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Schach: Mittelspiel: Strategie

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Allgemeines zur Strategie

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Die Umsetzung strategischer Ideen ist selten so spektakulär wie im Bereich der Taktik. Dafür sind strategische Konzepte abstrakter, komplexer und tiefgründiger als ihre taktischen Gegenstücke. Das Feld der Strategie ist in der Regel eine größere Herausforderung an die menschliche Denkfähigkeit, und eine größere intellektuelle Leistung. Ohne Anspruch auf vollständige Gültigkeit behauptet der Pate dieses Buchprojekts aufgrund seiner Spielerfahrung, daß erfolgversprechende taktische Ideen fast ausschließlich in Stellungen anzutreffen sind, in denen sich der Spieler in ausreichendem Maße strategisch positioniert hat. Umgekehrt ist die strategische Bewertung einer Stellung nur in wesentlich geringerem Maß abhängig von der taktischen Bewertung.

Wir betrachten schwache Felder, offene Linien, Fianchettos, isolierte Bauern, rückständige Bauern, Doppelbauern, Freibauern, Bauernketten und Figuren in der gegnerischen Stellung.

An dieser Aufstellung der strategischen Elementarkonzepte kann man deutlich ersehen, daß die Seele des Schachspiels der Bauer ist, handelt es sich doch in den meisten Fällen um besondere Strukturen der Bauernstellung.

Schwache Felder

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Eine wesentliche Aufgabe der Bauern ist es, die gegnerischen Figuren abzuwehren. Dazu müssen sie eine möglichst lückenlose Feldüberwachung insbesondere direkt an der Front durchführen, was in vollständiger Form gar nicht möglich ist. Es geht also einfach darum, eine ausreichende Überwachung zu gewährleisten. Bauern sind für diese Aufgabe so hervorragend geeignet, weil sie keinen hohen Materialwert haben. Jede Figur, die gegen einen Bauern eingetauscht wird, ist vom Materialwert her mindestens dreimal so wertvoll wie der Bauer. Ein Feld, das von einem Bauern bewacht wird, ist für die gegnerischen Figuren tabu, es sei denn, diese sollen bewußt geopfert werden.

Sobald die Bauern vorrücken, worauf sie auch gar nicht verzichten können, entstehen schwache Felder, Felder, die nicht mehr von Bauern überwacht werden können. Stattdessen müssen diese Felder von Figuren überwacht werden, und selbst mit Figurenüberwachung gelingt es nicht selbstverständlich, die gegnerischen Figuren abzuhalten. Der Gegner braucht seine Figuren nicht mehr zu opfern, um dieses Feld zu besetzen, sondern kann einen Figurentausch erzielen. Gelingt es dem Gegner, dort seine Figuren zu platzieren, dann ist es ihm gelungen, in die Stellung seines Gegners einzudringen, und kann dort schmerzhafte und schädliche Manöver durchführen.

Hier ein Partiebeispiel:


Diese Stellung aus einem Mannschaftskampf auf Bezirksebene entstand aus der englischen Eröffnung. Die strategische Idee, die darauf abzielt, dem Gegner einen Zentrumsbauern gegen einen Nichtzentrumsbauern wegzutauschen, ähnelt der sizilianischen Verteidigung mit vertauschten Farben, auch wenn die sich ergebenden Stellungen weniger taktische Schärfe aufweisen. Die Eröffnungsphase ist gerade abgeschlossen, und zum Thema der Partie hat sich der zurückgebliebene weiße Zentrums-e-Bauern entwickelt. Noch wirkt dieser harmlos, aber wenn es ihm gelingt, sich im Zentrum zu entfalten, könnte die weiße Stellung mit zwei Zentrumsbauern übermächtig werden.

Der Springer c3 und der Läufer g2 unterstützen den Vormarsch des Bauern jetzt schon, außerdem kann Weiß einen Turm auf e1 platzieren. Der Springer f3 könnte den schwarzen weißfeldrigen Läufer von f5 vertreiben, und gleichzeitig den Weg für den f-Bauern freimachen, sowie die Diagonale b1-h7 für die Dame befreien. Gegen diese fünffache Unterstützung hat Schwarz keine Chance.

Wenn aber Weiß seinen Plan durchführt, wird der d-Bauer schwach, genauer: Das Feld, auf dem dieser steht. Außerdem wird die weiße Dame den durch den Läufer (wir erinnern uns, der wird von f5 vertrieben, vermutlich nach g4) gefesselten Bauern e2 durch wegziehen entfesseln. Dabei wird sie zur Bewachung des d-Bauern auf der d-Linie bleiben. Dadurch aber wird der weiße d-Bauer gefesselt, sobald das zwischen der weißen und schwarzen Dame liegende Material abgetauscht ist.

10. ... Tf8-e8

Dieser Zug aktiviert den Turm, und erschwert dem Gegner die Entfaltung seines Bauern. Man muß es ihm ja nicht zu leicht machen, sonst schöpft er Verdacht.

11. Sf3-h4 Lf5-g4

Mit 11. ... Lf5-e4 würde Schwarz ebenfalls 12. f2-f3 provozieren, aber dann hätte Schwarz keine andere Möglichkeit, als den Läufer einfach zurückzuziehen. So aber kann Schwarz durch Rückzug des Läufers nach h5 eine Fesselung des f-Bauern androhen, die gleichzeitig den Läufer g2 blockieren würde. Die Dame müßte also das Feld d1 verlassen, muß aber auf der d-Linie bleiben, weil sie als einzige den d-Bauern verteidigt.

12. f2-f3 Lg4-h5

13. Dd1-d2 h7-h6

14. Lg5xSf6

Der Zug 14. Lg5-f4 erlaubt 14. ... Ld6xf4 15. Dd2xf4 g7-g5 16. Df4-f5 g5xh4 mit Materialvorteil für Schwarz. 15. g3xf4 erzeugt zwar einen Doppelbauern, aber die Stellung ist recht unklar.

14. ... Sd7xLf6

Damit räumt der Springer, wie gewünscht, die d-Linie.

15. e2-e4 d5xe4

Auch der schwarze Bauer steht nicht mehr im Weg.

16. f3xe4 Ld6-c5

Dies ist der Nucleus Pudulorum


17. Sh4-f5 Lh5-g4

Beide Seiten erhalten ihren Anspruch auf d4 aufrecht. Schwarz tut dies, indem er droht, die weiße Kontrollfigur abzutauschen.

18. Sc3-a4

Damit behält Weiß die Kontrolle über d4, indem er den Agressor auf c5 abzutauschen droht. Weiß hätte gerne auf diesen Zug verzichtet, denn auf einmal ist der e-Bauer in Schwierigkeiten. Die Alternative 18. Ta1-d1 ist aber nicht möglich wegen des Läufers auf g4.

18. ... Lg4xSf5

19. Sa4xLc5 Sf6xe4

20. Sc5xSe4 Lf5xSe4


... und der Bauer ist gewonnen. Tatsächlich ist es schon Anfängern möglich, derart weitreichende Berechnungen durchzuführen. Sie werden vermutlich nur die falschen Züge ins Auge fassen, aber das ist ein anderes Thema.

In der Folge fiel auch noch der Isolani auf d4. Weiß suchte Gegenspiel auf der offenen f-Linie, und nachdem dieses abgewehrt war, gab er im 30. Zug auf.

Die offene Linie

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Eine offene Linie ist eine Linie, in der sich kein Bauer befindet, auf einer halboffenen Linie befindet sich nur ein Bauer.

Beides sind gute Gelegenheiten für die Türme (und die Dame), ihre Kraft zu entfalten. Je weiter die Türme auf diesem Weg in die Stellung des Gegners eindringen können, um so stärker sind in der Regel die Drohungen, die sie aufstellen. Selbst wenn sich also keine konkreten Möglichkeiten für die Türme ergeben, so ist der Gegner doch stärker als vorher gezwungen, sich um seine Verteidigung zu sorgen.


In dieser Situation hat Schwarz eine offene Linie. Der schwarze Turm stellt keine konkreten Drohungen auf, aber Weiß setzt zur Zeit einen schwarzfeldrigen Läufer und einen Turm ein, um die Drohungen zurückzuweisen. Weiß hat dagegen eine halboffene Linie, aber diese weist direkt auf den gegnerischen König. Da auch andere weiße Figuren günstig stehen, sollte Weiß sich Gedanken machen, wie er diese zu einem Angriff koordinieren könnte.

Praxisbeispiel

Weiß am Zug

Diese Stellung entstand bei einer Partie im Internet, mit einer Zeitbegrenzung von 15 Minuten. Weiß hat Materialrückstand, aber verfügt über ein starkes Zentrum, das die schwarze Stellung beinahe spaltet, außerdem hat der Läufer eine offene Diagonale, und behindert die Rochade des schwarzen Königs. (Schwarz kann zwar den Springer vom Königsflügel nach e7 dazwischensetzen, aber nachdem dann die weiße Dame den Bauern f4 verspeist hat, und der Turm durch die Rochade auf die andere Seite des Königs wechseln würde, wäre die Rochade nicht mehr besonders verlockend.)

Weiß zog 25. Tf2-b2, und stellte starke taktische Drohungen auf: Turmschach auf b8, und wenn der Springer nimmt, schlägt der andere Turm ein, und zwingt die Dame, sich dazwischen zu stellen.

Schwarz sah dies, und reagierte mit 25. ... Sc6-d8 was das Turmschach unwirksam machen sollte. Es geschah noch 26. Tb2-b8 h4-h3 (in dem Versuch, auf dem Königsflügel Initiative zu entwickeln) 27. Tb1-b6 h3xg2 28. Tb6-d6 Dd7xa4 29. Td6xSd8#

Meiner Ansicht nach hätte nur 25. ... Dd7-c8 (verschafft dem König ein Fluchtfeld, und kontrolliert das Einfallsfeld b8 ein weiteres Mal.) die weißen Drohungen einstweilen unter Kontrolle gehalten. Aber die weißen Vorteile sind langfristig, und Schwarz hat kein Gegenspiel, viele schwarze Figuren sind an ihre Positionen gebunden. Weiß hätte dann in aller Ruhe die Schwerfiguren in der b-Linie verdreifachen können, und zusätzlich einen betonierten Läufer nach d6 stellen können, was b8 ein weiteres Mal angreift.

Das Fianchetto

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Das Fianchetto ist ein Konzept, um dem Läufer zu maximaler Durchschlagskraft zu verhelfen. Es stellt eine Alternative zum 'natürlichen Entwicklungsfeld' (siehe Kapitel Eröffnung) dar.


In der Regel wird beim Fianchetto der g- oder b-Bauer ein Feld vorgezogen, und der Läufer auf das freiwerdende Feld gestellt. Der Läufer steht damit in der langen Diagonalen. Er greift zwei Zentrumsfelder zugleich an, mehr als in jeder anderen Diagonalen. Wenn der gegnerische König "richtig" rochiert hat, dann greift der Läufer bei freier Schußbahn auch noch die dahinterliegende Königsstellung an.

Der Preis sind die zwei Züge, die der Spieler für das Fianchetto aufwenden muß. Sie taugen beide zu wenig mehr, als eben zur Durchführung des Fianchettos.

Das Fianchetto bietet sich zur Läuferentwicklung an bei Verteidigungsspielen und Konterspielen, in denen der Spieler seine Zentrumsbauern sicherheitshalber zurückhält. Es ist damit möglich, einen permanenten Druck auf den Zentrumsaufbau des Gegners auszuüben, der damit sehr vorsichtig agieren muß.

Bei schnellen Angriffen ist das Fianchetto meist fehl am Platze, weil es doch ein recht schwerfälliges Manöver ist. Ist der Läufer aber bei einem unverhofften Angriff bereits fianchettiert, dann sind die übrigen Figuren meist dankbar, ihn als Verstärkung im Rücken zu haben.

Das Fianchetto geht bei mir meistens einher mit einem zurückhaltenden eigenen Bauernzentrum. Erstens ist das Fianchetto ein Konzept, um das gegnerische Zentrum auszuhebeln, nicht unbedingt, um ein eigenes aufzubauen, zweitens würde der Zug d2-d4 in der Diagrammstellung den eigenen Fianchettoläufer blockieren, drittens würde beim Vorziehen des d-Bauern das Feld c3 schwach werden, was es dem Gegner erleichtert, den Fianchettoläufer abzutauschen.

Der isolierte Bauer (Isolani)

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Isolierte Bauern sind Bauern, die keine Nachbarbauern mehr haben. Sie entstehen, wenn ihre Nachbarbauern entweder durch diagonales Schlagen plötzlich zwei Linien entfernt sind, oder schlicht, wenn diese selbst geschlagen werden.


In diesem Diagramm ist der weiße Bauer auf a2 isoliert.

Isolanis haben den Nachteil, daß sie von keinem Bauern mehr verteidigt werden können. Wenn sie also Schutz benötigen, dann muß sich eine Figur dieser Aufgabe annehmen, obwohl der Spieler sie vermutlich anderswo lieber einsetzen würde. Es ist auch kein Teamwork mehr möglich, mit dem zwei Bauern gegenseitig die Felder direkt vor ihrem Nachbarn bewachen.

Wenn es dem Spieler nicht gelingt, den Isolani wegzutauschen oder durch Schlagmanöver wieder an die nächstgelegene Bauerngruppe anzuschließen, dann stellt der Isolani einen dauerhaften strategischen Nachteil dar.

Darüber kann gelegentlich die Tatsache hinwegtäuschen, daß die Linien neben dem Isolani offen oder zumindest halboffen sind, vor allem, wenn es sich um wichtige Angriffslinien handelt, und der Spieler mit dem Isolani die Kontrolle darüber erlangen kann.

Der isolierte Damenbauer (IDB)
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Einen Spezialfall stellt der isolierte Damenbauer dar. Dieser entsteht in den verschiedensten Eröffnungsvarianten durch die Isolierung des vorgerückten Damenbauers, der als Zentrumsbauer immer noch eine wichtige Resource ist.


Der IDB hat in der Regel eine effektive Kontrolle über zwei wichtige Felder, schränkt dadurch den Gegner massiv ein, und verschafft den eigenen Figuren gute Angriffsfelder. Seine Gegenspieler sind häufig weggetauscht, so daß seine Stärke noch mehr zur Geltung kommt.

Die taktischen Vorteile des IDB wiegen die strategischen Nachteile ungefähr auf. An dieser Aussage kann man aber schon ablesen, daß es eher die taktischen Spieler sind, die den IDB gerne haben, während die strategischen Spieler ihn lieber auf der Seite des Gegners sehen.

Der rückständige Bauer

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Der weiße Bauer auf c2 ist rückständig.


Ein dem Isolani ähnliches Thema ist der rückständige Bauer. Rückständige Bauern, sind Bauern, die hinter ihren vorgepreschten Nachbarbauern zurückgeblieben sind. Weil diese nicht wieder zurückziehen können, muß der hinten verbliebene Bauer ohne den Schutz seiner Kollegen zurechtkommen. Damit ähnelt er dem Isolani, aber er hat die Möglichkeit, durch Vorrücken diesen Umstand zu ändern.

Rückständige Bauern lassen sich nicht vollständig vermeiden. Der Spieler sollte also darauf achten, daß nur diejenigen Bauern rückständig werden, auf die der Gegner keine guten Angriffslinien hat.

Der Doppelbauer

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Doppelbauer in der c-Linie


Befinden sich zwei Bauern gleicher Farbe auf einer Linie, dann nennt man das einen Doppelbauern. Diese entstehen, wenn sich ein Bauer durch diagonales Schlagen, zum Beispiel beim Austausch zweier Leichtfiguren, auf die Linie seines Nachbarn begibt.

Der vordere Bauer behindert den hinteren Bauern beim Vormarsch, was insbesondere im Endspiel von großer Bedeutung sein kann. Außerdem hat der Doppelbauer im Normalfall höchstens noch einen Nachbarbauern (der andere hat ja auf diese Linie gewechselt), es kann also höchsten einer der beiden Bauern den Schutz des Nachbarbauern genießen. Der andere müßte von einer Figur bewacht werden. Dieser Umstand kann bereits im Mittelspiel höchst ärgerlich sein.

Der Freibauer

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Freibauer auf f5


Ein Freibauer hat keinen gegnerischen Bauern, der ihn noch an der Umwandlung hindern könnte, das heißt, es gibt keinen gegnerischen Bauern auf seiner Linie, der ihn noch blockieren könnte, und keinen auf seinen Nachbarlinien, die ihn noch schlagen könnten.

Freibauern können nur von Figuren noch an der Umwandlung gehindert werden. In ausgeglichenen Stellungen ist es in der Regel spielentscheidend, wenn eine Seite plötzlich den Vorteil eines Freibauern erhält, insbesondere, wenn es sich um einen gedeckten Freibauern handelt.

Die Bauernkette

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In einer Bauernkette stehen mehrere Bauern in einer ununterbrochenen Diagonalen.


Der Vorteil ist, daß nur ein Bauer rückständig ist, der auch dazu noch recht schwer anzugreifen ist. Die vorgerückten Bauern sind dagegen überwacht. Eine Bauernkette ist eine recht stabile Struktur. Andererseits ist sie recht schwerfällig, und ist schon alleine deshalb selten für die Beendigung einer Partie ausschlaggebend. Sie kann dazu dienen, gegnerische Angriffslinien zu blockieren, aber ist auch gut geeignet, Zentrumsbauern zu unterstützen.

Der korrekte Umgang mit der Bauernkette ist nicht einfach. Ihre Auswirkungen auf die Stellung können von unwesentlich bis stellungsbeherrschend reichen. Auch gibt es kein Patentrezept gegen die Bauernkette. Es hängt von der jeweiligen Situation ab, ob man sie besser an der Spitze oder an der Basis angreift.

Es war nicht einfach, ein gutes Beispiel ausfindig zu machen. Die Partie Sosonko - Kortschnoi von 1977 erscheint recht geeignet:

1. d4 Sf6 2. c4 e6 3. g3 d5 4. Lg2 dxc4 5. Sf3 Lb4+ 6. Ld2 Le7 7. Da4+ Sbd7 8. Dxc4 Sb6 9. Dd3 Ld7 10. O-O O-O 11. Sc3 Lc6 12. Tfd1 Sa4 13. Sxa4 Lxa4 14. Tdc1 c6 15.e3

Durch seinen letzten Zug hat Weiß eine Bauernkette auf f2, e3 und d4 erzeugt.

15. ... Sf6-d7

16. Ld2-c3 a7-a5

17. Dd3-d2 Sd7-f6

18. Sf3-e5 Sf6-d5

19. b2-b3 La4-b5

20. a2-a4 Sd5xLc3

21. Dd2xSc3 Lb5-a6

22. Se5-d3 La6xSd3

23. Dc3xLd3 Dd8-b6

24.Tc1-d1 Tf8-d8

25.Dd3-c4 Td8-d7

26.Td1-d3 Ta8-d8

Remis durch Vereinbarung

Als Amateur muß ich natürlich sehr mutig sein, um einen Kommentar über eine Partie zwischen einem internationalen Großmeister und einem Vizeweltmeister abzugeben.

Auffällig ist aber, daß in der Abschlußstellung die ganze schwarze Stellung auf den d-Bauern hin ausgerichtet scheint. Der Bauer blockiert wirksam beide schwarzen Türme, und auch die schwarzen c- und e-Bauern fühlen sich berufen, den weißen Bauern nicht anzugreifen, sondern seinen Vormarsch durch Kontrolle von d5 zu verhindern.

Die Figur in der gegnerischen Stellung

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Wenn es gelingt, eine Figur, oder auch nur einen Bauern tief in die gegnerische Stellung eindringen zu lassen, und dort zu halten, dann spaltet sie häufig die gegnerische Stellung auf. Sie blockiert die Entfaltung der gegnerischen Stellung und unterbindet das Zusammenspiel der gegnerischen Steine.

Daraus ergeben sich sowohl Raum- als auch Zeitvorteile, die in vielen Fällen zum Gewinn entscheidend beitragen. Außerdem hat der Stein dort auch manchmal die Gelegenheit, an brandgefährlichen Königsangriffen teilzunehmen. Und natürlich ist damit häufig das ganze Konzept des Gegners hinfällig.

In den meisten Fällen platziert sich der Eindringling vor einem rückständigen, möglichst zentralen oder königsnahen Bauern. Von dort aus genießt er sogar einen gewissen Schutz, weil er nicht frontal angegriffen werden kann. Er selber dagegen befeuert von dort wichtige Felder des Gegners, der blockierte Bauer behindert außerdem zusätzlich die Bewegungsfreiheit des Gegners.

Eine andere Möglichkeit ist es, einen (verdoppelten) Turm über die offene Linie auf die 7. Reihe des Gegners zu bringen. Dort hat er am ehesten die Chance, einen Bauern abzustauben, und auch eventuell dort abgestellte Leichtfiguren werden selten verschmäht.

Es gibt einige Ausnahmen, in denen dadurch keine Vorteile erzielt werden. Wenn der Gegner ein Flankenspiel durchführt, wird er durch eine Paralysierung seines Zentrums nicht wesentlich behindert.

Häufig ist auch ein Bauer nach der gegnerischen kurzen Rochade und dem Aufzug g7-g6 auf f6 zu sehen. Dieser ermöglicht so viele Kombinationen, daß er sogar als „Sargnagel“ bezeichnet wird. Eine Dame auf h6 kann schon spielentscheidend sein, denn selbst wenn Schwarz sich mit Kg8-h8 und Tg8 verteidigt, drohen Damenopfer auf h7 nebst einem Matt durch einen Turm auf der h-Linie.

Einen Spezialfall stellt auch die Dame auf b7 oder g7 in der Eröffnungsphase dar, mit der Absicht, einen unentwickelten Turm abzustauben. Dieses Manöver ist zeitaufwendig, und setzt die Dame einer hohen Gefahr aus. Häufig wird ihr der Rückweg abgeschnitten, bevor sie schließlich ein unrühmliches Ende findet. Es gibt sogar Schachexperten, die die Meinung vertreten, daß man dieses Manöver sogar dann unterlassen sollte, wenn es gut ist. Also: Finger weg!!

Dazu ein Beispiel aus der Eröffnungstheorie.


In dieser Partie zwischen Paul Morphy und Louis Paulsen, 1857 beim ersten Schachkongreß der USA, geschah 6. ... Db6xb2 und nach 7.Sd4-b5! Lc5xe3 8.Ta1-b1! war die schwarze Dame gefangen. Obwohl sich Schwarz noch heftig wehrte, gab er im 26. Zug auf.


In dieser wahrscheinlich erfundenen Partie (zwischen Prinz Dadian von Mingrelien und U. L., Kiew 1902) hingegen erwies sich die Figur in der gegnerischen Stellung als tödlich.

Hier opferte Weiß zuerst mit 1.Dh7-f5+!! Ke6xf5 die Dame, um danach mit 2.Lh5-f7 in die Stellung einzudringen. Dies war hier sofort entscheidend, da gegen 3.Sd1-e3# nichts mehr möglich war.

Besonders häufig kommen Motive ähnlich dem folgenden vor.


In diesem Beispieldiagramm kann Weiß mit 1.Dd2-h6 Ta8-g8 2.Ta2-a3 entscheidend angreifen. Auf 2. ... a5xb4 folgt dann ein Damenopfer mit anschließendem Matt: 3.Dh6xh7+! Kh8xh7 4.Ta3-h3# Hier sieht man deutlich die Wirkung eines auch „Sargnagel“ genannten Bauern auf f6.