Segeln/ Manöver

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In diesem Kapitel werden die wichtigsten Manöver unter Segeln aufgelistet. Gerade auf Yachten findet sich in der Regel ein Motor, der in der Regel deutlich stärker ist als das, was man von einem „Hilfaggregat“ erwarten könnte. Mit dem Motor können einige Manöver, wie zum Beispiel das An- und Ablegen oder auch das Ankern deutlich erleichtert werden. Früher galt es als hohe Kunst, auch größere Yachten in den Hafen zu manövrieren, die Zuhilfenahme des Motors war unschick. Das hat sich geändert; unter Seglern anzulegen ist in Yachthäfen unerwünscht und in der Regel durch die Hafenordnungen verboten. Man sollte das respektieren, bevor man einen Anleger mit einem 10-Meter-Boot übt.

Sie sind Standardmanöver und sollten vom Skipper, aber nach Möglichkeit auch von mehreren anderen Crewmitgliedern, souverän beherrscht werden. Eine Wende und (mit Abstrichen) eine Halse sind schnell verstanden und eingeübt. Aber gerade das Mann-über-Bord-Manöver ist recht komplex und sollte öfters geübt werden, auch wenn der Ernstfall nur sehr selten eintritt. Das Mann-über-Bord-Manöver unter Segeln ist auch dann wichtig, wenn eine Yacht über einen Motor verfügt, da die Segel im Ernstfall nicht schnell genug geborgen werden können. Der Motor wird als Manövrierhilfe beigesetzt, das Manöver muss aber immer noch unter Berücksichtigung der Segel gefahren werden. Es wird daher auch grundsätzlich in den Segelscheinprüfungen abgeprüft.

Wende[Bearbeiten]

Wende

Die Wende bezeichnet das Segelmanöver, bei dem der Bug des Schiffes durch den Wind gedreht wird, das Schiff also kurzzeitig entgegen der Windrichtung steht. Ziel ist es, nach der Wende einen Kurs fahren zu können, bei dem der Wind von der anderen Seite kommt.

Vor Beginn der Wende fährt das Schiff einen sog. Amwindkurs, d.h. der Wind kommt schräg von vorn. Als nächstes wird das Schiff so gesteuert, dass der Bug durch den Wind dreht, der Wind also anschließend von der anderen Seite kommt. Die Segel wechseln dabei von der einen (windabgewandten) auf die andere (wiederum windabgewandte) Seite.

Die Kommandos bei der Durchführung einer Wende lauten:

  1. Steuermann: "Klar zur Wende" (Vorbereitung zur Durchführung einer Wende treffen)
  2. Besatzung: "Ist klar" (Vorbereitungen abgeschlossen)
  3. Steuermann: "Ree" (Wende wird eingeleitet)
  4. Steuermann: "Über die Fock" (Wechsel insbesondere der Vorsegel von der einen auf die andere Seite)

Je nach Schiffstyp verliert man während der Wende deutlich an Schwung, da der Vortrieb durch die Segel fehlt. Dabei kann die Ruderwirkung so stark nachlassen, dass es schwierig wird, den Bug überhaupt durch den Wind zu drücken. Dann kann es helfen, die Fock einige Zeit „back“ zu halten, das heißt, sie noch nicht auf die andere Seite zu ziehen. Sie fällt dann ein, drückt in die Wanten und schiebt den Bug in Richtung des neuen Kurses. Sie wird erst auf die neue Seite geholt, wenn der gewünschte Kurs fast erreicht ist.

Moderne Segeljachten können deutlich höher am Wind fahren als 50 Grad. Selbst die alten Rahsegler schaffen teilweise Winkel von 60 Grad am Wind. Dann ist es durch mehrere nacheinander durchgeführte Wenden möglich, gegen den Wind anzukreuzen. Dabei nähert man sich einem Ziel, das entgegen der Windrichtung liegt und das man nicht auf direktem Wege erreichen kann, durch viele kleine Schläge an. Das Aufkreuzen ist ein Standardmanöver und gerade bei Regatten wettkampfentscheidend.

Halse[Bearbeiten]

Die Halse bezeichnet das Segelmanöver, bei dem das Heck des Schiffes durch den Wind gedreht wird, das Schiff also kurzzeitig in die gleiche Richtung fährt, in die der Wind weht. Das Ziel ist das selbe wie bei einer Wende: man möchte in eine neue Richtung fahren, bei der der Wind von einer anderen Seite weht als auf dem alten Kurs.

Vor Beginn der Halse fährt das Schiff auf einem sog. Raumwindkurs, d.h. der Wind kommt schräg von hinten (achtern). Bei einem Raumwindkurs sind die Segel gewöhnlich weit aufgefiert, d.h. sie stehen nahezu senkrecht zur Mittschiffslinie. In der Halse wird der Kurs des Schiffes so geändert, dass die Segel auf die andere Seite umschlagen und der Wind von der anderen Seite von achtern kommt.

Um die Wucht, die beim Umschlagen der Segel entwickelt wird, zu minimieren, wird das Großsegel vor der Halse dicht geholt. Dann kann das Segel nicht so viel Schwung nehmen, bevor es in die Schot fällt. In dem Moment, in dem das Segel übergeht, wird die Schot zusätzlich gefiert, um die Kraft, die auf Schot und Segel wirkt, weiter zu verringern. Unter Wettkampfbedingungen kann auf einer Jolle eine Halse auch durchgeführt werden, in dem der Steuermann die Großschot in der Nähe der Baumnok fasst und das Segel mit der Hand von der einen Seite auf die andere führt. Solche Powerhalsen erfordern aber viel Übung und Erfahrung und sollten erst bei schwachem Wind geübt werden.

Die Gewalt, die ein unkontrolliertes Überschlagen des Großbaums entfalten kann, ist beträchtlich. Auf einer Jolle führt eine unsachgemäße Halse nicht selten zu einer Kenterung. Auf einer Jacht erhöht sie den Verschleiß des Materials beträchtlich und kann im Extremfall zu Schäden im Rigg führen. Außerdem stellt der Baum eine ernstzunehmende Gefahrenquelle für die Crew dar. Eine solche Halse sollte vermieden werden und nur in absoluten Ausnahmefällen, etwa einem Mann-über-Bord-Manöver, durchgeführt werden.

Der Ablauf der Halse und die Kommandos sind folgende:

  1. Das Schiff fährt auf Raumwindkurs mit aufgefierten Segeln; die Mannschaft sitzt auf der windzugewandten Seite
  2. Steuermann: "Klar zur Halse" (Vorbereitungen zur Durchführung einer Halse treffen)
  3. Besatzung: "Ist klar" (Vorbereitungen abgeschlossen)
  4. Das Großsegel wird dichtgeholt
  5. Steuermann: "Rund achtern" (Einleitung der Kursänderung durch Ruderlegen)
    • Der Wind greift hinter das Großsegel und schlägt es auf die andere Seite
    • In diesem Augenblick wird das Segel schnell aufgefiert und Gegenruder gelegt, um das Schiff zu stabilisieren
    • Die Mannschaft wechselt auf die andere Seite
    • Das Vorsegel wird auf die andere Seite geholt

Q-Wende[Bearbeiten]

Eine Q-Wende ist eine Wende, die statt einer Halse durchgeführt wird. Fährt man auf einem Vorwindkurs mit Wind von Steuerbord und will auf einem Vorwindkurs mit Wind von Backbord, so wird man nach Backbord fahren und eine Halse durchführen. Dabei wird dann ein Winkel von etwa 90° beschrieben, und es ist die schnellste und effizienteste Möglichkeit der Kursänderung. Es gibt aber Umstände, bei denen eine Halse nicht möglich ist oder unangemessen erscheint, zum Beispiel wenn der Wind zu stark ist oder die Mannschaft zu klein. Gerade Segelanfänger fühlen sich auch häufig mit der Halse überfordert und ziehen die Wende, die einfacher zu fahren ist, vor.

Bei einer Q-Wende steuert man also nicht nach Backbord, sondern nach Steuerbord und luvt an, bis man am Wind segelt. Dann folgt eine klassische Wende, und man fällt ab, bis man wieder vor dem Wind segelt, der jetzt von Backbord kommt. Dabei wird ein Winkel von 270° statt nur 90° beschrieben. Die Q-Wende dauert also deutlich länger als eine Halse, vermittelt in manchen Situationen aber ein deutlich besseres Sicherheitsgefühl.

Beidrehen und Beiliegen[Bearbeiten]

Segelmanöver Beiliegen

Das Beiliegen ist ein Zustand, in dem das Boot mit geringster Fahrt und etwas Abdrift relativ ruhig liegt. Um Beizuliegen fährt man eine Wende, läßt jedoch das Vorsegel bak stehen und steuert gegen (Bug wieder in den Wind) und hält oder fixiert das Ruder in dieser Stellung. Das Großsegel wird ganz aufgefiert. In Lee entsteht dadurch ein Totwasser, welches zum Bergen einer Person dienen kann.

Mann über Bord[Bearbeiten]

Das Mann-über-Bord-Manöver dient dazu, eine über Bord gefallene Person wieder aufzunehmen (mittlerweile gibt es auch die Bezeichnung Person über Bord. Auf manchen GPS-Geräten existiert dann eine Person-over-Board-Taste statt eine Man-over-Board-Taste.). Es ist das wahrscheinlich komplizierteste Standardmanöver, aber immens wichtig. Das Mann-über-Bord-Manöver sollten immer mehrere Personen an Bord fahren können und nicht nur der Skipper alleine.

Das Manöver kann bequem mit einem Fender oder einer alten Rettungsweste geübt werden, es ist also nicht notwendig, ein Crewmitglied für Testzwecke zu opfern. Dabei sollte man ein paar Punkte beachten: ein Fender oder eine Rettungsweste ist deutlich leichter als eine Person, die je nach Größe und Geschlecht zwischen 50 und 100 Kilo wiegen kann. Und ein Fender erfriert auch nicht im Wasser. Im Frühjahr und im Herbst können die Temperaturen so niedrig sein, dass nur wenige Minuten für die Rettung zur Verfügung stehen, bevor die Person unterkühlt. Dadurch erschwert sich das Manöver unter realen Bedingungen noch einmal.

Bei diesem Manöver hat man zwei Optionen zur Auswahl, die je nach Situation angewandt werden:

  • Mann über Bord mit Q-Wende: Wird meist bei stärkerem Wind angewendet, da man sich ziemlich schnell vom Opfer entfernt und mit einer Halse schwer zurückkommen würde. Nachteil der Q-Wende ist, das sie deutlich mehr Platz und Zeit benötigt. Hierbei wendet man soweit, dass man seine vormalige Fahrlinie kreuzt, fällt dann ab und fährt einen Nahezu-Aufschießer, so dass das Boot in Luv neben der Boje (oder Person) zur Ruhe kommt.
  • Mann über Bord mit Halse: Wird meist bei schwachem Wind angewandt, da eine Halse komplizierter als eine Wende ist (zumal bei "verlorenem" Vorschoter) und zudem die Gefahr droht zu weit abzufallen. Hierbei fällt man ab, halst und fährt einen Nahezu-Aufschießer, so dass das Boot in Luv neben der Boje (oder Person) zur Ruhe kommt.

Aufschießer[Bearbeiten]

Ein Aufschießer beschreibt ein Manöver, bei dem das Boot mit dem Bug voraus in den Wind gestellt wird und nach einigen Meter anhält. Diese Manöver kann dazu verwendet werden, um beispielsweise eine über Bord gegangene Person wieder an Bord zu holen oder eventuell gerissene Tampen zu flicken.

Segelmanöver Aufschießer
Segelmanöver Aufschießer
Segelmanöver Nahezu-Aufschießer
Segelmanöver Nahezu-Aufschießer

Anlegen am Steg[Bearbeiten]

Das Anlegen am Steg unter Segeln gestaltet sich exakt wie ein Aufschießer. Bei unerfahrenen Seglern sollte jedoch immer ein Bootshaken bereitgehalten werden.

Alternativ empfiehlt es sich die Segel vor dem Anlegen einzuholen und den Steg unter Zuhilfenahme eines Motors oder Stechpaddels anzusteuern.

Ankern[Bearbeiten]

Beim Ankern wird ein Aufschießer gefahren. Wenn das Boot zur Ruhe gekommen ist, kann der an Bord befindliche Anker, der an einem nicht schwimmfähigen Seil oder einer Kette befestigt ist, abgelassen oder ausgeworfen werden. Das Seil (bzw. die Kette) sollte allerdings mindestens die 4fache (bei Verwendung einer Kette) bzw. 7fache (bei Verwendung einer Leine) Länge als Wassertiefe haben, damit das Boot daran frei schwojen kann. Man sollte jedoch, weil vor allem die Kette das Boot hält und der Anker nur die Kette festhält, soviel, wie als Schwojkreis vertretbar ist, an Trosse auswerfen. Zudem sollte man seine Ankerleine mit einer Boje kennzeichnen, da andere Boote sich sonst evtl darin verfangen könnten.

Je nach Gewässerboden kommen unterschiedliche Anker zum Einsatz. Auf Sandböden und anderem guten Ankergrund sind Patentanker empfehlenswert. Auf Felsen hingegen und bei verkrautetem Grund ist der Stockanker vorzuziehen, weil Patentanker auf Felsen nicht halten und bei verkrautetem Grund teilweise nicht schwer genug sind, um durch das Kraut an den Boden zu kommen.