentrieb (immer der in der Blattachsel unter dem Blütentross) an einer Schnur aufgeleitet wird. Bei Pflanzungen im Januar bspw. ist noch zu wenig Licht vorhanden. Man beginnt daher mit weniger Trieben und erhöht ca. Mitte März, spätestens Ende März wenn die Lichtverhältnisse besser sind um 0,5 Triebe/Pflanze (jede 2. Pfl. ein Seitentrieb) und 2-3 Wochen später bei noch mehr Licht (Mai bis zu 700 W/m²) nochmals um 0,25 Triebe/Pflanze (jede 4. Pfl.).
  • Sämlinge in Saatschale
    Fertigpflanzen in Steinwolle auf Anstauboden
    Entwicklungsstadium der Jungpflanze: Keimling, Sämling, gezogene Pflanze, Speedy, Starter (siehe Bild "veredelte Pflanzen", Fertigpflanze.

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. M. Baladou et al, OCVCM, 30.5.1997, Tomate Detail de Culture aus:http://www.legumes.ch/
  2. P. van den Berge, FiBL, Nov. 97 in: Merkblatt Tomaten