Die lipophilen Steroidhormone werden überwiegend in der Nebennierenrinde und den Gonaden aus Cholesterol (Cholesterin) gebildet. Die Synthese erfolgt zeitgleich zur Stimulation, da die Speicherkapazitäten gering sind. Metabolisiert werden sie größtenteils in der Leber über Enzyme der Cytochrom-P450-Familie, z.T. auch in anderen Organen (Umwandlung von Androgenen in Östrogene im Fettgewebe durch eine Aromatase). Wie an den EC-Nummern zu sehen ist handelt es sich dabei größtenteils um Oxidoreduktase-Reaktionen (Hydroxylase-Reaktionen) am Steroidgerüst. Ausgeschieden werden sie vorwiegend als Glucuronide über die Leber.
Hinweis: Zur besseren Nachvollziehbarkeit der Auswirkungen der verschiedenen Enzymdefekte wurden die entsprechenden Enzyme in den folgenden Tabellen farblich unterlegt. Die Darstellung ist auf das Wesentliche reduziert, weitere Stoffwechselschritte und Metabolite findet man bei KEGG (siehe Weblinks).
Biosynthese von Pregnenolon, Progesteron und 11β-Hydroxyprogesteron aus Cholesterol
Biologische Funktionen: Progesteron (synthetisch: Gestagen) ist das dominierende Hormon der 2. Zyklushälfte und das schwangerschaftserhaltende Hormon. Hemmung der Estradiolrezeptoren -> Hemmung der LH-Sekretion -> Hemmung der Ovulation. Erhöhung der Viskosität des Zervikalschleims. Erhöhung der Körpertemperatur. Antimineralkortikoid. katabol.
Mineralokortikoide (Aldosteron)
Bildungsorte: Aldosteron wird in der Zona glomerulosa der Nebennierenrinde gebildet.
Biologische Funktionen: Aldosteron fördert die Natrium- und Wasserrückresorption (Zunahme des EZV) durch vermehrte Biosynthese von Natriumkanalproteinen, die bes. im spätdistalen Tubulus der Niere in die luminale Membran eingebaut werden. Sekundär erhöhte Kaliumausscheidung.
Nebennierenrindeninsuffizienz (Morbus ADDISON). Ät.: primär (NNR-Schädigung z.B. autoimmunologisch, Tumor), sekundär (Hypophyseninsuffizienz). Pg.: Cortisol- und Aldosteronmangel. Klinik: Bräunliche Hyperpigmentierung, Schwächegefühl, Ermüdbarkeit, Hypotonie, Libidoverlust, gastrointestinale Symptome wie Bauchschmerzen, Obstipation, Diarrhoe. Kompl.: In Stresssituationen lebensbedrohliche ADDISON-Krise mit Koma, Blutdruckabfall, Dehydratation, Hypoglykämie, Pseudoperitonitis.
Glukokortikoide (Cortisol, Cortison u.a.)
Bildungsorte: Zona fasciculata der Nebennierenrinde
Stimulatoren: ACTH
Biologische Funktionen: Glukokortikoide wirken entzündungshemmend und immunsuppressiv. Mineralkortikoide Restwirkung! Katabol: Proteinsynthese↓, Proteolyse↑, Glykogenolyse↑, Gluconeogenese↑, Glykolyse↓, Lipolyse↑. Hemmung der Kalziumaufnahme im Darm, Kalzium-Mobilisation aus dem Knochen, vermehrte Kalziumausscheidung über die Niere -> Osteoporose.
Biologische Funktionen: Ausbildung der primären und sekundären weiblichen Geschlechtsmerkmale. Östrogen ist das dominierende Hormon der 1. Zyklushälfte. Es senkt die Viskosität des Zervikalschleims (erhöhte Spinnbarkeit, Farnkrautphänomen), hat eine mineralkortikoide Restwirkung, fördert die hepatische Proteinbiosynthese (HDL, Gerinnungsfaktoren, Hormontransportproteine), hemmt den Knochenabbau und fördert die Pigmentierung der Haut.
Störung der Biosynthese von Aldosteron, Kortisol und Sexualsteroiden. w: keine Virilisierung, m: Hypospadie, evtl. männl. Pseudohermaphroditismus. Aldosteronmangel -> Salzverlust. Labor: DHEA und DHEA-Sulfat erhöht, bei normalem Testosteron- und Androstendion-Spiegel. Erhöhtes 17α-Hydroxypregnenolon (evtl. erst nach ACTH-Test), erhöhter 17-OH-Pregnenolon/ 17-OH-Progesteron-Quotient (evtl. erst nach ACTH-Test).
Häufigste Form (95 %), ~ 1:10.000 (Heterozygoten- frequenz 1:40)
Aut.-rez.. Störung der Aldosteron- und Kortisolbiosynthese mit ACTH-Anstieg und Akkumulation der Vorstufen -> Androgenexzess -> Virilisierung, Hodentumoren beim Erwachsenen, Kleinwuchs durch vorzeitigen Schluss der Epiphysenfugen. Aldosteronmangel -> Salzverlust. Hypertension. Gynäkomastie beim Erwachsenen. Labor: Im Blut sind 17α-Hydroxyprogesteron und 21-Desoxycortisol erhöht (evtl. erst nach ACTH-Test). Im Harn ist Pregnantriol, eine Metabolit des 17α-Hydroxyprogesteron, erhöht.
Störung der Aldosteron- und Kortisolbiosynthese mit ACTH-Anstieg und Akkumulation der Vorstufen -> Androgenexzess -> Virilisierung. Akkumulation des mineralkortikoid wirkenden 11-Deoxycorticosteron -> Hochdruck. Labor: 11-Desoxycorticosteron und 11-Desoxycortisol sind erhöht (evtl. erst nach ACTH-Test). 17α-Hydroxyprogesteron ist ebenfalls erhöht (DD: 21-Hydroxylase-Mangel). Die Metabolite der erstgenannten, Tetrahydro-Desoxycorticosteron und Tetrahydro-11-Desoxycortisol, sind im Harn erhöht.
Aut.-rez.. Die Biosynthese von Glukokortiko- und Sexualsteroiden ist gestört -> erhöhtes ACTH, FSH und LH. Hohe Corticosteron- und Deoxycorticosteron-Spiegel -> Hypertension, hypokaliämische Alkalose. Aldosteron kann erhöht oder vermindert sein. Fehlende Sexualsteroidbiosynthese -> Primäre Amenorrhoe, männl. Pseudohermaphroditismus. Gynäkomastie. Labor: ACTH und FSH erhöht.
Pseudohyperaldosteronismus (Hypertension, Hypokaliämie, aber niedrige Renin- und Aldosteronspiegel) durch Akkumulation von Kortisonvorstufen mit mineralokortikoider Restwirkung (?).
Aut.-rez.. Störung der Testosteronbiosynthese aus Androstenedion in den fetalen Testes -> Männl. Pseudohermaphroditismus (weibl. aussehende Genitalien bei Geburt), Leistenhoden. Normale Virilisierung in der Pubertät (sekundäre Restitution der Testosteronbiosynthese). Gynäkomastie, Infertilität, Schilddrüsenunterfunktion.
Der Enzymdefekt führt zu einem Mangel an 5α-Dihydrotestosteron (5α-DHT). 5α-DHT ist für die embryonale Differenzierung des Urogenitalsinus zum äußeren männlichen Genitale notwendig. In der Folge kommt es zu einer schweren skrotalen oder perinealen Hypospadie, pseudovaginalen Einbuchtung und Kryptorchismus.
Beim Adrenogenitalen Syndrom (AGS, (congenitale) adrenale Hyperplasie (CAH)) werden klinisch 4 Formen unterschieden: salt-wasting (SW), simple virilizing (SV), nonclassic (NC) late-onset (also called attenuated and acquired), and cryptic. Die Symptome richten sich neben dem betroffenen Enzym nach dem Ausmaß der Enzymdefizienz (verschiedene Allele) und der Gegenregulation des Organismus. Die Stimulation der Nebennierenrinde durch - je nach Enzymdefekt - erhöhte Hypophysenhormon- (ACTH, FSH, LH) oder Renin-Spegel führt zur Hyperplasie. Die vermehrt gebildeten Vorstufen fließen vermehrt in die funktionierenden Wege. Ein Salzverlust-Syndrom ist lebensbedrohlich. In Stresssituationen (Operationen, Infektionen) droht eine lebensbedrohliche ADISSON-Krise.
Die häufigste Form ist der 21-Hydroxylase-Mangel (AGS III). Hier kommt es zu einem Mangel an Aldosteron und Kortisol mit einem Überschuss an Sexualsteroiden.
Die Beeinflussung von Steroidhormonrezeptoren und Steroidhormon-metabolisierenden Enzymen spielt eine große Rolle in der Pharmakologie.
Steroidhormone werden z.B. eingesetzt zur Substitution (Bsp.: Hydrokortison bei Nebenniereninsuffizienz), zur Immunsuppression (Glucokortikoide bei allergischen Reaktionen, Autoimmunerkrankungen und zur Verhinderung von Abstoßungsreaktionen in der Transplantationsmedizin) und zur Kontrazeption (Östrogene und Gestagene in der „Pille“).
Das Wachstum Steroidhormon-abhängiger Tumoren lässt sich durch Rezeptorantagonisten (Bsp.: Tamoxifen bei Rezeptor-positivem Mammakarzinom) und Steroidhormonsynthesehemmer (Bsp.: Aromatase-Hemmer bei Rezeptor-positivem Mammakarzinom und Steroid-17α-Hydroxylase-Hemmer beim Prostatakarzinom) hemmen. 5α-Reduktase-Hemmer werden bei androgenetischem Haarausfall, bei benigner Prostatahyperplasie und Prostatakarzinom eingesetzt.
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