UN-Kaufrecht: Rechte des Käufers

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Art. 45 CISG zählt die zentralen Rechtsbehelfe des Käufers bei Leistungsstörungen auf. In der Funktion entspricht die Norm damit § 437 BGB.

Vertragserfüllung[Bearbeiten]

Der Käufer hat nach Art. 46 Abs. 1 CISG Anspruch auf die Erfüllung des Vertrags, es sei denn er hat bereits einen wirksamen Rechtsbehelf ausgeübt, der den Erfüllungsanspruch ausschließt. Darunter fallen Vertragsaufhebung, Minderung und das Verlangen von Schadenersatz wegen Nichterfüllung.[1]

Als Entgegenkommen gegenüber Common Law-Systemen, die einen Erfüllungsanspruch ("specific performance") nur unter besonderen Umständen kennen,[2] eröffnet Art. 28 CISG Gerichten die Möglichkeit, nur auf Schadensersatz zuzusprechen. Die Norm ist aber auch für deutsche Gerichte relevant. Liegt nach deutschem Recht ein Fall des § 275 BGB vor, dürfen auch sie nicht zur Erfüllung verurteilen.[3]

Die Regelung gilt analog auch für Schiedsgerichte, wobei das Recht des Schiedsorts maßgeblich ist.[4]

Nacherfüllung[Bearbeiten]

Art. 46 Abs. 2 und 3 CISG geben dem Käufer das Recht, Nacherfüllung in Form von Nachlieferung und Nachbesserung zu verlangen.

Da die Ersatzlieferung im internationalen Handel mit erheblichen Kosten verbunden ist, knüpft Art. 46 Abs. 2 CISG sie an das Vorliegen einer wesentlichen Vertragsverletzung. Wenn möglich soll der Käufer die gelieferte Ware absetzen und dem Verkäufer die Wertdifferenz als Schadensersatz in Rechnung stellen. Das Recht auf Ersatzlieferung beinhaltet Aus- und Einbau nicht, die Kosten dafür können jedoch als Schadensersatz geltend gemacht werden.[5]

Der regelmäßig weniger einschneidende Nachbesserungsanspruch ist nicht an eine wesentliche Vertragsverletzung geknüpft. Art. 46 Abs. 3 CISG stellt jedoch die Voraussetzung der Zumutbarkeit für den Verkäufer auf. Dabei muss zwischen den Interessen des Käufers an der Nachbesserung und dem Aufwand des Verkäufers abgewogen werden.[6]

Schadensersatz[Bearbeiten]

Schadensersatzansprüche können - verschuldensunabhängig und für alle Pflichtverletzungen - nach Art. 45 Abs. 1 b) CISG geltend gemacht werden.

Vertragsaufhebung[Bearbeiten]

Die Vertragsaufhebung ist mit dem Rücktritt nach nationalem deutschem Recht vergleichbar (§ 323, § 326 BGB). Wegen des besonders hohen Aufwands der Rückabwicklung im internationalen Handel[7] stellt Art. 49 Abs. 1 a) CISG diesen Rechtsbehelf nur bei einer wesentlichen Vertragsverletzung oder - und nur bei vollständiger Nichtlieferung - nach Setzung einer Nachfrist gem. Art. 47 CISG zur Verfügung.

Nichtlieferung und Nachfristsetzung[Bearbeiten]

Nichtlieferung ist die fehlende Übertragung des Besitzes an der Ware. SIe kann bereits für sich eine wesentliche Vertragsverletzung darstellen (z.B. bei einem Fixgeschäft). Ist sie es nicht (oder möchte der Käufer sicher gehen, nicht duch voreilige Vertragsaufhebung selbst vertragsbrüchig zu werden) kann er eine angemessene Nachfrist gem. Art. 47 Abs. 1 CISG setzen, nach deren fruchtlosen Ablauf er den Vertrag aufheben kann. Gem. Art. 79 Abs. 5 CISG ist dabei unerheblich, ob der Verkäufer sich für die Nichtlieferung entschuldigen kann.

Eine zu kurz bemessene Nachfrist setzt nach der herrschenden Meinung in deutscher Literatur und Rechtsprechung eine angemessene Nachfrist in Gang.[8]

Minderung[Bearbeiten]

Art. 50 CISG gibt dem Käufer ein Minderungsrecht bei Sachmängeln, Falschlieferung und Mengenabweichungen gem. Art. 35 CISG. Wegen der verschuldensunabhängigen Schadensersatzhaftung ist die Bedeutung der Minderung gering.[9] Anders als für den Schadensersatz ist eine Entlastung des Käufers wegen höherer Gewalt aber gem. Art. 79 Abs. 5 CISG ausgeschlossen.

Die Berechnung des Minderungsbetrags entspricht der Formel bei Anwendung des § 441 BGB:[10]

Gegebenenfalls kann der Kaufpreis dadurch auch auf Null sinken. Bereits bezahlte Summen können nach Art. 81 Abs. 2, Art. 84 CISG zurückgefordert werden.

Untersuchungs- und Rügefrist[Bearbeiten]

Ähnlich wie § 377 HGB kennt auch das UN-Kaufrecht eine Obliegenheit des Käufers, die gelieferte Ware innerhalb einer angemessenen Frist auf Mängel zu untersuchen und gegebenenfalls zu rügen. Sie ist in den Art. 38-40 und 44 CISG geregelt. Sie soll dem Verkäufer die Möglichkeit geben, durch schnelle Nacherfüllung den Schaden noch ganz oder teilweise abzuwenden, Beweise zu sichern und ihm die Möglichkeit geben, seinen eigenen Zulieferer zeitnah in Regress zu nehmen.[11]

Unterschiede zum deutschen Recht[Bearbeiten]

Während § 377 Abs. 1 HGB eine unverzügliche Rüge fordert, genügt nach Art. 39 Abs. 1 CISG die Rüge innerhalb einer "angemessenen" Frist. Versäumt der Käufer die Rüge, verliert er zudem nicht alle Rechtsbehelfe, wenn er die Verzögerung der Rüge entschuldigen kann, Art. 44 CISG.

Untersuchung der Ware[Bearbeiten]

Die Frage wie schnell und wie genau der Käufer die gelieferte Ware untersuchen muss, ist in Art. 38 CISG flexibel geregelt, indem auf die Umstände des Einzelfalls abgestellt wird. Kriterien sind insbesondere die Komplexität und Kosten einer angemessenen Untersuchung und die Verderblichkeit der zu untersuchenden Ware.

Rüge der Ware[Bearbeiten]

Auch für die Frist innerhalb derer die Ware gerügt werden muss, stellt das UN-Kaufrecht auf eine "angemessene Zeit" ab, Art. 39 CISG. Die Rügefrist ist jedoch getrennt von der Untersuchungsfrist zu betrachten.[12] Eine besonders schnelle Untersuchung rechtfertigt also kein Zuwarten bei der Rüge. Hauptkriterium ist wieder die Lebensdauer der Ware. Mangelhafter frischer Fisch ist also z.B. in der Regel deutlich schneller zu rügen als Stahlprofile.

Inhaltlich muss die Rüge den festgestellten Mangel genau bezeichnen ("...specify the nature of the lack of conformity..."). Ziel dieser Regelung ist, dem Verkäufer die Gelegenheit zu geben, angemessen zu reagieren. Es genügt aber die Beschreibung der Art des Mangels, der Käufer muss also z.B. nicht versuchen, herauszufinden, warum eine Maschine nicht funktioniert, sondern nur beschreiben inwiefern sie es nicht tut.

Zur Wahrung der Rechte des Käufers genügt die Absendung der Rüge innerhalb der Frist. Das Verspätungs- und Verlustrisiko trägt der Verkäufer, Art. 27 CISG.

Fußnoten[Bearbeiten]

  1. Müller-Chen in Schlechtriem/Schwenzer, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 6. Aufl. 2013, Art. 46 Rn. 7
  2. Gruber in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl 2012, Art. 28 CISG Rn. 1
  3. Benicke in Münchener Kommentar zum HGB 3. Aufl. 2013, Art. 28 CISG Rn. 9
  4. Gruber in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl 2012, Art. 28 CISG Rn. 6
  5. Schlechtriem/Schroeter, Internationales UN-Kaufrecht, 5. Aufl. 2013, Rn. 459
  6. Müller-Chen in Schlechtriem/Schwenzer, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 6. Aufl. 2013, Art. 46 Rn. 40
  7. Schlechtriem/Schröter, Internationales UN-Kaufrecht, 5. Aufl. 2013, Rn. 331
  8. a.A.: Schlechtriem/Schroeter, Internationales UN-Kaufrecht, 5. Aufl. 2013, Rn. 471 mit Nachweisen zur herrschenden Gegenansicht
  9. Ferrari, Internationales Vertragsrecht, 2. Aufl. 2011, Art. 50 CISG Rn. 1
  10. Müller-Chen in Schlechtriem/Schwenzer, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 6. Aufl. 2013, Art. 50 Rn. 8
  11. Schlechtriem/Schroeter, Internationales UN-Kaufrecht, 5. Aufl. 2013, Rn. 404
  12. Schlechtriem/Schroeter, Internationales UN-Kaufrecht, 5. Aufl. 2013, Rn. 415