Ing Mathematik: Folgen
Folgen stellen das Rückgrat der modernen Analysis und somit auch der Differential- und Intgeralrechnung dar. Auf Ihnen fußt die heute gängige Definition der reellen Zahlen und durch den Begriff der Konvergenz konnte die Infinitessimalrechnung auf ein mathematisch sauberes Gerüst gestellt werden. Wir werden uns in diesem Kapitel mit ihnen beschäftigen, verstehen was Konvergenz bedeutet und uns einige ihrer Eigenschaften anschauen.
Definition
[Bearbeiten]Definition Folge
Eine Folge ist eine Funktion, die den Werten im Definitionsbereich eine Zahl im Wertebereich zuordnet. Ist so heisst die Folge reelle Folge. Ist so heisst die Folge komplexe Folge.
Zur Notation: Spricht man von der Folge an sich, so schreibt normalerweise Klammern: . Mit einer solchen Notation ist die Menge der Folgenglieder gemeint; schreibt man nur , so meint man tatsächlich das n-te Folgenglied.
Beispiele:
Beschränktheit und Monotonie
[Bearbeiten]Diese Eigentschaften sind recht intuitiv. Sei eine reelle Folge. Dann gelten folgende Definitionen.
Definition Beschränktheit
Eine Folge ist nach oben beschränkt gdw.
gilt, also wenn es eine obere Schranke gibt.
Eine Folge ist nach unten beschränkt gdw.
Eine Folge ist beschränkt gdw.
oder alternativ
Bemerkung: Jede Zahl, für die die genannten Aussagen gelten, ist eine Schranke. Es handelt sich nicht zwangsläufig um die kleinste obere, bzw. größte untere Schranke!
Beispiele: Die Folge ist beschränkt mit der unteren Schranke und der oberen Schranke .
Definition Monotonie
Eine Folge heißt monoton wachsend oder steigend gdw.
also wenn jedes nachfolgende Folgenglied größer oder gleich dem vorherigen (und somit auch größer oder gleich allen vorherigen) ist.
Eine Folge heißt demnach monoton fallend gdw.
Eine Folge heißt streng monoton wachsend (fallend) gdw. jedes Folgenglied echt größer (echt kleiner) als das vorangehende ist.
Beispiele:
- ist monoton wachsend, sogar streng monoton.
- ist streng monoton fallend
Konvergenzbegriff
[Bearbeiten]Betrachten wir nun einige Folgen, um sie näher zu untersuchen.
- Beispiel 1
- Sei . Diese Folge steigt mit größer werdendem , sie ist wie wir festgestellt haben unbeschränkt. Lassen wir gegen Unendlich laufen, so geht auch gegen Unendlich.
- Beispiel 2
- Sei . Was passiert nun, wenn steigt? Die Folge ist zwar beschränkt, springt aberzwischen 1 und -1 hin und her, sie alterniert.
- Beispiel 3
- Sei . Wir wissen bereits, dass mit zunehmenden fällt. Die Folge wird jedoch nicht kleiner als 0, denn sie ist nach unten beschränkt. Tatsächlich wird der Abstand des -ten Folgenglieds zur Achse mit immer größer werdenem geringer, kein Folgenglied wird jedoch genau 0. Man sagt: Für gegen Unendlich geht gegen 0 oder konvergiert gegen 0.
Doch was heißt Konvergenz genau? Erst seit etwa hundert Jahren hat man eine logisch konsistente Theorie, mit der man die Konvergenz erfasst; davor war es - wie sich der werte Leser momentan wahrscheinlich auch denkt - ein schwammige Intuition im Sinne von „es nähert sich irgendwie beliebig an“. Wir wollen nun die Definition verstehen.
Definition Nullfolge, Konvergenz
Sei eine beliebige Folge. ist eine Nullfolge gdw. wenn es zu jedem eine Zahl gibt, sodaß für alle . Man schreibt
- oder
- für
und spricht
- konvergiert gegen 0 oder
- strebt gegen für gegen Unendlich.
konvergiert gegen einen sog. Grenzwert gdw. die Folge eine Nullfolge ist, also wenn es zu jedem eine Zahl gibt, sodaß für alle . Der Grenzwert einer Folge ist eindeutig.
Existiert keine Zahl , gegen die konvergiert, d.h. hat keinen Grenzwert, so divergiert . Eine Folge divergiert also gdw. wenn sie nicht konvergiert. Hinweis: Unenedlich ist keine Zahl (zumindest in der Standardanalysis)
Veranschaulichen wir uns diese Definition. Sie besagt im Grunde Folgendes: Man bekommt eine beliebige positive Zahl () vorgegeben und legt sich um den Grenzwert einen sog. Epsilonschlauch. Existiert eine natürliche Zahl derart, dass alle Folgenglieder, die nach dem -ten folgen, innerhalb dieses Schlauches liegen, dann konvergiert die Folge. Genial, oder? Dies muss allerdings für tatsächlich jedes noch so kleine gelten!
Wir betrachten nochmal unsere Beispiele und einige weitere.
- divergiert. Geht die Folge gegen Unendlich spricht man auch von der sog. bestimmten Divergenz gegen Unendlich.
- divergiert.
- konvergiert mit Grenzwert 0.
- Beispiel 4
- Sei . Diese Folge konvergiert nach unserer Definition, denn egal wie klein das gewählt wird, die Folgenglieder liegen nicht nur beliebig nah um 3 herum, sondern ab dem ersten Glied sogar auf der 3. Selbiges gilt für jede konstante Folge.
- Beispiel 5
- Die Folge ist eine Nullfolge.
Teilfolgen und Häufungspunkte
[Bearbeiten]Aus der Menge der Bildpunkte einer Folge, kann man Teilmengen bilden. Zu dieser Teilmenge kann man nun eine Folge definieren (wenn auch nicht immer mit einer schönen „elementaren“ Formel), welche auf diese Punkte abbildet.
Definition Teilfolge
Eine Folge mit heisst Teilfolge von gdw. eine unendliche Teilmenge von ist.
- Beispiel 1
- Sei . Dann ist eine Teilfolge von
- Beispiel 2
- Sei . Dann ist eine Teilfolge von
- Beispiel 3
- Sei . Dann ist eine Teilfolge von
Beispiel 3 zeigt uns, dass Teilfolgen von divergenten Folgen durchaus konvergieren können.
Definition Häufungspunkt
Sei eine Teilfolge einer beliebigen (konvergenten oder divergenten) Folge . Konvergiert gegen , so heißt Häufungspunkt von .
Satz '
Sei eine beliebige Folge. konvergiert gegen gdw. der einzige Häufungspunkt von ist. Jede Teilfolge von konvergiert somit auch gegen .
Die Folge aus Beispiel 3 hat also genau zwei Häufungspunkte 1 und -1. Dem größten und kleinsten Häufungspunkt gibt man spezielle Namen.
Definition Limes Superior, Limes Inferior
Sei eine beliebige Folge. Besitzt mehrere Häufungspunkte, so heisst der größte Häufungspunkt Limes Superior und der kleinste Häufungspunkt Limes Inferior .
Kommen wir zu der Frage, die Ihnen nun sicherlich auf der Zunge brennt (oder auch nicht): Kann ich immer eine konvergente Teilfolge finden? Die Antwort liefert der folgende Satz:
Satz von Bolzano-Weierstraß
Jede beschränkte Folge (egal ob konvergent oder divergent) enthält mindestens eine konvergente Teilfolge.
Rechenregeln
[Bearbeiten]Als Ingenieur sollte man rechnen, und zum rechnen gibt es Regeln. Die Wichtigsten betrachten wir nun.
Satz Addition
Konvergieren und , so konvergiert auch und es gilt .
Konvergieren und , so konvergiert auch und es gilt .
Konvergieren und und gilt so konvergiert auch und es gilt .