UN-Kaufrecht: Rechte des Verkäufers

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Art. 61 CISG zählt die zentralen Rechtsbehelfe des Verkäufers bei Leistungsstörungen auf.

Erfüllung[Bearbeiten]

Nach Art. 62 CISG hat der Verkäufer das Recht, Erfüllung der Käuferpflichten zu verlangen. Das betrifft in erster Linie die Zahlung des Kaufpreises. Die Norm dient vorrangig der Klarstellung, da nicht alle Rechtsordnungen einen Erfüllungsanspruch in Natura kennen.[1] Auch hier ist aber Art. 28 CISG zu beachten, der gegebenenfalls eine Klage auf Erfüllung ausschließt.[2]

Ausgeschlossen ist der Erfüllungsanspruch nach Ausübung eines damit inkompatiblen Rechtsbehelfs. Das sind die Vertragsaufhebung (Art. 64), die Nachfristsetzung nach Art. 63 bis zum Ablauf der Frist (Art. 63 Abs. 2) und die Geltendmachung von Schadensersatz wegen Nichterfüllung, da er ebenfalls auf das Erfüllungsinteresse gerichtet ist.[3]

Ob Art. 79 auf die Erfüllung anwendbar ist, wird trotz der Regelung in Art. 79 Abs. 5 CISG teilweise bejaht. Der BGH verneint es,[4] in der Literatur wird vertreten, dass Fälle von Erschwernis und Unmöglichkeit als interne Lücken nach den Wertungen des Art. 79 zu behandeln sind, wobei aber eine Unmöglichkeit der Kaufpreiszahlung kaum denkbar sei, weil seine finanzielle Leistungsfähigkeit in das Risiko des Käufers falle.[5]

Art. 80 ist hingegen uneingeschränkt anwendbar.[6]

Vertragsaufhebung[Bearbeiten]

Art. 64 CISG ermöglicht dem Verkäufer die Aufhebung des Vertrags, soweit entweder die Anforderungen nach Art. 25 CISG erfüllt sind, also eine wesentliche Vertragsverletzung vorliegt, oder eine gesetzte Nachfrist nach Art. 63 CISG erfolglos verstrichen ist.

Eine Entlastung des Käufers nach Art. 79 CISG ist ausgeschlossen, da Art. 79 Abs. 5 CISG alle Rechtsbehelfe außer dem Geltendmachen von Schadensersatz explizit weiter bestehen lässt.[7] Art. 80 ist hingegen anwendbar.[8] Die Vertragsaufhebung ist hingegen nicht mehr möglich, wenn die zeitlichen Grenzen des Art. 64 Abs. 2 überschritten sind.

Die Rechtsfolgen der Vertragsaufhebung sind für Käufer und Verkäufer einheitlich in den Art. 81–84 geregelt.

Spezifizierung der Ware[Bearbeiten]

Wenn der Käufer nach dem Vertrag die zu liefernde Ware erst noch näher spezifizieren muss und dieser Pflicht nicht nachkommt, gibt Art. 65 CISG dem Verkäufer das Recht, die Spezifizierung selbst vorzunehmen. Dem Käufer wird dabei eine letzte Chance eingeräumt, seine eigenen Anforderungen mitzuteilen, indem er auf den Zugang der Anzeige[9] der Spezifizierung durch den Verkäufer hin widerspricht und seine eigene Spezifikation mitteilt. Der reine Widerspruch genügt nicht.[10] Erfolgt innerhalb der Frist keine solche Spezifizierung, wird die Spezifizierung des Verkäufers verbindlicher Vertragsinhalt. Die Frist kann dabei wegen der zahlreichen zuvor gegebenen Möglichkeiten für den Käufer tätig zu werden knapp bemessen werden.[11] Hat der Verkäufer eine zu kurze Frist gesetzt, beginnt stattdessen - wie auch im deutschen Schuldrecht - eine angemessene Frist zu laufen.[12]

Darf der Verkäufer selbst spezifizieren, muss er sich an den Bedürfnissen des Käufers orientieren, soweit ihm diese bekannt sind, z.B. aus einem während der Vertragsverhandlungen erwähnten Verwendungszweck.

Schadensersatz[Bearbeiten]

Art. 61 Abs. 1 b) CISG gibt dem Verkäufer das Recht, zusätzlich zu den anderen Rechtsbehelfen (Art. 61 Abs. 2 CISG) Schadensersatz zu verlangen. Während die Aufzählung in Art. 61 Abs. 1 a) CISG rein deklaratorisch ist, stellt Buchstabe b) eine Anspruchsgrundlage dar[13] und ist daher mit zu zitieren.

Umfang, Inhalt und Höhe des Schadensersatzes bemessen sich nach den Art. 74-77 CISG.

Fußnoten[Bearbeiten]

  1. Huber in Münchener Kommentar BGB, 6. Aufl. 2012, Art. 62 CISG Rn. 1
  2. Die Anwendbarkeit des Art. 28 auf die Kaufpreiszahlung ist umstritten, nach der Gegenansicht soll sie nicht umfasst sein, da Art. 28 teleologisch nur dazu dient, keine Verurteilung auf etwas anderes als Geldzahlung vorzuschreiben, vgl. Huber in Münchener Kommentar BGB, 6. Aufl. 2012, Art. 62 CISG Rn. 5
  3. Huber in Münchener Kommentar BGB, 6. Aufl. 2012, Art. 62 CISG Rn. 4
  4. BGH IHR 2008, 49, 53 = CISG-Online Nr. 1617
  5. Huber in Münchener Kommentar BGB, 6. Aufl. 2012, Art. 62 CISG Rn. 7
  6. Schlechtriem/Schwenzer, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 6. Aufl. 2013, Art. 80 Rn. 17
  7. Huber in Münchener Kommentar BGB, 6. Aufl. 2012, Art. 79 CISG Rn. 17
  8. Huber in Münchener Kommentar BGB, 6. Aufl. 2012, Art. 79 CISG Rn. 17
  9. nach dem Wortlaut "nach Eingang" liegt hier eine Abweichung von Art. 27 vor
  10. Ferrari, Internationales Vertragsrecht, 2. Aufl. 2011, Art. 65 CISG Rn. 25
  11. Ferrari, Internationales Vertragsrecht, 2. Aufl. 2011, Art. 65 CISG Rn. 24
  12. Schlechtriem/Schwenzer, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 6. Aufl. 2013, Art. 65 Rn. 7
  13. Schlechtriem/Schwenzer, Kommentar zum Einheitlichen UN-Kaufrecht, 6. Aufl. 2013, Art. 61 Rn. 7