SHK-Handwerk in Sachsen: Über Zünfte und Zunfthandwerker: Die Anfänge

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Die Anfänge der heutigen SHK-Handwerke[Bearbeiten]

Während die politischen Abläufe an bestimmten Ereignissen nachzuweisen sind, lassen sich die Anfänge des Handwerks und damit auch der Vorläufer der SHK-Handwerke nicht so konkret fassen, denn die waren von sehr verschiedenen langfristigen Entwicklungen abhängig und oftmals für die Zeitgenossen nicht erwähnenswert. Hier können für die frühe Zeit, als es noch keine Aufzeichnungen in Urkunden und Akten gab, als nur sehr wenige Geistliche schreiben und lesen konnten, nur Ausgrabungen auf alten Siedlungsstätten helfen. Aber auch aus der Zeit, als die Schriftlichkeit aufkam, gibt es nur wenige Nachrichten über das Handwerk, denn damals wie heute war Alltägliches nicht erinnungswert und handwerkliche Dienstleistungen gehörten dazu. Nur wenn es hin und wider einmal Streitigkeiten mit der Obrigkeit gab oder wenn Rechtsfragen zwischen den Handwerken zu klären waren, wurden Notizen gemacht. Allerdings wurden bis in die neue Zeit gerade derartige Schriftstücke wenig beachtet und oftmals vernichtet. So wurde in Leipzig um 1856 "Razzia gegen das seit 100 und mehr Jahren auf dem Rathausboden aufgespeicherte alte Papier und Gerümpel" durchgeführt und dabei aus zwei Bodenkammern "ganze Wagenladungen alter Akten zur Stampfe gefahren". Damit nicht genug, schlug wenige Jahre später (1860) ein unbefähigter Mitarbeiter der Stadt vor, noch eine "Masse unnützes Papier, konfiszierte Bücher, Akten" entweder an einen Geschäftsmann zu verkaufen oder zu vernichten. Leipzig war jedoch keine Ausnahme, denn ähnliche Nachrichten sind aus Halle bekannt.[1] Die erhaltenen Überreste müssen deshalb wie ein Puzzle-Spiel zusammengesetzt werden, um ein halbwegs konkretes Bild vom Leben und der Arbeit in vergangener Zeit zusammensetzen zu können.

In den ländlichen Siedlungen in der Frühzeit der deutschen Geschichte wurde in allen bäuerlichen Familien alles das selbst hergestellt, was sie zum Leben brauchten. Angefangen von der Kleidung, dem Hausbau, den Ackergeräten bis hin zur Verarbeitung der landwirtschaftlichen Produkte. Außer bestimmten Rohstoffen oder Salz gab es praktisch nichts zu kaufen oder zu tauschen. Es kam stets auf die eigenen Fertigkeiten an, wie und was hergestellt wurde und werden konnte. Bei zunehmendem Bedarf war es aber möglich, daß sich einzelne Dorfbewohner neben ihrer Arbeit in der Landwirtschaft zunehmend bestimmten Handwerken zuwandten und ihre Produkte gegen andere eintauschten oder für ihre Leistungen notwendige Waren erhielten. Dazu gehörten z. B. Schuhmacher, Schmiede, Zimmerleute, aber auch Töpfer. Immer aber blieb in der Frühzeit Handwerk auf dem Dorfe eine Nebenbeschäftigung, weil der Bedarf nicht ausreichte, um sich von handwerklicher Arbeit ernähren zu können. Eine Änderung trat erst ein, als sich lokale Märkte herausbildeten, auf denen Waren zum Tausch oder Kauf angeboten werden konnten und als Städte entstanden. Warenproduktion für den Markt, lokaler und regionaler Warenhandel und Warenaustausch waren die entscheidenden wirtschaftlichen Wurzeln des Städtewesens. Bis dahin vergingen aber viele Jahrhunderte ohne ein organisiertes Handwerk.

Hafener (süddeutsch für Töpfer)
Kuperschmiede-Werkstatt mit zahlreichen Erzeugnissen
Laternenmacher (später: Klempner oder Installateur)

Für die Vorläufer der SHK-Handwerke stellt sich zunächst die Frage nach den Wohnverhältnissen und Wohnbauten früherer Jahrhunderte, nach den Heizgeräten und dem Heizmaterial, nach den sehr unterschiedlichen hygienischen Verhältnissen auf dem Lande und in den Städten, nach den Möglichkeiten und Bedürfnissen der verschiedenen Bevölkerungsgruppen und nach dem Zeitraum, in dem sich der Übergang von einfacher Gebrauchsarbeit zum Handwerk vollzogen hat. Und schließlich ist die Kenntnis dieser Entwicklungen zugleich auch ein Beitrag zur Geschichte des Zusammenlebens der Menschen, des Familienverbandes, der Beziehungen und der Stellung der einzelnen Familienmitglieder zueinander, ihrer moralischen Vorstellungen usw. Im Grunde handelt es sich um einen wichtigen Aspekt kulturgeschichtlicher Entwicklungen, die heute als gegeben und als selbstverständlich angesehen werden. Ausgangspunkt ist die frühe Besiedelung des mitteldeutschen Raums durch slawische Stämme seit 600 u. Ztr. Die slawischen Sorben bauten sich kleine Häuser mit rechteckigem Grundriß mit 2 - 5 m Seitenlänge aus rohen Holzwänden im Blockbau oder im Stabbau und unter Verwendung von Flechtwerk und mit einem Schilf- oder Strohdach. Die Häuser waren fensterlos und erhielten Licht nur durch die Türöffnung und offenes Feuer. Verschiedentlich befand sich der Fußboden einen Meter tiefer als die sonstige Oberfläche, zweifellos um den Wärmehaushalt zu erhöhen. Die Einraum-Häuser waren Lebensmittelpunkte für große Familien und für oftmals mehrere Generationen, in diesen Häusern wurde geboren und gestorben, gekocht und gegessen, geschlafen und "gewohnt". Sie besaßen eine offene Herdstelle auf dem festgestampften Lehmboden oder in einer Lehmmulde - hin und wieder auch mit einem einfachen Gewölbe versehen - zum Kochen und Heizen. Feuerböcke und Kesselhaken vervollständigten die Einrichtung des sonst leeren Raumes. So war es möglich, während der kalten Jahreszeiten auch das Vieh mit einzustellen. Bei Großfamilien gab es zusätzlich nicht beheizbare Hütten zum Wohnen oder als Vorratsräume.

Die mit der Zuwanderung germanisch-deutscher Bauern entstehende Siedlungsdichte verlangte auch eine Vorratswirtschaft. Getreide wurde in verdeckten Speichergruben gelagert, zudem nahm die Herstellung von tönernen Vorratsgefäßen in der Haus-Töpferei zu. Wie in früheren Zeiten blieb eine offene Feuerstelle mit einem Abzug durch das Dach die einzige Wärmequelle und der ständige Mittelpunkt des täglichen Lebens. Da die Verbrennungswärme des Feuers nach oben entweicht, erfolgt eine Erwärmung des Raums und besonders der Menschen, die um das Feuer sitzen, nahezu nur durch Strahlungswärme. Diese wärmt jedoch nur dort, wo ihre Strahlen auftreffen, in diesem Fall die Vorderseite der um das Feuer Sitzenden. Im Rücken konnte man sich während der Winterzeit nur durch entsprechende Kleidung vor der Kälte des Raumes schützen. Untersuchungen haben ergeben, daß während des Winters die Temperatur in einem derartigen Haus selbst im Herdbereich nur 4° - 7° C höher lag als die Außenluft.Die Untersuchungen wurden vorgenommen in einem niedersächsischen Rauchhaus mittlerer Größe mit Herdfeuer, einstelltem Vieh und im Dachraum eingelagtern Erntevorräten.[2] In mehrfacher Hinsicht lästig und gefährlich war bis in das 18. Jahrhunderte der von dem offenen Feuer, schlechten Abzügen und unzureichendem Heizmaterial ausgehende Hausrauch. Nicht nur, daß die Luft zum Atmen schlecht war und zu Vergiftungen führen konnte, auch das Hausgerät, Wände und Decken waren mit einer schwarzen Rußschicht überdeckt. Ein lateinisches Sprichwort aus dem 11. Jahrhundert nennt unter den drei schlimmsten Plagen im Haushalt neben einem undichten Dach und einem bösen Weib auch den ewigen Hausrauch. Allerdings wurde durch den Rauch das Holz außerordentlich fest und hart und vor Wurmfraß geschützt. Außerdem wurde durch das offene Feuer und den starken Rauch auch die Feuchtigkeit in einem derartigen Raum mit vielen Menschen und auch Tieren oder Vorräten stark zurückgedrängt. Da es außerordentlich mühsam war, Feuer anzufachen, wurde alles unternommen, die Glut ständig zu halten, entweder durch Abdecken mit Asche oder durch Gluthalter ( kegel- oder trichterförmige, meist tönerne Gebilde, oben offen oder mit Luftlöchern), die über die Glut gestülpt wurden. Ungenügende Heizung, mangelhafte und einseitige Ernährung, schwere körperliche Arbeit und Kriege, nicht zu heilende Krankheiten und Verletzungenm führten zu einer durchschnittlichen Lebenserwartung der Bevölkerung von nur etwa 30 Jahren.

Auch die neben den dörflichen Siedlungen seit dem 8. Jahrhundert entstandenen Burgen waren nicht wohnlicher, zumal sie vorwiegend als Verteidigungs- und Versammlungsanlagen dienten und lediglich durch Erdwälle und Palisaden geschützt waren. Die Wohngebäude auf diesen Burgen unterschieden sich in der Bauweise kaum von Häusern der Bauern. Auch in der Fläche waren die Adelsburgen nicht wesentlich größer als Bauerngehöfte. So hatte im 9. Jahrhundert der slawische Burgwall bei Kretzschau-Groitzschen bei Zeitz einen Umfang von 60 x 75 m. Auch in den sog. Pfalzen, königlichen Wirtschaftshöfen, die zur Versorgung und Aufnahme des zum Regieren ständig umherziehenden Königs oder seiner Beauftragten dienten, gab es prinzipiell keine "moderneren" Heizungsanlagen. In 126 Grubenhäusern, die für die übrigen Bewohner auf dem Gelände der Pfalz Tilleda am Fuße des Kyffhäusers bestimmt waren, wurden ebenerdige offene Herdstellen gefunden. Sie hatten ein Pflaster aus kleinen Steinen, waren auf drei Seiten von Steinplatten eingefaßt und befanden sich durchweg in einer Ecke des Wohnbaus. Einzelne Steinfunde lassen den Schluß zu, daß sich aus der offenen Feuerstelle schließlich der umbaute und überbaute Herd entwickelt hat. Ein (Back-?)Ofen wurde außerhalb eines Gruben-Vorratshauses nachgewiesen. 26 Grubenhäuser in der Hauptburg hatten offensichtlich keine Herdstelle.

Auch die seit dem 10. Jahrhundert entstehenden städtischen Siedlungen hatten anfänglich noch ausgesprochen dörflichen Charakter, selbst wenn hier mehr Menschen wohnten. Bessere Lebens- und Wohnbedingungen gab es nur in den wenigen aus Stein errichteten Gebäuden. Sie finden sich seit dem 10. Jahrhundert in Klöstern und verschiedentlich auf königlichen Burgen oder Pfalzen. In den Klöstern wurden nicht nur architektonische Strukturen aus Italien übernommen, sondern auch Verbesserungen zur Lebensqualität. Für das rauhere Klima nördlich der Alpen war die Frage nach effektiver Heizung besonders interessant und hier vor allem die Fußbodenheizung, die sog. Hypokaustenheizung (von griech. hypo = von unten, kauein = brennen)

römische Fußbodenheizung

Sie war bei den Römern etwa seit 100 v.u.Ztr. eingeführt worden und diente vor allem zur Heizung der öffentlichen Bäder und der Landhäuser der Patrizier. Von einer Feuerstelle (Heizkammern) außerhalb des Hauses wurde direkt Warmluft erzeugt oder es wurden auf einem Rost durch Verbrennen von Holz Steine zum Glühen gebracht (Steinofenheizung). Die dadurch erwärmte Luft strich durch Heizkanäle unter dem Fußboden des Erdgeschosses entlang und trat durch verschließbare Öffnungen in die Räume. Dadurch wurde zwar weniger der Fußboden erwärmt, wohl aber war ein Transport der erwärmten Luft in konzentrierter Form möglich. Sie konnte dann an verschiedenen Stellen in den Raum gelangen. In die Luftkanäle waren Trennsteine eingebaut, die den Abzug von Rauch sicherten. Diese Art der Raumheizung ist erstmals im berühmten Klosterplan von St. Gallen von 820 beim Schlafsaal der Mönche überliefert, danach vermutlich auch im Kloster Herfeld.

Auch in Mitteldeutschland gab es vereinzelt derartige Heizungen, wie Ausgrabungen bestätigen. Die Pfalzanlage Tilleda besaß nicht nur aus Bruchsteinen und teils mit Lehm, teils mit Gipsmörtel aufgeführte Gebäude, sondern auch zwei in sich abgeschlossene Heißluftheizungen. Die eine Heizanlage hatte zunächst einen 2 m langen Kanal aus hochkantgestellten Steinen mit einer lichten Weite von 65 cm und einer lichte Höhe von ca. 15 - 20 cm, danach eine Verbreiterung auf 80 cm, die vermutlich die Strömungsgeschwindigkeit der Heißluft mindern sollte. Die gesamte Heizungsanlage war ungefähr 12 m lang und beheizte etwa 80 m² Raum. Eine ähnliche Anlage in der Pfalz Werla b. Goslar wurde vom 10. Jahrhundert an fast 400 Jahre genutzt.

Im übrigen waren die Burgen des Adels bis in das16. Jahrhundert hinein wenig wohnlich eingerichtet, bewohnt wurden meist nur ein Saal und mehrere kleinere Räume. Daraus erklärt sich, daß es z. B. in der riesigen Anlage der Wartburg nur drei Kaminanlagen gab, eine im "Wohnzimmer" des Burgherrn, eine weitere im Frauengemach und eine dritte in der herrschaftlichen Küche. Sie gehen auf das Jahr 1067 zurück und zählen zu den ältesten Stücken Deutschlands.

Wartburg
Schönburg, Bergfried
Vielleicht noch älter ist der Kamin im Eingangsstockwerk des Bergfrieds der Schönburg b. Naumburg/S. Wie beim offenen Feuer war die Wärmeleistung von Kaminen außerordentlich gering. Kamine sind für die Kemenaten, die vorwiegend für Frauen bestimmte Wohnräume, namensgebend geworden (Kamin lateinisch camina). Auch beim Kaminfeuer wurden brennende Holzscheite auf einem eisernen Gestell, dem Feuerbock, sprossenartig übereinandergelegt, um die Sauerstoffzufuhr und damit die Wärmeentwicklung zu verbessern. Zur Erwärmung von Wohnräumen wurden auch eiserne Glutbecken mit glimmender Holzkohle aufgestellt. Erst im 15. Jahrhundert setzten sich in den Burgen vermehrt Öfen durch. Bis dahin waren die meisten Wohnräume nicht heizbar.

Während sich die Entwicklung der Heizungsanlagen wenigstens in großen Zügen nachvollziehen läßt, ist die Geschichte des Sanitär-Handwerks bis in die neuere Zeit ohne jede Kontur. Verantwortlich dafür sind die primitiven sanitären oder hygienischen Bedingungen, unter denen die Bevölkerung in den früheren Jahrhunderten lebte. Es ist von Gegenwärtigen schwer zu begreifen, wie wenig Beachtung die heute so lebenswichtigen Probleme gefunden haben. Dieses Defizit wird erklärbar, wenn man sich die allgemeinen Lebensumstände vor Augen führt: eine Abortgrube, meist außerhalb des Hauses und ein Brunnen in der Nähe oder wenigsten ein kleines fließendes Gewässer in der Nachbarschaft, genügte als sanitärer Standard. Wirkliche umfassende Wohnkultur entwickelte sich erst spät in den Städten, allerdings auf einem ziemlich niedrigen Niveau. Die Anfänge der Städte im Gebiet zwischen Saale und Elbe lagen in der Zeit nach 1150. Sie hängen zusammen mit dem Zuzug von bäuerlichen Siedlern aus dem Westen des Reiches, wobei sich die Bevölkerung fast verzehnfachte und damit auch die landwirtschaftliche Produktivität erheblich zunahm. Die damit einhergehende Arbeitsteilung zwischen Landwirtschaft und Handwerk erforderte geradezu städtische Siedlungen als Zentren des Warenaustauschs und des Handwerks. Bauern brachten hier ihre Erzeugnisse auf den Markt und tauschten dafür Handwerkswaren ein, die sie früher selbst hergestellt hatten, oder aber sie kauften auf den entstehenden Märkten notwendige Fernhandelsgüter wie Salz oder Metallwaren. In diesen frühen städtischen Siedlungen unterschieden sich die Häuser und Straßen kaum von denen in den Dörfern, d.h. es gab nur Wohngebäude aus Holz oder mit Lehm verschmierten Geflechten, der Fußboden bestand aus gestampftem Lehm, handwerkliche Arbeit vollzog sich zunächst in Einraumhäusern mit offenem Feuer, die Straßen waren genauso unbefestigt wie auf dem Lande.

Erst mit wachsendem Wohlstand der Stadtbewohner kam es auch zu Veränderungen. In den Holzhäusern wurde der offene Dachstuhl durch eine hölzerne Decke von der Stube abgeschirmt: Wohnräume, Schlafräume und Arbeitsräume wurden voneinander getrennt.[3] Der Dachboden wurde zum Vorratsraum. Die neue Art, ein Haus zu bauen oder zu unterteilen, verlangte auch nach neuen Abzugsmöglichkeiten für den Hausrauch. Er wurde zunächst in einem über dem Herd angebrachten Bretterverschlag, dem "Rauchfang", gesammelt; dieser Rauchfang endete anfänglich auf dem Dachboden und der Rauch mußte von dort durch eine entsprechende Öffnung entweichen. Frühe Nachrichten informieren darüber, daß der Rauchfang so hoch liegen sollte, daß ein erwachsener Mensch darunter stehen konnte, ohne sich zu bücken und auf allen Seiten etwa 30 cm über der Herdfläche vorstehen sollte. Sogar aus den in Erfurt seit 1376 nachgewiesenen Kachelöfen entwich der Rauch durch einen einfachen hölzernen Abzug nur bis zum Dachstuhl, von wo er sich seinen Weg ins Freie durch Lücken zwischen den Schindeln suchen mußte.[4] Aus dem sich später verengenten Rauchfang entwickelte sich schließlich der Schlot oder Schornstein.

Allerdings blieb die Wohnkultur noch auf einem sehr niedrigen Stand: die Wohneinrichtung war mehr als einfach, Schränke waren noch weitgehend unbekannt, Truhen dienen gleichzeitig als "Kleiderkiste" und als Schlafgelegenheit, tagsüber erhellen nur kleine Fensteröffnungen ohne Glas die Räume, abends und nachts halfen nur Kienspan und Talglichte, das Dunkel zu durchdringen. Vor allem Kienspäne hatten die unangenehme Eigenschaft, zum Herdrauch zusätzlich viel Rauch und Ruß zu entwickeln. Sie waren im Grunde nicht für Wohnräume geeignet. Hell und dunkel bestimmen auch die Arbeitszeit in jenem Raum, den fast immer mehrere Generationen zugleich als Wohnraum benutzten. Das änderte sich auch nicht grundsätzlich, als zunehmende Bodenknappheit in vielen Städten zum Hausbau mit zwei, drei und vier Stockwerken und mehreren Kellergeschossen notwendig machte. Gab es hier zahlreiche Varianten, so war die Grundrißgestaltung abhängig von der Lage der Feuerstätten und die wiederum bestimmten die Wohnkultur. Herd, Ofen und Backofen mußten in enger Verbindung zueinanderstehen, weil nur so ein einziger Rauchabzug nötig war. Voraussetzung dafür war aber eine Verbesserung und Sicherung der Feuerstelle: sie wurde höher gelegt (etwa auf Tischhöhe wie beim neuzeitlichen Küchenherd) und schuf damit nicht nur bessere Bedingungen für die Arbeit am Herd, sondern vor allem günstigere Voraussetzungen für den Rauchabzug. Nun konnte die Feuerstätte durch Ummauerung eingegrenzt und auch aus der Raummitte an eine Wand verlegt werden, die durch eine Brandmauer vor dem Anbrennen geschützt wurde. In der Regel blieb die Feuerstelle nach vorn offen, nicht nur, um besser das Brennmaterial - ausschließlich Holz - nachlegen, sondern auch, um den Raum noch direkt heizen zu können.Diese Notwendigkeiten hatten jedoch zur Folge, daß auch in großen Stadthäusern wohlhabender Bürger meist nur ein oder zwei Räume heizbar waren. Selbst der reiche Nürnberger Kaufmann Anton Tucher vermerkt in einer Haushaltsabrechnung 1511, daß in seinem Haus lediglich 2 stuben stecz gehaiczt wurden.

Nicht alle Häuser besaßen einen Schlot aus Holz, Lehm, Lehmsteinen oder mit Lehm verschmiertem Geflecht; dann mußte der Rauch seinen Abzug durch eine Tür, die Fensteröffnungen oder eine besondere Luke nehmen. Dennoch war es in derartigen Häusern möglich, einen rauchfreien Raum zu schaffen, wenn der Ofen von außen beheizt wurde. Dieser Raum war die Stube, in der als einzige Raumform des Mittelalters auch zur Winterszeit eine ansprechende Temperatur erreicht werden konnte. Dadurch unterschied sie sich von der unbeheizten Kammer. Aufgrund dieses Vorzuges wurde die Stube zum Mittelpunkt des häuslichen Lebens. Hier hielt sich nicht nur die Familie auf, hier wurde oftmals auch handwerklich gearbeitet und sogar nachts geschlafen.Daneben gab es in den meisten Häusern auch noch kleine Küchen mit einem offenen Herd, über dem die einfachen täglichen Mahlzeiten gekocht wurden. Dennoch setzten sich langsam auch Verbesserungen durch: war schon der von einem Nebenraum oder von der Diele aus beheizte Ofen (Hinterladerofen) massiv gemauert, war der Weg zum rauchdichten Stubenofen nicht mehr weit. Eine besondere Rolle spielte in diesem Zusammenhang der Kachelofen[5].

Wann der Kachelofen entstand, ist nicht nachzuweisen. Vermutlich gehen seine Ursprünge weit zurück bis in die Zeit um 800, aber erst aus dem 14. Jahrhundert sind bildliche Darstellungen überliefert. Es wird angenommen, daß sich der Kachelofen aus dem Backofen entwickelt hat, dessen Backraum von der Küche aus immer mehr in einen daneben liegenden Raum hineingebaut wurde, so daß sich schließlich nur noch die Feueröffnung und der Rauchabzug in der Küche befanden. Bei allen derartigen Öfen war das offene Herdfeuer überwölbt, d.h. sie besaßen einen gewölbten Oberbau, der je nach Nutzungszweck tiefer oder kürzer sein konnte. Um die Wärmeabstrahlung des Backofens zu nutzen und zugleich das Gewicht des Backofengewölbes zu verringern, setzte man dann sog.Wölbtöpfe ein, die Vorläufer der Konkavkacheln. In der Folgezeit erkannte man, daß die Wärmeabstrahlung umso größer war, je mehr Kacheln man einbaute und daß sich rechteckige oder quadratische Kacheln effektiver verwenden ließen. Das hatte aber wiederum zur Folge, daß der gewölbte Oberbau des Ofens aufgegeben werden mußte, und um dem ganzen Ofen mehr Festigkeit zu geben, wurden die Kacheln entsprechend einem Mauerverband versetzt angeordnet. Nach wie vor besaßen aber auch die Kachelöfen keine Züge, so daß etwa 70 - 80 % des Brennstoffheizwertes mit den heißen Rauchgasen ungenutzt abzogen, was wiederum die Feuergefahr erhöhte. Zur Förderung der Wärmeabgabe wurden diese Öfen mit einem kleinen Turm versehen und schließlich im 15. Jahrhundert vorgewölbte oder eingetiefte Kacheln in das Mauerwerk eingesetzt. Kachelöfen dieser Art sind damals aber noch reine Repräsentationsobjekte.[6]

Dennoch erhielten die Töpfer, die bisher nur ihrer Bezeichnung entsprechend tätig waren, neue Aufgaben: die Herstellung von Kacheln [7]. Die am weitesten verbreitete Kachel war die Konkavkachel mit der Öffnung nach außen. Die Konkavkachel wurde auf der Töpferscheibe hergestellt und nach dem Hochziehen der Wandung quadratisch geformt. Bei den Konvexkacheln zeigte die Öffnung nach innen in den Feuerraum. Ihre aus der Ofenwand herausragende Wölbung wurde abgeflacht und mit unterschiedlichen Verzierungen versehen. Nischenkacheln entstanden durch "die senkrechte Teilung eines zylindrischen oben und unten geschlossenen Topfes. Durch die damit geschaffene Möglichkeit, Kacheln in beliebiger rechteckiger Form herzustellen, wurde die architektonische Gestaltungsmöglichkeit des Kachelofens wesentlich erweitert". Für die Töpfer war damit zugleich der Weg für künftige Ofenbauer vorgezeichnet. Hingewiesen werden soll wenigstens noch auf eiserne Öfen, die anfangs aus einzelnen gußeisernen Platten zusammengesetzt wurden. Der erste Nachweis findet sich schon um 1475.
Die Verbesserung der Heizung war aber nicht nur von technischen Neuerungen abhängig, sondern auch vom Heizmaterial, damals fast ausschließlich Holz und Holzkohle.Und Holz oder Holzkohle standen nicht immer ausreichend zur Verfügung, auf jeden Fall war eine warme Stube auch eine kostspielige Angelegenheit. Nach neueren Berechnungen mußte die untere städtische Mittelschicht, d.h. z.B. Handwerker, mit "Brennstoff im Gegenwert von deutlich unter fünf Gulden auskommen. Dies erscheint nur bei kleineren und niedrigeren Wohnräumen, bei geringerer Raumtemperatur oder bei nichtkontinuierlicher Beheizung, also unter beträchtlichem Komfortverzicht, möglich. So gesehen ist der Aufwand für die Heizung offensichtlich ein Unterscheidungsmerkmal für die Qualität der Lebenshaltung verschiedener Sozialschichten."[8]

Die Wohnverhältnisse in den Städten, die enge Bebauung und die schmalen Straßen oder Gassen und vor allem die Heizgewohnheiten brachten auch vielfältige Gefahren mit sich. Nicht nur, daß die Rauchabzüge zunächst nicht aus festen Steinen gemauert waren - eine sehr kostspielige Angelegenheit -, auch die Anlage war oftmals nicht feuersicher. Weil sie knapp über dem Dach endeten, mußte Funkenflug bei den meist hölzernen Wohnhäusern, die auch noch mit Stroh oder hölzernen Schindeln gedeckt waren, leicht zu Bränden führen. Auch Abdeckungen der Schlotmündungen durch zwei oder drei gegeneinanderstehende Ziegel halfen nicht viel. Um Kosten zu sparen, leiteten viele Bürger ihren Rauchabzug auch nicht über das Dach ab, sondern in eine Spalte zwischen den einzelnen Häusern. Im Ergebnis kam es in einer mittelalterlichen Stadt durchschnittlich 3 x in 100 Jahren zu flächendeckenden Bränden. In Erfurt z.B. gab es vom 12. bis zum 17. Jahrhundert 45 mehr oder weniger schwere Brände. Die Stadtobrigkeiten versuchten deshalb, durch Bau- und Feuerordnungen dem Unheil entgegen zu steuern. Im sog. Erfurter "Zuchtbrief" von 1351 wurde z.B. bestimmt, daß Feuer nur auf dem Boden der Küche im Erdgeschoß unterhalten werde durfte. Zugleich wurden Strohdächer verboten, allerdings, wie die ständigen Wiederholungen des Verbots zeigen, mit wenig Erfolg. 1427 versuchte der Rat der Feuergefahr dadurch zu begegnen, daß er jedem Bürger, der sein Dach mit Ziegeln decken wollte, die Hälfte der benötigten Dachziegel kostenlos aus der städtischen Ziegelei zur Verfügung stellen wollte. In einer Leipziger Feuerordnung, zwischen 1444 und 1446 entstanden, wurden die Hausbesitzer verpflichtet, in ihrn Häusern zwu lange Leitern und eyne Schuffen bereit zu halten; wer Schindeldach hat, daz der in seynem Huße zwu lange Crucken habe, daz er do mitte, wenn daz not sin wurde, die Schindeln abe zu stossen. Auch sollte sollte jeder Hausbesitzer auf seinem Boden einen Kübel voller Wasser mit einer langen Stange haben, daz man deste ehir mit dem Wasser zu dem Fure qweme (Feuer käme), unde auch eyn yderman deste sicherlicher were. Außerdem wurde festgelegt, daß in jeder Gasse, in der sich ein Brunnen befand, eine Sleiffe (Schlitten) unde doruffe eyn Vas mit Wasser gefüllt stehen sollte. Faß und Schlitten waren am Brunnen anzuschließen. Verantwortlich war ein Bornmeister(Brunnenmeister). Um einer Feuergefahr zu begegnen, wurde verboten, Reisigholz oder Stroh an den Häusern oder in den Höfen zu lagern, auch durfte kein Mist auf dem Markt oder in den Gassen gestreut werden. [9] Derartige Verordnungen lassen sich für andere Städte in Mitteldeutschland oder Sachsen nachweisen. Sie haben alle das gleiche Anliegen: Feuergefahren abzuhalten und mehr Sicherheiten beim Hausbau zu schaffen. So lange aber nicht die Heizungsanlagen verbessert wurden, hatten Feuerordnungen wenig Erfolg.(Eine besondere Rolle spielte der Schornsteinbau, auf den hier nicht näher eingegangen wird) Diese Änderung herbeigeführt zu haben, ist ein wesentliches Verdienst jener Handwerker, die, aus dem Gewerbe der Töpfer hervorgegangen, zu Ofenbauern und Jahrhunderte später zu Heizungsmonteuren wurden.

Dabei darf nicht vergessen werden, daß in allen Städten zu den meisten Wohn-Häusern noch landwirtschaftliche Gebäude wie Scheunen und Ställe mit Groß- und Kleinvieh gehörten und die weitaus größte Zahl der Städte und Bürger Ackerbürgerstädte und Ackerbürger waren. So beklagten sich 1519 die Bewohner des Leipziger Petersviertels über die Zustände in der Stadt: unmitelbar neben der städtischen Hauptkirche hatte das Thomaskloster einen Bauernhof (dorfisch Forwergk) mit Viezucht, Scheunen und Stelle, darynnen sye eyn merckliche Zal Schweyn (welche aus vornunftigen ... Ursachen in den Stetten und bey der gemeynschaft der Leute nicht sollen noch mogen gehalten werden), zihen und erneren, dy dan teglich todt und lebendigk mit mercklichem schedelichen Stanck, Geschreie und vorunreynigung unsere Gassen vor und byßweilen in, under und durch unser Heuser wegkgetriben.[10] Trotz der ständigen Entwicklung und Zunahme der Gewerbe dominierte mindestens bis zum Ende des 18. Jahrhunderts die Landwirtschaft die Masse der Städte, in größeren Städten auf jeden Fall auch die Vorstädte.

Ein besonderes Problem mittelalterlicher Städte war vor allem die Wasserversorgung und die Entsorgung der Abfälle. Anfänglich hat man sich wohl mit dem Wasser des vorbeifließenden Flusses oder Baches begnügt, bei der geringen Bevölkerungszahl sicher die einfachste und kostengünstigste Lösung. Allerdings wurde das Wasser der Flüsse und Bäche gleichzeitig als Transportmittel für alle "löslichen" Abfälle, z.B. auch für Fäkalien genutzt. Überlieferte Verbote illustrieren eindrucksvoll die hygienischen Verhältnisse: In Nürnberg wurde erst 1302 verboten, den Inhalt des heimlichen Gemachs in die Pegnitz zu leiten, in Frankfurt/M durfte der Inhalt der Mistgruben nicht in den Stadtbach fließen und in München durfte bei Strafe nicht heimlich Unrat in die Bäche geleitet werden. Mit anderen Worten: derartiger Umgang mit den Abfällen war an der Tagesordnung. Das war besonders bedenklich für die Bewohner, die fluß- oder bachabwärts am Stadtausgang wohnten und hier ihr Wasser entnahmen. Da die Räumung der häuslichen Kloaken sehr kostspielig war, wurden zum einen große Abortgruben angelegt und von mehreren Nachbarn gemeinsam genutzt, zum anderen die kostspielige und aufwendige Leerung bis auf 30 Jahre hinausgeschoben.[11] Aufschlußreich sind Bestimmungen über den Abstand zwischen Abortgrube und Nachbargrundstück: in Nürnberg wurden 1479 mindestens 90 cm gefordert, in München 1489 sogar nur ca. 45 cm; allerdings mußte die Grube mit Holz ausgeschlagen sein. Klagen, daß Fäkalien durch die Mauern des Nachbarhauses drangen, waren deshalb nicht selten.

Seit dem 12. Jahrhundert beginnt man aber an den Wohnhäusern in größeren Städten mit dem Bau von Brunnen, die eine hölzerne Fassung erhielten und bis zu 9 m tief gegraben wurden. Später baute man Backstein- oder Feldsteinfassungen ein, die aber ebenso wie die Holzfassungen wasserdurchlässig waren. Bedenklich war dabei, daß die Brunnen auf den Höfen der Häuser nur etwa 1 m von der nicht gefaßten Abtrittgruben entfernt und bei weitem nicht so tief gegraben waren. Eine Verjauchung des Trinkwassers war damit vorprogrammiert. Um alle Bewohner mit relativ sauberem Wasser versorgen zu können, wurden seit dem 13. Jahrhundert in zahlreichen Städten öffentliche Brunnen (Zieh- oder fließende Brunnen) gegraben. Offensichtlich hat man schon damals den Zusammenhang zwischen Gesundheit und sauberem Wasser erkannt, denn nur daraus erklären sich die Verbote, Schuhe, Windeln, Kleider, Tücher u.ä. an den Brunnen zu waschen. Eine Nachricht von 1489 aus Niederösterreich besagt, daß krankes Vieh nicht aus dem Brunnen saufen durfte und Leute, die mit Pestkranken Kontakt hatten, durften die Brunnen nicht benutzen. In Nürnberg mußte 1472 ein Brunnen vollständig gesäubert werden, weil ein Katze hinein gefallen war.

Um derartigen Schwierigkeiten und Unsicherheiten zu entgehen, aber auch, um die Wasserversorgung insgesamt zu verbessern, wurden seit der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts in den größeren Städten Süddeutschlands Wasserleitungen angelegt. Für Leipzig ist die erste Wasserleitung erst 1496 nachgewiesen. Für ihre Beaufsichtigung und Erhaltung bestellte der Rat einen Röhrmeister, der schwören mußte, den Dienst, den ich übernommen habe, will ich gewissenhaft ausüben. Ich werde auf die Röhren und die Wasserkunst (Brunnen) gut achtgeben, die beschädigten und undichten Röhren auswechseln und die guten Röhren nicht ausgraben. Ich werde fleißig besorgen, daß die Kunst in gutem Zustand und Wesen erhalten bleibt und das Wasser für die Bedürfnisse der Stadtgemeinde in die Stadt treibt und daß dem Rat und der Bürgerschaft ohne gegenseitiges Wissen keine Röhren gelegt werden, es sei denn, sie wären zuvor dem Rat angezeigt und bezahlt. Auch werde ich ohne einen besonderen gesiegelten Zettel vom Rathaus keine Röhren aus dem Röhrteich anfordern oder entnehmen, so wahr, als mir Gott helfe.[12] Die Röhrmeister waren nicht nur für die Aufsicht und das Funktionieren der Rohrleitungen zuständig, sondern auch für das Bohren und das Verlegen der Holzröhren in der Stadt und demzufolge waren sie wohl auch zuständig für die Justierung der gesamten Anlage. Als Ratsangestellte erhielten die Leipziger Röhrmeister einen Jahressold. Wollten Bürger eine Rohrleitung in ihre Behausung gelegt haben, mußten sie den Röhrmeister extra lohnen; ein sehr kostspieliges Unternehmen, wie das Beispiel eines Leipziger Beutlers zeigt, der 1606 für einen Röhrenanschluß 100 fl zahlen und außerdem noch die Kosten für die Rohrleitung zwischen Burgstraße und Neumarkt tragen mußte.[13] Derartige Rohrleitungen bedeuteten zwar eine erhebliche Verbesserung der städtischen Wasserversorgung, aber sie waren wenig haltbar, mußten demzufolge oftmals erneuert werden. Problematisch waren vor allem die Verbindungen aus Zinn-oder Kupferblech zwischen den einzelnen Röhren. Nachteile bestanden zudem in den großen Wasserverlusten und in dem hohen Bedarf an geeigneten Holzstämmen.

Daß die hygienischen und sanitären Zustände auf dem flachen Lande, aber auch in bestimmten Teilen der kleineren oder auch größeren Städte bis in das 20. Jahrhundert hinein nicht grundsätzlich geändert hatten, ist allgemein bekannt. Die Bilder von Mietskasernen und 3. und 4. Hinterhöfen sind eindeutige Beweise. Erst der Bau von städtischen Wasserleitungen brachte hier die Wende. Die Unterschätzung hygienischer und sanitärer Notwendigkeiten hat mindestens drei Ursachen: zum einen die allgemeine Wohn- und Lebenskultur mit den sozialen Problemen vergangener Zeit, zum anderen die fehlenden einfachen technischen Voraussetzungen, und schließlich das mangelnde Bewußtsein und die fehlende Kenntnis von hygienischen und sanitären Erfordernissen.
Mindestens die beiden ersten Punkte treffen auch zu für die Anfänge des Kupferschmiede- und des Klempner-Handwerks. Sie haben ihre Anfänge in der Weiterentwicklung des Bergbaus und der Metallverarbeitung, die aber erst im späteren Mittelalter einsetzte, und als in den Städten eine eigene, "bürgerliche" Wohn- und Lebenskultur entstand. Sie waren zugleich Ausdruck für "die ungeheuere technischen Entwicklung, die das Handwerk im Spätmittelalter und zur Reformationszeit nahm."[14] Küchengeräte aus Kupfer waren ebenso Ausdruckhandwerklicher Fertigung wie bürgerlicher Wohlhabenheit und wie Leuchter, Lampen und Kleingeräte aus "weißem Blech". Bei beiden Handwerken entschied weniger die Notwendigkeit des täglichen Lebens als vielmehr die Verbesserung der Lebensumstände die Entwicklung. Im Grunde waren Kupferschmiede und Klempner anfangs Handwerke für den "gehobenen" Bedarf und für Luxusgüter. Die Masse der Bevölkerung mußte sich weiterhin mit Geräten aus Holz oder gebranntem Ton begnügen.

Alle Entwicklungen und Verbesserungen in der handwerklichen Produktion waren natürlich undenkbar ohne Entwicklungen und Verbesserungen der handwerklichen Tätigkeit und Anforderungen an die Handwerker. Und je mehr sich ein Handwerk verselbständigte oder gar neu erstand und der Handwerker sich loslöste von bisherigen agrarischen Bindungen und seine handwerkliche Tätigkeit zum alleinigen Broterwerb wurde, um so mehr war Qualitätsarbeit vom Einzelnen gefordert. Die Handwerker mußten sich nicht nur "spezialisieren" und Kriterien für ihre Arbeiten festlegen, sie mußten auch unliebsame Konkurrenz durch Gelegenheitsarbeiter oder Pfuscher ausschalten und sich - den Umständen der Zeit entsprechend - sozial absichern. Dies konnte nur gemeinsam mit Handwerkern gleicher Profession gelingen. Je nach gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und kulturellen Anforderungen und Bedürfnissen kam es im Handwerk zu Gründungen von Zünften oder Innungen.

Quellen[Bearbeiten]

  1. Manfred Unger, Geschichte des Stadtarchivs Leipzig, Arbeitsberichte zur Geschichte der Stadt Leipzig, Nr. 12, Leipzig 1967, S. 14.
  2. Vgl. Dieter Seyer, Feuer-Herd- Ofen, in: Unterricht in westfälischen Museen, H. 17, Münster 1985, S. 11.
  3. Die folgenden Ausführungen zu Heizungsanlagen orientieren sich an Alfred Faber, Entwicklungsstufen der häuslichen Heizung, München 1957
  4. Faber, S.303
  5. Zur Entstehung der Kachelöfen vgl. Rosemarie Franz, Der Kachelofen, Graz 1981, sowie ds. Entstehung und Frühformen des Kachelofens, in: Forschungen und Fortschritte, Berlin 1958, 32. Jg. H. 6, Sp. 182 - 187.
  6. Alltag im Spätmittelalter, hgb. v. Harry Kühnel, Graz, 1984, S. 260. (Hier auch weitere Informationen zu den Thema "Wohnen"), sowie an: Menschen im Schatten der Kathedrale, hg. v. Gerd Althoff, Hans-Werner Goetz, Ernst Schubert, Darmstadt 1998
  7. 7Über "Sächsische Ofenkacheln der Renaissance. Die Produktion von Borna, Frohburg und Kohren" vgl. den Beitrag von Albrecht Schröder, in: Keramische Rundschau und Kunst-Keramik , 1929, 37. Jg., Sp. 332-334.
  8. Dieter Seyer, Feuer-Herd-Ofen. In: Unterricht in westfälischen Museen, Heft 21, Basel 1969, S. 42
  9. UBL, II, Nr. 228. Auch abgedruckt in: Tausend Jahre deutscher Vergangenheit in Quellen heimatgeschichtlicher Geschichte, insbesondere Leipzigs und des Leipziger Kreises, hrsgb. V. K. Beier und A. Drobitzsch, Bd. 1, Leipzig 1911, S. 49 f.
  10. UBL II, Nr. 401, auch abgedruckt in: Tausend Jahre, S. 47 f.
  11. Katrin Keller, Handwerkeralltag im 16. Jahrhundert, in: Studien zur älteren sächsischen Handwerksgeschichte, Sitzungsberichte der sächsischen Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Philologisch-historische Klasse., Bd. 130, H. 6, hgb. v. Karl Czok und Helmut Bräuer, Berlin 1990, S. 8-49.
  12. Vgl. Horst Thieme (Hsrg.), Das Leipziger Eidbuch von 1590, Leipzig 1986, S. 103
  13. Keller, S. 23, Anm. 60
  14. Rainer S. Elkar, Fragen und Probleme einer interdisziplinären Handwerksgeschichte. In: Deutsches Handwerk in Spätmittelalter und Früher Neuzeit, Göttingen 1983 (Götttinger Beiträge zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Bd. 9), S. 11